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  • 24.04.2024 · IWW-Abrufnummer 241165

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 27.02.2024 – III-5 AR 7/24

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Hamm

    Beschluss

    III-5 AR 7/24

    Strafsache
    xxx
    wegen Totschlages
    (hier: Antrag des Pflichtverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gern. § 51 RVG)

    Auf den Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt pp. aus pp.Bochum vom 14.12.2023 auf Festsetzung einer Pauschgebühr gern. § 51 Abs. 1 RVG für die Tätigkeit als Pflichtverteidiger der Verurteilten hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.02.2024 durch

    den Richter am Oberlandesgericht pp.
    als Einzelrichter gern. §§ 51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG

    nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltung des Oberlandesgerichts
    beschlossen:

    Der Antrag wird abgelehnt.

    Gründe:

    I.

    Der antragstellende Rechtsanwalt ist der Verurteilten am 01.11.2017 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

    Nach Teilaufhebung und Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof verurteilte das Landgericht Bochum am 25.09.2019 die Verurteilte wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Mit Beschluss vom 12.02.2020 verwarf der Bundesgerichtshof die gegen dieses Urteil gerichtete Revision.

    Mit Schriftsatz vom 14.12.2023, eingegangen beim Landgericht Bochum am selben Tag, hat der Antragsteller mit näherer Begründung beantragt, ihm eine Pauschvergütung gemäß § 51 RVG zu bewilligen, deren Höhe sich an den gesetzlichen Wahlverteidigerhöchstgebühren orientieren soll. Bei dem Oberlandesgericht ging der Antrag nach dem 15.01.2024 ein.

    Die Vertreterin der Staatskasse hat die Einrede der Verjährung erhoben.

    Der Antragsteller hat keine Gegenerklärung abgegeben.

    II.
    Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG war
    zurückzuweisen, da die von der Vertreterin der Staatskasse erhobene
    Verjährungseinrede (§ 214 BGB) durchgreift.

    1. Der Anspruch des Pflichtverteidigers auf Bewilligung einer Pauschgebühr verjährt nach allgemeiner Auffassung in entsprechender Anwendung des § 195 BGB in drei Jahren (Beschlüsse des erkennenden Senats vom 23.01.2020 - III 5 RVGs 71/19 und vom 14.07.2014 — III 5 RVGs 57/14; KG Berlin NStZ-RR 2015, 296; OLG Braunschweig NJW-RR 2019, 761; Gerold/Schmidt-Burhoff, 26. Aufl., 2023, § 51 RVG Rn. 52 m.w.N.). Die Verjährungsfristbeginnt hierbei entsprechend § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in dem Jahr, in welchem der Vergütungsanspruch fällig geworden ist und damit mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (OLG Braunschweig NJW-RR 2018, 761; KG Berlin NStZ-RR 2015, 296). Da das dem Vergütungsanspruch zugrundeliegende Verfahren mit der Verwerfung der Revision am 12.02.2020 rechtskräftig abgeschlossen wurde, endete die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2023.

    2. Die vorbezeichnete Verjährungsfrist ist durch den Pauschgebührenantrag des Antragstellers vom 14.12.2023 nicht rechtzeitig gehemmt worden. Die Verjährungsfrist wird ausschließlich durch den Eingang des Pauschgebührenantrags bei dem zur Entscheidung berufenen Oberlandesgericht gewahrt, während der Eingang des Antrags bei einem unzuständigen Gericht keinen Einfluss auf Lauf der Verjährung hat (OLG Braunschweig NJW-RR 2019, 761; Gerold/Schmidt- Burhoff, a.a.O., § 51 RVG Rn. 54). Vorliegend ging der Antrag erst am 15.01.2024 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist beim Oberlandesgericht Hamm ein.

    3. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Vertreterin der Staatskasse stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung im Sinne von § 242 BGB dar.

    a) Eine unzulässige Rechtsausübung ist nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Beck'scherOK-Henrich: Stand: 01.02.2023, § 214 BGB Rn. 9). Voraussetzung hierfür ist, dass der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten objektiv - sei es auch unabsichtlich - davon abgehalten hat, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre (BGH NJW-RR 2022, 740 Rn. 49 m.w.N.). Insofern ist ein strenger Maßstab anzulegen (BGH BeckRS 2018, 31360).

    b) Hiervon ausgehend kann vorliegend ein grober Treueverstoß nicht darin erblickt werden, dass das Landgericht Bochum den am 14.12.2023 eingegangenen Antrag nicht verjährungsfristwahrend bis zum 31.12.2023 an das Oberlandesgericht weitergeleitet hat. Da die Prüfung der Verjährungsfrist nicht zu den Aufgaben des Landgerichts gehört, käme ein grober Treueverstoß allenfalls dann in Betracht, wenn sich dem Landgericht die Eilbedürftigkeit der Weiterleitung hätte aufdrängen müssen und es gleichwohl die unverzügliche Weiterleitung des Antrags unterließ. Dies ist indes nicht der Fall. Im Pauschvergütungsantrag wird zum einen nicht auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen. Zum anderen lagen unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage. zwischen Antragseingang und Ablauf der Verjährungsfrist lediglich neun Arbeitstage. Dass in dieser Zeitspanne keine Weiterleitung an das Oberlandesgericht erfolgt, stellt jedenfalls bei mangelndem Hinweis auf die Eilbedürftigkeit keine grobe Treuwidrigkeit dar.

    RechtsgebieteVerjährungseinrede, StaatskasseVorschriften§ 51 RVG, § 242 BGB