30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242951
Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 12.03.2024 – 3 W 72/24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss vom 12.03.2024
Tenor:
- Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Mainz vom 20.01.2024 wird als unzulässig verworfen.
- Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I.
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Die Parteien streiten in einem beim Landgericht Mainz anhängigen Verfahren über Schadensersatz-, Auskunfts- und Unterlassungsansprüche wegen einer behaupteten Verletzung von Datenschutzrechten des Klägers durch die Beklagte, die eine Social-Media-Plattform betreibt.
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Mit dem angegriffenen Beschluss vom 20.01.2024 hat das Landgericht den Zuständigkeitsstreitwert auf 3.000,00 € festgesetzt. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner im eigenen Namen erhobenen Beschwerde und dem Antrag, den Streitwert auf mindestens 11.000,00 € heraufzusetzen.
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Das Landgericht hat mit Verfügung vom 02.02.2024 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht statthaft sein dürfte und, soweit sie als Gegenvorstellung verstanden werde, erfolglos bleibe, weshalb angefragt werde, ob sie aufrechterhalten bleibe. Nach der Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass die Beschwerde aufrechterhalten bleibe, hat das Landgericht mit Beschluss vom 20.02.2024 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im eigenen Namen gemäß §§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG erhobene Beschwerde ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen (1.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (2.).
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1. Die Beschwerde ist unstatthaft. Gemäß §§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG kann ein Rechtsanwalt aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die auch für die Anwaltsgebühren maßgebende Wertfestsetzung der Gerichtsgebühren einlegen. Voraussetzung des Beschwerderechtes ist damit, dass eine Wertfestsetzung der Gerichtsgebühren vorliegt.
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Das ist hier nicht der Fall.
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a) Das Landgericht hat ausdrücklich allein über den Zuständigkeitsstreitwert entschieden. Ein angerufenes Gericht kann, wie sich aus § 62 S. 1 GKG ergibt (BVerfG NJW 1993, 3130 [BVerfG 01.04.1993 - 2 BvR 818/92]), den Streitwert zum Zwecke der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit festsetzen. Das geschieht in der Regel in einem gesonderten Beschluss oder in Verbindung mit Entscheidungen nach §§ 280, 281, 506 ZPO. Die Beschwerdemöglichkeit nach §§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG ist jedoch allein gegen die Wertfestsetzung für die Gebühren eröffnet.
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b) Nicht eigenständig anfechtbar ist die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts (OLG München MDR 1988, 973 und MDR 1998, 1242; OLG Düsseldorf OLGR 1994, 275; OLGR Köln 1999, 322; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 942 [OLG Stuttgart 09.12.2004 - 5 W 62/04]; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 1222; OLG Karlsruhe BeckRS 2004, 09836).Dem Wortlaut der Vorschriften des GKG über das Erinnerungs- und Beschwerderecht (§§ 66 ff. GKG) ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber über § 62 GKG eine Anfechtung der Zuständigkeitswertfestsetzung ermöglichen wollte (OLG Köln BeckRS 2017, 141631 Rn. 5). Das ergibt sich außerdem auch daraus, dass die ZPO eine abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage nur in dem Verfahren nach § 280 ZPO vorsieht. Hielte man gleichwohl die gerichtliche Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts für vorab anfechtbar, würde § 280 ZPO ausgehöhlt (OLG Koblenz, a.a.O.). Es fehlt daher an einer beschwerdefähigen Entscheidung des Landgerichts.
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c) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Entscheidung über den Zuständigkeitsstreitwert auch für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebend ist, §§ 62 S. 1 GKG, 32 Abs. 1 RVG. Nach diesen Vorschriften ist der Streitwert, der in einer Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts festgesetzt worden ist, auch für die Berechnung der gerichtlichen Gebühren und der Anwaltsgebühren bestimmend (soweit die Wertvorschriften des GKG und des RVG nicht von den Wertvorschriften des Verfahrensrechts abweichen und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeiten dem des gerichtlichen Verfahrens entspricht).
