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  • 17.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132258

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 17.10.2012 – 17 U 7/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das am 08.12.2011 verkündete Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags erbringt.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    I.

    Mit Haftbefehl des Amtsgerichts Leverkusen vom 11.12.2004 wurde gegen den Kläger Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Umsatzsteuer-, Einkommenssteuer- und Gewerbesteuerhinterziehung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Handel mit Zahngold angeordnet. In unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit seiner Inhaftierung beauftragte er den Beklagten mit der Verteidigung in dem durch die Staatsanwaltschaft Köln unter dem Aktenzeichen 113 Js 1095/04 geführten Strafverfahren.

    Unter dem 20.12.2004 unterzeichneten die Parteien eine von dem Beklagten erstellte schriftliche Vergütungsvereinbarung betreffend die Verteidigung des Klägers im Ermittlungsverfahren und im Verfahren erster Instanz. Für die anwaltliche Tätigkeit des Beklagten wurde eine pauschale Nettovergütung von 150.000,00 € vereinbart. Unter Ziffer 6 der Vergütungsvereinbarung heißt es, dass bei vorzeitiger, nicht von dem Beklagten zu vertretender Mandatsbeendigung es bei der vereinbarten Vergütung bliebe. Ziel der Tätigkeit des Beklagten sollte sein, eine Hauptverhandlung möglichst zu vermeiden.

    Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren dauert heute noch an. Am 09.03.2005 wurde der Kläger gegen Stellung einer Kaution über 800.000 € von der Haft verschont. Nachdem ein danach neu erlassener (erweiterter) Haftbefehl am 10.12.2007 aufgehoben wurde und der Kläger sich bereits zuvor durch weitere Anwälte hatte vertreten lassen, kündigte er mit Schreiben vom 09.01.2008 das Mandatsverhältnis.

    Mit der Klage verlangt er von den bereits an den Beklagten gezahlten 98.321 € (netto 85.000 €) einen Betrag in Höhe von 92.221 € zurück mit der Begründung, das vereinbarte Honorar sei für die erbrachte Tätigkeit unangemessen überhöht, geschuldet sei nur die gesetzliche Vergütung, die Honorarvereinbarung sei im Hinblick auf die die Kündigungsklausel unter Ziff. 6 gemäß § 308 Nr. 7 BGB unwirksam.

    Das Landgericht hat nach Einholung eines Gebührengutachtens der Rechtsanwaltskammer die Klage abgewiesen. Wegen der dieser Entscheidung zu Grunde gelegten tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Bewertung im Einzelnen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge und des weiteren Vortrags der Parteien wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

    Mit seiner ordnungsgemäß eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Er wendet sich insbesondere gegen die von dem Landgericht abgelehnte Bewertung der Vertragsklauseln der Honorarvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der § 305 BGB ff..

    Er beantragt,

    den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Zahlung von 92.221, - € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2010 zu verurteilen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht sich die Wertung des 24. Zivilsenats des OLG Köln zu eigen, wie sie in dem von dem Beklagten zu den Akten gereichten Urteil vom 10.01.212 (24 U 103/10) festgehalten ist, dem eine im wesentlichen gleichlautende Honorarvereinbarung des Beklagten zugrundelag

    Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    II.

    Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB i.V.m. § 3a Abs. 2 RVG auf Rückerstattung des überwiegenden Teils des an den Beklagten bereits gezahlten Verteidigerhonorars.

    Auch soweit der erhaltene Betrag in Höhe von 98.321 € über dem sich bei Berechnung der Verteidigertätigkeit nach den gesetzlichen Gebühren ergebenden Betrag liegt, kann der Beklagte ihn - jedenfalls in dieser Höhe - als vereinbartes Honorar beanspruchen.

    Der Senat erachtet die streitgegenständliche Pauschalhonorarvereinbarung vom 20.12.2004 nicht als wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig gemäß § 138 BGB. Auch aus dem Umstand, dass die Vertragsklauseln der Honorarvereinbarung sich – entgegen der Auffassung des Landgerichts – als Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, ergibt sich keine Unwirksamkeit der Vereinbarung. Lediglich deren Ziffer 6 ist gemäß §§ 308 Nr. 7 a), 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam mit der Folge, dass gemäß § 306 Abs. 1 und 2 BGB die Vereinbarung im Übrigen wirksam bleibt und an die Stelle der unwirksamen Ziffer 6 die gesetzliche Regelung des § 628 Abs. 1 S. 1 BGB tritt.

