06.04.2021 · IWW-Abrufnummer 221589
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 05.01.2021 – 7 W 40/20
1. Die Abänderungsmöglichkeit hinsichtlich einer Streitwertfestsetzung besteht grundsätzlich nur innerhalb von 6 Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat. Diese Frist beginnt im Falle einer Klagrücknahme bereits mit der Rücknahmeerklärung.
2. Bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung bleibt grundsätzlich der Wert der Gegenleistung außer Betracht und wird nicht in Abzug gebracht. Das gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn eine Zahlungsklage erhoben und gleichzeitig als Zug-um-Zug-Leistung eine konkrete Geldzahlung angeboten wird, die im Wege der Vorteilsausgleichung ohnehin von Amts wegen zu berücksichtigen wäre.
3. Bei einer Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe eines Fahrzeugs und Zahlung eines Nutzungsentgeltes reduziert sich der Streitwert der Zahlungsklage um den Wert der angebotenen Nutzungsentschädigung.
4. Ein Antrag nach § 850 f Abs. 2 ZPO (auf Feststellung, dass der Zahlungsanspruch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt) kann gem. § 5 ZPO streitwerterhöhend wirken. Insoweit ist jedoch gem. §§ 3 ZPO 184 InsO nicht auf den Nominalwert der Klagforderung abzustellen, sondern auf die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung eines etwaigen Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung.
Tenor:
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
In diesem Fall begann die sechsmonatige Beschwerdefrist mit dem Eingang der Klagrücknahme am 08.05.2020. Die Frist war mithin am 08.11.2020 abgelaufen. Die Streitwertbeschwerde der Beschwerdeführer ist hingegen erst am 07.12.2020 (Bl. 395 GA) beim Landgericht eingegangen, obwohl der angefochtene Streitwertbeschluss vom 8.5.2020 (Bl. 388 GA) dort bereits am 12.6.2020 (PZU; Bl. 392 GA) vorlag.
Im Übrigen ist die Streitwertbeschwerde aber auch unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Streitwert für das zugrundeliegende Verfahren auf bis zu 8.000,00 € festgesetzt.
Bei einer Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und Zahlung eines Nutzungsentgeltes reduziert sich der Streitwert der Zahlungsklage um den Wert der angebotenen Nutzungsentschädigung (OLG Bamberg, Beschluss vom 03.07.2019, 4 W 46/19, NJW-Spezial, 2019, 635 [BGH 18.07.2019 - I ZB 104/18]). Es ist zwar zutreffend, dass bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Wert der Gegenleistung grundsätzlich außer Betracht bleibt und nicht in Abzug zu bringen ist (BGH, Beschluss vom 13.02.2019, V ZR 68/17; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.09.2020, 2 W 23/20). Das gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn eine Zahlungsklage erhoben und gleichzeitig als Zug-um-Zug-Leistung eine konkrete Geldzahlung angeboten wird, die im Wege der Vorteilsausgleichung ohnehin von Amts wegen zu berücksichtigen wäre (OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2020, 17 U 122/19; OLG Koblenz, Urteil vom 30.06.2020, 3 U 1869/19). Das ist hier der Fall.
Die Klägerin hat sowohl mit der Klagschrift vom 05.03.2019 als auch im Folgenden mit der Klagerweiterung vom 01.10.2019 (Bl. 190 GA) als Zug-um-Zug-Leistung die Anrechnung eines konkreten Nutzungsvorteils in Höhe von 9.693,05 € angeboten. Diese Nutzungsentschädigung wäre vom zurückzuzahlenden Kaufpreis (hier: 16.800,00 €) in Abzug zu bringen. Faktisch hat die Klägerin (nach Saldierung) mithin lediglich einen Zahlbetrag in Höhe von 7.106,95 € (16.800,00 € ./. 9.693,05 € Nutzungsvorteil) Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw geltend gemacht. Ließe man diese Betrachtung außer Ansatz, würde dies dazu führen, dass bei einer Geldforderung Zug um Zug gegen Rückzahlung eines anderen Geldbetrages die Kosten des Rechtsstreites vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers entkoppelt würden. Deshalb war die hier von der Klägerin selbst angebotene Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.693,05 € von dem Kaufpreis in Abzug zu bringen.
Soweit die Beschwerdeführer wegen des angekündigten Antrags zu Ziffer 4 (= Feststellung, dass der Zahlungsanspruch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt; § 850 f Abs. 2 ZPO) gem. § 5 ZPO eine Erhöhung des vorgenannten Streitwertes um 840,00 € (= 5 % von 16.800,00 €) beanspruchen, liegt keine Beschwer vor. Selbst wenn man diesen Betrag mit dem berechtigten Wert von 7.106,95 € (s.o.) addiert, ergäbe sich kein höherer Streitwert als 8.000,00 €. Im Übrigen wäre insoweit gem. §§ 3 ZPO 184 InsO - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - wohl nicht auf den Nominalwert der Klagforderung abzustellen, sondern auf die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung eines etwaigen Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Es käme mithin für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich darauf an, wie hoch oder gering das Risiko einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger wäre (BGH, Beschluss vom 22.01.2009; IX ZR 235/08, NJW 2009, 920, 921 [BGH 22.01.2009 - IX ZR 235/08]). Dazu fehlt jedoch jeglicher Vortrag der Beschwerdeführer.
Nach alledem ist die Streitwertbeschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 ZPO.