02.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220275
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 13.10.2020 – 5 W 1092/20
Nach 1211 Nr. 2 Alt. 1 GKG-KV fällt nur eine 1,0 Gerichtsgebühr an, wenn das gesamte Verfahren durch ein Anerkenntnisurteil beendet wird. Das gilt auch dann, wenn streitige Kostenanträge gestellt werden und das Anerkenntnisurteil eine Begründung der Kostenentscheidung enthält.
Kammergericht Berlin
In dem Kostenansatzverfahren
--------------------------------------------------
- Beklagte, Erinnerungsführerin und Beschwerdeführerin -
Beteiligte:
--------------------------------------------------
- Bezirksrevisorin -
hat das Kammergericht - 5. Zivilsenat, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht xxx, den Richter am Kammergericht Dr. xxx und den Richter am Kammergericht Dr. xxx am 13. Oktober 2020 beschlossen:
Tenor:
Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird der Kostenansatz der Kostenbeamtin des Landgerichts Berlin vom 13.8.2018 geändert:
Die Gerichtskosten für die I. Instanz betragen 1.746 €.
2.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
I.
Die Beschwerde der Erinnerungsführerin ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Erinnerungsführerin ist als Entscheidungsschuldnerin nach § 29 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG geworden (vergleiche Hartmann/Toussaint, Kostenrechts, 50.Auflage, § 66 Rn. 7). Sie war daher zur Einlegung der Erinnerung berechtigt.
II.
Die Beschwerde ist auch begründet, § 66 Abs. 2 GKG. Vorliegend hat sich die erstinstanzliche 3,0 Verfahrensgebühr aus Nr. 1210 KV GKG gemäß Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG wegen der Beendigung des gesamten Verfahrens durch landgerichtliches Anerkenntnisurteil auf eine 1,0 Verfahrensgebühr ermäßigt. Dieser Ermäßigung stehen entgegen der Annahme der Bezirksrevisorin die streitig gestellten Kostenanträge und die Begründung der Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil nicht entgegen.
1.
Bei einer streitigen Kostenentscheidung in einem Anerkenntnisurteil verneint ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur eine Ermäßigung insbesondere unter Hinweis darauf, dass nicht das "gesamte Verfahren" durch das Anerkenntnis beendet worden sei (OLG Hamburg, MDR 2000, 111; 2005, 1195 juris Rn. 3 ff; OLG Karlsruhe, 6. ZS, JurBüro 2001, 374 juris Rn. 7 f; KG, 25. ZS, MDR 2018, 494; Herget, MDR 1995, 785 und 1097; Lappe, NJW 1996, 1185, 1186; Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, § 307 Rn. 21; Zöller/Feskorn, ZPO, 33.Auflage, § 307 Rn. 14).
Überwiegend wird die Ermäßigung insbesondere im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bejaht (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 3 ff; 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, 19 W 8/20, Umdruck Seite 3 ff; OLG Karlsruhe, 13. ZS, MDR 1997, 399; OLG München, NJW-RR 1998, 720; OLG Bremen, JurBüro 2001, 373; OLG Dresden, Beschluss vom 6.9.2001, 3 W 1117/01, juris Rn. 5 ff; OLG Köln, FamRZ 2003, 1766 juris Rn. 4 ff; OLG Nürnberg, MDR 2003, 295 juris Rn. 2 ff; OLG Naumburg, JurBüro 2004, 324; OLG Hamm, JurBüro 2007, 151; OLG Rostock, JurBüro 2007, 323 juris Rn. 8 ff; OLG Stuttgart, AGS 2009, 248 juris Rn. 9 f; OLG Koblenz, Beschluss vom 9. 20.3.2011, 14 W 182/11, juris Rn. 3 ff; Seutemann, MDR 1995, 1096 und MDR 1996, 555, 556; Jungbauer, JurBüro 2001, 230, 232; Schneider, BRAGO-Report 2002, 73; Hartmann/Toussaint, Kostengesetze, 50.Auflage, KV 1211 GKG Rn. 20; Thomas/Putzo, ZPO, 41.Auflage, § 307 Rn. 3, 13; Stein/Jonas, ZPO, 23.Auflage, § 307 Rn. 55).
2.
