17.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113706
Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.07.2011 – I-24 W 59/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Düsseldorf
I-24 W 59/11
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Erstbeklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Versäumnisurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 19. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Streitwert wird anderweitig auf 37.128,00 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die von dem Erstbeklagten persönlich eingelegte Streitwertbeschwerde ist nach § 68 Abs. 1 GKG zulässig. Auch im Anwaltsprozess unterliegt nur das eigentliche Hauptsacheverfahren dem Anwaltszwang. In selbstständigen Nebenverfahren, zu denen auch das Verfahren der Streitwertbeschwerde zählt, kann die Partei selbst handeln (OLG Brandenburg bei JURIS JURE070097860; OVG Koblenz LKRZ 2010, 257; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 87, Rn. 3; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 68 GKG, Rn. 13). Nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) können Anträge und Erklärungen "ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zur Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden". Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG ist diese Vorschrift auf die Streitwertbeschwerde entsprechend anzuwenden. Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt, soll diese spezielle Regelung in kostenrechtlichen Verfahren auch dann gelten, wenn in der Hauptsache nach den Regelungen der jeweiligen Prozessordnung ein Vertretungszwang besteht; die Neuregelung des § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG ist als Klarstellung zu verstehen ((OVG Koblenz aaO.; vgl. BR-Drucks. 700/08, S. 97 f.).
2.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Eine Herabsetzung des Streitwerts auf 3.000,00 EUR ist nicht geboten. Das Landgericht hat den Streitwert noch zu niedrig festgesetzt. Er ist auf 37.128,00 EUR heraufzusetzen.
a) Nach der hier maßgebenden Bewertungsvorschrift des § 41 Abs. 2 S. 2 GKG bestimmt das Jahresentgelt den Gebührenstreitwert, wie ihn das Landgericht grundsätzlich auch zutreffend bei der Bewertung des auf das Ladenlokal gerichteten Räumungsanspruchs berücksichtigt hat. Es gibt keinen hinreichenden Grund, den auf die Räumung des Cafés gerichteten Anspruch nur mit 3.000,00 EUR zu bewerten. Denn es ist auf das Klagebegehren, nicht auf den von dem Beklagten zu 1) im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwand, er habe das Ladenlokal bei Klageerhebung bereits geräumt, abzustellen. Denn der Wert des Streitgegenstandes wird durch den Klageantrag bestimmt (vgl. Zöller/Herget aaO. § 3 Rn. 2). Wird die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt und dieser Anspruch auf die Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses gestützt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, stets das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, § 41 Abs. 2 S. 2 GKG (Senat, BeckRS 2011, 01435; BeckRS 2010, 23600; vgl. ferner OLG Düsseldorf [10. ZS.] ZMR 2008 364; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. Rn. 3542 und 3556; Anders/Gehle, Streitwert-Lexikon, 3. Aufl., Stichw. "Miete und Pacht" Rn. 26).
b) So verhält es sich im Streitfall. Bei Klageerhebung betrug die Miete für das Cafe 2.400 EUR pro Monat. Bei der Ermittlung des maßgeblichen Entgelts ist in die monatliche Miete nicht die Betriebskostenpauschale einzubeziehen. Unter "Entgelt" im Sinne des § 41 Abs. 2 GKG, der auf Absatz 1 dieser Vorschrift verweist (vgl. Senat MDR 2006, 1079 [juris Tz. 11 ]), ist das Grundentgelt einschließlich einer nicht besonders abzurechnenden Betriebskostenpauschale zu verstehen (vgl. Senat a.a.O.). Wenn neben dem Grundentgelt eine noch abzurechnende Betriebskostenvorauszahlung geschuldet wird, bleibt diese bei der Bewertung unberücksichtigt (Senat a.a. O.). Im Streitfall schuldete die Beklagte eine monatliche Miete von 2.600,00 EUR und eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 230,10 EUR. Über die Betriebskosten musste der Kläger besonders abrechnen.
c) Rechtsirrtümlich hat das Landgericht bei der Bestimmung des für die Gewerberäume geschuldeten Entgelts aber die Mehrwertsteuer von monatlich 494,00 EUR (19% von 2.600,00) nicht berücksichtigt. Die Mehrwertsteuer ist als unselbstständiger Teil des Entgelts Hauptforderung und gemäß § 41 Abs. 2 GKG, § 3 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGH MDR 2006, 657 [ juris Tz. 8 f ]; Senat MDR 2006, 1079 [ juris Tz. 12 ]). Bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben gemäß 48 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO nur Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Damit erhöht sich hier das Jahresentgelt auf 37.128,00 EUR [(2.600,00 + 494,00) x 12].
Dementsprechend war der Wert von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 GKG anzuheben.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.