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  • 30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242945

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 25.04.2024 – 17 W 8/24

    1. Der Gebührenstreitwert wegen des Auskunfts- und Überlassungsanspruchs wegen der Patientendokumentation gemäß § 630g BGB beträgt in der Regel bei bereits bezifferter Klage und ohne weitere Darlegung eines konkreten Auskunftsinteresses 500 €.

    2. Der Gebührenstreitwert wegen des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 DSGVO beträgt bei einem auf das Informationsbedürfnis gemäß Art. 16ff. DSGVO gestützten Anspruch ohne nähere Darlegung eines grundsätzlich möglichen exponierten weitergehenden Leistungsinteresses in der Regel 500 €. Eine Anwendung des § 52 GKG kommt nicht in Betracht.


    OLG Frankfurt 17 . Zivilsenat

    25.04.2024


    Tenor

    In der Beschwerdesache

    ...

    hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 17. Zivilsenat - auf die im eigenen Namen eingelegt Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau - 4. Zivilkammer - vom 27. Oktober 2023 durch die Richter ... gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 68, 63 GKG am 25. April 2024 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Das Verfahren ist gebührenfrei. Eine Erstattung der Kosten erfolgt nicht.

    Gründe

    I.

    Die Parteien haben sich vorliegend in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht verglichen. Das Landgericht hat den Gebührenstreitwert mit der angefochtenen Entscheidung auf 5.093,13 € festgesetzt.

    Mit der Klage hat die Klägerin materielle (Klageantrag zu 5) und immaterielle (Klageantrag zu 3) Schadensersatzansprüche geltend gemacht und darüber hinaus mit dem Klageantrag zu 4 beantragt, festzustellen, dass die Beklagten auch zukünftige Schäden zu ersetzen haben. Hintergrund war eine von der Klägerin behauptete fehlerhafte prothetische Versorgung ihres Unter- und Oberkiefers durch den Beklagten zu 2. Darüber hinaus hat die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 beantragt, ihr gemäß § 630g BGB Einsicht in die Behandlungsdokumentation zu gewähren und ihr Abschriften gegen Kostenerstattung zur Verfügung zu stellen sowie mit dem Klageantrag zu 2 die Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft nach Art. 15 DSGVO zu erteilen und ihr eine Kopie ihrer erfassten personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen mit der Begründung, ihrem Informationsinteresse gemäß Art. 16, 17 DSGVO zu genügen.

    In der Klageschrift hat die Klägerin u. a. die Klageanträge zu 1 mit 818,63 €, zu 2 mit 3.000,00 €, zu 3 mit (mindestens) 2.500,00 €, zu 4 mit 500,00 € und zu 5 (entsprechend der Bezifferung) mit 1.093.13 €, insgesamt mit 7.911,76 € angegeben.

    Die Zivilkammer hat im Zuge des Hinweises an die Parteien wegen des von ihr in Vorschlag gebrachten Vergleichs mitgeteilt, es gehe wegen der Klageanträge zu 1, 2 und 4 jeweils von einem Streitwert von 500,00 € aus. Aus dem sodann von dem Landgericht zugrunde gelegten Gebührenstreitwert hat es die letztlich auch in den Vergleich eingeflossene Kostenquote gebildet, ohne dass die Parteien dem im Vorfeld etwa entgegengetreten wären.

    Mit der Streitwertbeschwerde erstrebt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Wertfestsetzung nach Maßgabe seiner Bezifferung der einzelnen Klagen in der Klageschrift.

    Die Parteien haben im Rechtsmittelverfahren von der ihnen eingeräumten Möglichkeit der Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

    II.

    Die Streitwertbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht den Gebührenstreitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf höchstens 5.093,13 € festgesetzt.

    Der Beschwerde fehlt weder das Rechtschutzbedürfnis noch die Beschwer.

    Soweit sich aus dem Hinweis der Vorsitzenden der Zivilkammer in dem Schreiben an die Parteivertreter vom 29. Februar 2024 schon entnehmen ließe, die Parteien hätten (mit der Zivilkammer) Einvernehmen über die dann erfolgte Wertfestsetzung erzielt, wäre dies unmaßgeblich, weil die Festsetzung auch der Höhe des Gebührenstreitwerts gemäß § 63 GKG nicht etwa antragsgebunden ist, sondern von Amts wegen erfolgt und damit nicht der Disposition der Parteien unterliegt und für einen Rechtsmittelverzicht infolge des Untätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den Vergleichsvorschlag des Vordergerichts keine tragfähigen Anhaltspunkte bestehen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Mai 2013 - 17 W 15/13 - Rn. 12f., juris).

