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  • 12.05.2023 · IWW-Abrufnummer 235257

    Landgericht Köln: Urteil vom 12.05.2022 – 14 O 36/22

    1. Der auf die Kostenentscheidung beschränkte Widerspruch (Kostenwiderspruch) hat die Wirkung eines prozessualen Anerkenntnisses mit der Folge, dass nur noch über die Kosten nach den Regelungen der §§ 91 ff. ZPO zu befinden ist.

    2. Die Kostenentscheidung wird durch ein vermeintlich missbräuchliches Verhalten einer Partei außerhalb des Anwendungsbereichs der § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO oder § 93 ZPO nicht beeinflusst.

    3. Dies gilt selbst in dem Fall, dass sich der Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren rechtsmissbräuchlich verhält und der Verfügungsantrag deshalb als unzulässig anzusehen ist und auf (Voll-)Widerspruch hin aufzuheben gewesen wäre.

    4. Der Einwand, dass eine Veranlassung im Sinne des § 93 ZPO nicht hinsichtlich eines abweisungsreifen – weil infolge unterstellten Rechtsmissbrauchs unzulässigen – Verfügungsantrages bestanden habe, ist nicht zu berücksichtigen.

    5. Dem Antragsteller obliegt es, dem Gericht auch nach Erlass einer Beschlussverfügung eingehende Reaktionen des Antragsgegners unverzüglich und unaufgefordert vorzulegen. Der Umstand, dass er dies unterlässt, rechtfertigt allein indes nicht den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Dies gilt zumal, wenn der Inhalt der Reaktion des Antragsgegners der Annahme der Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung nicht entgegengestanden hätte.

    6. Der Anspruchsteller genügt der durch § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG statuierten Hinweispflicht auf das überschießende Unterlassungsbegehren, wenn er in der Abmahnung explizit darauf verweist, dass die beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung weitergehend ist als die gerügte Rechtsverletzung, und es dem Anspruchsgegner freistehe, durch eine eigene, selbst formulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr auszuräumen.

    7. Eine weitergehende Konkretisierung sieht § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG („[…] anzugeben, ob die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht") – anders als § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG a.F.: „[…] anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht“ – nicht vor.

    8. Ein Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG wegen Abweichungen zwischen dem Unterlassungsbegehren aus der Abmahnung und dem Verfügungsantrag besteht nicht, wenn das mit dem Verfügungsantrag beantragte Verbot als „Minus“ bereits in dem außergerichtlichen Unterlassungsverlangen enthalten war.


    Landgericht Köln


    Tenor:

    1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 09.02.2022 wird im Kostenpunkt bestätigt.

    2. Die Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

    1
    Tatbestand

    2
    Die Parteien streiten über die Kostentragungspflicht im einstweiligen Verfügungsverfahren.

    3
    Der Verfügungskläger mahnte die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2022 (Anlage Ast 5) wegen unberechtigter Verwendung von Bildmaterial innerhalb eines auf der Internetplattform Z veröffentlichten Videos ab und forderte sie auf, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Lichtbild zu vervielfältigen, öffentlich zugänglich zu machen und zu bearbeiten sowie das streitgegenständliche Bildmaterial umgehend zu entfernen und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung bis zum 28.01.2022 abzugeben.

    4
    In der Abmahnung heißt es u.a.:

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    „Auch wenn diesseits davon ausgegangen wird, dass aufgrund der bereits erfolgten unberechtigten Verwendung des Bildmaterials unseres Mandanten jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich weiterem von unserem Mandanten erstelltem Bildmaterial besteht (so auch Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 12. Aufl. 2018, § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz, Rn. 41), da es sich um im Kern gleiche Rechtsverletzungen handeln dürfte, so wird höchst vorsorglich darauf hingewiesen, dass die beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung weitergehend ist als die gerügte Rechtsverletzung, da sämtliches von unserer Mandantschaft erstelltes Bildmaterial von der Unterlassungspflicht umfasst ist.

