· Fachbeitrag · Gesetzesänderung
Neues Beratungshilferecht: Diese zusätzlichen Belehrungspflichten sollten Sie kennen
von Dorothee Dralle, Lehrbeauftragte an der Beuth Hochschule Berlin, geprüfte Rechtsfachwirtin, geprüfte Bürovorsteherin
| Seit dem 1.1.14 ist das neue Beratungshilfe (BerH)-Recht in Kraft (BGBl. I, 3533). Wie bisher trägt der Anwalt das Honorarausfallrisiko allein. Beraten und vertreten Sie ohne BerH-Schein und wird nachträglich die Bewilligung der BerH versagt, besteht kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Zusätzlich gelten nun neue Belehrungspflichten. Der Beitrag fasst zusammen, was Sie wissen müssen, um Vergütungsausfälle zu verhindern. |
1. Kreis der Beratungspersonen hat sich erweitert
BerH dürfen künftig neben Rechtsanwälten und verkammerten Rechtsbeiständen auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rentenberater gewähren (§ 3 Abs. 1 BerHG). Auch sie dürfen ihre Tätigkeiten nach dem RVG abrechnen (§ 8 Abs. 1 BerHG). Allerdings werden auch sie - wie die Rechtsanwaltschaft schon immer - zur Übernahme eines BerH-Mandats verpflichtet. Diese Änderungen finden sich in den jeweiligen berufsrechtlichen Regeln. Deshalb spricht das Gesetz auch nur noch von der sogenannten Beratungsperson. Damit hat die Anwaltschaft endgültig Konkurrenz erhalten. Das ist neu, denn bisher blieb der Beratungsmarkt den Anwälten bis auf wenige Ausnahmen vorbehalten.
2. Wichtig: Richtige Prüfung der Beratungshilfeberechtigung
BerH erhält, wer die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BerHG). Das ist (wie bisher) anzunehmen, wenn dem Mandanten Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung zu bewilligen wäre (§ 115 ZPO entsprechend). Geändert worden ist die Nachweispflicht: Waren die Einkommensverhältnisse im Antragsverfahren bisher durch Kopien über Einnahmen und Ausgaben nur glaubhaft zu machen, muss der Antrag jetzt Folgendes enthalten:
- Erklärung des Mandanten über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Angaben zu Familienstand, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten (wie bisher bei der PKH sind nun auch hier die Formulare vorzuhalten, vom Rechtssuchenden auszufüllen und zu unterzeichnen),
- entsprechende Belege und
- Versicherung des Mandanten, dass ihm in derselben Angelegenheit BerH bisher weder gewährt noch versagt worden ist, und dass kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war.
Das Gericht kann zusätzlich die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann zudem selbst Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlage von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen (§ 4 Abs. 4 BerHG).
Da Sie das Risiko einer Fehleinschätzung tragen, sollten Sie die Beratungshilfeberechtigung Ihres Mandanten richtig prüfen - in dieser Reihenfolge:
Checkliste / Besteht ein Recht auf Beratungshilfe? |
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3. Nachträgliche Beratungshilfe: Anwalt trägt das Risiko
Haben Sie die Beratung ohne BerH-Schein durchgeführt und den Mandanten nach außen vertreten, tragen Sie selbst das Risiko Ihrer Einschätzung. Bei der Prüfung der Beratungshilfevoraussetzungen sind Sie auf die absolute Ehrlichkeit und sichere Erinnerungsfähigkeit des Mandanten angewiesen.
Stellt sich später heraus, dass eine Angabe falsch beziehungsweise unvollständig war oder dass die rechtsuchende Person nach einer Berechnung gemäß § 115 ZPO PKH mit Ratenzahlung erhalten würde, wird die BerH nicht bewilligt. Der Anwalt hat keinen Gebührenanspruch gegen die Staatskasse.
PRAXISHINWEIS | Der nachträgliche BerH-Antrag muss spätestens vier Wochen nach Beginn der BerH-Tätigkeit gestellt werden, § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG. Entgegen den bisherigen Üblichkeiten können Sie also nicht mehr an die Gegenseite schreiben, zuwarten, Nachfristen setzen etc. Mit der ersten entfalteten Tätigkeit beginnt die Frist zu laufen, unabhängig davon, wie lange das Mandat andauert. |
4. Gebührenanspruch besteht gegen die Staatskasse
Der anwaltliche Gebührenanspruch besteht gegen die Staatskasse. Wird die BerH-Bewilligung nachträglich aufgehoben, bleibt der Vergütungsanspruch unberührt, § 8a Abs. 1 BerHG. Das ist nicht der Fall, wenn der Anwalt Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass die Bewilligungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der BerH-Leistung nicht vorlagen. Dann bleibt aber der allgemeine Vergütungsanspruch nach dem RVG bestehen. Voraussetzung ist, dass der Anwalt keine Vergütung aus der Staatskasse fordert oder einbehält und der Rechtsuchende bei der Mandatsübernahme auf die Möglichkeit der Aufhebung der Bewilligung und die Folgen für die Vergütung in Textform hingewiesen wurde. Risikoärmer ist die neue Regelung, wonach der Anwalt nach der Ablehnung der BerH bei nachträglicher Antragstellung vom Rechtsuchenden auch unter den oben genannten Bedingungen Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften verlangen kann. Hierauf muss er bei der Mandatsannahme aber hingewiesen haben, § 8a Abs. 4 BerHG. Bedenken Sie die Punkte dieser Checkliste, um Ihre Gebühren zu sichern:
Checkliste / Sicherung Ihres Gebührenanspruchs |
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Weiterführender Hinweis
- In einem Folgebeitrag stellt die Autorin unter anderem die Berechnung nach § 115 ZPO näher dar.