Der Senat schließt sich der Auffassung an, nach der der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG auch dann erfüllt ist, wenn die anerkennende Partei einen streitigen Kostenantrag stellt und das Gericht hierüber im Anerkenntnisurteil mit einer Begründung entscheidet (so auch schon Senat, Beschluss vom 26.8.2015, 5 W 154/15, Umdruck Seite 2).
a)
Der Wortlaut der vorgenannten Ermäßigungsvorschrift ist insoweit eindeutig.
Nach Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG setzt die Ermäßigung ein "Anerkenntnisurteil" voraus. Dass dieses Anerkenntnisurteil weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalten darf, wird nicht gefordert.
Soweit in Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG auf das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen abgestellt wird, bezieht sich dies allein auf Urteile nach § 313a Abs. 2 ZPO, also nur auf die 3. Alternative der Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG. Der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift gibt keinen Anhalt dahin, dass das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen auch für die vorgenannten Alternativen "Anerkenntnisurteil" und "Verzichtsurteil" eine notwendige Voraussetzung wäre. Ein Entfallen von Tatbestand und Entscheidungsgründen im Falle eines Anerkenntnisses wird nicht in § 313a ZPO geregelt, sondern in § 313b ZPO. Der Text der 3. Alternative zu Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG ist in seinem letzten Halbsatz ("... weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird [§ 313 a Abs. 4 Nr. 5 ZPO]") allein auf Urteile nach § 313 a Abs. 2 ZPO bezogen. Einer abweichenden Auslegung widerspricht darüber hinaus der Umstand, dass der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bis 2004 in Nr. 1202 lit. b KV GKG allein auf ein "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" abstellte und mit der Gesetzesnovelle dieser Wortlaut in Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG schlicht um eine Alternative erweitert wurde ("Anerkenntnisurteil, Verzichtsurteil oder Urteil, dass nach § 313 a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält"). Auch die obergerichtlichen Entscheidungen, die bei einem streitigen Kostenantrag eine Ermäßigung verneinen, stellen auf eine abweichende Ausdeutung nicht ab.
b)
Ein streitiger Kostenantrag steht nicht der Annahme einer "Beendigung des gesamten Verfahrens durch ... Anerkenntnisurteil" entgegen.
Das Erfordernis einer Beendigung des gesamten Verfahrens soll nur klarstellen, dass ein Teilanerkenntnis (in der Hauptsache) noch nicht zu einer Gebührenermäßigung führt. Der Wortlaut stellt gerade nicht darauf ab, dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens durch das "Anerkenntnis" erfolgt (missverständlich daher KG, 25. ZS, MDR 2018, 494 juris Rn. 8). Ein solcher Wortlaut könnte allerdings Anlass zu der Überlegung geben, das Anerkenntnis des Beklagten müsse auch die Kosten umfassen. Die Ermäßigungsvorschrift in Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG bezieht die Beendigung des gesamten Verfahrens aber nicht auf das Anerkenntnis, sondern auf das "Anerkenntnisurteil". Ein Anerkenntnisurteil beendet das gesamte Verfahren unabhängig davon, ob es inhaltlich auch über einen streitigen Kostenantrag befindet. Bei einem Streit über die Kosten bleibt das Urteil ein "Anerkenntnisurteil" und wird nicht zu einem "Anerkenntnisteil- und Schlussurteil" (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 6; vergleiche auch Zöller/Herget, aaO, § 93 Rn. 5). Auch ohne streitig gestellte Kostenanträge muss das Gericht von Amts wegen eine Kostentragung nach § 93 ZPO prüfen und entscheiden (soweit eine Anerkenntnis auch der Kosten fehlt). Der Kostenantrag des Beklagten stellt insoweit nur eine Anregung an das Gericht dar (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 6).
c)
Gegen den Ausschluss einer Gebührenermäßigung im Falle eines Anerkenntnisses mit streitigen Kostenanträgen spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Gesetzgeber - wie erörtert - bei der Novelle 2004 in der neu eingefügten 3. Alternative das kostenrechtliche Problem von Urteilen mit und ohne Tatbestand und Entscheidungsgründen erkannt und allein für Urteile nach § 313a ZPO differenziert geregelt hat, ohne diese Differenzierung auch für Anerkenntnisurteile anzusprechen. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber 2004 den bisherigen Ermäßigungstatbestand "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" schlicht übernommen hatte, obwohl - wie erörtert - bereits damals eine verbreitete Auffassung die Ermäßigung auch dann eingreifen ließ, wenn das Anerkenntnis mit streitigen Kostenanträgen verbunden war.
