08.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219365
Oberlandesgericht Saarbrücken: Beschluss vom 30.04.2020 – 4 W 9/20
Unabhängig davon, ob zu dem negativen Feststellungsantrag, dass der beklagten Bank auf Grund des Widerrufs künftig keine vertraglichen Ansprüche mehr aus dem abgeschlossenen Finanzierungsdarlehen (hier: für einen Autokauf) zustehen, Anträge auf Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen usw. kumulativ oder unter einer innerprozessualen Bedingung als Hilfsanträge gestellt werden, bemisst sich der Gesamtstreitwert einer solchen Klage nach der Höhe des Nettodarlehensbetrags zuzüglich eines etwaigen aus Eigenmitteln aufgebrachten Betrags (Anzahlung).
Oberlandesgericht Saarbrücken
Beschluss vom 30.04.2020
Az.: 4 W 9/20
Tenor:
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 16.10.2019 (Aktenzeichen 1 O 3/19) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und im Übrigen von Amts wegen abgeändert:
Der Streitwert wird festgesetzt auf 52.852,51 € bis zum 24.05.2019 und für die Zeit ab dem 25.05.2019 auf 6.137,94 €.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 51.100 € für das im Klageantrag zu 2 näher bezeichnete Kraftfahrzeug schloss der Kläger mit der beklagten Bank den Darlehensvertrag vom 24./27.03.2015 über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 44.852,51 €, welcher von der Beklagten unmittelbar an die Autohaus ... pp. GmbH, als Verkäuferin gezahlt wurde. Zudem leistete der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 8.000 € an die Verkäuferin. Mit E-Mail vom 15.03.2018 widerrief der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung gegenüber der Beklagten.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass auf Grund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 15.03.2018 die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 24./27.03.2015 mit der Darlehensnummer XXXXXXXXXX über ursprünglich 44.852,51 € zum Stichtag 01.04.2018 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen (mehr) herleiten kann und
für den Fall, dass der Klageantrag zu 1 zulässig und begründet ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.182,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe Fahrzeugs BMW X3 X Drive 35D, Fahrgestellnummer XXXXXXXXXXXXXXX zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag von 31.945,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 548,06 € seit dem 01.05.2018, seit dem 16.05.2018, seit dem 16.06.2018, seit dem 16.07.2018, seit dem 16.08.2018, seit dem 16.09.2018, seit dem 16.10.2018, seit dem 16.11.2018, seit dem 16.12.2018, seit dem 16.01.2019, seit dem 16.02.2019 sowie aus 25.368,69 € seit dem 16.03.2019 zu zahlen;
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2 in Annahmeverzug befindet und
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.697,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 24.05.2019 hat der Kläger den Klageantrag zu 1 für erledigt erklärt und hilfsweise für den Fall, dass die Beklagte sich der Erledigungserklärung nicht anschließt, beantragt (Bd. II Bl. 186 f. d. A.),
1. dass der vorherige Klageantrag zu 1, festzustellen, dass auf Grund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 15.03.2018 die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 24./27.03.2015 mit der Darlehensnummer XXXXXXXXXX über ursprünglich 44.852,51 € zum Stichtag 01.04.2018 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen (mehr) herleiten kann, zum Zeitpunkt des Erledigungsereignisses - der Rückzahlung der Darlehensvaluta - zulässig und begründet gewesen ist, und
für den Fall, dass sich die Beklagte der Erledigungserklärung anschließt oder der Klageantrag zu 1 begründet ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.182,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe Fahrzeugs BMW X3 X Drive 35D, Fahrgestellnummer XXXXXXXXXXXXXXXX zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag von 31.945,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 548,06 € seit dem 01.05.2018, seit dem 16.05.2018, seit dem 16.06.2018, seit dem 16.07.2018, seit dem 16.08.2018, seit dem 16.09.2018, seit dem 16.10.2018, seit dem 16.11.2018, seit dem 16.12.2018, seit dem 16.01.2019, seit dem 16.02.2019 sowie aus 25.368,69 € seit dem 16.03.2019 zu zahlen;
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2 in Annahmeverzug befindet und
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.697,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Für den Fall, dass sich die Beklagte der Erledigungserklärung anschließt oder der Klageantrag zu 1 begründet ist, und sich das Gericht hinsichtlich der Klageanträge zu 2 bis 5 für örtlich unzuständig erachtet, hat der Kläger beantragt, die Klageanträge zu 2 bis 5 hilfsweise an das Landgericht München I zu verweisen und in diesem Fall, ein Grund- und Teilurteil mit Teilverweisungsbeschluss zu sprechen.
Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise für den Fall, dass der Klage stattgegeben werden sollte, festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des im Klageantrag zu 2 näher bezeichneten Fahrzeugs zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den an Hand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
Das Landgericht hat durch das am 16.10.2019 verkündete Urteil (Aktenzeichen 1 O 3/19) die Klage als unzulässig abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tage den Streitwert auf 27.182,10 € festgesetzt (Bd. II Bl. 454 ff. d. A.). Gegen den ihr am 29.10.2019 zugestellten (Bd. II Bl. 458 d. A.) Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 12.03.2020 beim Landgericht mittels Telefax eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage im eigenen Namen Streitwertbeschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Streitwert auf 52.852,51 € festzusetzen (Bd. II Bl. 472 d. A.). Das Landgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 16.03.2020 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt (Bd. II Bl. 486 d. A.).
II.
Die Streitwertbeschwerde hat teilweise Erfolg.
1. Die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers, einer eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft, erhobene Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist als solche nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft, rechtzeitig innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Heraufsetzung des Streitwerts auf 52.852,51 € für die Zeit bis zum 24.05.2019 (Eingang des Schriftsatzes der Klägerseite von diesem Tage). Für die Zeit danach ist das von Amts wegen mit 6.137,94 € zu bemessende Kosteninteresse des Klägers maßgeblich.
a) Der Streitwert einer auf die negative Feststellung gerichteten Klage des Darlehensnehmers/Käufers, dass dem Darlehensgeber aus einem zur Finanzierung des Autokaufs geschlossenen Darlehensvertrag ab dem Zugang der Widerrufserklärung kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehe, bemisst sich grundsätzlich - und so auch hier bis zur einseitigen Teilerledigungserklärung - nach dem Nettodarlehensbetrag zuzüglich einer eventuell geleisteten Anzahlung auf den Kaufpreis.
aa) In Fällen finanzierter Kapitalanlagegeschäfte, in denen der Kläger wirtschaftlich betrachtet begehrt, so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft nicht getätigt, bemisst sich der Gesamtstreitwert einer Klage nach der Höhe des Nettodarlehensbetrags zuzüglich eines etwaigen aus Eigenmitteln aufgebrachten Betrags (BGH, Beschluss vom 29.05.2015 - XI ZR 335/13, juris Rn. 3; Beschluss vom 07.04.2015 - XI ZR 121/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 29.09.2009 - XI ZR 498/07). Ein derartiges Begehren ist z. B. einem Antrag, festzustellen, dass der Kläger aus dem Darlehensvertrag nicht mehr zur Zahlung verpflichtet ist, zu entnehmen. Weiteren (konkreten) Anträgen, etwa gerichtet darauf, die beklagte Bank zu einer Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen nebst Zinsen zu verurteilen, sie zur Herausgabe von Sicherheiten zu verurteilen oder die Feststellung eines Annahmeverzugs der beklagten Bank mit der Annahme einer klägerseits Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung auszusprechen, kommt demgegenüber kein gesonderter Mehrwert zu (BGH, Beschluss vom 10.03.2015 - XI ZR 121/14, juris, BGH, Beschluss vom 07.04.2015 - XI ZR 121/14 - juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 29.05.2015 - XI ZR 335/13 - juris Rn. 4). Dies gilt unabhängig davon, ob diese Anträge kumulativ zu dem negativen Feststellungsantrag oder unter einer innerprozessualen Bedingung als Hilfsanträge gestellt werden (BGH, Beschluss vom 07.04.2015 - XI ZR 121/14, juris Rn. 3).
bb) Die zuletzt genannte Gestaltung liegt hier vor. Der Kläger hat mit dem in erster Linie gestellten Klageantrag zu 1 die Feststellung begehrt, dass der Beklagten seit dem Widerruf keine weiteren Zins- und Tilgungsleistungen mehr zustehen. Zudem hat er die Rückzahlung der von ihm bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nach Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehrt. Er verlangt demnach insgesamt so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht getätigt, so dass als Gesamtstreitwert der Nettodarlehensbetrag von 44.852,51 € und der aus Eigenmitteln aufgebrachte Betrag von 8.000 €, mithin insgesamt 52.852,51 €, als Streitwert anzusetzen sind.
