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  • 30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242953

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 11.04.2024 – 2 W 31/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Kammergericht Berlin 

    Beschluss vom 11.04.2024


    Tenor:

    Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.217,85 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    1
    Die Klägerin und Beschwerdeführerin hat in I. Instanz einen Antrag auf Feststellung verfolgt, dass der Beklagten und Beschwerdegegnerin der mit der Rechnung Nr. ap2023-03 vom 06.03.2023 geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 235.032,73 € nicht zusteht.

    2
    Die Beklagte hat dieses Klagebegehren anerkannt, das Landgericht hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 93 ZPO auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat der Senat mit Beschluss des Einzelrichters vom 29.12.2023 die Kostenentscheidung des Landgerichts abgeändert und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

    3
    Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 21.02.2024 (Bl. 82 der Akte) die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit beantragt. Der Senat hat mit Schreiben vom 06.03.2024 ausgeführt, dass sich die Grundlagen der Wertfestsetzung hier aus der Akte ergeben und deswegen deren Darlegung durch den Antragsteller ausnahmsweise nicht erforderlich sei. Die Beklagte hat weder zum Festsetzungsantrag noch zu den gerichtlichen Ausführungen Stellung genommen.

    II.

    4
    Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist gemäß § 33 Abs. 1 RVG auf 15.217,85 € festzusetzen.

    5
    1. Der Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

    6
    a) Der Antrag ist statthaft, denn es fehlt an der Festsetzung eines für die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 32 Abs. 1 RVG maßgeblichen Wertes. Einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren bedurfte es hier nicht, denn in Beschwerdeverfahren nach § 99 ZPO fällt gemäß Ziffer 1810 KV GKG eine Festgebühr an.

    7
    b) Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.

    8
    aa) Der Senat ist für die Entscheidung zuständig. Zur Festsetzung ist nämlich das Gericht der Hauptsache desjenigen Rechtszuges zuständig, für den der Rechtsanwalt tätig geworden ist (vgl. Toussaint/Toussaint, 53. Aufl. 2023, RVG § 33 Rn. 20). Dies ist wiederum das Gericht, bei dem die Hauptsache in der Instanz, in der der Rechtsanwalt tätig geworden ist, anhängig ist oder zuletzt anhängig war (vgl. Riedel/Sußbauer RVG/Potthoff, 10. Aufl. 2015, RVG § 33 Rn. 24). Dies ist der Senat, denn hier war die sofortige Beschwerde nach § 99 ZPO anhängig und es wird die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit für das Beschwerdeverfahren beantragt.

    9
    bb) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist auch antragsberechtigt. Davon, dass dieser den Antrag aus eigenem Recht stellt, war schon aufgrund der Formulierung im Schriftsatz vom 21.02.2024 ("... beantragen wir ...") und des Fehlens der sonst üblichen Wendung "namens und in Vollmacht der Klägerin" auszugehen, dies ist aber auch durch den Schriftsatz vom 25.03.2024 (Bl. 93 der Akte) nunmehr klargestellt. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG ist auch der Rechtsanwalt selbst antragsberechtigt.

    10
    cc) Die Vergütung des Rechtsanwalts ist auch fällig im Sinne des § 8 RVG.

    11
    Aaa) Darauf kommt es an, denn der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist, § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG. Dabei ist auf die Fälligkeit der in der Vergütung enthaltenen Gebühren abzustellen, für die der Wert festgesetzt werden soll. Es genügt nicht, dass diese Gebühren entstanden sind, sie müssen fällig sein (vgl. Riedel/Sußbauer RVG/Potthoff, 10. Aufl. 2015, RVG § 33 Rn. 34; Toussaint/Toussaint, 53. Aufl. 2023, RVG § 33 Rn. 18).

    12
    Bbb) Die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung richtet sich nach § 8 Abs. 1 RVG. Danach tritt Fälligkeit ein, wenn der Auftrag erledigt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 RVG), die Angelegenheit beendet (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 RVG), eine Kostenentscheidung ergangen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 RVG), der Rechtszug beendet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 RVG) oder das Verfahren länger als drei Monate ruht (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 RVG).

    13
    Hier ergibt sich die Fälligkeit jedenfalls infolge der Kostenentscheidung in Ziffer 2.) des Beschlusses des Senats vom 29.12.2023, § 8 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 RVG.

    14
    Ccc) Der Antrag ist an keine Frist gebunden (vgl. nur BeckOK RVG/K. Sommerfeldt/M. Sommerfeldt, 63. Ed. 1.3.2024, RVG § 33 Rn. 5); ein bestimmter Gegenstandswert braucht nicht genannt zu werden (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, 26. Aufl. 2023, RVG § 33 Rn. 9), so dass es unschädlich ist, dass der Antragsteller hierzu keine Angaben gemacht hat.

