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  • 10.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239048

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 09.08.2023 – 5 UF 212/22

    In Volljährigenadoptionsverfahren ist es bei der Anwendung des § 42 Abs. 2 FamGKG angemessen, als Verfahrenswert grundsätzlich 5 % des Vermögens festzusetzen.


    Oberlandesgericht Karlsruhe 

    Beschluss vom 09.08.2023


    Tenor:

    1. Die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren tragen der Anzunehmende, die Anzunehmende und der Annehmende je zu einem Drittel. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
    2. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.750 € festgesetzt.
    3. Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung von Ziffer 3 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 22.09.2022 auf 30.750 € festgesetzt.

    Gründe

    1. Nach Rücknahme der Beschwerde ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 84, 81 FamFG zu entscheiden. Dabei entspricht es vorliegend billigem Ermessen, die Gerichtskosten den Beteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen und keine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

    2. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 40, 42 Abs. 2 FamGKG.

    a) Eine Adoptionssache ist eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, so dass, mangels einer speziellen Regelung für Adoptionssachen, der Verfahrenswert gemäß § 42 Abs. 2 FamGKG zu bestimmen ist. Danach ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500.000 €.

    Fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Bewertung, greift der Auffangwert nach § 42 Abs. 3 FamGKG ein (vgl. OLG Braunschweig FamRZ 2021, 1233, Rn. 9; siehe auch BGH vom 25.08.2021 - XII ZB 442/18, juris).

    b) Die Festsetzung des Verfahrenswertes in Adoptionssachen erfolgt in der Rechtsprechung uneinheitlich.

    aa) Im Falle einer Volljährigenadoption geht die Tendenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung dahin, den Wert aus der Festsetzung für die Notargebühren zu übernehmen. Dabei wird in der Regel ein Prozentsatz des Vermögens angesetzt. Es besteht aber weder Einigkeit, ob lediglich die Verhältnisse des Annehmenden oder die der Beteiligten berücksichtigt werden, noch über die Höhe des Prozentsatzes (meist zwischen 25 % und 50 %), gelegentlich wird zusätzlich das Einkommen berücksichtigt (vgl. OLG Braunschweig FamRZ 2021,1233, juris Rn. 11; OLG München FamRZ 2021, 1210, juris Rn. 50; der BGH - XII ZB 18/21, juris, hat für die nachfolgende Rechtsbeschwerde allerdings nicht den Wert des Oberlandesgerichts München von 300.000 €, sondern lediglich ohne Begründung 5.000 € festgesetzt; OLG Stuttgart NJW 2019, 1385, juris Rn. 62; OLG Bamberg vom 18.10.2011 - 2. UF 234/11, juris Rn. 28; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1937, juris Rn. 3).

    bb) Bei der Minderjährigenadoption (bei der nach dem aus Vorbemerkung 1.3.2 Absatz 1 Nr. 2 Anlage 1 FamGKG abzuleitendem Umkehrschluss keine Gerichtsgebühren erhoben werden, der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit jedoch auf Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen ist) sind die Bewertungskriterien ähnlich wie bei der Erwachsenenadoption. Je nach Lage des Einzelfalls wird aus sozialpolitischen Gründen das Vermögen jedoch mit etwas geringeren Prozentsätzen bewertet (vgl. BeckOK KostR/Schindler, 42. Edition 01.07.2023, § 42 FamGKG Rn. 21).

    cc) Für das gelegentlich parallel zum Adoptionsverfahren zu führende Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung eines anderen Beteiligten zur Adoption nach § 1748 BGB wird häufig ein Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit von 4.000 € festgesetzt (vgl. Senat vom 25.04.2023 - 5 UF 153/22, nicht veröffentlicht; OLG Hamburg vom 12.09.2019 - 2 UF 56/19, juris Rn. 5; Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders/Dahm, Familienrecht, 4. Auflage 2021, § 1748 Rn. 86). Gerichtsgebühren fallen hier gemäß Vorbemerkung 1.3.2 Absatz 2 Anlage 1 FamGKG auch für den Fall der Volljährigenadoption nicht an.

    dd) In Kindschaftssachen, in denen es auch um eine statusrechtliche Entscheidung für ein Kind geht, gilt gemäß § 45 FamGKG grundsätzlich ein Wert von 4.000 €.

    ee) Für die inhaltlich ebenfalls nahestehenden und statusbezogenen Abstammungssachen gilt gemäß § 47 FamGKG regelmäßig ein noch geringerer Wert (2.000 €).

