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  • 11.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239063

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 27.04.2023 – 6 W 6/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg 

    Beschluss vom 27.04.2023


    Tenor:

    1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss II. Instanz des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Rechtspfleger - vom 04.11.2022, Az.: 12 O 169/16, wird zurückgewiesen.

    2. Nach Teilantragsrücknahme wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Rechtspfleger - vom 04.11.2022, Az.: 12 O 169/16, zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Die von der Klägerin an die Beklagte zu 1) gemäß § 104 ZPO nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 07.12.2021 im Wege der Nachfestsetzung zu erstattenden Kosten werden auf

    404,10 €

    (vierhundertvier 10/100 EURO)

    nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 16.09.2022 festgesetzt.

    Der Klägerin hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

    Gründe

    Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der diese sich gegen die Nachfestsetzung von Umsatzsteuer auf die bereits mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.06.2022 festgesetzten Rechtsanwaltskosten für die zweite Instanz wendet, bleibt in der Sache ohne Erfolg.

    Zu Recht hat das Landgericht auf Antrag der Beklagten zu 1) eine Nachfestsetzung zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.06.2022 betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens vorgenommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Nachliquidation der Mehrwertsteuer die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht entgegen. Hat der Erstattungsberechtigte zunächst die Mehrwertsteuer nicht geltend gemacht und erklärt, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, so entscheidet das Erstgericht nicht über die Mehrwertsteuer. Es hat keinen Anlass darüber zu entscheiden, weil die Festsetzung nicht beantragt ist. In einem solchen Fall kann auch später noch Mehrwertsteuer verlangt werden, ohne dass die Rechtskraft des früheren Kostenfestsetzungsbeschlusses entgegensteht, da diese nur das umfassen kann, über das auch entschieden worden ist (OLG Hamburg, JurBüro 2010, 594; OLG Stuttgart NJW-RR 2009, 1004; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201).

    Die Beklagte zu 1) kann die Festsetzung von Umsatzsteuer in der mit Schriftsatz vom 29.03.2023 reduzierten Höhe, den der Senat als Antragsteilrücknahme wertet, auch verlangen. Gemäß Nr. 7008 VV RVG ist auf die Rechtsanwaltsgebühren grundsätzlich auch die Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen. Nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Ob vorliegend etwas anderes gilt, weil die Beklagte zu 1) zu ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung widersprüchliche Angaben gemacht hat - nachdem sie zunächst die Umsatzsteuer zur Festsetzung mit angemeldet hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 13.05.2022 erklärt, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, bevor sie mit dem vorliegenden Nachfestsetzungsantrag vom 16.09.2022 wiederum Umsatzsteuer geltend machte unter Hinweis darauf, sie sei nicht vorsteuerabzugsberechtigt - kann dahinstehen. Denn jedenfalls hat die Beklagte zu 1) zuletzt mit Vorlage eines Schreibens ihres Steuerberaters vom 24.03.2023 glaubhaft gemacht, dass sie zu 97,74 % zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Damit hat sie den Anforderungen des § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt.

    Entsprechend dieser Erklärung war die Umsatzsteuer auf die bereits festgesetzten Rechtsanwaltskosten zu 97,74 ‰ festzusetzen. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Steuerbefreit nach § 4 Nr. 12 lit. a sind unter anderem Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, wie sie die Beklagte zu 1) als Wohnungsunternehmen tätigt. Soweit sie teilweise auch umsatzsteuerpflichtige Geschäfte unternimmt, kann sie Vorsteuerabzug nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür diesen Tätigkeiten zuzurechnen sind. Bei der erforderlichen Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer steuerpflichtigen und einer nichtsteuerpflichtigen Tätigkeit dienen, kann der Unternehmer nach § 15 Abs. 4 UStG die jeweiligen Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln, sofern keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist (BFHE 250, 263 [BFH 15.04.2015 - V R 44/14] Rn.10 ff.; juris). Eine solche Schätzung hat die Beklagte zu 1) mit dem Schreiben ihres Steuerberaters vom 24.03.2023 vorgelegt, die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten.

    Im Ergebnis war zugunsten der Beklagten zu 1) für die bereits festgesetzten Rechtsanwaltskosten zweiter Instanz im Wege der Nachfestsetzung zusätzlich ein Umsatzsteuerbetrag i.H.v. 97,74 % der ursprünglich beantragten Summe von 413,44 €, mithin 404,10 € festzusetzen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

    RechtsgebietUmsatzsteuerVorschriften§ 104 Abs. 2 S. 3 ZPO