    15
    2. Auf den zulässigen Antrag vom 21.02.2024 ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren auf 15.217,85 € festzusetzen.

    16
    a) Der Wert ist gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen und gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 RVG durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt.

    17
    Danach ist der Gegenstandswert hier nach der Kostenlast zu bemessen, von der die Klägerin durch ihre sofortige Beschwerde befreit werden wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 93/13 -, Rn. 22, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. April 2019 - 13 WF 47/19 -, Ls. und Rn. 2 - 3, juris; Schneider NZFam 2022, 370, beck-online; Schneider NZFam 2022, 181, beck-online).

    18
    b) Diese Kostenlast ergibt sich bei einem Streitwert der Hauptsache von 235.032,73 € mit 15.217,85 €.

    19
    aa) Der Streitwert der negativen Feststellungsklage ist wegen der vernichtenden Wirkung eines obsiegenden Urteils so hoch zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. August 2011 - III ZR 32/11 -, Rn. 6, juris; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 3 ZPO, Rn. 16_76), so dass die Kostenlast hier nach einem Streitwert von 235.032,73 € mit 15.217,85 € zu ermitteln war:

    20

    1,3 Verfahrensgebühr    3.227,90
    abzüglich 0,65 Geschäftsgebühr    1.613,95
    verbleibende Verfahrensgebühr    1.613,95
    Post- und Telekommunikationspauschale    20,00
    1,2 Terminsgebühr    2.979,60
    1,3 Verfahrensgebühr    3.227,90
    Post- und Telekommunikationspauschale    20,00
    1,2 Terminsgebühr    2.979,60
    19 % Umsatzsteuer    2.059,80
    Summe Anwaltskosten    12.900,85
    1,0 Gerichtsgebühr    2.317,00
    Gesamtsumme    15.217,85

    21
    bb) Aus dem Streitwert von 235.032,73 € ist in I. Instanz eine 1,3-Verfahrensgebühr von 3.227,90 € angefallen, auf die eine 0,65-Geschäftsgebühr, mithin 1.613,95 € anzurechnen war. Der verbleibenden Verfahrensgebühr von 1.613,95 € waren 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale hinzuzusetzen.

    22
    cc) Hinzu kam eine 1,2-Terminsgebühr, denn auch beim Erlass eines Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung - wie hier - fällt gemäß Nr. 3104 Ziff. 1 VV RVG die Terminsgebühr an (vgl. MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 307 Rn. 29; Musielak/Voit/Musielak, 20. Aufl. 2023, ZPO § 307 Rn. 20; BeckOK ZPO/Elzer, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 307 Rn. 71; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 307 ZPO, Rn. 14; Rensen in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 307 ZPO, Rn. 51; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl. 2023, RVG VV 3103 Rn. 64). Daraus ergaben sich weitere 2.979,60 €.

    23
    dd) Weiter zu berücksichtigen waren die der Klägerin auferlegten Kosten der Gegenseite, hier eine 1,3-Verfahrensgebühr von 3.227,90 € nebst 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale sowie eine 1,2-Terminsgebühr von 2.979,60 €.

    24
    ee) Auf die vorgenannten Gebühren und Post- und Telekommunikationspauschalen fielen jeweils 19 % Umsatzsteuer an, so dass sich die Summe der Anwaltskosten mit 12.900,85 € ergab.

    25
    ff) Zuletzt war noch eine gerichtliche 1,0-Verfahrensgebühr von 2.317,00 € zu berücksichtigen. Die Gerichtsgebühren waren hier auf die 1,0-Verfahrensgebühr reduziert, weil das Verfahren in I. Instanz durch Anerkenntnisurteil insgesamt beendet worden ist (Ziffer 1211 KV GKG). Für diese Gebührenreduktion ist es unerheblich, dass das Landgericht noch über die Kosten entscheiden musste, nachdem die Beklagte sich gegen die Kostenlast verwahrt hatte. Dies ist allerdings in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.

