17.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132251
Amtsgericht Gengenbach: Urteil vom 14.05.2013 – 1 C 193/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Urteil
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Gengenbach
durch den D
am 14.05.2013 auf die mündliche Verhandlung vom 23.04.2013
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen. Im Umfang eines Betrages von 1.633,87 € handelt es sich um
eine Klagabweisung als derzeit unbegründet.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über ein Rechtsanwaltshonorar.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt in D tätig. Die Beklagte wandte sich im Jahr 2009, vertreten durch ihren Vater, an den Kläger zur Prüfung einer erbrechtlichen Angelegenheit. Dazu übergab der Vater der Beklagten dem Kläger einen Beratungshilfeschein. Im Rahmen des ersten Gespräches erklärte der Kläger, dass er das Mandat wegen des Haftungsrisikos nicht auf der Beratungshilfebasis übernehmen, bzw. fortführen könne. In einem Schreiben vom 06.08.2009 gab der Kläger gegenüber dem Beklagten eine Beurteilung der im Gespräch aufgeworfenen Fragen ab. Beide einigten sich auf eine erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarung, die von dem Kläger am 18.08.2009 und von der Beklagten am 23.08.2009 unterschrieben wurde. Diese Vereinbarung betraf die Nachlassangelegenheit der F, Großmutter der Beklagten, verstorben am 18. März 2007. In dieser Vereinbarung heißt es unter § 3 Vergütung:
" 1. Auf Anregung und ausdrücklichen Wunsch der Auftragsgeberin, die unter Berücksichtigung der eigenen wirtschaftlichen Lage in Ansehung der voraussichtlich erheblichen außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten u.U. aus finanziellen Gründen an einer notwendigen und geeigneten Rechtsverfolgung ihrer Ansprüche gehindert wäre, wird hiermit eine von der gesetzlichen Regelung bewusst abweichende Vereinbarung getroffen. Bewusst und gewollt wird hierbei von allen Beteiligten in Kauf genommen, dass dabei die Vergütung auch der Höhe nach insgesamt von den regulären gesetzlichen Vorgaben erheblich nach oben oder nach unten abweisen kann. Der von der Auftraggeberin geschätzte Nachlasswert beläuft sich auf insgesamt rund 100.000,-- €, mögliche Erbansprüche demnach auf insgesamt rund 75.000,-- €.
2. Der Auftragnehmer erhält als Vergütung, inklusive eigene Auslagen und Mehrwertsteuer, insgesamt für seine Tätigkeit einen Betrag in Höhe von 10% des Wertes der jeweils realisierbaren Netto-Nachlassanteile der Auftraggeberin. Die Verfügung wird insgesamt oder anteilig fällig mit Verfügbarkeit jeweiliger Vermögenspositionen bei der Auftraggeberin oder beim Auftragnehmer. Dem Auftragnehmer wird insoweit die Verrechnung vor Auskehrung an die Auftraggeberin gestattet.
3. Hiermit wird die reguläre Vergütung des Auftragnehmers nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ausgeschlossen, auch dann, wenn diese durch die stattdessen vereinbarte Regelung nicht erreicht würde. "
Der Nachlass der F bestand im Wesentlichen aus einem Miteigentumsanteil zu 1/2 an dem Anwesen in der M in S. Die Klägerin war zuvor bereits zu der anderen Hälfte Miteigentümerin an diesem Anwesen als Alleinerbin nach ihrem Großvater G. Dieses Anwesen wurde unter Vermittlung des Klägers durch notariellen Vertrag vom 14.07.2011 zum Kaufpreis von 110.000,-- € verkauft, wobei die Beklagte am 03.08.2011 diesen Kaufvertrag genehmigte.
Nach Abzug der Verbindlichkeiten ging der Kläger in seiner Abrechnung vom 20.01.2012 von einem verfügbaren Nettonachlassanteil von 20.072,88 € aus und damit von einer vereinbarten Vergütung von 2.007,28 €.
Aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft auf Ableben der Frau F in Bezug auf die Anrechnung der Verbindlichkeiten und evtl. Erstattungsansprüche der Beklagten gegenüber der Erbengemeinschaft erfolgte bislang keine Freigabeerklärung der Auszahlung der jeweiligen Anteile, welche die Beklagte und deren ebenfalls in der Erbengemeinschaft befindliche Mutter verweigerten.
Der Kläger behauptet, der Nachlass sei teilungsreif und die Freigabe werde von der Beklagten und deren Mutter mutwillig verzögert. Die Nachlassanteile seien durch ihn korrekt berechnet worden. Im Falle der Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung seien gesetzliche Vergütungen aufgrund der Nachlassauseinandersetzung der Frau F in Höhe von 1.633,87 € und der Zahlung des Anteils nach G in Höhe von 2.237,56 €, jeweils brutto, geschuldet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.007,28 € nebst 5 % Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 20.02.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
Klagabweisung.
