21.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196616
Landgericht Wiesbaden: Urteil vom 12.04.2017 – 5 S 33/16
Zur Abgrenzung einer Beratungsleistung von einer Geschäftsbesorgung.
LG Wiesbaden
12.04.2017
5 S 33/16
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 01.09.2016 - 92 C 757/15 (30) - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.188,25 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger machen gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Honorar für eine Beratung im Zusammenhang mit dem Entwurf von Testamenten geltend.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und des Parteivortrages wird auf das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 01.09.2016 (Bl. 171 ff. der Akte) gemäß §§ 540, 313a ZPO Bezug genommen.
Das Amtsgericht Wiesbaden hat die Beklagten gesamtschuldnerisch mit Urteil vom 01.09.2016 verurteilt, an die Kläger 3.188,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2015 zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, den Klägern stehe ein Anspruch auf Vergütung gemäß § 611 BGB i.V.m. Nr. 2300 VV RVG zu, da ihre Tätigkeit einer Geschäftstätigkeit darstellten und somit eine Geschäftsgebühr auslösten. Für die Annahme einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sei nicht entscheidend, dass eine Außenwirkung, d.h. ein Auftreten des Rechtsanwalts nach außen, vorgelegen habe. Vielmehr enthalte die Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG eine Ausnahmeregelung, nach der eine Geschäftsgebühr bei der Mitwirkung von Verträgen anfalle. Einfache Testamente, die in keiner wechselseitigen Beziehung zu anderen Testamenten stünden, stellten gerade keine Verträge dar. Der Wortlaut der Vorschrift sei im vorliegenden Fall aber nicht restriktiv, sondern weit zu verstehen. Denn eine Nähe bzw. Vergleichbarkeit zu einem Erbvertrag liege durchaus vor. Aufgrund der Korrelation zwischen den beiden Testamenten sei ein Widerruf bloß eines Testaments nicht ohne Weiteren möglich, was gerade einen wichtigen Unterschied zwischen Erbvertrag und Testament darstelle, da lediglich ein Erbvertrag Bindungswirkung entfalte. Außerdem stehe der reine Arbeitsaufwand bei der Erstellung eines wechselseitig korrelierenden Testaments dem bei einem Erbvertrag durchaus gleich, während die Arbeitsintensität bei dem Entwurf eines normalen Testaments mitunter hinter der eines Erbvertrages zurückstehen könne. Es sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass aufgrund der Komplexität dieser korrelierenden Testamente eine reine Beratung gar nicht hinreichend gewesen wäre, denn die Beklagten hätten nach einer bloßen Beratung gerade nicht den von ihnen intendierten Testamentsinhalt ausgearbeitet. Vielmehr habe es des Tätigwerdens der Kläger in ihrer Funktion als Rechtsanwälte bedurfte. Die Auffassung des Gerichts werde unterstützt durch das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, wonach die VB 2.3. Abs. 3 VV RVG im Licht des ursprünglichen § 118 BRAGO auszulegen sei und dementsprechend entgegen ihres Wortlauts nicht nur Verträge, sondern auch andere Urkunden umfassen solle.
Die Kläger hätten auch keine Aufklärungspflicht über die entstehenden Kosten verletzt, da sie die Beklagten sowohl im Rahmen der Vollmachterklärung als auch während der Besprechung darauf hingewiesen hätten, dass sich die Vergütung nach dem Gegenstandswert ermittele und für diesen das gesamte Vermögen zu benennen sei. Die Kläger hätten glaubhaft dargelegt, dass sie die Beklagten mehrfach auf die Berechnungsgrundlage der Gebühren hingewiesen hätten. Dies werde einerseits durch die von den Beklagten unterzeichnete Vollmachtserklärung belegt, andererseits durch das Schreiben vom 05.09.2012, in dem erklärt werde, dass bereits in einer vorherigen Besprechung auf die Berechnungsgrundlage hingewiesen worden sei, was nochmals durch das genannte Schreiben in Schriftform niedergelegt sei.