    6
    Es steht Ihnen selbstverständlich frei, die Unterlassungsverpflichtungserklärung um weitere, bisher unentdeckte, Rechtsverstöße zu erweitern, oder eine andere, ausreichend strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Wir weisen jedoch darauf hin, dass durch eine unzureichend formulierte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt wird, sodass der Unterlassungsanspruch unserer Mandantschaft unverzüglich gerichtlich durchgesetzt werden kann.“

    7
    Weiterhin forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte auf, Auskunft über den Umfang der Verwendung des streitgegenständlichen Bildmaterials sowie dessen Herkunft zu erteilen. Hierbei setzte der Verfügungskläger wiederum eine Frist bis zum 28.01.2022.

    8
    Die der Abmahnung beigefügte, vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung sah die Verpflichtung vor:

    9
    „[…] es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen und vom Unterlassungsgläubiger zu bestimmenden Vertragsstrafe, deren Angemessenheit im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu unterlassen,

    10
    1. Bildmaterial des Unterlassungsgläubigers in bearbeiteter Form sowie in unbearbeiteter Form ohne entsprechende Berechtigung zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen.

    11
    2. Bildmaterial des Unterlassungsgläubigers zu verwenden ohne den Unterlassungsgläubiger als Urheber zu benennen.“

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    Der „CEO“ der Verfügungsbeklagten, Herr N, übersandte am 08.02.2022 (um 00:00 Uhr) eine E-Mail an die Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers, in der er erklärte, die Kanzlei bereits selbst angefragt zu haben. Der „Betreiber“ des Kanals sei unter der Adresse: L GmbH, X-Straße, 00000 Münster, erreichbar. Die Adresse der Verfügungsbeklagten stehe dort nur, „da sich viele Fans um die Adresse versammelt“ hätten „zum Schutz des Künstlers“.

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    Der Verfügungskläger stellte am 08.02.2022 Verfügungsantrag (bei Gericht eingegangen um 09:45:54 Uhr), in dem er erklärte, eine Reaktion auf die Abmahnung sei nicht erfolgt, obwohl die Abmahnung der Verfügungsbeklagten zugegangen sei, da diese die Abmahnung in einem weiteren Video auf der Internetplattform Z thematisiert und hierbei Ausschnitte aus dem Abmahnschreiben eingeblendet habe. Die Verfügungsbeklagte habe das Bildmaterial des Verfügungsklägers weder entfernt, noch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben.

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    Der Verfügungskläger legte dem Gericht die E-Mail der Verfügungsbeklagten vom 08.02.2022 nicht vor und setzte das Gericht auch nicht von der Reaktion der Verfügungsbeklagten in Kenntnis.

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    Die Kammer hat am 09.02.2022 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, das in Anlage Ast 1 wiedergegebene Lichtbild des Verfügungsklägers ohne Zustimmung des Verfügungsklägers zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen, wie geschehen unter https://www.entfernt und in Anlage Ast 2 (Bl. 15 d.A.) wiedergegeben.

    16
    Die Verfügungsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 31.03.2022 das „sofortige Anerkenntnis“ ausschließlich hinsichtlich des festgestellten Unterlassungsanspruches erklärt. Hinsichtlich der Kostenentscheidung hat sie Kostenwiderspruch erhoben.

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    Der Verfügungskläger ist der Auffassung, die Vorlage der Nachricht der Verfügungsbeklagten im Rahmen der Antragstellung sei bereits aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen, da den Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers die Nachricht der Verfügungsbeklagten vom 08.02.2022 erst nach Antragstellung erreicht habe. Der Inhalt der Nachricht der Verfügungsbeklagten vom 08.02.2022 sei zudem nicht entscheidungserheblich gewesen, so dass selbst bei der Annahme, dass die Nachricht bei der Antragstellung hätte berücksichtigt werden können, keine abweichende Entscheidung zu treffen gewesen sei. Die Verfügungsbeklagte habe eingeräumt, innerhalb der Kanalinfo des streitgegenständlichen Kanals auf der Plattform Z als Betreiberin des Kanals ausgewiesen zu sein („unsere Adresse steht dort“), sowie, dass die Eintragung bewusst und gewollt erfolgt sei („da sich viele Fans um die Adresse versammelt hatten (zum Schutz des Künstlers)“).

