· Fachbeitrag · Zwangsvollstreckung
Geschäfts- und Einigungsgebühr für den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung
von Dipl.-Rpfleger Joachim Volpert, Willich
| Schließen der Gläubiger und der Schuldner - gegen den bereits ein Titel vorliegt - eine Ratenzahlungsvereinbarung, kann hierfür eine Einigungsgebühr entstehen (RVG prof. 11, 192). Dieser Beitrag zeigt, in welchen Fällen daneben eine Geschäftsgebühr anfällt und unter welchen Voraussetzungen der Schuldner dem Gläubiger diese Gebühren auch erstatten muss. |
1. Erstattung der Einigungsgebühr
Schließt der Gläubiger über seinen Anwalt mit dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung eine Ratenzahlungsvereinbarung, will er die dafür entstandene Einigungsgebühr natürlich vom Schuldner erstattet bekommen.
|
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Es wird eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, nach der der Schuldner monatlich tilgen muss und bei Zahlungsrückstand die gesamte Forderung fällig wird. Zur Sicherheit tritt er mehrere Werklohnforderungen ab und übernimmt die Kosten der Vereinbarung. Muss er die angefallene Einigungsgebühr erstatten? |
a) Einigungsgebühr als Kosten der Zwangsvollstreckung
Die Erstattung der durch eine Ratenzahlungsvereinbarung angefallenen Einigungsgebühr wird teilweise mit der Begründung abgelehnt, dass die Vereinbarung keine Vollstreckungsmaßnahme ist und eine solche auch nicht vorbereitet, sondern vielmehr der Verhinderung der Zwangsvollstreckung dient (OLG Koblenz DGVZ 85, 168; LG Bonn DGVZ 06, 29, 62). Die zutreffende Gegenansicht sieht auch Kosten der Vermeidung der Vollstreckung bereits aus prozessökonomischen Gründen als Zwangsvollstreckungskosten i.S. von § 788 Abs. 1 ZPO an (OLG Braunschweig DGVZ 06, 113). Denn ansonsten müsste die Einigungsgebühr eingeklagt werden (BGH RVG prof. 07, 2). Zudem beruht § 788 Abs. 1 ZPO auf dem Veranlasserprinzip. Die Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung hat der Schuldner jedenfalls dann veranlasst, wenn Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ergriffen worden sind (BGH, a.a.O.).
PRAXISHINWEIS | Nach h.M. sind die Kosten einer Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung erstattungsfähig, wenn der Vollstreckungstitel mit der Vollstreckungsklausel versehen und dem Schuldner ausreichend Zeit zur freiwilligen Zahlung des titulierten Anspruchs geblieben ist (BGH AGS 03, 561). Da auch die Aufforderung der Vermeidung der Zwangsvollstreckung dient, spricht das für die Erstattungsfähigkeit der Einigungsgebühr für eine Ratenzahlungsvereinbarung. |
Die durch die Ratenzahlungsvereinbarung ausgelöste Einigungsgebühr gehört zu den notwendigen Zwangsvollstreckungskosten. Denn diese Kosten durfte der Gläubiger für erforderlich halten, um die Befriedigung seines titulierten Anspruchs durchzusetzen. Der Gläubiger darf in aller Regel einen Rechtsanwalt mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragen. Wird durch dessen Mitwirkung in der Zwangsvollstreckung eine Einigungsgebühr ausgelöst, ist diese nicht von der Erstattung ausgenommen. Denn § 788 Abs. 1 ZPO verweist auf § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der bestimmt, dass die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts stets zu erstatten ist (BGH RVG prof. 07, 2).
b) Übernahme der Kosten durch den Schuldner
Voraussetzung für die Erstattung der Einigungsgebühr ist aber in jedem Fall, dass der Schuldner die Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung übernommen hat. Denn: Die Einigungskosten sind in entsprechender Anwendung von § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn die Parteien keine Kostenübernahme durch den Schuldner vereinbart haben (BGH, a.a.O.). Nicht erforderlich ist, dass neben der Kostenübernahme noch eine Kostenfestsetzung der Einigungsgebühr gemäß § 788 Abs. 2 ZPO erfolgt (so aber LG Bonn DGVZ 06, 29; AG Hanau DGVZ 08, 186).