Gegen das ihnen am 07.09.2016 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden haben die Kläger am 07.10.2016 Berufung eingelegt und diese am 13.10.2016 begründet. Zur Begründung der Berufung machen die Kläger geltend, das Amtsgericht sei mit seiner Auslegung unzulässig über den Wortlaut des RVG hinausgegangen. Der Wortlaut einer auszulegenden Regelung stelle jedoch die Grenze jeder Auslegung dar. Die streitgegenständliche Rechtsfrage sei auf der 70. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammer am 21.03.2015 dahin erörtert worden, dass für die Beratung bei der Formulierung eines eigenhändigen Testaments des Mandanten und den Entwurf des Textes hierfür eine Beratungsgebühr anfalle (Anlage B 2). Mit dem RVG habe der Gesetzgeber bewusst eine andere Regelung als in der BRAGO normiert. Eine Bezugnahme auf § 118 BRAGO verbiete sich daher. Eindeutig und ausdrücklich laute es jetzt nur noch "Vertrag" und nicht mehr auch "Urkunde" Die bewusst normierte Änderung beim Wechsel von der BRAGO auf das RVG könne nicht dadurch umgangen werden, dass das RVG im Licht des ursprünglichen § 118 BRAGO gesehen werde. Darüber hinaus seien die Testamentsentwürfe nicht mit einem Vertrag vergleichbar. Das RVG betreffe nur die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Eine hierunter fallende Tätigkeit hätten die Kläger bei der Erstellung der Testamentsentwürfe nicht entfaltet. Es fehle das erforderliche Ausgleichen von widerstreitenden Interessen der jeweiligen Vertragsparteien. Den letzten Willen eines Mandanten zu formulieren sei wesentlich weniger als den Willen des eigenen Mandanten und den des Vertragspartner, die in einem natürlichen Widerstreit stehen können, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Das Amtsgericht habe die Abgrenzung zwischen Beratungs- und Geschäftstätigkeit verkannt. Es sei zu differenzieren, ob der Anwalt nach außen hin tätig geworden sei oder nicht. Werde der Anwalt nach außen hin gegenüber Dritten tätig, liege eine Vertretung vor, die die geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöse. Soweit der Anwalt dagegen nur im Innenverhältnis tätig werde, also nur gegenüber dem Mandaten, liege lediglich eine Beratung vor.
Das Amtsgericht habe zudem verkannt, dass zwischen den Parteien eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen sei, wenn auch keine formwirksame. Denn aber greife § 4b RVG ein, so dass die Kläger sich, da die formunwirksam vereinbarte Vergütung niedriger sei als die gesetzliche Vergütung, mit der vereinbarten Vergütung begnügen müssten. Hilfsweise könnten die Kläger von den Beklagten danach nicht mehr als eine 0,55 Mittelgebühr nach Nr. 2100 VV RVG in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung gemäß der durch Unterschrift unter die Vollmacht akzeptierten Vergütungsvereinbarung verlangen.
Mit Schriftsatz vom 17.02.2017 tragen die Beklagten vor, dass sie vergeblich nach den voraussichtlichen Anwaltskosten gefragt hätten und die Kläger daher zu einem Hinweis auf die voraussichtlich anfallenden Kosten verpflichtet gewesen wären, der über den bloßen Hinweis auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert hinausgehe.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des am 01.09.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden, Az. 92 C 757/15 (30), die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil. Der Auftrag sei bezüglich der Testamente - insofern unstreitig - darauf gerichtet gewesen, wechselseitige eigenhändige Testamente zu entwerfen, die zur Überprüfung, endgültigen Willensbildung und Entscheidungsfindung dem jeweils anderen der beiden Auftraggeber zur Kenntnis hätten gebracht werden sollen, damit sich der jeweils betroffene Testator mit dem anderen Testator darauf verständige, dass die inhaltlich im Entwurf aufeinander abgestimmten Lösungen von beiden in gegenseitiger Abhängigkeit gebilligt und umgesetzt werden könnten. Dies sei vergleichbar mit dem Entwurf eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments, was die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöse. Dass diese als Vertrag zu wertende Willensübereinkunft keine Außenwirkung entfalte, stehe dem Anfall einer Geschäftsgebühr bei Errichtung eines gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Ehegattentestaments nicht entgegen, weil der Gesetzgeber in der Vorbemerkung zu 2.3 Abs. 3 VV RVG Nr. 2300 die Mitwirkung an einem Vertrag als Voraussetzung für das Entstehen einer Geschäftsgebühr, die nicht nach außen wirke, neben die nach außen wirkende Vertretungstätigkeit gestellt habe.