    18
    Die außergerichtliche Abmahnung der Verfügungsbeklagten stelle sich als vollumfänglich wirksam dar. Der gesetzlichen Anforderung des § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UrhG sei vollumfänglich entsprochen worden. Eine explizite Aufschlüsselung, in welchen Punkten eine beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung möglicherweise weitergehend sei, sei ebenso wenig erforderlich wie einschränkende Zusätze. Der Einwand, die Unterlassungsverpflichtungserklärung sei unbestimmt gewesen, gehe fehl.

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    Die Verfügungsbeklagte habe einen ausreichenden Zeitraum für die Reaktion auf die Abmahnung zur Verfügung gehabt. Dass die Verfügungsbeklagte es offenbar nicht für erforderlich gehalten habe, fristgerecht auf die Abmahnung zu reagieren, führe nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Voraussetzungen für ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO lägen nicht vor.

    20
    Die Verfügungsklägerin beantragt,

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    den Kostenwiderspruch der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen.

    22
    Die Verfügungsbeklagte beantragt,

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    die Kostenentscheidung in der Eilverfügung aufzuheben und der Verfügungsklägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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    Der Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, beim Erlass der einstweiligen Verfügung, sei das ihm zustehende umfassende Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Insbesondere sei aber auch beim Antrag der Verfügungsklägerin von einer Rechtsmissbräuchlichkeit auszugehen. Darüber hinaus sei die der einstweiligen Verfügung vorangegangene Abmahnung unwirksam.

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    Bei Erlass der einstweiligen Verfügung, sei das der Verfügungsbeklagten zustehende umfassende Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Insbesondere sei auch beim Antrag der Verfügungsklägerin von Rechtsmissbräuchlichkeit auszugehen. Die Verfügungsbeklagte habe im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz nach Erhalt der Abmahnung der Verfügungsklägerin dargelegt, dass sie als Managementagentur hinter dem gegenständlichen Z-Account für die gegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Vielmehr habe sie sogar auf die im Impressum genannte ebenfalls für die Verfügungsklägerin erreichbare L GmbH verwiesen. Diese E-Mail sei an die Vertreter des Verfügungsklägers zugestellt worden. Hierauf sei jedoch keinerlei Rückmeldung erfolgt. Diese E-Mail bzw. dieser Schriftverkehr sei im Rahmen des Verfügungsantrages nicht dem Gericht vorgelegt worden. Diese Korrespondenz sei jedoch für die Beurteilung der gegenständlichen Anträge und Verfügungsansprüche höchst relevant. In der Nichtvorlage sämtlicher, den Sachverhalt und für die Entscheidungsfindung relevanten Vorgänge und Dokumente liege ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerseite gemäß § 242 BGB begründet.

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    Das ersichtlich bewusste Vorenthalten des hier außergerichtlichen Schriftwechsels nach Erhalt der Abmahnung an die Verfügungsbeklagte sei keine redliche Prozessführung und stelle einen Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht gemäߧ 138 Abs. 1 ZPO dar. Insbesondere seien die vom Bundesverfassungsgericht zur prozessualen Waffengleichheit entwickelten Grundsätze auch im urheberrechtlichen Verfügungsverfahren zu berücksichtigen. Das Verschweigen außergerichtlicher Korrespondenz sei insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren in jedem Fall als gravierender Verstoß zu qualifizieren. Dadurch, dass die Verfügungsklägerin den vorbezeichneten Schriftverkehr dem Gericht nicht vorlegt habe, sei dem Gericht nicht sämtliches Material, welches für die umfassend informierte Entscheidungsfindung Relevanz gehabt habe, vorgelegt worden. In diesem Verhalten liege eindeutig eine rechtsmissbräuchliche Antragstellung begründet.

