25.11.2016 · IWW-Abrufnummer 190155
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 19.10.2016 – OVG 60 PV 9.16
Bei der Bemessung des Wertes des Gegenstands anwaltlicher Tätigkeit in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren betreffend die Feststellung der Verletzung eines Beteiligungsrechts spielt die Zahl der Anlassfälle in der Regel keine Rolle.
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschl. v. 19.10.2016
Az.: OVG 60 PV 9.16
Gründe
Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zu Recht auf 15.000 € festgesetzt.
Die Fachkammer hat hierfür zutreffend die beiden Anträge auf Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts in Bezug auf die Beschäftigung von "Doktoranden/Interns" in der Tierklinik einerseits und von "nicht lehrenden Gastdozenten" in der Tierklinik andererseits jeweils mit dem Auffangwert von 5.000 € nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG bewertet, ebenso wie den weiteren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beteiligten zur Vorlage sämtlicher Dienstpläne der Tierklinik drei Monate im Voraus zur Beteiligung, und die Werte der drei Gegenstände gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechnet.
Dass den Anträgen 62 personelle Einzelmaßnahmen zugrunde lagen, erhöht die Zahl der Gegenstände im Sinne von § 22 Abs. 1 RVG nicht.
Zwar mag in der Beschäftigung von 62 Tiermedizinern zur Fort- und Weiterbildung in der Tierklinik ohne Beteiligung des Antragstellers verfahrensmäßig bei jedem einzelnen der Betroffenen ein Beteiligungsverstoß vorliegen. Die für die Bemessung des Gegenstandswertes eines gerichtlichen "Gruppenverfahrens" maßgebliche Bedeutung der Sache für die Verfahrensbeteiligten liegt jedoch in der auf die Tätigkeit der Personalvertretung ausstrahlenden, über die Einzelfälle hinausgehenden Bedeutung der Streitfrage; das Beschlussverfahren ist insoweit ein objektives Verfahren. Die Bedeutung der Sache lag hier in der erstrebten Antwort auf die Frage der Beteiligungspflichtigkeit der Maßnahme unbeschadet der Zahl der Anlässe. Aus diesem Grund vermag der Senat der Rechtsprechung einiger Landesarbeitsgerichte zur Wertberechnung in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, wonach grundsätzlich jede personelle Einzelmaßnahme zu bewerten und anschließend ein Gesamtwert zu bilden sei, wenn mehrere personelle Einzelmaßnahmen im Sinn der §§ 99, 100 BetrVG Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens seien, bereits im Ansatz nicht zu folgen. Dass die Geltung der Entscheidung des Gerichts über den Einzelfall hinaus auch dem Begehren des Antragstellers entspricht, zeigt seine im Schriftsatz vom 14. Juni 2016 angekündigte Änderung der konkreten Feststellungsanträge in abstrakte - auf die möglicherweise inzwischen durch Zeitablauf erledigten Anlassfälle bezogene - Feststellungsanträge.
Die Begrenzung des Gegenstandswertes von "Gruppenanträgen" auf den einfachen Auffangwert entspricht der ständigen Rechtsprechung nicht nur des erkennenden Senats (vgl. etwa den den Beschwerdeführern bekannten Beschluss des Senats vom 5. November 2008 - OVG 60 PV 11.08 -), sondern auch derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 11. November 1977 - BVerwG VII P 3.76 -, [...] Rn. 8, vom 9. März 1992 - BVerwG 6 P 11.90 -, [...] Rn. 36 und vom 9. Dezember 1998 - BVerwG 6 P 6.97 -, [...] Rn. 49). Ist die Zahl der betroffenen Dienstkräfte danach bedeutungslos, kommt es nicht darauf an, ob es eine von der Beschwerde vermisste Rechtsprechung des Senats zu einer "derartigen Vielzahl von personellen Einzelmaßnahmen" gibt.
