· Fachbeitrag · Kostenpraxis
Die Staatskasse kann auch den bedürftigen Beteiligten in Anspruch nehmen
von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
| Erwirbt ein Anwalt gemäß § 126 ZPO einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner, geht dieser Anspruch unter den Voraussetzungen des § 59 RVG auf die Staatskasse über, soweit diese die Anwaltskosten bezahlt. Ist dem Gegner ebenfalls PKH bewilligt worden, stellt sich die Frage, ob die Landeskasse den Gegner in Anspruch nehmen darf oder ob die PKH-Bewilligung dies gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZPO verhindert. Damit hat sich aktuell das OLG München auseinandergesetzt, seine frühere Rechtsprechung und die bisher herrschende Literaturmeinung aufgegeben. Der folgende Beitrag erläutert die Gründe und praktische Lösungen. |
1. Der aktuelle Fall
Das OLG München hat entschieden, dass die Staatskasse auf sie gemäß § 59 RVG übergegangene Ansprüche des gegnerischen Rechtsanwalts auch dann gegen die andere Partei geltend machen kann, wenn dieser PKH oder VKH bewilligt worden ist (11.7.22, 11 WF 352/22, Abruf-Nr. 232193). § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZPO „sperrt“ dieses Vorgehen nicht.
a) Sachverhalt
Im entschiedenen Fall war dem Antragsteller A VKH bewilligt worden. Das Verfahren wurde eingestellt und die Verfahrenskosten dem A und dem Antragsgegner G zu jeweils 50 Prozent auferlegt. Der Verfahrensbevollmächtigte des G, Rechtsanwalt R, rechnete daraufhin mit der Landeskasse ab, die die abgerechnete Vergütung an R auszahlte. Die Hälfte dieses Betrags machte die Landeskasse gegen A geltend und berief sich darauf, dass mit Auszahlung der Vergütung an R dessen Kostenerstattungsanspruch aus § 126 ZPO auf die Landeskasse gemäß § 59 RVG übergegangen sei.
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