    Wie in der mündlichen Verhandlung bereits dargelegt, schließt sich der Senat der Rechtsauffassung des 24. Zivilsenats, wie sie in dem den Parteien bekannten Urteil vom 10.01.2012 (24 U 103/10 OLG Köln) zum Ausdruck gebracht ist, welches sich mit einer im Wesentlichen gleich lautenden Honorarvereinbarung des Beklagten befasst, nach kritischer Prüfung an und macht sich dessen Argumentation aus eigener Überzeugung zu eigen. Deshalb wird die in dem genannten Urteil vorgenommene rechtliche Begründung, soweit sie in vollem Umfang der Überzeugung des erkennenden Senats entspricht und in ihrer Ausformulierung keiner Ergänzung oder Abänderung in Bezug auf den zu entscheidenden Fall bedarf, im Folgenden im Wesentlichen und überwiegend wörtlich übernommen.

    Zunächst ergibt sich eine Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung nicht aus deren Ziffer 6. Diese belässt - in Abweichung von der gesetzlichen Regelung in §§ 628 Abs. 1 S. 1, 626 f. BGB - dem Beklagten für den Fall einer nicht von ihm zu vertretenden Kündigung des Mandatsverhältnisses durch den Mandanten stets und unabhängig vom Umfang der bislang erbrachten Dienste das gesamte vereinbarte Pauschalhonorar. Zwar kann die Regelung des § 628 Abs. 1 S. 1 BGB individualvertraglich abbedungen werden (vgl. BGHSt 27, 366 ff., juris Rz. 13; BGH NJW 1987, 315 ff., juris Rz. 21). Bei der streitgegenständlichen Pauschalvereinbarung handelt es sich jedoch – entgegen der Auffassung des Landgerichts – um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Dafür spricht bereits der äußere Anschein der offenkundig in allgemeiner Form vorformulierten Vereinbarung, in die jeweils nur noch der Name des Mandanten, das Datum und die Unterschriften einzufügen sind. Soweit der Beklagte noch erstinstanzlich die Auffassung einer individualvertraglichen Absprache vertreten hat, rechtfertigt sein Sachvortrag diese Annahme nicht. Aus diesem ergibt sich nämlich nicht hinlänglich, dass die Vertragsklauseln, insbesondere die unter Ziff. 6, im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Honorarvereinbarung ernsthaft zur Disposition gestellt worden sind. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Ausführungen, weil der Beklagte seinen Standpunkt im Berufungsverfahren ersichtlich aufgegeben hat, wie sich aus seiner Bezugnahme auf das genannte Urteil des 24. Senats sowie seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung ergibt.

    Die danach vorzunehmende Inhaltskontrolle gemäß §§ 306 ff. BGB führt vorliegend zur Unwirksamkeit der Klausel in Ziffer 6 der Pauschalhonorarvereinbarung gemäß §§ 308 Nr. 7 a), 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Insoweit gilt zunächst, dass eine formularmäßige Honorarvereinbarung, die ohne Rücksicht auf eine alsbaldige Beendigung des Mandats eine Verpflichtung des Mandanten begründen soll, stets die volle Vergütung zu entrichten, in der Regel standeswidrig ist (vgl. BGHSt 27, 366 ff., juris Rz. 18). Sie steht nicht im Einklang mit Treu und Glauben, da sie dem Dienstverpflichteten bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags auch dann die volle Vergütung belässt, wenn er nur ganz geringfügige Tätigkeiten entfaltet hat und so den Umfang der bis dahin geleisteten Dienste überhaupt nicht berücksichtigt (vgl. etwa BGHZ 54, 16 ff., juris Rz. 20 für einen Steuerberater). Eine solche Regelung widerspricht der Billigkeit und stellt eine missbräuchliche Verfolgung einseitiger Interessen des einen Vertragspartners auf Kosten des anderen dar. Da § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB die Ausübung des Kündigungsrechts gemäß § 627 BGB gewährleisten soll, besteht eine wirtschaftliche Wechselwirkung dergestalt, dass der Auftraggeber nicht aus wirtschaftlichen Gründen von einer Kündigung des auf besonderem Vertrauen basierenden Dienstvertrags abgehalten werden soll (vgl. BGHZ 54, 16 ff., juris Rz. 21).

