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  • 20.10.2014 · IWW-Abrufnummer 143047

    Verwaltungsgericht Berlin: Beschluss vom 05.06.2014 – 14 KE 54.13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    VG 14 KE 54.13
    (VG 3 L 1011.12)

    VERWALTUNGSGERICHT BERLIN

    BESCHLUSS

    In der Kostensache

    Erinnerungsführers,

    g e g e n

    das Land Berlin,
    vertreten durch die Senatsverwaltung
    für Justiz und Verbraucherschutz,
    Salzburger Straße 21-25, 10825 Berlin,
    vertreten durch den Bezirksrevisor
    des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg,
    und des Verwaltungsgerichts Berlin,
    Kirchstraße 7, 10557 Berlin,
    Erinnerungsgegner,

    hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin
    durch
    den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Jeremias
    als Einzelrichter
    am 5. Juni 2014 beschlossen:

    Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 13. März 2013 – VG 3 L 1011.12 – wird dahingehend abgeändert, dass die dem Erinnerungsführer zu vergütenden Gebühren auf 694,37 Euro zuzüglich anteiliger Zinsen festgesetzt werden.

    Gründe

    Die nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zulässige Erinnerung, über die nach § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter zu entscheiden hat, ist begründet.

    Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Terminsgebühr abgesetzt. Diese folgt allerdings nicht – wie beantragt – aus Nr. 3104 VV RVG, sondern aus Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 VV RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG in der Fassung vom 5. Mai 2004 – BGBl. I S. 718, 788).

    Soweit die Kammer mit einem Teil der Rechtsprechung vormals das Entstehen einer Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 VV RVG in dieser Fassung davon abhängig gemacht hat, dass sich die Besprechung auf ein Verfahren bezieht, für das die jeweilige Verfahrensordnung eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben hat oder eine solche in dem betreffenden Fall ausnahmsweise anberaumt wurde (Beschluss vom 10. Juni 2008 – VG 14 KE 30.07 – ), hält das Gericht hieran nicht mehr fest.

    Diese Auffassung wurde zwar etwa vom Bundesgerichtshof (Beschluss vom 15. März 2007 – V ZB 170/06 – juris Rn. 7 m.w.N.) und vom VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 31. Oktober 2006 – 3 S 1748/05 – juris Rn. 5 f.), vom OVG Berlin-Brandenburg (Be-schluss vom 27. März 2009 – OVG 1 K 116.08 – juris Rn. 2) und vom OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 19. Juli 2010 – 3 O 43/10 – juris Rn. 3) vertreten. Sie entsprach allerdings auch früher bereits nicht Teilen der zivilgerichtlichen (OLG München, Beschlüsse vom 27. August 2010 – 11 WF 331/10 – juris Rn. 11 ff. und vom 25. März 2011 – 11 W 249/11 – juris Rn. 9 ff.) und der finanzgerichtlichen (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. April 2011 – 13 KO 13326/10 – juris Rn. 13 ff.) Rechtsprechung, die eine Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen auch in Verfahren zusprachen, die keine mündliche Verhandlung vorsahen (einen guten Überblick über den Stand der früheren Diskussion gibt der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2011 – XII ZB 458/10 – juris Rn. 15 ff.).
    Auf diesen in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Streit reagierte der Gesetzgeber mit Artikel 8 Abs. 2 Nr. 26 lit. b) des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586, 2694). Danach wurde mit Wirkung zum 1. August 2013 die Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG wie folgt gefasst:

    „Die Terminsgebühr entsteht sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für
    1. die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und
    2. die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.“

    In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/11471 S. 274 f.) wird insoweit ausgeführt:

    „Der neu gefasste Absatz 3 soll zweierlei bewirken. Zum … anderen soll klargestellt werden, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechungen unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. …
    Der Neuaufbau des Absatzes 3 soll einen Streit in der Rechtsprechung zum Anfall der Terminsgebühr für Besprechungen dahingehend entscheiden, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechungen auch dann entsteht, wenn die gerichtliche Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergeht. Diese Auffassung entspricht den Entscheidungen des OLG München vom 27. August 2010 (AGS 2010, 420 f.) und 25. März 2011 (AGS 2011, 213 ff.), die einer Entscheidung des BGH vom 1. Februar 2007 (AGS 2007, 298 ff.) entgegentreten. …