Einer Abrechnung auf gesetzlicher Basis stehe auch nicht der Einwand von Treu und Glauben entgegen. Denn die angeführten niedrigeren Honorarforderungen habe man zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung erst nachträglich angeboten. Die Beklagten hätten daher bei Erteilung des Auftrags insofern kein schutzwürdiges Vertrauen begründen können.
Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien mit Beschluss vom 03.01.2017 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und gemeinsame Schriftsatzfrist, die zugleich dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 22.03.2017 bestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht worden sind.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zwar zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht Wiesbaden hat die Beklagten zu Recht zur Zahlung von 3.188,25 € auf der Grundlage von § 611 BGB unter Anwendung von Nr. 2300 VV RVG verurteilt.
Unstreitig haben die Beklagten die Kläger mit der Erstellung von Testamentsentwürfen beauftragt, die die Kläger gefertigt haben. Diese Tätigkeit löste im vorliegenden Falle eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG, nicht die Beratungsgebühr nach § 34 RVG aus.
Eine Beratungsgebühr entsteht für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammen hängt. Demgegenüber entsteht nach Nr. 2300 VV-RVG die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Sie entsteht indes nicht, soweit sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Erteilung eines Rats oder einer Auskunft beschränkt. Die Abgrenzung einer Beratung von einer Geschäftsbesorgung und damit die Abgrenzung einer Beratungsgebühr von einer Geschäftsgebühr ist im Einzelfall schwierig. Um eine Beratung handelt es sich dann, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig wird, also kein anderes Geschäft, insbesondere keine Vertretung des Mandanten mit der Beratung verbunden ist. In der Formulierung "für das Betreiben des Geschäfts" kommt demgegenüber zum Ausdruck, dass es sich um die Gebühr handelt, nach der grundsätzlich die außergerichtliche Vertretung abzurechnen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2012 - 24 U 224/11 - zit. n. Juris). Eine Beratung liegt danach vor, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem Informationsaustausch mit dem Auftraggeber erschöpft. Dagegen entsteht die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung nach Nr. 23ßß VV-RVG, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass der Rechtsanwalt nach außen tätig wird (BGH, Urteil vom 19.05.2010 - I ZR 140/08 - zit. n. Juris). Erforderlich ist indes nicht, dass der Rechtsanwalt auch tatsächlich nach außen auftritt (Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 34 Rdnr. 14).
Im vorliegenden Falle kann angesichts des konkret erteilten Auftrags nicht lediglich von einer beratenden Tätigkeit ausgegangen werden, die sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Beklagten beschränkte. Denn unstreitig waren die Kläger mit der Erstellung von zwei Testamenten beauftragt, die inhaltlich dergestalt aufeinander abzustimmen waren, dass der Widerruf des einen Testaments auch den Widerruf des anderen Testaments zur Folge gehabt hätte. Damit kommt dem von den Beklagten vorgegebenen Inhalt der Testamente eine ähnliche Wirkung zu wie einem gemeinschaftlichen Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen, dessen Entwurf von der Geschäftsgebühr umfasst wird (Mayer, a.a.O., § 34 Rdnr. 14; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 28.11.2012 - 4 U 139/12 - zit. n. Juris). Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Wortlaut von Nr. 2300 VV-RVG von der Gestaltung eines Vertrages spricht. Sie wollten jedoch mit ihren letztwilligen Verfügungen eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung herbeiführen, die es rechtfertigt, hier von einer Anwendbarkeit von Nr. 2300 VV-RVG auszugehen. Denn auch in diesem Falle liegen - wie bei einem Vertrag - aufeinander abgestimmte Willenserklärungen zweier Personen vor.
Insofern kann auch auf das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main vom 24.11.2015 verwiesen werden, wonach die Tätigkeit, die ein Rechtsanwalt für die Erstellung von Entwürfen eines gemeinschaftlichen Testaments ohne wechselbezügliche Verfügungen bzw. zwei aufeinander abgestimmte Einzeltestamente entfaltet, welche nicht der Auslegung zum gemeinschaftlichen Testament zugänglich seien, sich nicht von der Erstellung von Entwürfen eines Erbvertrages und eines gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Testaments unterscheide. Stellt man auf eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung ab, wird auch dem Wortlaut der Vorschrift Rechnung getragen. Für die hier vertretene spricht auch die Gesetzesbegründung zur Einführung von Nr. 2300 VV-RVG. Danach soll Nr. 2300 VV-RVG an die Stelle des § 118 BRAGO treten (BT-Drucks. Nr. 15/1971, S. 206). § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO betraf die Vergütung für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben und des Entwerfens von Urkunden (Geschäftsgebühr). Auch wenn in Nr. 2300 VV-RVG nicht mehr von Entwerfen von Urkunden, sondern von Gestaltung von Verträgen die Rede ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass Fälle der vorliegenden Art vom Anwendungsbereich der Vergütungsvorschrift ausgeschlossen sein sollten. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.
Da eine wirksame Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht vorliegt, richtet sich der Honoraranspruch der Kläger nach den Regeln des RVG. Die Vergütungsvereinbarung in der Vollmachtsurkunde bezieht sich nur auf eine Beratungstätigkeit, von der im vorliegenden Falle jedoch gerade nicht auszugehen ist.
Gegen die Berechnung der Vergütung unter Anwendung von Nr. 2300 VV-RVG durch das Amtsgericht haben die Beklagten nicht eingewandt.
Die Beklagten könnten sich auch nicht darauf berufen, dass sie sich mit den Klägern auf eine niedrigere Vergütung geeinigt hätten.
Das Angebot auf Abschluss einer nachträglichen Vergütungsvereinbarung im Schreiben vom 05.09.2012 haben die Beklagten nicht angenommen.
Die Kläger müssen sich auch nicht an dem Inhalts ihres Schreibens vom 11.09.2012 festhalten lassen. Zwar haben die Kläger hierin unter Bezugnahme auf ein Telefonat bestätigt, dass sich die Parteien für die Erstellung der Vorsorgevollmachten mit Betreuungsverfügung und die aufeinander abgestimmten Testamentsentwürfe auf ein Honorar in Höhe von 1.400,-- € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20,-- € und Mehrwertsteuer geeinigt hätten. Die Beklagten haben jedoch bestritten, dass es die telefonische und schriftliche bestätigte Einigung gegeben hat.
Darüber hinaus verstößt es auch nicht gegen Treu und Glauben, dass die Kläger mangels Honorarvereinbarung die höheren Gebühren fordern.
Zwar kann es gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen, wenn der rechtskundige Anwalt, dem insbesondere anders als dem Mandanten die materiellen und formalen Anforderungen für Gebührenvereinbarungen bekannt sein müssen, trotz - von ihm zumindest erkennbarer - unwirksamer Honorarvereinbarung, in denen er auf Gebühren in gesetzlicher Höhe gerade verzichtet, die deutlich höheren gesetzlichen Gebühren verlangen könnte (BGH, Urteil vom 05.06.2014 - IX ZR 137/12 - zit. n. Juris). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Die Parteien haben bei Beauftragung keine Honorarvereinbarung getroffen, die zugunsten der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen hätte begründen können. Dahinter steckt die gleiche Überlegung wie hinter der Hinweispflicht des § 49b BRAO. Dem künftigen Mandaten soll bei Auftragserteilung vor Augen geführt werden, welche Kosten auf ihn zukommen können, damit er sich darauf einrichten kann. Eine solche Situation ist aber vorliegend nicht gegeben, da die behauptete Einigung auf ein Honorar von 1.400,-- € erst nach Abschluss des Auftrags und damit nach Anfallen der Gebühren getroffen worden sein soll.
Die Kläger haben auch nicht ihre Aufklärungspflicht bezüglich der Kosten aus § 49b BRAO verletzt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts kann auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, ungefragt die Höhe der anfallenden Gebühren mitzuteilen, sondern muss lediglich auf die Berechnung der Gebühren nach dem Gegenstandswert hinweisen (BGH, Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06 - zit. n. Juris). Soweit die Beklagten nunmehr mit Schriftsatz vom 17.02.2017 behauptet, sie hätten vergeblich nach den voraussichtlichen Kosten gefragt, handelt es sich um neues Vorbringen, das nach § 531 ZPO keine Berücksichtigung finden kann.
Da die Berufung der Beklagten erfolglos bleibt, haben sie nach § 97 ZPO die Kosten zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, da sich die Frage der Anwendbarkeit von Nr. 2300 VV-RVG in der vorliegenden Konstellation in einer Vielzahl von Fällen stellt.
12.04.2017
5 S 33/16
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 01.09.2016 - 92 C 757/15 (30) - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.188,25 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger machen gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Honorar für eine Beratung im Zusammenhang mit dem Entwurf von Testamenten geltend.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und des Parteivortrages wird auf das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 01.09.2016 (Bl. 171 ff. der Akte) gemäß §§ 540, 313a ZPO Bezug genommen.
Das Amtsgericht Wiesbaden hat die Beklagten gesamtschuldnerisch mit Urteil vom 01.09.2016 verurteilt, an die Kläger 3.188,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2015 zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, den Klägern stehe ein Anspruch auf Vergütung gemäß § 611 BGB i.V.m. Nr. 2300 VV RVG zu, da ihre Tätigkeit einer Geschäftstätigkeit darstellten und somit eine Geschäftsgebühr auslösten. Für die Annahme einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sei nicht entscheidend, dass eine Außenwirkung, d.h. ein Auftreten des Rechtsanwalts nach außen, vorgelegen habe. Vielmehr enthalte die Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG eine Ausnahmeregelung, nach der eine Geschäftsgebühr bei der Mitwirkung von Verträgen anfalle. Einfache Testamente, die in keiner wechselseitigen Beziehung zu anderen Testamenten stünden, stellten gerade keine Verträge dar. Der Wortlaut der Vorschrift sei im vorliegenden Fall aber nicht restriktiv, sondern weit zu verstehen. Denn eine Nähe bzw. Vergleichbarkeit zu einem Erbvertrag liege durchaus vor. Aufgrund der Korrelation zwischen den beiden Testamenten sei ein Widerruf bloß eines Testaments nicht ohne Weiteren möglich, was gerade einen wichtigen Unterschied zwischen Erbvertrag und Testament darstelle, da lediglich ein Erbvertrag Bindungswirkung entfalte. Außerdem stehe der reine Arbeitsaufwand bei der Erstellung eines wechselseitig korrelierenden Testaments dem bei einem Erbvertrag durchaus gleich, während die Arbeitsintensität bei dem Entwurf eines normalen Testaments mitunter hinter der eines Erbvertrages zurückstehen könne. Es sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass aufgrund der Komplexität dieser korrelierenden Testamente eine reine Beratung gar nicht hinreichend gewesen wäre, denn die Beklagten hätten nach einer bloßen Beratung gerade nicht den von ihnen intendierten Testamentsinhalt ausgearbeitet. Vielmehr habe es des Tätigwerdens der Kläger in ihrer Funktion als Rechtsanwälte bedurfte. Die Auffassung des Gerichts werde unterstützt durch das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, wonach die VB 2.3. Abs. 3 VV RVG im Licht des ursprünglichen § 118 BRAGO auszulegen sei und dementsprechend entgegen ihres Wortlauts nicht nur Verträge, sondern auch andere Urkunden umfassen solle.
Die Kläger hätten auch keine Aufklärungspflicht über die entstehenden Kosten verletzt, da sie die Beklagten sowohl im Rahmen der Vollmachterklärung als auch während der Besprechung darauf hingewiesen hätten, dass sich die Vergütung nach dem Gegenstandswert ermittele und für diesen das gesamte Vermögen zu benennen sei. Die Kläger hätten glaubhaft dargelegt, dass sie die Beklagten mehrfach auf die Berechnungsgrundlage der Gebühren hingewiesen hätten. Dies werde einerseits durch die von den Beklagten unterzeichnete Vollmachtserklärung belegt, andererseits durch das Schreiben vom 05.09.2012, in dem erklärt werde, dass bereits in einer vorherigen Besprechung auf die Berechnungsgrundlage hingewiesen worden sei, was nochmals durch das genannte Schreiben in Schriftform niedergelegt sei.
Gegen das ihnen am 07.09.2016 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden haben die Kläger am 07.10.2016 Berufung eingelegt und diese am 13.10.2016 begründet. Zur Begründung der Berufung machen die Kläger geltend, das Amtsgericht sei mit seiner Auslegung unzulässig über den Wortlaut des RVG hinausgegangen. Der Wortlaut einer auszulegenden Regelung stelle jedoch die Grenze jeder Auslegung dar. Die streitgegenständliche Rechtsfrage sei auf der 70. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammer am 21.03.2015 dahin erörtert worden, dass für die Beratung bei der Formulierung eines eigenhändigen Testaments des Mandanten und den Entwurf des Textes hierfür eine Beratungsgebühr anfalle (Anlage B 2). Mit dem RVG habe der Gesetzgeber bewusst eine andere Regelung als in der BRAGO normiert. Eine Bezugnahme auf § 118 BRAGO verbiete sich daher. Eindeutig und ausdrücklich laute es jetzt nur noch "Vertrag" und nicht mehr auch "Urkunde" Die bewusst normierte Änderung beim Wechsel von der BRAGO auf das RVG könne nicht dadurch umgangen werden, dass das RVG im Licht des ursprünglichen § 118 BRAGO gesehen werde. Darüber hinaus seien die Testamentsentwürfe nicht mit einem Vertrag vergleichbar. Das RVG betreffe nur die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Eine hierunter fallende Tätigkeit hätten die Kläger bei der Erstellung der Testamentsentwürfe nicht entfaltet. Es fehle das erforderliche Ausgleichen von widerstreitenden Interessen der jeweiligen Vertragsparteien. Den letzten Willen eines Mandanten zu formulieren sei wesentlich weniger als den Willen des eigenen Mandanten und den des Vertragspartner, die in einem natürlichen Widerstreit stehen können, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Das Amtsgericht habe die Abgrenzung zwischen Beratungs- und Geschäftstätigkeit verkannt. Es sei zu differenzieren, ob der Anwalt nach außen hin tätig geworden sei oder nicht. Werde der Anwalt nach außen hin gegenüber Dritten tätig, liege eine Vertretung vor, die die geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöse. Soweit der Anwalt dagegen nur im Innenverhältnis tätig werde, also nur gegenüber dem Mandaten, liege lediglich eine Beratung vor.
Das Amtsgericht habe zudem verkannt, dass zwischen den Parteien eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen sei, wenn auch keine formwirksame. Denn aber greife § 4b RVG ein, so dass die Kläger sich, da die formunwirksam vereinbarte Vergütung niedriger sei als die gesetzliche Vergütung, mit der vereinbarten Vergütung begnügen müssten. Hilfsweise könnten die Kläger von den Beklagten danach nicht mehr als eine 0,55 Mittelgebühr nach Nr. 2100 VV RVG in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung gemäß der durch Unterschrift unter die Vollmacht akzeptierten Vergütungsvereinbarung verlangen.
Mit Schriftsatz vom 17.02.2017 tragen die Beklagten vor, dass sie vergeblich nach den voraussichtlichen Anwaltskosten gefragt hätten und die Kläger daher zu einem Hinweis auf die voraussichtlich anfallenden Kosten verpflichtet gewesen wären, der über den bloßen Hinweis auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert hinausgehe.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des am 01.09.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden, Az. 92 C 757/15 (30), die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil. Der Auftrag sei bezüglich der Testamente - insofern unstreitig - darauf gerichtet gewesen, wechselseitige eigenhändige Testamente zu entwerfen, die zur Überprüfung, endgültigen Willensbildung und Entscheidungsfindung dem jeweils anderen der beiden Auftraggeber zur Kenntnis hätten gebracht werden sollen, damit sich der jeweils betroffene Testator mit dem anderen Testator darauf verständige, dass die inhaltlich im Entwurf aufeinander abgestimmten Lösungen von beiden in gegenseitiger Abhängigkeit gebilligt und umgesetzt werden könnten. Dies sei vergleichbar mit dem Entwurf eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments, was die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöse. Dass diese als Vertrag zu wertende Willensübereinkunft keine Außenwirkung entfalte, stehe dem Anfall einer Geschäftsgebühr bei Errichtung eines gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Ehegattentestaments nicht entgegen, weil der Gesetzgeber in der Vorbemerkung zu 2.3 Abs. 3 VV RVG Nr. 2300 die Mitwirkung an einem Vertrag als Voraussetzung für das Entstehen einer Geschäftsgebühr, die nicht nach außen wirke, neben die nach außen wirkende Vertretungstätigkeit gestellt habe.