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    Das Gericht hätte nach Vorlage des entsprechenden Schriftverkehrs möglicherweise eine mündliche Verhandlung anberaumt, bzw. die Verfügungsbeklagte zur Stellungnahme hinsichtlich der behaupteten, mangelnden Verantwortlichkeit für den gegenständlichen Z-Account aufgefordert. All dies sei aufgrund der vorenthaltenen E-Mail des Verfügungsbeklagten nicht geschehen. Die Verfügung sei beanstandungslos erlassen worden, da das Gericht davon habe ausgehen müssen, dass die Verfügungsbeklagte sich nach der Abmahnung nicht zum Sachverhalt geäußert habe. Allein aus diesem Grund sei die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung aufzuheben und zu revidieren. Aus prozessökonomischen- und Kostengründen sei es jedoch in diesem Fall angezeigt gewesen, die Unterlassungsansprüche durch das Anerkenntnis im Rahmen dieses Verfahrens sofort zu erfüllen und lediglich Kostenwiderspruch zu erheben.

    28
    Die Abmahnung im Vorfeld des Verfügungsantrages sei zudem unwirksam gewesen. In derselben habe die Verfügungsklägerin einen Anspruch auf Unterlassung der Bearbeitung, Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Lichtbildes geltend gemacht. Die der Abmahnung beigefügte, vorformulierte Unterlassungserklärung sei im Sinne des § 97 a Abs. 2 Nr. 4 UrhG erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgegangen.

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    Mit dieser Unterlassungserklärung habe der Verfügungskläger, eine völlig unbestimmte Unterlassung der Bearbeitung (§23 UrhG), Vervielfältigung (§16 UrhG) und öffentlichen Zugänglichmachung (§19a UrhG), des gesamten fotografischen Werkes des Verfügungsklägers verlangt. Zum einen sei für die Unterlassungsschuldnerin in keiner Weise ersichtlich gewesen, welche Werke mit „Bildmaterial des Unterlassungsgläubigers“ gemeint sein sollten. Zum anderen gehe diese Forderung enorm über die eigentlich abgemahnte Verwendung eines einzelnen Lichtbildes des Unterlassungsgläubigers hinaus. Insoweit sei die Abmahnung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG unwirksam. Der Hinweis des Verfügungsklägers in der Abmahnung, in versteckter Form und „höchst vorsorglich“ erklärt, sei nicht geeignet gewesen, die Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 97 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UrhG zu erfüllen. Eine außergerichtliche Kooperation sei überhaupt nicht möglich gewesen, da nicht klar geworden sei, auf welche Werke nun die Abmahnung gestützt sei, bzw. wie von dem einen genauer dargestellten Werk, auf ein dem Abgemahnten völlig unbekanntes Universalwerk des Fotografen habe geschlossen werden können.

    30
    Der nun durch den Verfügungsantrag konkretisierte Unterlassungsanspruch sei der Verfügungsbeklagten erstmalig in seiner korrekten Form zur Kenntnis gelangt. Auch auf Grund der nicht ordnungsgemäßen Abmahnung im Vorfeld der hiesigen einstweiligen Verfügung sei die beantragte Kostenentscheidung zu treffen. Da die Abmahnung unwirksam gewesen sei, habe durch diese auch kein rechtliches Gehör gewährt werden können, so dass die einstweilige Verfügung nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts, nicht ohne mündliche Verhandlung habe erlassen werden dürfen. Die Abmahnung sei mit dem Verfügungsantrag auch nicht identisch gewesen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt rechtliches Gehör hätte gewährt werden müssen.

    31
    Die Voraussetzungen für ein sofortiges Anerkenntnis lägen vor. Der Kostenwiderspruch sei bei der ersten dafür prozessual in Betracht kommenden Gelegenheit eingelegt worden.

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    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Die Entscheidung erfolgt gemäß § 128 Abs. 2, Abs. 3 ZPO im schriftlichen Verfahren. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der der mündlichen Verhandlung entspricht, und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, ist der 21.04.2022 bestimmt worden.

    33
    Entscheidungsgründe

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    Der Kostenwiderspruch der Verfügungsbeklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die einstweilige Verfügung vom 09.02.2022 ist im Kostenausspruch zu bestätigen.

    35
    1. Ist nur noch über die Kosten zu entscheiden, kann die Entscheidung nach § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine mündliche Verhandlung ist auch entbehrlich, wenn sich der Widerspruch nach Erlass einer einstweiligen Verfügung ‒ wie hier ‒ nur gegen die Kostenentscheidung richtet (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30.10.2006 - 6 W 181/06 -, GRUR-RR 2007, 62; KG, Beschluss vom 23.08.2007 - 1 W 50/07 -, GRUR-RR 2008, 143).