Es kommt für die Erstattung entscheidend darauf an, dass der Schuldner die Kosten der Einigung ausdrücklich und klar und verständlich in der Ratenzahlungsvereinbarung übernimmt. Nicht ausreichend ist die uneingeschränkte Übernahme einer nicht näher bestimmten Vergütung oder Bearbeitungsgebühr (LG Kassel JurBüro 07, 270; HK-ZV/Kessel, 1. Aufl., § 788 ZPO Rn. 83). Bestätigt der Schuldner schriftlich eine telefonisch vereinbarte Ratenzahlung, liegt ebenfalls keine Kostenübernahme durch den Schuldner vor. Die Bestätigung muss auch eine Kostenübernahme enthalten (AG Bad Hersfeld DGVZ 07, 75). Daher empfiehlt sich folgende Formulierung (vgl. Volpert in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 18 Rn. 48):
MUSTERFORMULIERUNG / Ratenzahlungsvereinbarung |
|
Zahlt der Schuldner auf die von ihm nicht unterschriebene Ratenzahlungsvereinbarung die vereinbarten Raten, ist die Einigungsgebühr zwar entstanden, aber von ihm nicht zu ersetzen. Denn eine Einigung über die Übernahme der Einigungsgebühr ist dann nicht erfolgt (AG Nidda DGVZ 07, 75).
2. Geschäftsgebühr in der Zwangsvollstreckung
Die Einigungsgebühr entsteht als Erfolgsgebühr niemals isoliert. Es muss immer eine Tätigkeitsgebühr hinzukommen (OLG München AGS 09, 503; OLG Oldenburg JurBüro 09, 424; OLG Düsseldorf AGS 08, 174). Das ergibt sich auch aus Vorbem. 1 VV RVG. Danach entstehen die in Teil 1 VV RVG geregelten Gebühren neben den in anderen Teilen geregelten Gebühren. Die in Teil 1 VV RVG geregelte Einigungsgebühr kann deshalb ohne Weiteres neben der in Teil 2 VV RVG enthaltenen Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG entstehen (OLG Schleswig AGS 11, 115).
Welche Gebühren der Rechtsanwalt verlangen kann, hängt davon ab, welcher Auftrag ihm erteilt worden ist. Bei einem Auftrag zur Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung, kann neben der Einigungsgebühr nur die 0,3 Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG anfallen. In der Zwangsvollstreckung kann aber auch die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG entstehen. Vertritt der Rechtsanwalt den Schuldner gegen eine Zahlungsaufforderung mit Androhung der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, verdient er die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG (BGH NJW 11, 1603; VE 11, 76).
3. Erstattung der Geschäftsgebühr
Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG nicht im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden, weil sie nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. von § 91 Abs. 1 ZPO zählt (BGH RVG prof. 07, 91; RVG prof. 06, 127, bei einem Mahnschreiben; BGH AGS 08, 158, bei Anspruchsabwehr; BGH AGS 06, 146, bei wettbewerbsrechtlicher Abmahnung). § 788 Abs. 1 ZPO verweist für die zu erstattenden Zwangsvollstreckungskosten auf § 91 ZPO. Unklar ist daher, ob eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG zu den erstattungsfähigen Zwangsvollstreckungskosten zählen kann.
a) Geschäftsgebühr als Kosten der Zwangsvollstreckung
Zwangsvollstreckungskosten i.S. von § 788 ZPO sind jedenfalls die Aufwendungen, die unmittelbar und konkret zum Zwecke der Vorbereitung und Durchführung der Zwangsvollstreckung angefallen sind (BGH RVG prof. 06, 55). Aufwendungen des Gläubigers, deren Zweck nicht darin besteht, die Realisierung der titulierten Forderung zu erreichen, stellen deshalb keine vom Schuldner zu erstattenden notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung dar (BGH NJW 05, 2460). § 788 ZPO folgt dem Veranlasserprinzip. Der Schuldner muss die Vollstreckungskosten tragen, weil er durch die Nichterfüllung des titulierten Anspruchs die Entstehung dieser Kosten veranlasst hat (BGH, a.a.O.). Daraus folgt, dass die Beitreibung nach § 788 ZPO nur für solche Aufwendungen offen steht, die auf die Durchsetzung des titulierten Anspruchs gerichtet sind.