cc) Der Erwägung des Landgerichts, der Kläger begehre, wie sich den Hilfsanträgen entnehmen lasse, nicht die Feststellung, so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft nicht getätigt, vielmehr gehe sein Interesse dahin, die von ihm aus eigenem Vermögen erbrachten Leistungen zurückzuerhalten (Bd. II Bl. 455 d. A.), kann nicht gefolgt werden. Denn die hauptsächlich - über die Hilfsanträge hat das Landgerichts mangels Bedingungseintritts nicht entschieden - beantragte Feststellung, dass der Beklagten auf Grund des Widerrufs künftig keine vertraglichen Ansprüche mehr aus dem abgeschlossenen Finanzierungsdarlehen zustehen, geht über die bloße Erstattung bereits geleisteter Zahlungen hinaus. Dies steht im Einklang mit einer Vielzahl inzwischen ergangener obergerichtlicher Entscheidungen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 26.11.2018 - 11 W 41/18, BeckRS 2018, 33522; Beschluss vom 24.08.2017 - 9 U 105/16, juris Rn. 1; Beschluss vom 26.09.2017 - 2 U 12/17, juris Rn. 1; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.2019 - I-17 W 14/19, n. v.; Kammergericht, Beschluss vom 29.07.2019 - 26 U 107/18, juris Rn. 2; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.03.2019 - 17 U 376/18, n. v.; OLG München, Beschluss vom 08.05.2019, 19 U 381/19, n. v.; OLG Koblenz, Beschluss vom 11.06.2019 - 8 U 1024/18, n. v.; OLG Hamm, Beschluss vom 11.07.2019 - I-19 W 9/19, n. v., Beschluss vom 12.06.2019 - I-31 W 12/19, n. v.).
dd) Diesem Ergebnis steht auch die vom Landgericht (Bd. II Bl. 455 d. A.) zur Begründung seiner Rechtsauffassung in Bezug genommenen Beschlüsse des Senats vom 29.11.2018 (4 U 28/17, n. v.) und vom 05.04.2019 (4 U 39/18, n. v.) nicht entgegen. Der zuerst genannte Beschluss betrag den Widerruf eines Verbraucherdarlehens, dem - anders als hier - kein verbundener Vertrag im Sinne des § 358 BGB zugrunde lag. In einem solchen Fall bemisst sich der Streitwert nach der Hauptforderung, die der Darlehensnehmer gemäß §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint, also der Rückzahlung seiner bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 12.01.2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454). Über die Frage, wie der Streitwert bei der Rückabwicklung eines verbundenen Darlehensvertrags zu bemessen ist, hatte der Senat dagegen nicht zu befinden. In dem Beschluss vom 05.04.2019 hatte der Senat lediglich den Streitwert für das dortige Berufungsverfahren, welches nicht streitig beendet wurde, im Rahmen einer Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten des Klägers abgeändert hat, und hierbei den Wert des im Tenor zu 1 der angefochtenen Entscheidung erfolgten Feststellungsausspruchs entsprechend der erstinstanzlichen Wertberechnung unverändert übernommen, da eine Heraufsetzung dieses Betrags mit dem Rechtsmittel nicht begehrt wurde. Eine Aussage dahingehend, dass auch für die Fälle der Rückabwicklung eines teilweise durch ein Verbraucherdarlehen der beklagten Bank finanzierten Autokaufs lediglich die bisher auf das Darlehen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen streitwertbestimmend seien, war damit nicht verbunden.
b) Mit dem Schriftsatz vom 24.05.2019 hat der Kläger den Klageantrag zu 1 für erledigt erklärt und hilfsweise für den Fall, dass die Beklagte - wie geschehen - sich der Erledigungserklärung nicht anschließt, beantragt (Bd. II Bl. 186 f. d. A.), dass der vorherige Klageantrag zu 1, festzustellen, dass auf Grund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 15.03.2018 die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 24./27.03.2015 mit der Darlehensnummer XXXXXXXXXX über ursprünglich 44.852,51 € zum Stichtag 01.04.2018 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen (mehr) herleiten kann, zum Zeitpunkt des Erledigungsereignisses - der Rückzahlung der Darlehensvaluta - zulässig und begründet gewesen ist.