    36
    2. Die Kostenentscheidung gemäß dem Beschluss der Kammer vom 09.02.2022 wird bestätigt, weil der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens zu Recht auferlegt worden sind.

    37
    a) Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger nach § 93 ZPO die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

    38
    b) Wird der gegen eine einstweilige Verfügung erhobene Widerspruch auf die Kostenentscheidung beschränkt, wird hierdurch der Streitstoff des Widerspruchsverfahrens festgelegt und zugleich begrenzt (BGH Beschluss vom 15.08.2013 - I ZB 68/12 - m. w. N.). Die Berechtigung der einstweiligen Verfügung, die durch die Beschränkung des Widerspruchs anerkannt worden ist, kann nicht mehr überprüft werden (OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 14.04.2020 - 6 W 31/20 -; OLG Nürnberg Beschluss vom 21.03.2018 - 3 W 531/18 -; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 12 Rn. 274; jew. m.w. N.), Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist nur die Kostenentscheidung (OLG Köln, Beschluss vom 13.07.2016 - 6 W 71/16 -). Die Prüfung beschränkt sich auf die Voraussetzungen von § 93 ZPO, also darauf, ob der Verfügungsbeklagte durch sein Verhalten zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung Veranlassung gegeben und den Anspruch des Verfügungsklägers sofort anerkannt hat.

    39
    Der auf die Kostenentscheidung beschränkte Widerspruch hat die Wirkung eines prozessualen Anerkenntnisses mit der Folge, dass nur noch über die Kosten nach den Regelungen der §§ 91 ff. ZPO zu befinden ist. Eine Nachprüfung der vom Anerkenntnis erfassten verzichtbaren Prozessvoraussetzungen und der materiellen Voraussetzungen des Hauptausspruchs findet nicht mehr statt. Der Verfügungsbeklagte kann daher als in der Hauptsache unterlegene Partei der Kostenlast des § 91 ZPO nur entgehen, wenn die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO vorliegen.

    40
    c) Davon ausgehend hat die Verfügungsbeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Voraussetzungen für ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO liegen nicht vor.

    41
    Im Streitfall gab die Verfügungsbeklagte durch ihr Verhalten Veranlassung zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung, weil sie auf die Abmahnung vom 19.01.2022 hin keine Unterlassungserklärung abgab, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen (vgl. BGH Urt. v. 06.07.2021 - KZR 35/20 ‒ Porsche Tuning II).

    42
    aa) Soweit die Verfügungsbeklagte beanstandet, dass der Verfügungskläger die E-Mail der Verfügungsbeklagten vom 08.02.2022 dem Gericht bei Stellung des Verfügungsantrags nicht vorgelegt und auch nicht nachgereicht habe, greift sie durch die Rüge, dem Gericht sei nicht sämtliches Material, welches für die umfassend informierte Entscheidungsfindung Relevanz gehabt habe, vorgelegt worden, die Berechtigung der einstweiligen Verfügung selbst an. Indes ist nur die Kostenentscheidung Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Ihre gesetzliche Grundlage ist entweder § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO oder § 93 ZPO. Sie wird nicht durch vermeintlich missbräuchliches Verhalten einer Partei außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften beeinflusst. Das Vorbringen der Verfügungsbeklagten ist daher unerheblich.

    43
    bb) Dies gilt selbst in dem Fall, dass der Antragsteller sich im einstweiligen Verfügungsverfahren rechtsmissbräuchlich verhält und der Verfügungsantrag deshalb als unzulässig anzusehen ist (vgl. zur Unzulässigkeit: OLG München, GRUR-RS 2021, 24559, Rz. 3 ff.) und auf (Voll-)Widerspruch hin aufzuheben gewesen wäre. Die Beschränkung des Widerspruches auf die Kosten steht nach allgemeiner Meinung einem Anerkenntnis in der Hauptsache gleich. Das bedeutet, dass der Bestand der einstweiligen Verfügung nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann (OLG Hamburg, WRP 1996, 442). Daraus folgt, dass auch ein ‒ unterstellter ‒ Mangel der Zulässigkeit infolge Rechtsmissbrauches im Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung im Verfahren über den Kostenwiderspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der Bestand der einstweiligen Verfügung beruht wegen der Besonderheiten des Verfahrens auf dem Verfügungsgrunde gleichermaßen wie auf dem Verfügungsanspruch. Beide sind danach im Fall eines Kostenwiderspruches der Überprüfung entzogen.