Die Beklagte meint, dem Kläger stehe allenfalls eine Vergütung in Höhe von 10,-- € zu, da es sich um ein Beratungshilfemandat gehandelt habe. Die Beklagte könne dem Kläger Schadensersatzansprüche entgegen halten, die dadurch entstanden seien, dass er ihre Gegenansprüche nicht ausreichend vertreten bzw. der Anrechnung von Verbindlichkeiten zugestimmt habe, was nicht hätte erfolgen dürfen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des jeweiligen Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.12.2012 und vom 23.04.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Da es sich um eine umfangreiche und schwierige erbrechtliche Angelegenheit handelt, die erhebliche Haftungsrisiken beinhaltet -was die von der Beklagten im Rahmen dieses Verfahrens angedeuteten Gegenansprüche verdeutlichen-, war der Kläger berechtigt, das Beratungshilfemandat nach § 49a Abs. 1 Satz 2 BRAO abzulehnen. Da sich der Rechtsanwalt erst einmal ein Bild von dem Umfang und den Risiken der Angelegenheit machen muss, reicht es aus, wenn er im Rahmen des Erstgespräches zum Ausdruck bringt, dass er keine weitere Vertretung im Rahmen eines Beratungshilfemandates durchführen wird, wie dies vorliegend durch den Kläger erfolgt ist. In Kenntnis der Beratungshilfeberechtigung hat die Beklagte sodann durch die Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung -unabhängig von deren Wirksamkeit- auf die Inanspruchnahme von Beratungshilfe verzichtet. Dadurch greift § 3a Abs. 4 RVG i.V.m. § 8 BerHG nicht ein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.01.2009, 10 W 120/08; Mayer/Kroiß, RVG 5. Aufl. 2012, § 3a Rz. 60).
Die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung ist allerdings unwirksam. Die Vereinbarung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG. Danach ist in einer Modellrechnung im Rahmen der Vergütungsvereinbarung die voraussichtliche gesetzliche Vergütung der erfolgsabhängigen vertraglichen Vergütung gegenüber zu stellen (Mayer/Kroiß, a.a.O., § 4 a Rd.Ziff. 45-48). Eine solche Gegenüberstellung ist der Vergütungsvereinbarung nicht zu entnehmen.
Aufgrund der Unwirksamkeit der vertraglichen Vergütung stellt nach § 4 b Abs. 1 Satz 1 RVG die gesetzliche Vergütung die Obergrenze der anfallenden Vergütung dar.
Die gesetzlichen Gebühren der Nachlassauseinandersetzung nach F wurden durch den Kläger wie folgt angegeben, ohne dass dies durch die Beklagtenseite substantiiert bestritten worden wäre:
Gegenstandswert 38.306,55 €
1,5 Geschäftsgebühr 1.353,00 €
Auslagenpauschale 20,00 €
Zwischensumme 1.373,00 €
MwSt. 260,87 €
Endsumme 1.633,87 €
Soweit auch Gebühren durch den Kläger in Ansatz gebracht wurden, die den Miteigentumsanteil der Beklagten aus dem Erbe nach G betreffen, ist dies nicht Gegenstand der Klage, so dass bereits aus diesem Grunde eine solche Honorarforderung nicht zuerkannt werden kann. Außerdem wurde durch die Klägerin hinsichtlich dieser Angelegenheit gerade nicht auf eine Abrechnung auf Beratungshilfebasis verzichtet.
Gemäß § 242 BGB bindet die unwirksame Vergütungsvereinbarung den Kläger auch insoweit, als er für die Fälligkeit der Vergütung die Bestimmung getroffen hat, dass diese insgesamt oder anteilig mit der Verfügbarkeit jeweiliger Vermögensposition bei der Beklagten eintritt. Die Verfügbarkeit der Vermögenspositionen ist nur dann anzunehmen, wenn diese zur Auszahlung an die Beklagte gelangen oder aber die Beklagte selbst mutwillig verhindern würde, dass der Auszahlungserfolg eintritt.
Die Honoraransprüche des Klägers im Umfang von 1.633,87 € sind nicht fällig. Es ist unstreitig, dass es innerhalb der Erbengemeinschaft eine gerichtliche Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs der auszuzahlenden Beträge gab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in dem Beschluss vom 28.09.2012 - 7 W 91/12 - die Auffassung vertreten, dass zunächst eine Erbauseinandersetzung durchzuführen ist. Im Rahmen dieser Erbauseinandersetzung muss abgeklärt werden, in welcher Höhe Nachlassverbindlichkeiten bestehen, die vorab aus dem Erlös zu befriedigen sind. Es ist dabei zu klären, welcher Anteil des auf dem Notaranderkonto befindlichen Auszahlungsbetrages der Erbengemeinschaft gebührt und welcher Anteil ausschließlich der Beklagten. Eine mutwillige Verhinderung der Auszahlung durch die Beklagte ist unter solchen Umständen nicht anzunehmen. In Bezug auf die nicht fällige Honorarforderung war die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.
Soweit die Beklagte Gegenforderungen aus Schadensersatz behauptet, wurde dies hinsichtlich Art und Umfang der Ansprüche nicht ausreichend konkretisiert dargelegt, so dass eine entsprechende Prüfung nicht erfolgen konnte. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich der Frage der Kausalität eines möglichen Fehlverhaltens des Klägers bei der Durchführung des Mandats in Bezug auf einen dadurch entstandenen Vermögensschaden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.