25.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144760
Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 09.02.2015 – 8 W 54/15
Kostenfestsetzung: Zwischen Streitgenossen, die gemeinsam auf der Kläger- oder der Beklagtenseite stehen, kommt es grundsätzlich nicht zu einer internen Kostenerstattung. Dies gilt gleichermaßen bei Zurückweisung der Beschwerden des Klägers/Widerbeklagten gegen eine erfolglose Richter- und Sachverständigenablehnung im Verhältnis zur Drittwiderbeklagten.
Oberlandesgericht Stuttgart
Beschl. v. 09.02.2015
Az.: 8 W 54/15
In Sachen
wegen Schadensersatzes; hier: Kostenfestsetzung
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch
Richterin am Oberlandesgericht Tschersich
als Einzelrichterin gem. § 568 S. 1 ZPO
beschlossen:
Tenor:
1.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 2 der Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2015, Az. 15 O 322/11, unter Zurückweisung der Kostenfestsetzungsanträge der Drittwiderbeklagten vom 19. November 2014 und vom 1. Dezember 2014
aufgehoben.
2.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Im Übrigen trägt die Drittwiderbeklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 5.477,56 €
Gründe
I.
In den Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, Az. 4 W 79/14 und 4 W 90/14, wurden die sofortigen Beschwerden des Klägers gegen die Entscheidungen des Landgerichts Stuttgart vom 10. Oktober 2014 (erfolglose Richterablehnung) und vom 7. September 2014 (erfolglose Sachverständigenablehnung) zurückgewiesen mit den Beschlüssen vom 27. Oktober 2014 (Az. 4 W 79/14) und vom 24. November 2014 (Az. 4 W 90/14). Zugleich wurden dem Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der beiden Beschwerdeverfahren auferlegt und der Gegenstandswert der Beschwerden jeweils auf bis 950.000 € festgesetzt.
Entsprechend den Anträgen der Drittwiderbeklagten vom 19. November 2014 (OLG-Beschluss vom 27. Oktober 2014, Az. 4 W 79/14, betreffend die Richterablehnung) und vom 1. Dezember 2014 (OLG-Beschluss vom 24. November 2014, Az. 4 W 90/14, betreffend die Sachverständigenablehnung) über jeweils 2.738,79 € (0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 RVG-VV aus je 950.000 €: 2.281,50 €, Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG-VV: 20 €, 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG-VV: 437,29 €) wurden mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 2 vom 9. Januar 2015 die von dem Kläger an die Drittwiderbeklagte zu erstattenden Kosten auf insgesamt 5.477,56 € festgesetzt.
Gegen die am 15. Januar 2015 zugestellte Entscheidung hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 16./19. Januar 2015 sofortige Beschwerde eingelegt, auf deren Begründung verwiesen wird. Die Drittwiderbeklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 2. Februar 2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 2 vom 9. Januar 2015 ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und in der Sache in vollem Umfang begründet.
Beim Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff ZPO war die Rechtspflegerin zwar an die Kostengrundentscheidungen und die Streitwertfestsetzungen in den Beschlüssen des 4. Zivilsenats vom 27. Oktober 2014, Az. 4 W 79/14 (Richterablehnung), und vom 24. November 2014, Az. 4 W 90/14 (Sachverständigenablehnung), gebunden.
Sie hat jedoch übersehen, dass es zwischen Streitgenossen, die gemeinsam auf der Kläger- oder der Beklagtenseite stehen, zu keiner internen Kostenerstattung kommt, es sei denn aufgrund eines entsprechenden Vergleichs, der vorliegend nicht abgeschlossen wurde (vgl. hierzu: Herget in Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 91 ZPO Rn. 13 "Streitgenossen"; OLG Koblenz Rpfleger 1980, 444; LG Berlin Rpfleger 1982, 391; OLG Koblenz MDR 1986, 764; OLG Koblenz Rpfleger 1990, 436; OLG Köln FamRZ 1993, 724; je m.w.N.).
Dementsprechend hat auch der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 6. April 2005, Az. V ZB 25/04, veröff. u.a. in NJW 2005, 2233, [BGH 06.04.2005 - V ZB 25/04] allein zur Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Prozessgegners im Beschwerdeverfahren über die Richterablehnung dahin entschieden, dass der Gegner der ablehnenden Partei die Stellung eines Verfahrensbeteiligten hat und die Entstehung und Erstattung seiner Anwaltsgebühren im Beschwerdeverfahren sich deshalb nach allgemeinen Grundsätzen richten (vgl. auch zur Richterablehnung: OLG Dresden RdL 2006, 111; OLG Düsseldorf AGS 2009, 268; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 766; OLG Stuttgart/Senat FamRZ 2014, 2018; und zur Sachverständigenablehnung: OLG Celle AGS 2008, 620; OLG Stuttgart/Senat Justiz 2009, 194; OLG Celle ZfSch 2010, 641; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 766; OLG Koblenz AGS 2013, 166; je m.w.N.; in diesen Entscheidungen geht es jeweils um den Kostenerstattungsanspruch des Prozessgegners).
Der Kläger/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagte sind jedoch keine Prozessgegner, sondern Streitgenossen, was unzweifelhaft der Erweiterung der Widerklage gegen die Drittwiderbeklagte mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 28. Oktober 2011 zu entnehmen ist, wonach eine gesamtschuldnerische Haftung des Klägers/Widerbeklagten und der Drittwiderbeklagten in den verschiedenen Widerklageanträgen jeweils i.H.v. 50 % zu Grunde gelegt wurde.
Ein Prozessrechtsverhältnis besteht deshalb zwischen der Beklagten/Widerklägerin auf der einen Seite und dem Kläger/Widerbeklagten sowie der Drittwiderbeklagten auf der anderen Seite.
Hieran ändert sich nichts im Richter- und Sachverständigenablehnungsverfahren. Es handelt sich bei diesen - auch in der Beschwerdeinstanz - lediglich um (selbstständige) Zwischenverfahren, in denen über das Ablehnungsgesuch und den Ablehnungsgrund abschließend (bindend) entschieden wird (Vollkommer in Zöller, a.a.O., § 46 ZPO Rn. 1; OLG Stuttgart/Senat, FamRZ 2014, 2018; je m.w.N.). Dadurch wird aber nicht eine Änderung des Prozessrechtsverhältnisses bewirkt.
Bei der Richter- und Sachverständigenablehnung findet jedoch die Entstehung und Erstattung der Anwaltsgebühren des Prozessgegners der ablehnenden Partei ausschließlich nach allgemeinen Grundsätzen statt, also nach §§ 91 ff. ZPO mit der alleinigen Kostenerstattungspflicht bzgl. der dem obsiegenden Prozessgegner erwachsenen Kosten.
Die Kostenfestsetzung zu Gunsten der Drittwiderbeklagten konnte deshalb keinen Bestand haben und auf die sofortige Beschwerde des Klägers war demzufolge unter Zurückweisung der entsprechenden Anträge der Drittwiderbeklagten der Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 2 vom 9. Januar 2015 mit der Kostenfolge von Nr. 1812 GKG-KV und § 91 ZPO aufzuheben.