    44
    Davon sind auch die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfasst. Die einstweilige Verfügung ist als solche bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft der einstweiligen Verfügung kann auch nicht durch die Hintertür des § 93 ZPO erneut ins Spiel gebracht werden. Insoweit zählen nur die in § 93 ZPO gekennzeichneten kostenrechtlichen Einwendungen. Auch in diesem Zusammenhang kann die Verfügungsbeklagte sich nicht darauf berufen, dass eine Veranlassung im Sinne des § 93 ZPO nicht hinsichtlich eines abweisungsreifen ‒ weil infolge unterstellten Rechtsmissbrauchs unzulässigen ‒ Verfügungsantrages bestanden habe.

    45
    cc) Das Verhalten des Verfügungsklägers kann unter Würdigung der Gesamtumstände zudem auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

    46
    (1) Jede Rechtsausübung ‒ auch im Zivilverfahren ‒ unterliegt dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (Nachweise bei BGH, NJW 2013, 1369 Rn. 9). Der das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Verfahrensrecht. Er verpflichtet die Parteien zu redlicher Prozessführung und verbietet den Missbrauch prozessualer Befugnisse. Ein Verstoß gegen § 242 BGB führt zur Unzulässigkeit der Ausübung prozessualer Befugnisse und ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH, WRP 2018, 1452 Rn. 37 - Prozessfinanzierer - mwN).

    47
    Ein Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen in einem Verfügungsverfahren kann darin gesehen werden, dass der Antragsteller gegenüber dem Gericht die Reaktion des Antragsgegners auf eine vorgerichtliche Abmahnung verschweigt. Die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet den Antragsteller zu vollständiger Erklärung über die tatsächlichen Umstände (BVerfG, WRP 2021, 461 Rn. 13 unter Verweis auf OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22. Februar 2019 - 1 W 9/19, BeckRS 2019, 12651 Rn. 10). Kann dem Antragsteller eine planmäßig gezielte Gehörsvereitelung zur Erschleichung eines Titels vorgeworfen werden, kann ein Verfügungsantrag als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen sein (BVerfG, WRP 2021, 461 Rn. 13 unter Verweis auf Senat, Urteil vom 8. Juni 2017 - 29 U 1210/17, WRP 2017, 1523). Entsprechendes kann auch in Betracht kommen, wenn eine vor Antragstellung lediglich vom Antragsgegner angekündigte außergerichtliche Stellungnahme dem Antragsteller erst nach Einreichung des Antrags zugeht, der Antragsteller diese dem Gericht aber gleichwohl nicht unaufgefordert zur Kenntnis bringt (vgl. OLG München, WRP 2019, 1375, 3. Leitsatz - Dringlichkeitsschädliche Sachbehandlung).