d)
Nach Nr. 1211 Ziff. 1 und Ziff. 4 KV GKG findet im Falle einer Klagerücknahme und einer übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Kostenermäßigung nur statt, wenn keine (streitige) Entscheidung über die Kosten ergeht. Auch insoweit war dem Gesetzgeber der zusätzliche Aufwand einer streitigen Kostenentscheidung bewusst. In Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG hat der Gesetzgeber aber - allein für deren Alternativen 1 und 2 - auf eine solche Einschränkung verzichtet.
e)
Der Zweck der Gebührenvorschrift Nr. 1211 KV GKG, mit einer Gebührenermäßigung einem verminderten gerichtlichen Aufwand in der Entscheidungsfindung Rechnung zu tragen, gebietet im Falle eines Anerkenntnisses bei streitigen Kostenanträgen keine Ausnahme.
Im Falle einer Klagerücknahme und einer übereinstimmenden Erledigungserklärung muss das Gericht bei streitigen Kostenanträgen (§ 269 Abs. 3 Satz 3, § 91a Abs. 1 ZPO) in der Regel die Schlüssigkeit der Klage prüfen. Dies ist bei einem Anerkenntnis und einer streitigen Kostenentscheidung nach § 93 ZPO in der Regel nicht der Fall (vergleiche BGH, NJW 2020, 1442 [BGH 16.01.2020 - V ZB 93/18] TZ 14 ff, 18). Mit dem Anerkenntnis in der Hauptsache hat sich der Beklagte grundsätzlich der Einwendung begeben, die Klage sei in der Hauptsache nicht begründet oder unschlüssig (BGH, aaO, TZ 15 f). Nur in dem eher seltenen Ausnahmefall, dass eine Klage erst im Verlauf des Rechtsstreits durch weiteren Vortrag des Klägers schlüssig gemacht wird, kann im Rahmen der Prüfung eines "sofortigen" Anerkenntnisses eine zuvor fehlende Schlüssigkeit berücksichtigt werden (BGH, aaO, TZ 18 f). Ansonsten erfolgt die Kostenentscheidung allein nach den besonderen Maßstäben der Klageveranlassung und eines unmittelbaren Anerkenntnisses gemäß § 93 ZPO.
Zwar kann eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO im Einzelfall größeren richterlichen Aufwand verursachen als Billigkeitsentscheidungen nach § 269 Abs. 3 Satz 3, § 91a Abs. 1 ZPO. Es liegt aber ohne weiteres in dem weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers, im Hinblick auf eine regelmäßig fehlende Schlüssigkeitsprüfung von einem typischerweise erheblich geringeren richterlichen Arbeitsaufwand auszugehen (vergleiche OLG Dresden, Beschluss vom 6.9.2001, 3 W 1117/01, juris Rn. 7). Es steht dem Gesetzgeber frei, zukünftig von dieser Prognose Abstand zu nehmen. Dies muss er dann aber hinreichend im Wortlaut der Neuregelung verlautbaren (vergleiche KG, 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, Umdruck Seite 4 f).
Dabei ist auch zu beachten, dass Gebühren aus verfassungsrechtlichen Gründen nur insoweit erhoben werden dürfen, als das Gesetz sie ausdrücklich vorsieht, § 1 Abs. 1 Satz 1 GKG (Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50.Auflage, Einl. Rn. 30). Auch wenn der Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift zu berücksichtigen ist, darf danach ebenso wenig eine Ermäßigungsvorschrift über ihren Wortlaut hinaus eingeschränkt werden.
f)
Es stellen sich auch nicht notwendig Widersprüche, wenn das Gericht nach einem Anerkenntnis mit streitigen Kostenanträgen ausnahmsweise mangels Entscheidungsreife hinsichtlich der Kosten zunächst nur ein Anerkenntnisurteil erlässt und nachfolgend über die Kosten entscheidet (so aber KG, 25. ZS, MDR 2018, 494 [BGH 26.09.2017 - II ZB 27/16] juris Rn. 9). Zwar ist diese Kostenentscheidung kein Anerkenntnisurteil und es erfüllt auch sonst keinen Ermäßigungstatbestand. Dabei ist aber zu beachten, dass das Gesetz nicht jeden Sonderfall mit erfassen kann. In einer derartigen Ausnahmekonstellation ist es zwanglos möglich und geboten, über den Wortlaut hinaus das Anerkenntnisurteil und die abschließende Kostenentscheidung gebührenrechtlich als einheitliche Entscheidung im Sinne der Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KVG KG anzusehen (vergleiche auch KG, 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, Umdruck Seite 5).
