· Fachbeitrag · Zwangsvollstreckung
Gebühren bei Einsicht in das Schuldnerverzeichnis
von Dipl.- Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich
|t Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Vergütung des Anwalts für die eine etwaige Zwangsvollstreckung vorbereitende Einsicht in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b ff. ZPO). |
1. Vermögensverzeichnisregister und Schuldnerverzeichnis
Das mit der Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) abgegebene Vermögensverzeichnis hinterlegt der Gerichtsvollzieher gemäß § 802f Abs. 6 ZPO beim zentralen Vollstreckungsgericht. Auf das dort geführte Vermögensverzeichnisregister (§ 802k ZPO) hat der Anwalt eines privaten Gläubigers allerdings keinen unmittelbaren Zugriff. Gemäß § 802k Abs. 2 ZPO sind nur Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsbehörden abrufberechtigt.
a) Einsicht des Gerichtsvollziehers ins Vermögensverzeichnis
Wird die Abnahme der Vermögensauskunft beantragt, prüft der Gerichtsvollzieher zunächst im Vermögensverzeichnisregister, ob innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft abgegeben worden ist. Stellt der Gerichtsvollzieher ein entsprechendes Vermögensverzeichnis fest und hat der Gläubiger keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen, leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu (§ 802d ZPO).
b) Einsicht des Anwalts ins Schuldnerverzeichnis
Der Anwalt eines privaten Gläubigers kann gemäß § 882f Nr. 1 ZPO nur Einsicht in das ebenfalls beim zentralen Vollstreckungsgericht geführte Schuldnerverzeichnis nehmen. Aus dem Schuldnerverzeichnis kann der Anwalt aber allenfalls Anhaltspunkte dafür erlangen, ob der Schuldner die Vermögensauskunft abgegeben hat (§ 882c Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO). Befindet sich keine Eintragung im Schuldnerverzeichnis, kann das bedeuten, dass eine Eintragung wegen Zahlung durch den Schuldner im Schuldnerverzeichnis gelöscht ist, das Vermögensverzeichnis aber noch im Vermögensverzeichnisregister hinterlegt ist. Denn die Eintragung im Vermögensverzeichnis wird bei Zahlung nicht gelöscht.
2. Gebühren für Einsicht ins Schuldnerverzeichnis
Es stellt sich die Frage, welche Gebühren der Rechtsanwalt für die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis fordern kann.
a) Rechtslage nach altem Recht
Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis war bis zum 31.12.12 in § 915b ZPO a.F. geregelt. In der Rechtsprechung war umstritten, ob bereits die Einholung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis zur Vorbereitung der Vollstreckung die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG auslöst, wenn der Rechtsanwalt einen Vollstreckungsauftrag hat.
- Nach zutreffender Auffassung löst dies die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG aus (LG Darmstadt JurBüro 92, 399; LG Hanau JurBüro 89, 1552).
- Anderer Auffassung sind AG Neubrandenburg AGS 12, 527 und LG Detmold JurBüro 91, 277.
- Teilweise ist für die Entstehung der Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG zusätzlich gefordert worden, dass der Rechtsanwalt von dem zuständigen örtlichen Vollstreckungsgericht eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses anfordert und prüft (AG Neubrandenburg AGS 12, 527).
b) Rechtslage nach neuem Recht
Das kann seit 1.1.13 für die Entstehung der Verfahrensgebühr nicht mehr verlangt werden, weil ein privater Gläubiger mit der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO abgegebene Vermögensverzeichnisse nicht beim zentralen Vollstreckungsgericht anfordern kann. Denn zum Abruf der Vermögensverzeichnisse aus dem getrennt von dem Schuldnerverzeichnis geführten Vermögensverzeichnisregister sind gemäß § 802k Abs. 2 ZPO nur Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsbehörden, nicht aber private Gläubiger befugt. Ein privater Gläubiger erhält das Vermögensverzeichnis vom Gerichtsvollzieher nur, wenn das Verfahren auf Abnahme der (erneuten) Vermögensauskunft betrieben worden ist und der Gerichtsvollzieher gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO, § 806f Abs. 6 S. 1 ZPO dem Gläubiger einen Ausdruck des Vermögensverzeichnisses zuleitet.