Hat der Schuldner dem Gläubiger in einer Ratenzahlungsvereinbarung eine zusätzliche Sicherheit durch eine Forderungsabtretung eingeräumt und legt der Gläubiger die Abtretung dem Drittschuldner bei Nichteinhaltung der Ratenzahlungen offen, ist unter Geltung der BRAGO für die Offenlegung der Abtretung eine Geschäftsgebühr nach § 118 BRAGO bejaht worden, die auch vom Schuldner zu erstatten ist (LG Kassel AnwBl 80, 263; LG Fulda JurBüro 84, 225). Wenn danach schon die durch die spätere Offenlegung einer Sicherungsabtretung entstandene Geschäftsgebühr vom Schuldner gemäß § 788 ZPO zu erstatten sein soll, muss das erst recht für die durch Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung angefallene Geschäftsgebühr gelten.
b) Vergleich mit Zahlungsaufforderung ohne Vollstreckungsandrohung
Wird davon ausgegangen, dass die Ratenzahlungsvereinbarung die (weitere) Zwangsvollstreckung vermeiden soll, drängt sich der Vergleich mit einer Zahlungsaufforderung des Gläubigers ohne Vollstreckungsandrohung auf. Denn bei einer ohne Zwangsvollstreckungsauftrag vorgenommenen Zahlungsaufforderung ohne Vollstreckungsandrohung wird teilweise vom Anfall einer Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG ausgegangen (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3309 Rn. 377; a.A. AnwK-RVG/Wolf, a.a.O., VV 3309 Rn. 14: Abgeltung durch die Gebühren des Erkenntnisverfahrens). Deren Erstattungsfähigkeit wird allerdings für den Regelfall zutreffend abgelehnt, weil das Schreiben die Vollstreckung weder vorbereitet noch fördert (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O. VV 3309 Rn. 378, auch für die mit Zwangsvollstreckungsauftrag vorgenommene Zahlungsaufforderung ohne Vollstreckungsandrohung).
c) Vergleich mit Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung
Bei einer mit Zwangsvollstreckungsauftrag vorgenommenen Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung muss der Schuldner die angefallenen Kosten erstatten, wenn
- der Vollstreckungstitel mit der Vollstreckungsklausel versehen ist und
- dem Schuldner ausreichend Zeit zur freiwilligen Zahlung des titulierten Anspruchs geblieben ist (BGH AGS 03, 561).
Diese Grundsätze werden auch für die durch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Schuldner angefallene Geschäftsgebühr zu beachten sein. Diese ist jedenfalls in Höhe einer bei Erteilung eines Zwangsvollstreckungsauftrags anfallenden 0,3 Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG erstattungsfähig. Das gilt natürlich nur, wenn die Ratenzahlungsvereinbarung eine besondere Verfahrensgebühr ausgelöst hat, mithin eine eigenständige Angelegenheit in der Zwangsvollstreckung vorliegt (§ 18 Abs. 1 RVG).
PRAXISHINWEIS | Die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf eine gegebenenfalls später noch entstehende 0,3 Zwangsvollstreckungsverfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG anzurechnen, sofern die Anrechnungsvoraussetzungen vorliegen (Gegenstandsidentität, Personenidentität, BGH RVGprof. 10, 37; zeitlicher Zusammenhang siehe § 15 Abs. 5 S. 2 RVG). Der Schuldner kann sich auf die Anrechnung nur unter den in § 15a Abs. 2 RVG genannten Voraussetzungen berufen. |