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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Im arbeitsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wird § 12a ArbGG nicht angewendet

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In arbeitsgerichtlichen Verfahren haben prozessuale und gebührenrechtliche Zusammenhänge eine besondere Bedeutung. Wie Anwälte im Rahmen der Zwangsvollstreckung und deren Anfechtung Mandate effektiv und kosteneffizient bearbeiten können, erläutert dieser Beitrag. |

    1. Aktueller Praxisfall

    In einem arbeitsrechtlichen Verfahren vor dem LAG Berlin-Brandenburg ging es um die Wirksamkeit einer Kündigung, die daraus resultierende Zwangsvollstreckung eines arbeitsgerichtlichen Beschlusses sowie die daraus folgenden Kostenfestsetzungsansprüche (11.6.24, 26 Ta [Kost] 6017/24, Abruf-Nr. 242345).

     

    a) Prozessualer Ablauf

    Der Sachverhalt zeigte mehrere prozessuale Besonderheiten, insbesondere in Bezug auf die Erledigungserklärung, die Anwendung des § 12a ArbGG sowie die Erstattungsfähigkeit von Kosten in Beschwerdeverfahren.

     

    • Zwangsvollstreckung und vorläufige Einstellung: Das ArbG setzte im Oktober 2017 ein Zwangsgeld fest, das nicht sofort angegriffen wurde. Das beklagte Land beantragte 2019 die Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung und deren einstweilige Einstellung. Das ArbG entsprach dem Einstellungsantrag. Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde ein.
    • Erledigungserklärung und Kostenentscheidung: Nachdem die Zwangsvollstreckung durch Urteil für unzulässig erklärt wurde, erklärte der Antragsteller die Beschwerde für erledigt. Das LAG bestätigte diese Erledigung und legte die Kosten dem beklagten Land auf. Dabei wurde klargestellt, dass § 12a ArbGG nicht auf Beschwerdeverfahren nach § 78 ArbGG anwendbar sei.
    • Kostenfestsetzung und Streit um § 12a ArbGG: Der Antragsteller beantragte die Festsetzung der im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten. Das ArbG lehnte dies mit Verweis auf § 12a ArbGG ab, da die Kosten dem Erkenntnisverfahren zuzurechnen seien. In der Beschwerdeinstanz wurde diese Entscheidung aufgehoben, da Beschwerdeverfahren in Zwangsvollstreckungssachen als eigenständige Angelegenheiten i. S. d. RVG gelten.

     

    b) Ergebnis

    Das LAG Berlin-Brandenburg stellte folgende Leitsätze auf:

     

    • § 12a ArbGG steht nicht der Erstattungsfähigkeit von Beschwerdekosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren entgegen.
    • Anwälte, die im Rahmen des Antrags auf Einstellung der Zwangsvollstreckung in einem Beschwerdeverfahren tätig sind, erhalten die Gebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Während das Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung regelmäßig eine Zusammenhangstätigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG darstellt, wenn nicht über den Einstellungsantrag eine gesonderte mündliche Verhandlung stattgefunden hat (dazu Nr. 3328 VV RVG), handelt es sich bei Beschwerdeverfahren auch in Zwangsvollstreckungssachen um eigene Angelegenheiten (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG).

    2. Folgen für die anwaltliche Praxis

    Für die anwaltliche Mandatsbearbeitung bedeutet dies:

     

    a) Erledigungserklärung und Kostenfolgen

    Die zulässige Erledigungserklärung im Beschwerdeverfahren ist in Fällen wie diesem die einzige Möglichkeit für den Rechtsmittelführer, das Verfahren ohne Kostenbelastung zu beenden.

     

    PRAXISTIPP | Rechtsanwälte sollten bei vergleichbaren Fällen auf die Möglichkeit der Erledigungserklärung hinweisen, um im Interesse des Mandanten eine kostenneutrale Verfahrensbeendigung zu erreichen.

     

    b) Keine Anwendung von § 12a ArbGG auf Beschwerdeverfahren

    § 12a ArbGG beschränkt lediglich die Kostenerstattung in arbeitsgerichtlichen Verfahren. Die Vorschrift wird nicht auf Beschwerdeverfahren nach § 78 ArbGG angewendet (vgl. BAG NZA 15, 182). Der Wortlaut des § 12a ArbGG erwähnt das Beschwerdeverfahren nicht. Dieses ist auch nicht Teil des erstinstanzlichen Urteilsverfahrens, sondern findet nach Durchführung des Abhilfeverfahrens vor dem Beschwerdegericht statt. Die Nichtanwendung des § 12a ArbGG auf Beschwerdeverfahren schafft eine größere Sicherheit für Anwälte, da die Erstattungsfähigkeit der Kosten in solchen Verfahren gewährleistet ist.

     

    PRAXISTIPP | Anwälte können in Beschwerdeverfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung Kosten nach dem RVG geltend machen. Beschwerdeverfahren sind eigenständige Angelegenheiten i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Deshalb sind Anwaltskosten erstattungsfähig, auch wenn im Zwangsvollstreckungsverfahren keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Anwälte können daher in entsprechenden Verfahren eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG berechnen. Sie sollten ihre Mandanten vorab über die Erstattungsfähigkeit informieren.

     

    c) Prozessstrategische Überlegungen

    Die Möglichkeit der Erledigungserklärung bietet eine prozessökonomische Lösung, die insbesondere bei drohender Kostenbelastung im Beschwerdeverfahren anzuraten ist. Eine sorgfältige Abwägung, ob die Voraussetzungen für eine Erledigungserklärung oder eine Rücknahme der Beschwerde vorliegen, ist daher essenziell.

     

    d) Gebührenrechtliche Auswirkungen

    Die klare Abgrenzung zwischen Beschwerdeverfahren und erstinstanzlichem Verfahren erlaubt eine differenzierte Gebührenberechnung. Anwälte sollten bei der Mandatsbearbeitung den spezifischen Gebührenanspruch prüfen und diesen konsequent geltend machen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2025 | Seite 15 | ID 50252385