    Die nunmehr vorgeschlagene Klärung der Streitfrage entspricht der Intention des Gesetzgebers, wie sich aus Vorbemerkung 3.3.2 ableiten lässt. Nach dieser Vorbemerkung bestimmt sich die Terminsgebühr im Mahnverfahren nach Teil 3 Abschnitt 1. Diese Bestimmung würde keinen Sinn ergeben, wenn eine mündliche Verhandlung in dem Verfahren vorgeschrieben sein müsste oder zumindest auf Antrag stattfinden müsste.“

    Damit wollte der Gesetzgeber den Streit dahingehend entscheiden, dass eine Terminsgebühr auch dann für Besprechungen außerhalb einer mündlichen Verhandlung verlangt werden kann, wenn nach der jeweiligen Verfahrensordnung eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und eine solche auch nicht in dem betreffenden Fall ausnahmsweise anberaumt wurde.
    Dass es sich aus der Sicht des Gesetzgebers um eine Klarstellung auch der bisherigen Rechtslage (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 274: „soll klargestellt werden“) und nicht um eine Änderung mit alleiniger Wirkung für die Zukunft (§ 60 RVG) handeln sollte, wird im Übrigen auch dann deutlich, wenn man die Ausführungen zur Neuregelung hinsichtlich des Einbezugs von Anhörungsterminen unter die Regelung (BT-Drucks. 17/11471 S. 274: „künftig“) betrachtet.

    Insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung zitierte (BT-Drucks. 17/11471 S. 275), auch vor der Änderung wortgleich vorhandene amtliche Vorbemerkung 3.3.2 wird erkennbar, dass schon die Intention des Gesetzgebers der Fassung vom 5. Mai 2004 dahin ging, die Terminsgebühr nicht davon abhängig zu machen, dass nach der jeweiligen Verfahrensordnung eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben war oder eine solche in dem betreffenden Fall ausnahmsweise anberaumt wurde. Die insoweit abweichende Annahme der Kammer (s. etwa Beschluss vom 21. Oktober 2008 – VG 14 KE 125.08 –), mit der Terminsgebühr im Mahnverfahren werde vielmehr ein frühzeitiger Einigungsversuch honoriert, der zur Entbehrlichkeit eines anschließenden Klageverfahrens führen könne, in dem der Rechtsanwalt bei normalem Verlauf eine Terminsgebühr verdienen könnte, hat sich im Hinblick auf diese Gesetzesmaterialien als nicht mehr tragfähig herausgestellt.

    Vor diesem Hintergrund schließt sich das Gericht für Fälle, in denen die alte Rechtslage vor dem 2. KostRMoG relevant ist, der Rechtsprechung des OLG München (Beschlüsse vom 27. August 2010 – 11 WF 331/10 – juris Rn. 11 ff. und vom 25. März 2011 – 11 W 249/11 – juris Rn. 9 ff.) und des FG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 5. April 2011 – 13 KO 13326/10 – juris Rn. 13 ff.) an. Danach ist hier eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 VV RVG dadurch angefallen, dass der Erinnerungsführer in der Angelegenheit drei Telefonate am 25. Januar 2013 mit dem Vertreter des Rechtsamts und ein Gespräch mit der Schulrätin führte, ohne dass von Belang wäre, dass in dem zugrundeliegenden Eilverfahren weder eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben war, noch eine solche ausnahmsweise anberaumt worden war.

    Um diese Terminsgebühr zuzüglich der anfallenden Umsatzsteuer ist die Vergütungsfestsetzung auf insgesamt 694,37 Euro anzuheben.
    Das Verfahren ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gerichtsgebührenfrei. Kosten werden gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG nicht erstattet.

    Rechtsmittelbelehrung
    Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt (§ 56 I.V.m. § 33 Abs. 3 RVG).

    Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde endet zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung.