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  • 27.05.2020 · IWW-Abrufnummer 215890

    Amtsgericht Idar-Oberstein: Beschluss vom 15.05.2020 – 5 OWi 73/20

    Erfolgt die Akteneinsicht erst durch die Bußgeldstelle, welche zum Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht die Akte bereits elektronisch führte, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorliegt, kann die Übersendung eines Ausdrucks einer insofern ohne Rechtsgrundlage geführten elektronischen Akte keine Aktenversendungspauschale begründen.


    AG Idar-Oberstein

    Beschluss vom 15.5.2020


    Beschluss

    In dem Bußgeldverfahren gegen

    xxx

    wegen Ordnungswidrigkeit
    hat das Amtsgericht Idar-Oberstein durch die Richterin am Amtsgericht xxx am 15.05.2020 beschlossen:

    1.    Die Auslagenfestsetzung der Zentralen Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 08.04:2020 (Az: 03.7609309.3) wird aufgehoben.
    2.    Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die insoweit notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt die Staatskasse.

    Gründe:

    Gegen den Betroffene wird seitens des Polizeipräsidiums Rheinpfalz - Zentrale Bußgeldstelle -(nachfolgend: Bußgeldstelle) ein Verfahren wegen eines Verkehrsunfalls beim Einparken geführt. Mit Schriftsatz vom 03.03.2020 beantragte der Verteidiger des Betroffenen bei der Polizeiinspektion Idar-Oberstein Akteneinsicht. Nach Abgabe der Staatsanwaltschaft an die Bußgeldstelle, gewährte die Bußgeldstelle am 08.04.2020 in Form von ausgedruckten Kopien der elektronischen Akte Akteneinsicht. Für die Aktenversendung wurde eine Auslagenpauschale von 12,00 Euro erhoben.

    Mit Schriftsatz vom 17.04.2020 hat der Verteidiger des Betroffenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und führt an, für die Erhebung einer solchen Gebühr fehle es an einer Rechtsgrundlage.

    II.

    Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist begründet.

    Es fehlt im Hinblick auf den durch die Bußgeldstelle an den Verteidiger übersandten Aktenausdrucks derzeit an einer Grundlage für die Auslagenfestsetzung.

    Gemäß § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG kann von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich der Rücksendung durch Behörden pauschal 12 Euro als Auslagen erhoben werden. Wird die Akte elektronisch geführt und erfolgt ihre Übermittlung elektronisch, wird eine Pauschale nicht erhoben, § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG.

    Die elektronische Führung der Akten erfolgt bei der Bußgeldstelle trotz fehlender Rechtsgrundlage (OLG Koblenz, Beschluss vom 17.07.2018 -1 OWi 6 SsBs 19/18). Bisher fehlt es im Landesrecht von Rheinland-Pfalz an einer Rechtsgrundlage, die eine elektronische Aktenführung durch die Verwaltungsbehörde ermöglicht. Eine Rechtsverordnung auf Grundlage der Verordnungsermächtigungen in § 110a Abs. 1 OWiG n.F. ist bisher nicht erlassen worden.

    Insofern ist die Aktenführung bei der Zentralen Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, wo alle verfahrensrelevanten Dokumente zunächst nur digital vorhanden sind und erst bei Bedarf ausgedruckt werden, derzeit rechtswidrig. Nichts anderes gilt hier, auch wenn die Akte zum Zeitpunkt des Akteneinsichtsersuchens noch in Papierform bei der Polizei/der Staatsanwaltschaft geführt wurde. Erfolgt ist die Akteneinsicht erst durch die Bußgeldstelle, welche zum Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht die Akte bereits elektronisch führte, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorliegt. Die Übersendung eines Ausdrucks einer insofern ohne Rechtsgrundlage geführten elektronischen Akte kann keine Aktenversendungspauschale begründen, denn eine solche kann nur dann anfallen, wenn Einsicht in eine zulässigerweise und ordnungsgemäß geführte Akte gewährt wird (vgl. AG Trier, Beschluss vom 02. Februar 2020 — 35a OWi 1/20 —, juris m.w.N.). Infolgedessen war die Auslagenfestsetzung der Bußgeldstelle vom 08.04.2020 aufzuheben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 2 S. 2 OWiG, 467 Abs. 1 StPO.

    Diese Entscheidung ist gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG unanfechtbar.