    Diese wirtschaftliche Wechselwirkung wird vorliegend durch Ziffer 6 der Honorarvereinbarung unterlaufen. Zwar lässt die Honorarvereinbarung das Kündigungsrecht des Auftraggebers aus § 627 BGB als solches unberührt. Das vollständige Belassen der im Voraus gezahlten Vergütung, ohne Rücksicht auf den Umfang der bei vorzeitiger Beendigung erbrachten Dienste, steht der gesetzgeberischen Intention entgegen, denn sie erschwert dem Auftraggeber die freie vorzeitige Kündigung. Mit der vorzitierten Rechtsprechung des BGH, der derartige formularmäßige Klauseln wiederholt für unzulässig erklärt hat (vgl. nur BGHZ 54, 16 ff., juris Rz. 29; BGH NJW 2010, 13 f., juris Rz. 23; BGHSt 27, 366 ff., juris Rz. 18 m.w.N.), erachtet deshalb auch der Senat die formularmäßige Vereinbarung in Ziffer 6 der streitgegenständlichen Pauschalhonorarvereinbarung wegen der Möglichkeit einer unverhältnismäßig überhöhten Vergütung im Falle frühzeitiger Kündigung sowie wegen der mit ihr verbundenen faktischen Einschränkung des Kündigungsrechts aus § 627 BGB als unwirksam gemäß §§ 308 Nr. 7 a, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

    Dies führt indes nicht zu einer Gesamtnichtigkeit der Honorarvereinbarung vom 20.12.2004 im Sinne von § 139 BGB. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nämlich § 306 BGB als lex specialis entgegen (BGH NJW 2007, 3568, juris Rz. 12; Palandt/Grüneberg, 71. Aufl. 2012, § 306 Rz. 1). Da es sich bei der Honorarvereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, ergibt sich aus § 306 Abs. 1 und 2 BGB, dass der Vertrag im übrigen regelmäßig wirksam bleibt und lediglich die nach der Inhaltskontrolle unwirksamen Bestimmungen durch die gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden. Eine gänzliche Unwirksamkeit des betroffenen Vertrages tritt gemäß gemäß § 306 Abs. 3 BGB nur dann ein, wenn ein Festhalten an dem Vertrag eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellt. Eine unzumutbare Härte in diesem Sinne kann jedoch vorliegend nicht festgestellt werden: Sie wird für den Kunden bejaht, wenn nicht mehr feststellbar ist, mit welchem Inhalt der übrig gebliebene Vertragsteil in seinen wesentlichen Bestandteilen aufrechterhalten werden soll (vgl. KG Berlin MDR 1998, 760 ff., juris Rz. 21; Palandt/Grüneberg, 71. Aufl. 2012, § 306 Rz. 18). Dies ist hier nicht der Fall: Da die Unwirksamkeit der Klausel auf der Wechselwirkung der §§ 626 f., 628 BGB beruht, ist die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung durch die Anwendung des § 628 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB anstelle der unwirksamen Klausel wieder vollständig hergestellt. Der Auftragnehmer bleibt danach lediglich zur Zahlung der auf den erbrachten Teil der Dienste entfallenden Vergütung verpflichtet, was ihn nicht benachteiligt. Zugleich wird dem Interesse des Auftragnehmers Rechnung getragen, die vereinbarte Vergütung jedenfalls für seine erbrachten Dienste anteilig zu erhalten und nicht auf die gesetzlichen Gebühren verwiesen zu werden.

    Lediglich ergänzend ist anzuführen, dass es auch nicht zu einem anderen Ergebnis führen würde, wenn man vorliegend § 139 BGB anstelle von § 306 BGB für anwendbar hielte. Auch danach ist nämlich von einer Wirksamkeit des Rechtgeschäfts im übrigen auszugehen, wenn nach dem mutmaßlichen Willen beider Parteien - wobei das objektiv Vernünftige als der mutmaßliche Parteiwille anzunehmen ist - das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre (BGH NJW 1996, 3147 ff., juris Rz. 32; BGH NJW 2006, 2696 ff.; juris Rz. 31). Wie bereits dargelegt, ist dem Interesse des Klägers vorliegend durch die Anwendung von § 628 Abs. 1 S. 1 BGB anstelle der Klausel in Ziffer 6 der Honorarvereinbarung Genüge getan. Da auch mit dieser Abwandlung der Vereinbarung beide Parteien mutmaßlich ein Interesse an der ursprünglich gewünschten Leistungserbringung des anderen Teils gehabt hätten, wäre der Dienstvertrag im Übrigen auch bei Anwendung des § 139 BGB aufrechtzuerhalten.