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Das bedeutet zwar, dass durch die Festsetzung des Zuständigkeitswertes letztlich auch die Höhe der Anwaltsgebühren festgelegt wird, ohne dass dies für den Rechtsanwalt gesondert anfechtbar wäre. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist das jedoch hinzunehmen (Gerold/Schmidt/Mayer RVG § 32 Rn. 36). Die §§ 62 GKG, 32 RVG bezwecken einen Gleichlauf der Wertfestsetzungen für die Zuständigkeit, die Gerichts- und die Anwaltsgebühren (OLG Köln, Beschluss vom 21. Juni 1999 - 12 W 26/99 -, juris, Rn. 14; Binz/Dörndorfer/Zimmermann, § 62 GKG, Rn. 1). Gäbe man dem Anwalt ein Recht, die Festsetzung des Zuständigkeitswerts nur mit Wirkung für seinen Gebührenanspruch anzufechten, unterliefe das diese gesetzliche Regelung (Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 8. Auflage 2021 § 32 Rn. 63). Der Rechtsanwalt kann daher die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 RVG mit der Streitwertbeschwerde anfechten (OLG Hamm, Beschluss vom 17.01.2023 - I-7 W 3/23 -, juris; OLG Braunschweig, Beschluss vom 13.06.2022 - 4 W 16/22 -, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.12.2018 - 12 W 661/18 -, juris; OLG Bremen OLGR 2007, 386; OLG Frankfurt BeckRS 2006, 13196; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 942 [OLG Stuttgart 09.12.2004 - 5 W 62/04]; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 1222; a.A. Hartung/Schons/Enders/Enders, 3. Aufl. 2017, RVG § 32 Rn. 7).
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d) Eine Überprüfung der Auffassung des Landgerichts zur sachlichen Zuständigkeit kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers mithin nicht mit der isolierten Anfechtung des Streitwertbeschlusses über die Zuständigkeit erreichen. Schutzlos ist er dennoch nicht. Denn ihm steht frei, ob er - wie vom Landgericht mit Verfügung von 20.01.2024 angeregt - einen Verweisungsantrag stellt, oder ob er dies nicht tut und gegen eine zu erwartende Abweisung der Klage als unzulässig mit der Begründung Rechtsmittel einlegt, das Landgericht habe der Entscheidung einen zu niedrigen Streitwert zugrunde gelegt.
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2. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Regelung des § 68 Abs. 3 GKG greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift sind Beschwerdeverfahren, die sich gegen die Festsetzung des Streitwerts richten, gebührenfrei.Aus der Gesetzessystematik folgt jedoch, dass sich die Gebührenfreiheit nur auf die Verfahren bezieht, die in den vorangegangenen Absätzen des § 68 GKG genannt sind, und somit allein die hiernach statthaften Rechtsmittel umfasst (BGH NJW 2014, 1597 Rn. 4 entgegen OLG Koblenz, Beschluss vom 23.08.2012 - 5 W 466/12, NJOZ 2013, 605 und OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2012, 1022). Zudem sollen nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 830/03, 187) "sowohl das Verfahren über die (weitere) Beschwerde als auch das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einschließlich des insoweit eröffneten Beschwerdeverfahrens" gebührenfrei sein, womit der Gesetzgeber den Kreis der gebührenfreien Verfahren bestimmt hat. Außerdem soll § 68 Abs. 3 GKG ausdrücklich dem § 25 Abs. 4 GKG a.F. entsprechen, der durch die Rechtsprechung im Sinne einer fehlenden Gebührenbefreiung für unstatthafte Beschwerden ausgeformt war (BGH, Beschluss vom 22.02.1989 - IVb ZB 2/89, BeckRS 2011, 16069). Schließlich gebietet der Zweck der Gebührenbefreiung, Kostenverfahren zu beseitigen, die sich aus anderen Kostenverfahren ergeben (BT-Drs. 7/2016, 62), keine Gebührenbefreiung für unstatthafte Beschwerden (BGH NJW 2014, 1597 Rn. 4; BGH NJW 2003, 69).