    48
    (2) Nach diesen Maßstäben wäre der Verfügungskläger verpflichtet gewesen, die E-Mail des Verfügungsbeklagten vom 08.02.2022 dem Gericht zur Kenntnis zu bringen. Gleichwohl verdient sein Verhalten in Ansehung der besonderen Umstände nicht das Verdikt des Rechtsmissbrauches. Der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers hat nach seinem insoweit unbestrittenen Bekunden von der erst um 00:00 Uhr versandten E-Mail des Verfügungsbeklagten nicht mehr rechtzeitig vor Stellung des Verfügungsantrages am 08.02.2022 um 09:45 Uhr Kenntnis erlangt. Für ein bewusstes Vorenthalten dieser Korrespondenz bei Antragstellung bestehen mithin keine Anhaltspunkte. Nachdem die vorgerichtliche Abmahnung von der Verfügungsbeklagten auch bereits in einem weiteren Video auf der Internetplattform Z vom 20.01.2022 thematisiert worden war und gleichwohl bis zur gesetzten Frist bis zum 28.01.2022 keine Reaktion erfolgte, musste der Verfügungskläger mit einer solchen vor Antragstellung auch nicht rechnen. Da die einstweilige Verfügung bereits am 09.02.2022 erlassen wurde, verblieb lediglich ein Tag, um dem Gericht die E-Mail vom 08.02.2022 vorzulegen. Angesichts dieser kurzen Zeitspanne ist nicht von einer planmäßig gezielten Gehörsvereitelung zur Erschleichung eines Titels auf Verfügungsklägerseite auszugehen. Gleichwohl hätte es dem Verfügungskläger oblegen, dem Gericht auch nach Erlass der einstweiligen Verfügung die Reaktion des Verfügungsbeklagten vorzulegen. Der Umstand, dass er dies auch nach Erlass der Beschlussverfügung unterließ, rechtfertigt allein indes nicht den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, zumal der Inhalt der persönlichen Reaktion des Verfügungsbeklagten der Annahme der Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung nicht entgegengestanden hätte.

    49
    dd) Die Verfügungsbeklagte kann auch nicht geltend machen, sie sei nicht ordnungsgemäß abgemahnt worden. Im Zeitpunkt der Abmahnung und jedenfalls bis zum Ablauf der gesetzten Abmahnfrist sowie darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sämtlich vor. Die Verfügungsbeklagte hat innert der gesetzten Frist bis zum 28.01.2022 auf die Abmahnung jedoch nicht reagiert.

    50
    (1) Die vorgerichtliche Abmahnung vom 19.01.2022 war insbesondere nicht gemäß § 97a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 2 Satz 3 UrhG unwirksam. Geht die geforderte Unterlassungserklärung in einem Aspekt über den materiell-rechtlich bestehenden Unterlassungsanspruch erheblich hinaus, ohne einen entsprechenden Hinweis zu enthalten, hat dies nach § 97 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UrhG die Unwirksamkeit der gesamten Abmahnung zur Folge und zwar auch dann, wenn in einer Abmahnung Ansprüche aus unterschiedlichen Streitgegenständen geltend gemacht werden. Eine Teilunwirksamkeit kommt nicht in Betracht (vgl. Specht-Riemenschneider, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Auflage 2022, § 97a, Rn. 5d). Eine unwirksame Abmahnung ist nicht geeignet, die Abmahnlast zu erfüllen, so dass eine Anwendung des § 93 ZPO möglich bleibt (J.B. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 12. Aufl. 2018, § 97a, Rn. 28 [zu § 97a UrhG a.F.]).

    51
    (2) Hier ist der Verfügungskläger der durch § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG statuierten Hinweispflicht auf das überschießende Unterlassungsbegehren aber hinreichend nachgekommen. Er hat in der Abmahnung explizit darauf hingewiesen, dass die beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung weitergehend sei als die gerügte Rechtsverletzung, da sämtliches von seiner Mandantschaft erstelltes Bildmaterial von der Unterlassungspflicht umfasst sei. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es der Verfügungsbeklagten freistehe, durch eine eigene, selbst formulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Eine weitergehende Konkretisierung sieht § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG („[…] anzugeben, ob die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht) ‒ anders als § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG a.F.: „[…] anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht“ ‒ nicht vor.

    52
    ee) Ein Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG wegen Abweichungen zwischen dem Unterlassungsbegehren aus der Abmahnung und dem Verfügungsantrag besteht entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht, da das mit dem Verfügungsantrag beantragte Verbot als „Minus“ bereits in dem außergerichtlichen Unterlassungsverlangen enthalten war (vgl. BVerfG, GRUR-RS 2020, 37381, Rn. 22).

    53
    Nach alldem hat die Verfügungsbeklagte Veranlassung für den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegeben. Für die Anwendung von § 93 ZPO bleibt kein Raum. Es bleibt bei der im Beschluss vom 09.02.2022 erfolgten Auferlegung der Verfahrenskosten gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

    54
    3. Die die weiteren Kosten des Verfahrens betreffende Entscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

    RechtsgebietKostenrechtVorschriften§§ 91 ff. ZPO