Die von der Beschwerde beanstandeten Ausführungen im angefochtenen Beschluss zu den Besonderheiten der Kostentragungspflicht im Personalvertretungsgesetz sind nicht entscheidungstragend ("umso mehr") und erkennbar nicht auf die Beschwerdeführer "in concreto" bezogen. Der Annahme der Fachkammer "in abstracto" indes, dass in Ansehung des weitgehend ausgeschlossenen Kostenrisikos (vgl. Urteil des BGH vom 25. Oktober 2012 - III ZR 266/11 -, [...]) die anwaltliche Vertretung des Personalrats durchaus geneigt sein könnte, im eigenen Gebühreninteresse einen an sich einheitlichen Verfahrensgegenstand durch eine bestimmte Art und Weise der Antragstellung in mehrere Gegenstände (künstlich) aufzuspalten, vermag auch die Beschwerde nichts entgegenzusetzen.
Die Kritik der Beschwerde an der Wertrechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die unabhängig vom Aufwand und von der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit den "Regelwert" von 5.000 € annehme, geht ebenfalls fehl. Bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit 5.000 € anzunehmen, soweit sich die Rechtsanwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht ohnehin nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen und sich der Wert auch nicht aus den in § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG genannten Vorschriften ergibt. Zwar ist nach den letzten beiden Halbsätzen von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG der Wert nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 € anzunehmen. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten des Falles, die über das bei einem Streit über das Bestehen eines Beteiligungsrechts durchschnittliche Maß hinausgehen, oder sonstige Gründe, die eine Anhebung rechtfertigen könnten, sind jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Schließlich hat die Fachkammer Ziffer 3 des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Juni 2016 zu Recht nicht werterhöhend berücksichtigt. Ziffer 1 und Ziffer 2 des Vergleichs beziehen sich auf die Mitbestimmung bei Einstellungen von "Doktoranden/Interns" und "nicht lehrende Gastdozenten" ab 1. Dezember 2016. Damit sollte dem Beteiligten eine Art Übergangsfrist eingeräumt werden. Ziffer 3 des Vergleichs soll dabei sicherstellen, dass auch die vom Vergleich gerade nicht erfassten "Doktoranden/Interns" und "nicht lehrenden Gastdozenten" mit Altverträgen von ggf. in der Mitbestimmung erzielten Verbesserungen des Vertragsverhältnisses profitieren. Da aber gerade die Mitbestimmung bei der Einstellung der genannten Beschäftigten mit Altverträgen Gegenstand des Antrags vom 20. August 2015 war, vermag der Senat die Ansicht der Beschwerde, die Erstreckungsklausel in Ziffer 3 des Vertrages sei nicht Teil des rechtshängigen Anspruchs, nicht zu teilen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Beschl. v. 19.10.2016
Az.: OVG 60 PV 9.16
Gründe
Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zu Recht auf 15.000 € festgesetzt.
Die Fachkammer hat hierfür zutreffend die beiden Anträge auf Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts in Bezug auf die Beschäftigung von "Doktoranden/Interns" in der Tierklinik einerseits und von "nicht lehrenden Gastdozenten" in der Tierklinik andererseits jeweils mit dem Auffangwert von 5.000 € nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG bewertet, ebenso wie den weiteren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beteiligten zur Vorlage sämtlicher Dienstpläne der Tierklinik drei Monate im Voraus zur Beteiligung, und die Werte der drei Gegenstände gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechnet.
Dass den Anträgen 62 personelle Einzelmaßnahmen zugrunde lagen, erhöht die Zahl der Gegenstände im Sinne von § 22 Abs. 1 RVG nicht.
Zwar mag in der Beschäftigung von 62 Tiermedizinern zur Fort- und Weiterbildung in der Tierklinik ohne Beteiligung des Antragstellers verfahrensmäßig bei jedem einzelnen der Betroffenen ein Beteiligungsverstoß vorliegen. Die für die Bemessung des Gegenstandswertes eines gerichtlichen "Gruppenverfahrens" maßgebliche Bedeutung der Sache für die Verfahrensbeteiligten liegt jedoch in der auf die Tätigkeit der Personalvertretung ausstrahlenden, über die Einzelfälle hinausgehenden Bedeutung der Streitfrage; das Beschlussverfahren ist insoweit ein objektives Verfahren. Die Bedeutung der Sache lag hier in der erstrebten Antwort auf die Frage der Beteiligungspflichtigkeit der Maßnahme unbeschadet der Zahl der Anlässe. Aus diesem Grund vermag der Senat der Rechtsprechung einiger Landesarbeitsgerichte zur Wertberechnung in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, wonach grundsätzlich jede personelle Einzelmaßnahme zu bewerten und anschließend ein Gesamtwert zu bilden sei, wenn mehrere personelle Einzelmaßnahmen im Sinn der §§ 99, 100 BetrVG Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens seien, bereits im Ansatz nicht zu folgen. Dass die Geltung der Entscheidung des Gerichts über den Einzelfall hinaus auch dem Begehren des Antragstellers entspricht, zeigt seine im Schriftsatz vom 14. Juni 2016 angekündigte Änderung der konkreten Feststellungsanträge in abstrakte - auf die möglicherweise inzwischen durch Zeitablauf erledigten Anlassfälle bezogene - Feststellungsanträge.
