· Fachbeitrag · Kostenpraxis
Das relevante Praxiswissen zum Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren
von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
| Immer wieder stellen Leser der Redaktion Fragen zum Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren. Der folgende Beitrag fasst deshalb die notwendigen Aspekte zusammen, die praxisrelevant sind. |
1. Materiell-rechtliche Einwände werden nicht berücksichtigt
Materiell-rechtliche Einwände sind im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen.
2. Ausnahme: Der Einwand ist unstreitig
Ausnahmsweise sind materiell-rechtliche Einwände im Kostenfestsetzungsverfahren jedoch zu berücksichtigten, wenn
- sie unstreitig sind (RVG prof. 22, 111) oder
- der Rechtspfleger sie im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermitteln kann (BGH RVG prof. 14, 206; NJW-RR 10, 718).
Beachten Sie | Hintergrund ist, dass sich die Aufgabe des Rechtpflegers letztlich darauf beschränkt, die Kostenentscheidung des Gerichts betragsmäßig auszufüllen. Er soll in dem vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren mit den dort beschränkten Möglichkeiten nicht mit materiell-rechtlichen Fragen befasst werden. Diese sollen vielmehr dem erkennenden Richter vorbehalten bleiben. Ist der Einwand dagegen unstreitig, ist es unnötige Förmelei, eine bereits erloschene Forderung zu titulieren, die ggf. im Anschluss mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO beseitigt werden müsste.
a) Erfüllung ist zu berücksichtigen
Der Erfüllungseinwand ist im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich zu beachten, wenn die Zahlung und ihre Erfüllungswirkung unstreitig sind.
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Kläger K meldet nach Abschluss des Rechtsstreits 1.860 EUR zur Kostenerstattung an. Der Beklagte B zahlt die 1.860 EUR nebst Zinsen und wendet Erfüllung ein.
Lösung: Hier darf kein Kostenfestsetzungsbeschluss mehr ergehen. |
b) Besonderheit 1: Teilerfüllung ist zu berücksichtigen
Wird nur eine teilweise Erfüllung eingewandt, dann ist auch dieser Teileinwand zu berücksichtigen. Die Folge ist: Hinsichtlich des nicht erhobenen Einwands muss eine Festsetzung erfolgen (KG RVG prof. 20, 118).
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Wie Beispiel 1, der Beklagte B zahlt aber nur die 1.860 EUR ohne Zinsen und wendet Erfüllung ein.
Lösung: Ein Kostenfestsetzungsbeschluss darf wegen der 1.860 EUR nicht mehr ergehen. Allerdings müssen die Zinsen festgesetzt werden. |
c) Besonderheit 2: Aufrechnungseinwand ist zu berücksichtigen
Es muss sich auch nicht unbedingt um einen Zahlungseinwand handeln. So kann auch eine Aufrechnung des Kostenschuldners mit der Urteils- oder Vergleichsforderung zu berücksichtigen sein (AG Siegburg AGS 14, 485).
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Auf die Klage des Klägers K über 10.000 EUR ist der Beklagte B verurteilt worden, 1.000 EUR zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem K zu 90 Prozent und dem B zu 10 Prozent auferlegt. Gegen den Kostenfestsetzungsantrag des B erklärt K die Aufrechnung mit der Klageforderung.
Lösung: Im Rahmen der Kostenausgleichung werden die von K zur Aufrechnung gestellten 1.000 EUR von der Erstattungsforderung des B abgezogen. |
3. Die Zahlung unter Vorbehalt reicht dagegen nicht
Erfolgt die Zahlung während des Festsetzungsverfahrens nur unter Vorbehalt, ist dies kein Fall des unstreitigen Erfüllungseinwands. Hier ist die Erfüllungswirkung weder offensichtlich noch unstreitig. Wenn der Erinnerungsführer seine Zahlung unter Vorbehalt stellt und den Vorbehalt auch nicht offenlegt, sondern sich gegen den Festsetzungsantrag wendet, folgt daraus: Der Erstattungsberechtigte soll weiterhin die Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten prozessualen Kostenerstattungsanspruch tragen. Die Zahlung hindert in diesem Fall nicht die Festsetzung (VG Frankfurt/Oder 8.4.22, 7 KE 27/20, Abruf-Nr. 229636).
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Wie Beispiel 1, B zahlt jedoch die 1.860 EUR unter Vorbehalt.
Lösung: Der Erfüllungseinwand des B ist unerheblich. Der Rechtspfleger muss festsetzen. |
Weiterführende Hinweise
- Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren, RVG prof. 20, 118
- Erfüllungseinwand im Festsetzungsverfahren, RVG prof. 22, 24
- Nur der unstreitige Erfüllungseinwand ist schon in der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 48262634