III.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.
Beschluss vom 13.10.2020
Az.: 5 W 1092/20
In dem Kostenansatzverfahren
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- Beklagte, Erinnerungsführerin und Beschwerdeführerin -
Beteiligte:
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- Bezirksrevisorin -
hat das Kammergericht - 5. Zivilsenat, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht xxx, den Richter am Kammergericht Dr. xxx und den Richter am Kammergericht Dr. xxx am 13. Oktober 2020 beschlossen:
Tenor:
1.
Auf die Beschwerde der Erinnerungsführerin wird der Beschluss der Zivilkammer 80 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2020 - 80 AR 60/20 - geändert:Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird der Kostenansatz der Kostenbeamtin des Landgerichts Berlin vom 13.8.2018 geändert:
Die Gerichtskosten für die I. Instanz betragen 1.746 €.
2.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Erinnerungsführerin ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Erinnerungsführerin ist als Entscheidungsschuldnerin nach § 29 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG geworden (vergleiche Hartmann/Toussaint, Kostenrechts, 50.Auflage, § 66 Rn. 7). Sie war daher zur Einlegung der Erinnerung berechtigt.
II.
Die Beschwerde ist auch begründet, § 66 Abs. 2 GKG. Vorliegend hat sich die erstinstanzliche 3,0 Verfahrensgebühr aus Nr. 1210 KV GKG gemäß Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG wegen der Beendigung des gesamten Verfahrens durch landgerichtliches Anerkenntnisurteil auf eine 1,0 Verfahrensgebühr ermäßigt. Dieser Ermäßigung stehen entgegen der Annahme der Bezirksrevisorin die streitig gestellten Kostenanträge und die Begründung der Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil nicht entgegen.
1.
Bei einer streitigen Kostenentscheidung in einem Anerkenntnisurteil verneint ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur eine Ermäßigung insbesondere unter Hinweis darauf, dass nicht das "gesamte Verfahren" durch das Anerkenntnis beendet worden sei (OLG Hamburg, MDR 2000, 111; 2005, 1195 juris Rn. 3 ff; OLG Karlsruhe, 6. ZS, JurBüro 2001, 374 juris Rn. 7 f; KG, 25. ZS, MDR 2018, 494; Herget, MDR 1995, 785 und 1097; Lappe, NJW 1996, 1185, 1186; Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, § 307 Rn. 21; Zöller/Feskorn, ZPO, 33.Auflage, § 307 Rn. 14).
Überwiegend wird die Ermäßigung insbesondere im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bejaht (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 3 ff; 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, 19 W 8/20, Umdruck Seite 3 ff; OLG Karlsruhe, 13. ZS, MDR 1997, 399; OLG München, NJW-RR 1998, 720; OLG Bremen, JurBüro 2001, 373; OLG Dresden, Beschluss vom 6.9.2001, 3 W 1117/01, juris Rn. 5 ff; OLG Köln, FamRZ 2003, 1766 juris Rn. 4 ff; OLG Nürnberg, MDR 2003, 295 juris Rn. 2 ff; OLG Naumburg, JurBüro 2004, 324; OLG Hamm, JurBüro 2007, 151; OLG Rostock, JurBüro 2007, 323 juris Rn. 8 ff; OLG Stuttgart, AGS 2009, 248 juris Rn. 9 f; OLG Koblenz, Beschluss vom 9. 20.3.2011, 14 W 182/11, juris Rn. 3 ff; Seutemann, MDR 1995, 1096 und MDR 1996, 555, 556; Jungbauer, JurBüro 2001, 230, 232; Schneider, BRAGO-Report 2002, 73; Hartmann/Toussaint, Kostengesetze, 50.Auflage, KV 1211 GKG Rn. 20; Thomas/Putzo, ZPO, 41.Auflage, § 307 Rn. 3, 13; Stein/Jonas, ZPO, 23.Auflage, § 307 Rn. 55).
2.
Der Senat schließt sich der Auffassung an, nach der der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG auch dann erfüllt ist, wenn die anerkennende Partei einen streitigen Kostenantrag stellt und das Gericht hierüber im Anerkenntnisurteil mit einer Begründung entscheidet (so auch schon Senat, Beschluss vom 26.8.2015, 5 W 154/15, Umdruck Seite 2).
a)
Der Wortlaut der vorgenannten Ermäßigungsvorschrift ist insoweit eindeutig.