Die Begrenzung des Gegenstandswertes von "Gruppenanträgen" auf den einfachen Auffangwert entspricht der ständigen Rechtsprechung nicht nur des erkennenden Senats (vgl. etwa den den Beschwerdeführern bekannten Beschluss des Senats vom 5. November 2008 - OVG 60 PV 11.08 -), sondern auch derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 11. November 1977 - BVerwG VII P 3.76 -, [...] Rn. 8, vom 9. März 1992 - BVerwG 6 P 11.90 -, [...] Rn. 36 und vom 9. Dezember 1998 - BVerwG 6 P 6.97 -, [...] Rn. 49). Ist die Zahl der betroffenen Dienstkräfte danach bedeutungslos, kommt es nicht darauf an, ob es eine von der Beschwerde vermisste Rechtsprechung des Senats zu einer "derartigen Vielzahl von personellen Einzelmaßnahmen" gibt.
Die von der Beschwerde beanstandeten Ausführungen im angefochtenen Beschluss zu den Besonderheiten der Kostentragungspflicht im Personalvertretungsgesetz sind nicht entscheidungstragend ("umso mehr") und erkennbar nicht auf die Beschwerdeführer "in concreto" bezogen. Der Annahme der Fachkammer "in abstracto" indes, dass in Ansehung des weitgehend ausgeschlossenen Kostenrisikos (vgl. Urteil des BGH vom 25. Oktober 2012 - III ZR 266/11 -, [...]) die anwaltliche Vertretung des Personalrats durchaus geneigt sein könnte, im eigenen Gebühreninteresse einen an sich einheitlichen Verfahrensgegenstand durch eine bestimmte Art und Weise der Antragstellung in mehrere Gegenstände (künstlich) aufzuspalten, vermag auch die Beschwerde nichts entgegenzusetzen.
Die Kritik der Beschwerde an der Wertrechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die unabhängig vom Aufwand und von der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit den "Regelwert" von 5.000 € annehme, geht ebenfalls fehl. Bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit 5.000 € anzunehmen, soweit sich die Rechtsanwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht ohnehin nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen und sich der Wert auch nicht aus den in § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG genannten Vorschriften ergibt. Zwar ist nach den letzten beiden Halbsätzen von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG der Wert nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 € anzunehmen. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten des Falles, die über das bei einem Streit über das Bestehen eines Beteiligungsrechts durchschnittliche Maß hinausgehen, oder sonstige Gründe, die eine Anhebung rechtfertigen könnten, sind jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Schließlich hat die Fachkammer Ziffer 3 des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Juni 2016 zu Recht nicht werterhöhend berücksichtigt. Ziffer 1 und Ziffer 2 des Vergleichs beziehen sich auf die Mitbestimmung bei Einstellungen von "Doktoranden/Interns" und "nicht lehrende Gastdozenten" ab 1. Dezember 2016. Damit sollte dem Beteiligten eine Art Übergangsfrist eingeräumt werden. Ziffer 3 des Vergleichs soll dabei sicherstellen, dass auch die vom Vergleich gerade nicht erfassten "Doktoranden/Interns" und "nicht lehrenden Gastdozenten" mit Altverträgen von ggf. in der Mitbestimmung erzielten Verbesserungen des Vertragsverhältnisses profitieren. Da aber gerade die Mitbestimmung bei der Einstellung der genannten Beschäftigten mit Altverträgen Gegenstand des Antrags vom 20. August 2015 war, vermag der Senat die Ansicht der Beschwerde, die Erstreckungsklausel in Ziffer 3 des Vertrages sei nicht Teil des rechtshängigen Anspruchs, nicht zu teilen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).