Einer Abrechnung auf gesetzlicher Basis stehe auch nicht der Einwand von Treu und Glauben entgegen. Denn die angeführten niedrigeren Honorarforderungen habe man zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung erst nachträglich angeboten. Die Beklagten hätten daher bei Erteilung des Auftrags insofern kein schutzwürdiges Vertrauen begründen können.
Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien mit Beschluss vom 03.01.2017 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und gemeinsame Schriftsatzfrist, die zugleich dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 22.03.2017 bestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht worden sind.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zwar zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht Wiesbaden hat die Beklagten zu Recht zur Zahlung von 3.188,25 € auf der Grundlage von § 611 BGB unter Anwendung von Nr. 2300 VV RVG verurteilt.
Unstreitig haben die Beklagten die Kläger mit der Erstellung von Testamentsentwürfen beauftragt, die die Kläger gefertigt haben. Diese Tätigkeit löste im vorliegenden Falle eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG, nicht die Beratungsgebühr nach § 34 RVG aus.
Eine Beratungsgebühr entsteht für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammen hängt. Demgegenüber entsteht nach Nr. 2300 VV-RVG die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Sie entsteht indes nicht, soweit sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Erteilung eines Rats oder einer Auskunft beschränkt. Die Abgrenzung einer Beratung von einer Geschäftsbesorgung und damit die Abgrenzung einer Beratungsgebühr von einer Geschäftsgebühr ist im Einzelfall schwierig. Um eine Beratung handelt es sich dann, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig wird, also kein anderes Geschäft, insbesondere keine Vertretung des Mandanten mit der Beratung verbunden ist. In der Formulierung "für das Betreiben des Geschäfts" kommt demgegenüber zum Ausdruck, dass es sich um die Gebühr handelt, nach der grundsätzlich die außergerichtliche Vertretung abzurechnen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2012 - 24 U 224/11 - zit. n. Juris). Eine Beratung liegt danach vor, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem Informationsaustausch mit dem Auftraggeber erschöpft. Dagegen entsteht die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung nach Nr. 23ßß VV-RVG, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass der Rechtsanwalt nach außen tätig wird (BGH, Urteil vom 19.05.2010 - I ZR 140/08 - zit. n. Juris). Erforderlich ist indes nicht, dass der Rechtsanwalt auch tatsächlich nach außen auftritt (Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 34 Rdnr. 14).
Im vorliegenden Falle kann angesichts des konkret erteilten Auftrags nicht lediglich von einer beratenden Tätigkeit ausgegangen werden, die sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Beklagten beschränkte. Denn unstreitig waren die Kläger mit der Erstellung von zwei Testamenten beauftragt, die inhaltlich dergestalt aufeinander abzustimmen waren, dass der Widerruf des einen Testaments auch den Widerruf des anderen Testaments zur Folge gehabt hätte. Damit kommt dem von den Beklagten vorgegebenen Inhalt der Testamente eine ähnliche Wirkung zu wie einem gemeinschaftlichen Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen, dessen Entwurf von der Geschäftsgebühr umfasst wird (Mayer, a.a.O., § 34 Rdnr. 14; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 28.11.2012 - 4 U 139/12 - zit. n. Juris). Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Wortlaut von Nr. 2300 VV-RVG von der Gestaltung eines Vertrages spricht. Sie wollten jedoch mit ihren letztwilligen Verfügungen eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung herbeiführen, die es rechtfertigt, hier von einer Anwendbarkeit von Nr. 2300 VV-RVG auszugehen. Denn auch in diesem Falle liegen - wie bei einem Vertrag - aufeinander abgestimmte Willenserklärungen zweier Personen vor.
Insofern kann auch auf das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main vom 24.11.2015 verwiesen werden, wonach die Tätigkeit, die ein Rechtsanwalt für die Erstellung von Entwürfen eines gemeinschaftlichen Testaments ohne wechselbezügliche Verfügungen bzw. zwei aufeinander abgestimmte Einzeltestamente entfaltet, welche nicht der Auslegung zum gemeinschaftlichen Testament zugänglich seien, sich nicht von der Erstellung von Entwürfen eines Erbvertrages und eines gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Testaments unterscheide. Stellt man auf eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung ab, wird auch dem Wortlaut der Vorschrift Rechnung getragen. Für die hier vertretene spricht auch die Gesetzesbegründung zur Einführung von Nr. 2300 VV-RVG. Danach soll Nr. 2300 VV-RVG an die Stelle des § 118 BRAGO treten (BT-Drucks. Nr. 15/1971, S. 206). § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO betraf die Vergütung für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben und des Entwerfens von Urkunden (Geschäftsgebühr). Auch wenn in Nr. 2300 VV-RVG nicht mehr von Entwerfen von Urkunden, sondern von Gestaltung von Verträgen die Rede ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass Fälle der vorliegenden Art vom Anwendungsbereich der Vergütungsvorschrift ausgeschlossen sein sollten. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.
