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  • · Fachbeitrag · Mehrvertretungszuschlag

    Gebührenerhöhung bei Vertretung von Erblasser und Erben

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Verstirbt die Partei während des laufenden Rechtsstreits und führt der Anwalt für die Erben den Rechtsstreit fort, erhöht sich die Verfahrensgebühr für jeden Erben um 0,3. Erblasser und Erbe werden dabei als gesonderte Auftraggeber gezählt. Dies hat das LG Karlsruhe jetzt entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger war während des Rechtsstreits verstorben. Sein Anwalt ist dann von den Erben, den drei Kindern, beauftragt worden, für sie den Rechtsstreit fortzusetzen. Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Anwalt für die Erben, ihre Kosten festzusetzen, darunter eine 2,2-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100, 1008 VV RVG. Die Höhe der Gebühr begründete er damit, dass die Erben in den Rechtsstreit eingetreten seien, sodass von insgesamt vier Auftraggebern auszugehen sei. Das LG hat antragsgemäß festgesetzt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung ist richtig (LG Karlsruhe 1.4.19, 3 O 28/13, Abruf-Nr. 209268). Sie entspricht einhelliger Rechtsprechung (LG Aachen ErbR 18, 17; AG Hannover AGS 18, 8; OLG Köln AGS 14, 451). Stirbt eine Partei während des laufenden Rechtsstreits, setzt sich das Mandat automatisch mit den Erben fort. Eines gesonderten Auftrags der Erbengemeinschaft bedarf es nicht (OLG Köln AGS 14, 451).

     

    MERKE | Der Eintritt eines bzw. mehrerer Erben in einen laufenden Rechtsstreit wird nach den Grundsätzen des Parteiwechsels abgerechnet. Für den Parteiwechsel hat der BGH (RVGprof. 07, 27) entschieden: Für den Anwalt liegt aufseiten der wechselnden Partei zwar nur eine einzige Angelegenheit i. S. d. § 15 RVG vor, er vertritt aber aufgrund des Wechsels mehrere Auftraggeber. Dass er diese mehreren Auftraggeber sukzessive vertritt und nicht gleichzeitig, ist unerheblich. Diese vom BGH aufgestellten Grundsätze gelten auch, wenn anstelle des verstorbenen Erblassers der Erbe in den Rechtsstreit eintritt. Der Anwalt, der den Erblasser und den Erben vertritt, hat dann sukzessive zwei Auftraggeber, sodass die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG greift.

     

    Tritt nicht nur ein Erbe ein, sondern sogleich mehrere, greift die Erhöhung für jeden von ihnen. Für jeden Erben ist dann bei der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG eine Erhöhung von 0,3 zu berücksichtigen. Grund: Die Erbengemeinschaft hat im Gegensatz zur GbR oder Eigentümergemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit (RVGprof. 04, 109). Auftraggeber bleiben in diesem Fall die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft. Zu beachten ist allerdings: Die Erhöhung darf maximal 2,0 betragen, sodass erstinstanzlich maximal eine 3,3-Verfahrensgebühr möglich ist. Bei sozialgerichtlichen Verfahren, in denen nach Rahmengebühren abgerechnet wird, gilt das Gleiche. Hier erhöht sich die Verfahrensgebühr um 30 Prozent je eintretenden Erben, höchstens jedoch um 200 Prozent (SG Fulda AGS 13, 398).

    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 129 | ID 45961708