    Eine Sittenwidrigkeit der streitgegenständlichen Honorarvereinbarung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Knebelung. Eine solche wird bejaht, wenn die wirtschaftliche Entfaltung einer Vertragspartei in einem Maße beschnitten ist, dass diese ihre Selbständigkeit und wirtschaftliche Entschließungsfreiheit im Ganzen oder in einem wesentlichen Teil einbüßt (BGH NJW 1993, 1587 ff., juris Rz. 19; BGH MDR 1974, 1006 f., juris Rz. 22). Von einer solchen Beschränkung ist hier nicht auszugehen. Bei der insoweit vorzunehmenden Bewertung der Gesamtumstände ist zu berücksichtigen, dass der Kläger offenbar angesichts der nicht unerheblichen Tatvorwürfe und der Befürchtungen um seine private wie berufliche Existenz gerade eine Verteidigung durch einen renommierten Strafverteidiger wünschte, für dessen Tätigkeit er für den Fall der vollständigen Leistungserbringung grundsätzlich bereit war, eine Vergütung in der vereinbarten Höhe zu bezahlen, ohne dass die Aufbringung dieses Betrages ihn in seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil beschränkt hätte. Insoweit war und blieb er in seiner Entscheidung frei und hat von dieser Freiheit auch Gebrauch gemacht. War der Kläger aber zur Aufbringung des vereinbarten Honorars grundsätzlich in freier Entschließung bereit und auch wirtschaftlich in der Lage, so lässt sich aus der - zudem nur im Falle sehr frühzeitiger Kündigung - bestehenden Gefahr einer überhöhten Vergütung aus der Vereinbarung in Ziffer 6 nicht eine so weitgehende Beschränkung der Selbständigkeit und wirtschaftlichen Entschließungsfreiheit des Klägers im Ganzen ableiten, dass sie im Sinne einer Knebelung gegen die guten Sitten verstieße.

    Eine Sittenwidrigkeit der streitgegenständlichen Honorarvereinbarung lässt sich auch nicht aus der Höhe des vereinbarten Verteidigerhonorars ableiten. Da Vergütungsvereinbarungen und insbesondere die Vereinbarung eines Pauschalhonorars für einen Rechtsanwalt als solche nicht sittenwidrig sind (vgl. BGH NJW 1987, 315 ff., juris Rz. 25 ff.; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Auflage, § 4 Rz. 1 und 4; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Auflage, § 4 Rz. 58 f.; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Auflage, § 3 a Rz. 3 f.), führt eine mögliche Unangemessenheit des Honorars allenfalls zu dessen Reduzierung (§ 4 Abs. 4 Satz 1 RVG a.F., § 3 a Abs. 2 Satz 1 RVG n.F.).

    Eine Reduzierung ist jedoch nicht gerechtfertigt.

    Trotz der außergewöhnlich hohen Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühr teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts sowie der Rechtsanwaltskammer, wie sie in deren Gebührengutachten vom 01.03.2011 zum Ausdruck gebracht wird, dass unter Berücksichtigung aller für die Höhe des Pauschalhonorars maßgeblicher Umstände die Höhe des Pauschalhonorars über 150.000 € in Bewertung des von dem Beklagten seinerzeit angenommenen und im Nachhinein zu beurteilenden Leistungsumfangs eine zu einer gebotenen Reduzierung führende Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung nicht angenommen werden kann.

    Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass für eine Herabsetzung des Honorars eines Rechtsanwalts gem. § 3a Abs. 2 RVG nur dann Raum gegeben ist, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten (BGH NJW 2010, 1364, 1372).

    Auch den weiteren Feststellungen des Landgerichts ist zuzustimmen, dass im konkreten Fall von einem überdurchschnittlichen Arbeitsaufwand auszugehen ist, der ein entsprechend hohes Honorar unter Berücksichtigung auch der weiteren besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigt und damit die tatsächliche Vermutung der Unangemessenheit der Vergütung widerlegt ist.