    ff) In Ehesachen, in denen der Verfahrenswert gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG (wie bei der Volljährigenadoption) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen ist, ist bei den Senaten des Oberlandesgerichts Karlsruhe anerkannt, dass neben dem Einkommen das (um Freibeträge bereinigte) Vermögen mit einem Prozentsatz von 5 % anzusetzen ist (vgl. OLG Karlsruhe vom 16.09. 2013 - 5 WF 66/13 juris Rn. 17), andere Oberlandesgerichte setzen das Privatvermögen mit 10 % und ein ev. Betriebsvermögen mit 5 % fest (vgl. die Aufstellung bei Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, Anhang FamFG Verfahrenswerte, Rn. 1.12).

    c) Im Volljährigenadoptionsverfahren hält es der Senat bei der Anwendung von § 42 Abs. 2 FamGKG für angemessen, als Verfahrenswert grundsätzlich 5 % des Vermögens festzusetzen.

    Unter Berücksichtigung insbesondere der Kriterien Bedeutung der Sache (aa) und Vermögensverhältnisse (bb) entspricht dies billigem Ermessen.

    aa) Die Bedeutung der Sache, die ein wesentliches Kriterium für die Festsetzung des Verfahrenswertes gemäß § 42 FamGKG darstellt, rechtfertigt keinen höheren Prozentsatz als 5 %. In der Sache beschäftigt sich das Gericht bei der Volljährigenadoption mit nichtvermögensrechtlichen Aspekten. Etwaige wirtschaftliche Folgen der Adoption, die im Einzelfall durchaus eine erhebliche Rolle spielen können, sind für die Sachentscheidung nicht von Bedeutung. Vielmehr prüft das Gericht, inwieweit ein Näheverhältnis zwischen den Beteiligten entstanden ist, das dem von Eltern und ihren leiblichen Kindern gleicht. Die Frage der Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei den Kindschaftssachen zu prüfen. Für Kindschaftssachen sieht der Gesetzgeber einen Verfahrenswert in Höhe von 4.000 € als angemessen an (s.o), für die inhaltlich ebenfalls nahestehenden und statusbezogenen Abstammungssachen gilt gemäß § 47 FamGKG ein noch geringerer Wert, 2.000 €.

    bb) Ein höherer Prozentsatz ergibt sich auch nicht daraus, dass § 42 Abs. 2 FamGKG die Einkommens- und Vermögensverhältnisse als Kriterium für die Wertfestsetzung anführt. Der Gesetzgeber hat sich, indem er dieses Kriterium aufgenommen hat - wie bei den Ehesachen - von der sozialpolitischen Erwägung leiten lassen, dass vermögende Beteiligte mehr bezahlen sollen als nichtvermögende. Dementsprechend werden die Vermögensverhältnisse von der Rechtsprechung bei der Volljährigenadoption überwiegend durch Ansatz eines Prozentsatzes des Vermögens und nicht etwa durch die aufgrund der Adoption entstehenden konkreten Steuervorteile erfasst. In Ehesachen, die im Falle einer Scheidung die erbrechtliche Stellung wie bei der Volljährigenadoption verändern, sind die Vermögensverhältnisse mit dem Prozentsatz von 5 % zu bewerten. Die dortige Wertung ist auch für die Bewertung von Volljährigenadoptionen angemessen (vgl. Musielak/Borth/Frank/Frank, Familiengerichtliches Verfahren, 7. Auflage 2023, § 43 FamGKG Rn. 3 m.w.N.). Es ist nicht angemessen, die Volljährigenadoption gegenüber der Auflösung der in jeder Hinsicht weit engeren Verbindung zweier Ehegatten mit einem höheren Prozentsatz des Vermögens zu bewerten. Dies legt auch der nahezu identische Wortlaut von § 42 Abs. 2 FamGKG und § 43 Abs. 1 FamGKG nahe.

    d) Da im vorliegenden Fall Anhaltspunkte für zu erwartende Unterhaltspflichten nicht bestehen, werden die Einkommensverhältnisse der Beteiligten nicht herangezogen.

    e) Danach errechnet sich der Verfahrenswert wie folgt: Die Immobilie des Anzunehmenden, die im vorliegenden Fall das wesentliche Vermögen darstellt, wurde nach eigenem Vortrag auf einen Wert von 615.000 € geschätzt (II, 5). Dementsprechend ist der Verfahrenswert für beide Instanzen auf 30.750 € (5 % von 615.000 €) festzusetzen; hierauf wird gemäß § 55 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FamGKG auch die Wertfestsetzung des Amtsgerichts geändert.

    RechtsgebieteVerfahrenswert, VolljährigenadoptionVorschriften§ 42 Abs. 2 FamGKG