Nach Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG setzt die Ermäßigung ein "Anerkenntnisurteil" voraus. Dass dieses Anerkenntnisurteil weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalten darf, wird nicht gefordert.
Soweit in Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG auf das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen abgestellt wird, bezieht sich dies allein auf Urteile nach § 313a Abs. 2 ZPO, also nur auf die 3. Alternative der Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG. Der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift gibt keinen Anhalt dahin, dass das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen auch für die vorgenannten Alternativen "Anerkenntnisurteil" und "Verzichtsurteil" eine notwendige Voraussetzung wäre. Ein Entfallen von Tatbestand und Entscheidungsgründen im Falle eines Anerkenntnisses wird nicht in § 313a ZPO geregelt, sondern in § 313b ZPO. Der Text der 3. Alternative zu Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG ist in seinem letzten Halbsatz ("... weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird [§ 313 a Abs. 4 Nr. 5 ZPO]") allein auf Urteile nach § 313 a Abs. 2 ZPO bezogen. Einer abweichenden Auslegung widerspricht darüber hinaus der Umstand, dass der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bis 2004 in Nr. 1202 lit. b KV GKG allein auf ein "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" abstellte und mit der Gesetzesnovelle dieser Wortlaut in Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG schlicht um eine Alternative erweitert wurde ("Anerkenntnisurteil, Verzichtsurteil oder Urteil, dass nach § 313 a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält"). Auch die obergerichtlichen Entscheidungen, die bei einem streitigen Kostenantrag eine Ermäßigung verneinen, stellen auf eine abweichende Ausdeutung nicht ab.
b)
Ein streitiger Kostenantrag steht nicht der Annahme einer "Beendigung des gesamten Verfahrens durch ... Anerkenntnisurteil" entgegen.
Das Erfordernis einer Beendigung des gesamten Verfahrens soll nur klarstellen, dass ein Teilanerkenntnis (in der Hauptsache) noch nicht zu einer Gebührenermäßigung führt. Der Wortlaut stellt gerade nicht darauf ab, dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens durch das "Anerkenntnis" erfolgt (missverständlich daher KG, 25. ZS, MDR 2018, 494 juris Rn. 8). Ein solcher Wortlaut könnte allerdings Anlass zu der Überlegung geben, das Anerkenntnis des Beklagten müsse auch die Kosten umfassen. Die Ermäßigungsvorschrift in Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG bezieht die Beendigung des gesamten Verfahrens aber nicht auf das Anerkenntnis, sondern auf das "Anerkenntnisurteil". Ein Anerkenntnisurteil beendet das gesamte Verfahren unabhängig davon, ob es inhaltlich auch über einen streitigen Kostenantrag befindet. Bei einem Streit über die Kosten bleibt das Urteil ein "Anerkenntnisurteil" und wird nicht zu einem "Anerkenntnisteil- und Schlussurteil" (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 6; vergleiche auch Zöller/Herget, aaO, § 93 Rn. 5). Auch ohne streitig gestellte Kostenanträge muss das Gericht von Amts wegen eine Kostentragung nach § 93 ZPO prüfen und entscheiden (soweit eine Anerkenntnis auch der Kosten fehlt). Der Kostenantrag des Beklagten stellt insoweit nur eine Anregung an das Gericht dar (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 6).
c)
Gegen den Ausschluss einer Gebührenermäßigung im Falle eines Anerkenntnisses mit streitigen Kostenanträgen spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Gesetzgeber - wie erörtert - bei der Novelle 2004 in der neu eingefügten 3. Alternative das kostenrechtliche Problem von Urteilen mit und ohne Tatbestand und Entscheidungsgründen erkannt und allein für Urteile nach § 313a ZPO differenziert geregelt hat, ohne diese Differenzierung auch für Anerkenntnisurteile anzusprechen. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber 2004 den bisherigen Ermäßigungstatbestand "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" schlicht übernommen hatte, obwohl - wie erörtert - bereits damals eine verbreitete Auffassung die Ermäßigung auch dann eingreifen ließ, wenn das Anerkenntnis mit streitigen Kostenanträgen verbunden war.
d)
Nach Nr. 1211 Ziff. 1 und Ziff. 4 KV GKG findet im Falle einer Klagerücknahme und einer übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Kostenermäßigung nur statt, wenn keine (streitige) Entscheidung über die Kosten ergeht. Auch insoweit war dem Gesetzgeber der zusätzliche Aufwand einer streitigen Kostenentscheidung bewusst. In Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG hat der Gesetzgeber aber - allein für deren Alternativen 1 und 2 - auf eine solche Einschränkung verzichtet.
e)
Der Zweck der Gebührenvorschrift Nr. 1211 KV GKG, mit einer Gebührenermäßigung einem verminderten gerichtlichen Aufwand in der Entscheidungsfindung Rechnung zu tragen, gebietet im Falle eines Anerkenntnisses bei streitigen Kostenanträgen keine Ausnahme.