aa) Das Landgericht hat in dieser einseitigen vollständigen Erledigungserklärung noch richtig eine gemäß § 264 (Nr. 2) ZPO zulässige Klageänderung erblickt. Der weiteren Annahme der Erstrichterin, diese Klageänderung rechtfertige nicht immer eine Gleichsetzung mit dem Kosteninteresse, vielmehr sei das klägerische Interesse im jeweiligen Einzelfall maßgeblich (Bd. II Bl. 455 d. A.), kann indessen nicht gefolgt werden. Nach herrschender Meinung, insbesondere nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, von der abzugehen der Streitfall keinen Anlass gibt, ist bei der einseitigen vollständigen Erledigungserklärung in der Regel das Interesse an einer günstigen Kostenentscheidung maßgeblich (BGH, Urteil vom 08.03.1990 - I ZR 116/88, NJW 1990, 3147, 3148; BGH, Beschluss vom 30.09.1998 - XII ZR 163/98, NZM 1999, 21; KG, Beschluss vom 03.07.2003 - 12 W 128/03, MDR 2004, 116; MünchKomm-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl. § 3 Rn. 69).
bb) Für eine von dieser Regel abweichende Bewertung des Klägerinteresses gibt es vorliegend keine Gründe. Das Landgericht hat sinngemäß gemeint, die weiteren vom Kläger verfolgten Ansprüche im Zusammenhang mit seiner Widerrufserklärung, wie sie sich aus den unter der innerprozessualen Bedingung gestellten Anträge entnehmen ließen, rechtfertigten die Annahme eines über die begehrte Erledigungsfeststellung hinausgehenden Interesses (Bd. II Bl. 455/456 d. A.). Diese Begründung trägt jedoch nicht. Nach der einseitigen Erledigungserklärung waren die weiteren Klageanträge (weiterhin) als Hilfsanträge mangels Bedingungseintritts nicht gestellt und können daher nicht zur Rechtfertigung einer Streitwerterhöhung angeführt werden. Laut Schriftsatz vom 24.05.2019 waren die Klageanträge zu 2 bis 4 nur für den Fall angebracht, dass sich die Beklagte der Erledigungserklärung anschließt oder der Klageantrag zu 1 begründet ist. Keine dieser beiden Voraussetzungen ist eingetreten. Entsprechendes gilt im Übrigen für den Hilfswiderklageantrag der Beklagten, über den wegen Nichteintritts der Bedingung (Klagestattgabe) ebenfalls nicht zu entscheiden war.
cc) Das somit maßgebliche Kosteninteresse des Klägers ist mit insgesamt 6.137,94 € zu bemessen.
(1) Die erstinstanzlichen Gerichtskosten belaufen sich nach der einwandfreien Kostenrechnung vom 18.10.2019 (Bd. I Bl. III d. A.) auf 1.218 €.
(2) Hinzuzählen sind Rechtsanwaltskosten, welche das Beschwerdegericht in Ermangelung weiterer Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 6.137,94 € schätzt. Der Kostenfestsetzungsantrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Höhe von 2.664,17 € (Bd. II Bl. 461 d. A.) kann dabei nicht als Grundlage dienen, weil er sowohl bei der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) als auch bei der Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) von dem unzutreffenden Gegenstandswert von 27.182,10 € ausgeht. Für die Verfahrensgebühr ist richtigerweise auf den Gegenstandswert von 52.852,51 € abzustellen. Dies ergibt für jede Partei einen Betrag von (((1.248 € x 1,3) + 20 €) x 1,19 =) 1.954,46 €, insgesamt also 3.908,92 €. Die Terminsgebühr entsteht indessen in der Variante der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG nur dann, wenn eine gerichtliche Entscheidung ergeht (Mayer in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 7. Aufl. RVG Nr. 3104 VV Rn. 21). Da die Anordnung des schriftlichen Verfahrens erst mit Beschluss vom 09.09.2019 erfolgt ist (Bd. II Bl. 422 d. A.), muss für die Berechnung der Gebühr auf den in diesem Zeitpunkt bereits verringerten Streitwert abgestellt werden. Andernfalls würde eine gegenüber dem Fall der Streitwertreduzierung vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung eintreten. Folglich ist für die Terminsgebühr das verbleibende Kosteninteresse des Klägers von (1.218 € + 3.908,92 € =) 5.126,92 € zu Grunde zu legen, woraus eine Terminsgebühr von (424,80 € x 1,2 x 1,19 =) 505,51 € entsteht, für beide Anwälte zusammen also 1.011,02 €. Aus der Addition der bis zur Erledigungserklärung angefallenen Kosten von 5.126,92 € und der danach angefallenen Kosten von 1.011,02 € ergibt sich das (Gesamt-) Kosteninteresse des Klägers von 6.137,94 €.
3. Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Kosten werden nach Satz 2 der Vorschrift nicht erstattet. Die Entscheidung ist gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 4 Satz 1 GKG nicht anfechtbar.