    Insofern war bereits zum Zeitpunkt der Honorarvereinbarung absehbar, dass es aufgrund der Inhaftierung des Klägers und in Ansehung der fast 5.000 Seiten starken Ermittlungsakte sowie des Tatvorwurfs, nämlich der über mehrere Jahre hinweg vorgenommenen Steuerhinterziehung in einem hohen sechsstelligen Eurobetrag mit Auslandsbezug, zu einer zeit- und arbeitsintensiven Anwaltstätigkeit kommen würde, wie sie von dem Beklagten für den tatsächlichen Tätigkeitszeitraum im Einzelnen auch dargestellt und von der Anwaltskammer in deren Gebührengutachten berücksichtigt worden ist. Für den Kläger war es von großer Wichtigkeit, ein Hauptverfahren zu vermeiden und sobald wie möglich aus der Haft entlassen zu werden, um auch seine beruflichen Selbständigkeit wiederzugewinnen und weitere wirtschaftliche Einbußen zu verhindern. Gerade die Vermeidung eines Hauptverfahrens erforderte intensive Bemühungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Zudem handelt es sich, was auch in dem Gebührengutachten der Anwaltskammer hervorgehoben wird, bei Steuerstrafsachen mit Auslandsbezug um eine rechtlich komplexe Materie, so dass auch die inhaltliche Schwierigkeit zu berücksichtigen ist. Schließlich sind nicht zuletzt neben der existentiellen Bedeutung des Strafverfahrens und der unabsehbaren Folgen für den Kläger dessen überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Bedeutung, die es ihm ermöglichten, die Kautionsleistung über 800.000 € zu erbringen und das auch innerhalb seiner finanziellen Leistungsfähigkeit liegende von dem Beklagten geforderte Pauschalhonorar zuzusagen, um sich der Dienste des überdurchschnittliche Qualifikation und Reputation genießenden Beklagten zu bedienen.

    Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die diesbezüglichen Ausführungen des angefochtenen Urteils sowie des Gebührengutachtens Bezug genommen. Dies gilt auch, soweit sie eine zutreffende Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung beinhalten.

    Schließlich führt auch der Einwand des Klägers, der Beklagte habe sich vielfach der Hilfe seines bei ihm beschäftigten Rechtsreferendars I bedient, statt selber tätig zu werden, zu keiner anderen Bewertung. Auch insoweit folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts sowie der in dem Gebührengutachten vertretenen Meinung der Anwaltskammer.

    Es entspricht - wie auch der 24. Senat in dem zitierten Urteil festgehalten hat - durchaus der üblichen professionellen Geschäftspraxis renommierter Rechtsanwälte und eben auch Strafverteidiger, nicht alle Schriftsätze selbst zu verfassen und alle Mandantengespräche persönlich zu führen. Wesentlich ist, dass der Anwalt die ersten Gespräche führt, eine Verteidigungslinie entwirft und erörtert, sodann die Einzelheiten der Mandatsführung delegiert und ggfl. durch qualifizierte Mitarbeiter Schriftsätze entwerfen lässt, die er dann überprüft und verantwortlich unterzeichnet. Dass die Übertragung von Teilen der Mandatsbearbeitung auf den Mitarbeiter I sich nachteilig auf die Qualität der Verteidigung ausgewirkt hätte und insofern die vereinbarte Vergütung nicht wert gewesen sei, behauptet im übrigen auch der Kläger nicht, der dem Vortrag des Beklagten nicht entgegen getreten ist, der Kläger habe aufgrund seiner Wertschätzung Herrn I zu seinem jetzigen Verteidiger bestellt.

    Da nach alledem der Beklagte somit aufgrund der uneingeschränkten Verbindlichkeit der Honorarvereinbarung den tatsächlichen Gegenwert der bis zur Beendigung des streitgegenständlichen Mandates von ihm erbrachten anwaltlichen Leistungen aus der Pauschalhonorarvereinbarung in Verbindung mit §§ 626 f., 628 Abs. 1 S. 1 BGB beanspruchen kann, ist er zu einer Zurückzahlung der mit der Klage verlangten Beträge nicht verpflichtet, denn – ausgehend von einem Gesamthonorar in Höhe von pauschal 150.000 € - entsprechen in Relation zu dem Pauschalbetrag die von ihm bis zur Mandatskündigung am 09.01.2008 erbrachten Leistungen jedenfalls der erfolgten Zahlung über insgesamt 98.321 € (netto 85.000 €).