Da eine wirksame Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht vorliegt, richtet sich der Honoraranspruch der Kläger nach den Regeln des RVG. Die Vergütungsvereinbarung in der Vollmachtsurkunde bezieht sich nur auf eine Beratungstätigkeit, von der im vorliegenden Falle jedoch gerade nicht auszugehen ist.
Gegen die Berechnung der Vergütung unter Anwendung von Nr. 2300 VV-RVG durch das Amtsgericht haben die Beklagten nicht eingewandt.
Die Beklagten könnten sich auch nicht darauf berufen, dass sie sich mit den Klägern auf eine niedrigere Vergütung geeinigt hätten.
Das Angebot auf Abschluss einer nachträglichen Vergütungsvereinbarung im Schreiben vom 05.09.2012 haben die Beklagten nicht angenommen.
Die Kläger müssen sich auch nicht an dem Inhalts ihres Schreibens vom 11.09.2012 festhalten lassen. Zwar haben die Kläger hierin unter Bezugnahme auf ein Telefonat bestätigt, dass sich die Parteien für die Erstellung der Vorsorgevollmachten mit Betreuungsverfügung und die aufeinander abgestimmten Testamentsentwürfe auf ein Honorar in Höhe von 1.400,-- € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20,-- € und Mehrwertsteuer geeinigt hätten. Die Beklagten haben jedoch bestritten, dass es die telefonische und schriftliche bestätigte Einigung gegeben hat.
Darüber hinaus verstößt es auch nicht gegen Treu und Glauben, dass die Kläger mangels Honorarvereinbarung die höheren Gebühren fordern.
Zwar kann es gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen, wenn der rechtskundige Anwalt, dem insbesondere anders als dem Mandanten die materiellen und formalen Anforderungen für Gebührenvereinbarungen bekannt sein müssen, trotz - von ihm zumindest erkennbarer - unwirksamer Honorarvereinbarung, in denen er auf Gebühren in gesetzlicher Höhe gerade verzichtet, die deutlich höheren gesetzlichen Gebühren verlangen könnte (BGH, Urteil vom 05.06.2014 - IX ZR 137/12 - zit. n. Juris). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Die Parteien haben bei Beauftragung keine Honorarvereinbarung getroffen, die zugunsten der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen hätte begründen können. Dahinter steckt die gleiche Überlegung wie hinter der Hinweispflicht des § 49b BRAO. Dem künftigen Mandaten soll bei Auftragserteilung vor Augen geführt werden, welche Kosten auf ihn zukommen können, damit er sich darauf einrichten kann. Eine solche Situation ist aber vorliegend nicht gegeben, da die behauptete Einigung auf ein Honorar von 1.400,-- € erst nach Abschluss des Auftrags und damit nach Anfallen der Gebühren getroffen worden sein soll.
Die Kläger haben auch nicht ihre Aufklärungspflicht bezüglich der Kosten aus § 49b BRAO verletzt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts kann auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, ungefragt die Höhe der anfallenden Gebühren mitzuteilen, sondern muss lediglich auf die Berechnung der Gebühren nach dem Gegenstandswert hinweisen (BGH, Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06 - zit. n. Juris). Soweit die Beklagten nunmehr mit Schriftsatz vom 17.02.2017 behauptet, sie hätten vergeblich nach den voraussichtlichen Kosten gefragt, handelt es sich um neues Vorbringen, das nach § 531 ZPO keine Berücksichtigung finden kann.
Da die Berufung der Beklagten erfolglos bleibt, haben sie nach § 97 ZPO die Kosten zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, da sich die Frage der Anwendbarkeit von Nr. 2300 VV-RVG in der vorliegenden Konstellation in einer Vielzahl von Fällen stellt.