Erfolgt die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis entsprechend § 882f Nr. 1 ZPO zum Zwecke der Zwangsvollstreckung nach Erteilung des Vollstreckungsauftrags, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG, vgl. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG (so auch Enders JurBüro, 13, 1, 5). Unerheblich ist dabei, dass die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis entsprechend § 6 der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung vom 26.7.12 (BGBl I 1654) in dem von den zentralen Vollstreckungsgerichten der Bundesländer betriebenen elektronischen Vollstreckungsportal (www.vollstreckungsportal.de) erfolgt.
3. Einsicht ist keine besondere Angelegenheit
§ 18 Abs. 1 Nr. 17 RVG bestimmt, dass das Verfahren auf (vorzeitige) Löschung im Schuldnerverzeichnis (§ 882e Abs. 3 ZPO) eine besondere Angelegenheit bildet. Das spricht im Umkehrschluss dafür, dass die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882f ZPO durch den Rechtsanwalt keine besondere Angelegenheit ist (so noch zu § 915b ZPO a.F. z.B. AG Wuppertal DGVZ 11, 34).
Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ist auch nach der zum 1.1.13 in Kraft getretenen Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (BGBl I 09, 2258) eine die Zwangsvollstreckung vorbereitende Handlung. Sie bildet mit der gegebenenfalls nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahme dieselbe Angelegenheit, sodass insgesamt nur eine Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG entsteht, § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Für die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis einerseits und die folgende Vollstreckungsmaßnahme andererseits können daher nicht zwei separate Gebühren in Rechnung gestellt werden (so auch Enders, JurBüro 13, 1, 5; noch zur Einsicht in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 915b ZPO a.F. AG Wuppertal DGVZ 11, 34; AG Donaueschingen DGVZ 10, 43).
Kann der Anwalt dem Schuldnerverzeichnis nicht entnehmen, dass die Vermögensauskunft abgegeben worden ist und beantragt er deshalb die Abnahme der Vermögensauskunft, bildet die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis als vorbereitende Maßnahme mit dem Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft dieselbe Angelegenheit.
PRAXISHINWEIS | Die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG entsteht insoweit hierfür nur einmal. Sie entsteht aber bereits mit der Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis (AnwK-RVG/Wolf, 6. Aufl., § 18 Rn 86). Dasselbe gilt, wenn der Anwalt nach Einsicht im Schuldnerverzeichnis z.B. die Mobiliarvollstreckung beantragt. |
4. Gegenstandswert
Hat der Rechtsanwalt gem. § 882f ZPO Einsicht in das Schuldnerverzeichnis genommen und beantragt er anschließend mangels Eintragung des Schuldners (§ 882c ZPO) die Abnahme der Vermögensauskunft, beträgt der Gegenstandswert gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG höchstens 1.500 EUR.
PRAXISHINWEIS | Mit dem voraussichtlich zum 1.7.13 in Kraft tretendem 2. KostRMoG wird der Gegenstandswert auf 2.000 EUR erhöht. |
Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis und der anschließende Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft bilden gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Deshalb ist der Gegenstandswert für diese Vollstreckungsmaßnahme insgesamt auf den Höchstwert nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG begrenzt.
Wird nach Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ein Mobiliarvollstreckungsauftrag erteilt, richtet sich der Gegenstandswert nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Ein Höchstwert wie bei der Vermögensauskunft besteht dann nicht.
Weiterführende Hinweise
- Zu den Gegenstandswerten in der Zwangsvollstreckung, Volpert, RVG prof. 12, 194
- Zur Einigungsgebühr bei Sachaufklärung und 2. KostRMoG, Scheungrab, RVG prof. 12, 179
- Zu Termins- und Einigungsgebühr in der Zwangsvollstreckung, Volpert, RVG prof. 12, 155