    Das Landgericht hat den Gebührenstreitwert mit Blick auf die hier beschwerderelevanten Klageanträge zu 1 und 2 zutreffend mit jeweils 500,00 € beziffert.

    In Bezug auf den Klageantrag zu 1 konnte sich die Klägerin auf einen originären Anspruch gemäß § 630g BGB berufen, der nicht nur der Vorbereitung der Klage dient (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2022 - VI ZR 1067/20 -, Rn. 14, juris). Vorliegend bemisst der Senat angesichts der bereits erhobenen und der mit der Klage behaupteten fehlerhaften prothetischen Versorgung den Gebührenstreitwert gemäß § 48 GKG auf 1/10 der Klageforderung (vgl. die Darstellung zur Spruchpraxis in dem Beschluss des Kammergerichts vom 12. April 2018 - 20 W 14/18 - Rn. 8f., juris). Diese beträgt 4.093,13 € (2.500,00 € + 500,00 € + 1.093,13 €). Ein etwa darüberhinausgehendes exponiertes Interesse hat die Klägerin nicht dargelegt und drängt sich für den Senat angesichts der beiden vorgerichtlichen Gutachten im Einigungsverfahren auch nicht auf. Angesichts des auch für das Beschwerdeverfahren geltenden Verschlechterungsverbots entsprechend § 528 ZPO unterliegt danach der von der Zivilkammer angenommene Gebührenstreitwert wegen des Klageantrags zu 1 keiner rechtsrelevanten Beanstandung.

    In Bezug auf den auf Art. 15 DSGVO gestützten Informationsanspruch, der mit dem Klageantrag zu 2 verfolgt wurde, hat das Landgericht den Gebührenstreitwert zutreffend mit Blick auf die vorliegend maßgebliche Anspruchsbegründung mit 500,00 € beziffert.

    Der Senat verkennt wegen der hier maßgeblichen Festsetzung nicht die erhebliche Streubreite bei der Bemessung des Wertes dieses Auskunftsanspruchs in praxi (vgl. nur Bienemann in Sydow/Marsch, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., 2022, Rn. 80, mwN).

    Maßgeblich für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts insoweit muss sein, ob mit dem Auskunftsanspruch bereits ein darüberhinausgehender Leistungsanspruch einhergeht, wobei der Auskunftsanspruch auch dann nur einen Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung bietet, der dem Leistungsanspruch innewohnt. Der Auskunftsanspruch wird in dieser Konstellation freilich in der Regel nicht deckungsgleich mit dem Leistungsanspruch sein, sondern nur einen Bruchteil desselben erfassen können (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 - 26 Ta (Kost) 6110/20, Rn. 6ff., juris). Darum geht es vorliegend freilich nicht. Die Klägerin erstrebt mit dem Klageantrag zu 2 die Erfüllung ihres Informationsinteresses und die Kontrolle der Datenverwendung. Dass damit schon die Vorbereitung einer weiteren Klage verbunden sein könnte, wird von der Klägerin nicht dargelegt und liegt angesichts des hier maßgeblich auf die fehlerhafte prothetische Versorgung des Unter- und Oberkiefers gestützte Klage auch nicht etwa schon nahe. Mit Blick darauf hält der Senat die Festsetzung des Gebührenstreitwerts wegen des Klageantrags zu 2 auf 500,00 € für angemessen, zumal es sich insoweit auch nicht um einen schwierigen Streitpunkt handelt (vgl. idS LArbG Berlin-Brandenburg, aaO, Rn. 8, mwN; Bienemann, aaO). § 52 Abs. 2 GKG findet vorliegend keine Anwendung, weil es sich nicht um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit handelt und zudem keine Regelungslücke für eine entsprechende Anwendung anzunehmen ist. Die aufgezeigten Bemessungskriterien bieten ausreichende Ansatzpunkte zur Bemessung des Gebührenstreitwerts für den Anspruch gemäß Art. 15 DSGVO.

    Für die Kostenentscheidung gilt § 68 Abs. 3 GKG.

    RechtsgebietDatenschutzVorschriften§ 52 GKG