    Der Beklagte selber hat erstinstanzlich mit – unwidersprochen gebliebenen – Schriftsatz vom 11.11.2011 Abrechnung insoweit erteilt, als er seine erbrachten Leistungen im Rahmen der Pauschalpreisvereinbarung zu 90% als erbracht ansieht und seinen Honoraranspruch mit 135.000 € netto bewertet. Ob ihm ein Honoraranspruch in dieser Höhe zusteht, kann im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens dahinstehen, in dem es (nur) darum geht, ob er um 85.000 € netto (brutto 98.321 €), abzüglich des gesetzlichen Gebührensatzes, ungerechtfertigt bereichert ist oder er diesen Betrag als Honorar jedenfalls beanspruchen kann.

    Letzteres ist der Fall. Der Betrag von 85.000 € entspricht 56% des zulässig vereinbarten Gesamthonorars. Eine solche prozentuale Aufteilung ist bei Gegenüberstellung des zum Zeitpunkt der Mandatskündigung sich ergebenden Verfahrensstandes und der von der Honorarvereinbarung erfassten weiteren künftigen Tätigkeit nicht zu beanstanden, ganz abgesehen davon, dass der Kläger der von dem Beklagten vorgenommenen Abrechnungsaufteilung unter Schwerpunktbetonung des Ermittlungsverfahrens nicht entgegen getreten ist.

    Auch ein Abgleich mit den tatsächlich erbrachten Leistungen nach Zeitaufwand belegt die Berechtigung einer Honorarforderung in Höhe von jedenfalls 85.000 €.

    In Bezug auf die tatsächlich erbrachten Leistungen hat der Beklagte einen persönlichen Zeitaufwand von 346 Stunden unter konkreter Nennung des jeweiligen Datums und Beschreibung der jeweiligen Tätigkeit dargelegt und eine Korrespondenzliste zu den Akten gereicht. Dies genügt nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung, dass die Parteien kein Zeit-, sondern ein grundsätzlich nicht abzurechnendes Pauschalhonorar vereinbart haben, der Darlegungslast des Beklagten.

    Soweit der Kläger die Tätigkeitsangaben bestreitet, ist dies vorwiegend unbeachtlich.

    Das pauschale Bestreiten von „Anzahl und Dauer der Besuche“ ist ebenso unerheblich wie der Einwand, die aufgeführten JVA-Besuche hätten maximal 10-20 Minuten gedauert, denn die jeweils eingesetzten 2 Stunden in der Auflistung des Beklagten umfassen jeweils auch die „Nachbereitung“ (wobei Fahrtzeiten nicht einmal aufgeführt sind). Was die Tätigkeit „Fahrt nach Luxemburg am 27.12.2004“ angeht, so mögen nur 10 Stunden angefallen sein, wenn der Beklagte persönlich nur am 27.12.2004 dort war. Auf der anderen Seite ist damit zugleich aber die Behauptung des Klägers widerlegt, der Beklagte habe sich vom 20.12.2004 bis ca. Mitte 2005 im Urlaub befunden.

    Soweit ausweislich der Tätigkeitsliste 7 JVA-Besuche allein durch eine Rechtsanwältin aus dem Büro des Beklagten erfolgten, so handelt es sich um dem Beklagten zuzuordnende Tätigkeiten (Auf die obigen diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen), ganz abgesehen davon, dass die Zeiten auch die Nachbereitung erfassen, zu der auch die Besprechung mit dem Beklagten gehörte.

    Selbst wenn man die insoweit aufgeführten Stunden von insgesamt 14 und die weiteren 10 beim Punkt „Fahrt nach Luxemburg am 27.12.2004“ in Abzug bringt, verbleiben 322 Stunden, die allein dem Beklagten zugeordnet werden können. Ein Honorar in Höhe von 85.000 € würde dann einem Stundensatz von 264 € entsprechen. Bei Vereinbarung eines Zeithonorars können jedoch, wie dem Gebührengutachten der Anwaltskammer zu entnehmen ist, Stundensätze von 300 € bis 500 € als angemessen gelten. Geht man beispielsweise von einem Stundensatz in Höhe von 450 € aus, würde ein Honorar in Höhe von 85.000 € bereits bei 190 angefallene Stunden erzielt. Die vorstehenden Ergebnisse zeigen, dass es auf die exakte Anzahl der aufgewandten Stunden im Rahmen des vorliegenden Prozesses nicht ankommt, und belegen, dass auch bei einer fiktiven Berechnung nach Zeitaufwand jedenfalls ein Honorar über 85.000 € netto für die erbrachte Leistung des Beklagten nicht unangemessen ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    Streitwert des Berufungsverfahrens: 92.221,00 €