Im Falle einer Klagerücknahme und einer übereinstimmenden Erledigungserklärung muss das Gericht bei streitigen Kostenanträgen (§ 269 Abs. 3 Satz 3, § 91a Abs. 1 ZPO) in der Regel die Schlüssigkeit der Klage prüfen. Dies ist bei einem Anerkenntnis und einer streitigen Kostenentscheidung nach § 93 ZPO in der Regel nicht der Fall (vergleiche BGH, NJW 2020, 1442 [BGH 16.01.2020 - V ZB 93/18] TZ 14 ff, 18). Mit dem Anerkenntnis in der Hauptsache hat sich der Beklagte grundsätzlich der Einwendung begeben, die Klage sei in der Hauptsache nicht begründet oder unschlüssig (BGH, aaO, TZ 15 f). Nur in dem eher seltenen Ausnahmefall, dass eine Klage erst im Verlauf des Rechtsstreits durch weiteren Vortrag des Klägers schlüssig gemacht wird, kann im Rahmen der Prüfung eines "sofortigen" Anerkenntnisses eine zuvor fehlende Schlüssigkeit berücksichtigt werden (BGH, aaO, TZ 18 f). Ansonsten erfolgt die Kostenentscheidung allein nach den besonderen Maßstäben der Klageveranlassung und eines unmittelbaren Anerkenntnisses gemäß § 93 ZPO.
Zwar kann eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO im Einzelfall größeren richterlichen Aufwand verursachen als Billigkeitsentscheidungen nach § 269 Abs. 3 Satz 3, § 91a Abs. 1 ZPO. Es liegt aber ohne weiteres in dem weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers, im Hinblick auf eine regelmäßig fehlende Schlüssigkeitsprüfung von einem typischerweise erheblich geringeren richterlichen Arbeitsaufwand auszugehen (vergleiche OLG Dresden, Beschluss vom 6.9.2001, 3 W 1117/01, juris Rn. 7). Es steht dem Gesetzgeber frei, zukünftig von dieser Prognose Abstand zu nehmen. Dies muss er dann aber hinreichend im Wortlaut der Neuregelung verlautbaren (vergleiche KG, 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, Umdruck Seite 4 f).
Dabei ist auch zu beachten, dass Gebühren aus verfassungsrechtlichen Gründen nur insoweit erhoben werden dürfen, als das Gesetz sie ausdrücklich vorsieht, § 1 Abs. 1 Satz 1 GKG (Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50.Auflage, Einl. Rn. 30). Auch wenn der Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift zu berücksichtigen ist, darf danach ebenso wenig eine Ermäßigungsvorschrift über ihren Wortlaut hinaus eingeschränkt werden.
f)
Es stellen sich auch nicht notwendig Widersprüche, wenn das Gericht nach einem Anerkenntnis mit streitigen Kostenanträgen ausnahmsweise mangels Entscheidungsreife hinsichtlich der Kosten zunächst nur ein Anerkenntnisurteil erlässt und nachfolgend über die Kosten entscheidet (so aber KG, 25. ZS, MDR 2018, 494 [BGH 26.09.2017 - II ZB 27/16] juris Rn. 9). Zwar ist diese Kostenentscheidung kein Anerkenntnisurteil und es erfüllt auch sonst keinen Ermäßigungstatbestand. Dabei ist aber zu beachten, dass das Gesetz nicht jeden Sonderfall mit erfassen kann. In einer derartigen Ausnahmekonstellation ist es zwanglos möglich und geboten, über den Wortlaut hinaus das Anerkenntnisurteil und die abschließende Kostenentscheidung gebührenrechtlich als einheitliche Entscheidung im Sinne der Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KVG KG anzusehen (vergleiche auch KG, 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, Umdruck Seite 5).
III.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.
RechtsgebietGebührenrechtVorschriftenNr. 1211 Nr. 2 Alt. 1 GKG-KV