21.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144280
Landgericht Hagen: Beschluss vom 30.04.2014 – 46 KLs-408 Js 285/12-24/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Hagen
Beschl. v. 30.04.2014
Az.: 46 KLs 24/13
Tenor:
Die Erinnerung von Rechtsanwalt C.als Zeugenbeistand vom 31.03.2014 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.03.2014 wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Mit Verfügung vom 17.12.2013 wurde der Erinnerungsführer der Zeugin T. als Zeugenbeistand gemäß § 68 b Abs. 2 StPO beigeordnet und nahm an ihrer Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung am 6. 1. 2014 als Zeugenbeistand teil.
Unter dem Datum vom 7. 1. 2014 hat der Erinnerungsführer seine Liquidation als Zeugenbeistand überreicht, mit der er eine Grundgebühr gemäß Nr. 4101 VV RVG, eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4113 VV RVG und eine Terminsgebühr gemäß Nr. 4115 VV RVG, jeweils nebst anteiliger Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG geltend gemacht hat, daneben drei weitere Positionen, die jedoch nicht Gegenstand der Erinnerung sind.
Die Rechtspflegerin hat den Erinnerungsführer mit Verfügung vom 13. 3. 2014 unter Verweis auf Rechtsprechung des OLG Hamm darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach die Tätigkeit des Erinnerungsführers als Zeugenbeistand gemäß § 68 b StPO eine Einzeltätigkeit darstelle, deren Vergütung sich nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG richte. Danach stehe dem Erinnerungsführer nur eine Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG i.H.v. 200 EUR zzgl. Reisekosten, Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu. Sie hat daher um Überprüfung der Kostenrechnung vom 7. 1. 2014 und Einreichung einer berichtigten Rechnung gebeten.
Der Erinnerungsführer hat jedoch die Auffassung vertreten, dass der einem Zeugen als Zeugenbeistand beigeordnete Rechtsanwalt im Strafverfahren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnen könne, und hat zur Begründung auf den Regelungsvorschlag der Bundesregierung für das zweite KostRModG, BT-Drucks. 17/11471, Bezug genommen, wonach der Gesetzgeber bei Schaffung des RVG 2004 davon ausgegangen sei, dass der Zeugenbeistand die gleichen Gebühren wie der Verteidiger erhalten solle. Zudem erhalte der Zeugenbeistand im Bußgeldverfahren entsprechend der Vorbemerkung 5 Abs. 1 VV RVG schon seit Inkrafttreten des RVG 2004 Gebühren wie ein Verteidiger. Ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung des Zeugenbeistands im Strafverfahren zu dem im Bußgeldverfahren lasse sich weder den Gesetzesmaterialien zum RVG 2004 noch denen zum 2. KostRModG vom 23. 7. 2013 entnehmen.
Die Rechtspflegerin hat daraufhin mit dem angegriffenen Beschluss die dem Erinnerungsführer als Zeugenbeistand zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf lediglich 65,45 EUR festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG, den Fahrtkosten gemäß Nr. 7003 VV RVG, dem Tage- und Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7005 Abs. 1 VV RVG sowie der darauf anfallenden Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG. Dieser Beschluss ist dem Erinnerungsführer am 31. 3. 2014 zugestellt worden.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31. 3. 2014, der beim Landgericht am 1. 4. 2014 eingegangen ist, hat der Erinnerungsführer gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er vertrete weiterhin die Auffassung, dass der dem Zeugen als Zeugenbeistand beigeordnete Rechtsanwalt im Strafverfahren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnen könne.
Dieser Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Erinnerung ist statthaft gemäß § 56 RVG und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Einem Rechtsanwalt, der gemäß § 68 b Abs. 2 StPO einem Zeugen beigeordnet worden ist, steht nach der Rechtsprechung aller Senate des OLG Hamm (vgl. zuletzt OLG Hamm, StraFo 2009, 474 [OLG Hamm 14.07.2009 - 2 Ws 159/09] m.w.N.; Nachw. auch bei Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil 4 Abschnitt 1 Vorbem. 4.1 Rdn. 9) lediglich eine Vergütung nach Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG zu. Die durch die Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV RVG angeordnete entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gebühren eines Verteidigers bedeutet – anders als bei Bußgeldsachen – nicht, dass der Zeugenbeistand die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger in diesem Verfahren erhält. Insoweit weicht der Wortlaut der Vorbemerkung 4 Abs. 1VV RVG entscheidend von dem Wortlaut der Vorbemerkung 5 Abs. 1 VV RVG ab. Vielmehr führt die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gebühren des Verteidigers aufgrund der Vergleichbarkeit der Tätigkeiten zur Anwendung der Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG.
In diesem Sinne hat das OLG Hamm (aaO.) ausgeführt, dass die Beiordnung als Zeugenbeistand nach dem engen Wortlaut des § 68 b StPO lediglich „für die Dauer der Vernehmung“ erfolge. Allein für die Dauer der Zeugeneinvernahme solle der beigeordnete Zeugenbeistand dem Zeugen dabei behilflich sein, ein ihm ggf. nach den §§ 52 ff. zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht geltend zu machen und solle Zeugen, die in ihrer Aussagefähigkeit und - bereitschaft gehemmt sind, vor Aussagefehlern und Missverständnissen bewahren und sie insoweit beraten. Der Vernehmungsbeistand habe jedoch weder ein selbstständiges Antragsrecht noch ein Anwesenheitsrecht außerhalb der Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung; auch sei er nicht zur Akteneinsicht berechtigt. Seine Tätigkeit erstrecke sich damit nicht auf die vollumfängliche Beratung und Unterstützung des Zeugen. Wenn aber die Beiordnung sowohl zeitlich – nämlich für die Dauer der Einvernahme als Zeuge im Ermittlungsverfahren oder in der Hauptverhandlung – als auch inhaltlich – nämlich Hilfe bei der Inanspruchnahme eines Zeugnisverweigerungsrechts – derart beschränkt sei, könne von einer vollumfänglichen und zeitlich unbeschränkten Beiordnung nicht mehr die Rede sein. Die Bestimmung, die sich auf diese Tätigkeit am ehesten anwenden lasse, sei Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG. Die Beistandsleistung für einen Beschuldigten bei einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung bzw. die Beistandsleistung in einer Hauptverhandlung sei mit der Beiordnung für die Dauer einer Zeugenvernehmung durchaus zu vergleichen.
Diesen überzeugenden Ausführungen des Senats schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung der Rechtslage an.
Hieran hat sich auch durch das 2. KostRModG nichts geändert. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des Absatzes 1 der Vorbemerkung 4 zum VV RVG, wonach auch im Strafverfahren – wie schon jetzt in Bußgeldverfahren – ein Zeugenbeistand wie ein Verteidiger zu vergüten ist, hat letztlich keinen Eingang ins Gesetz gefunden (vgl. etwa Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV Vorb. 4 Rdn. 6). Eine Änderung der bisherigen Rechtslage ist deshalb nicht eingetreten.
Die dem Erinnerungsführer zustehende Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG hat dieser trotz eines entsprechenden Hinweises der Rechtspflegerin nicht geltend gemacht.