    26
    Aaa) Nach einer Ansicht kommt es in einem solchen Fall nicht zur Reduzierung der Gerichtsgebühren (vgl. OLG München, Beschluss vom 29. November 2022 - 11 W 642/22 -, Rn. 19 m.w.N., juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 4. Mai 2005 - 8 W 91/05 -, Rn. 3, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2001 - 6 W 116/00 -, Rn. 8, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 3. November 1999 - 8 W 337/99 -, Rn. 7, juris; BeckOK KostR/Dörndorfer, 44. Ed. 1.1.2024, GKG KV 1211 Rn. 43 m.w.N.; Binz/Dörndorfer/Zimmermann/Zimmermann, 5. Aufl. 2021, GKG KV 1211 Rn. 24 m.w.N.; Meyer, GKG FamGKG, 17. Auflage 2020, KV 1211 Rn. 36; Rensen in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 307 ZPO, Rn. 48; Musielak/Voit/Musielak, 20. Aufl. 2023, ZPO § 307 Rn. 21; Saenger, Zivilprozessordnung, 10. Auflage 2023, § 307 Rn. 16; Herget MDR 1995, 1097).

    27
    Bbb) Nach der wohl überwiegenden Ansicht reduzieren sich dagegen die Gerichtsgebühren auch dann, wenn das Gericht nach einem Anerkenntnis noch über die Kosten zu entscheiden hat (vgl. KG, Beschluss vom 30. November 2020 - 5 W 1120/20 -, Rn. 36, juris; KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 5ff., juris; KG, Beschluss vom 16. Juli 2020 - 19 W 8/20 -, Rn. 14ff., juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 29. März 2011 - 14 W 182/11 -, Rn. 3, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 8 W 34/09 -, Rn. 8ff, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 23. Februar 2007 - 8 W 99/06 -, Rn. 7, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 30. November 2006 - 23 W 222/06 -, Rn. 2, juris zu LG Münster, Beschluss vom 13. September 2006 - 14 O 143/06 -, Rn. 3, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. November 2002 - 3 W 3373/02 -, Rn. 2, juris; OLG Köln, Beschluss vom 30. Januar 2002 - 4 WF 11/02 -, Rn. 4, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 6. September 2001 - 3 W 1117/01 -, Rn. 5, juris; OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 1997 - 11 W 2624/97 -, Rn. 5, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. Januar 1997 - 13 W 4/97 -, Rn. 4, juris; Toussaint/Toussaint, 53. Aufl. 2023, GKG KV 1211 Rn. 20; Hartmann in: Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lieferung, 11/2022, Anlage 1 GKG 2004, Rn. 13;; Schneider in Hellstab/Schneider/Otto, GKG FamGKG, 145/August 2022, Nr. 1211 KV GKG Rn. 9; Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, Teil 1: Gerichtskostengesetz (GKG) Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2) Kostenverzeichnis Teil 1 Hauptabschnitt 2 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 KV GKG Nr.1211 Rn. 57, beck-online; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 93 Rn. 7; § 307 ZPO, Rn. 14; MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 313b Rn. 10; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Auflage 2018, § 307 Rn. 55; Musielak/Voit/Flockenhaus, 20. Aufl. 2023, ZPO § 93 Rn. 37; BeckOK ZPO/Jaspersen, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 93 Rn. 116; BeckOK ZPO/Elzer, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 307 Rn. 70; BeckOK ZPO/Elzer, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 313b Rn. 34, 35; Thole in Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Auflage 2023, § 307 Rn. 16; Seggewiße MDR 2018, 511; Seutemann MDR 1995, 1096; ders. MDR 1996, 555, 556).

    28
    Ccc) Der Einzelrichter des Senats folgt der zuletzt genannten Ansicht und dabei nach eigener Prüfung der ausführlichen und überzeugenden Begründung des 5. Zivilsenats des Kammergerichts (KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 5ff., juris).

    29
    (1) Soweit in Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG auf das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen abgestellt wird, bezieht sich dies allein auf Urteile nach § 313a Abs. 2 ZPO. Ein Entfallen von Tatbestand und Entscheidungsgründen im Falle eines Anerkenntnisses wird aber nicht in § 313a ZPO geregelt, sondern in § 313b ZPO, so dass der Wortlaut keinen Anhalt dafür gibt, dass die Gebührenermäßigung nur für Anerkenntnisurteile gelten soll, die keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten (vgl. KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 8, juris). Dagegen spricht ohnehin, dass nach der ausdrücklichen Regelung in Ziffer 1211 Nr. 2 KV GKG die Gebührenermäßigung auch bei Urteilen gilt, die gemäß § 313a Abs. 4 Nr. 5 ZPO zu begründen sind. Letzteres spricht auch deutlich dagegen, dass der Gesetzgeber die Gebührenermäßigung nur für solche Entscheidungen vorsehen wollte, die keiner Begründung bedürfen; Ziffer 1211 Nr. 2 Halbsatz 2 KV GKG regelt schließlich das Gegenteil, die Geltung der Gebührenermäßigung auch dann, wenn eine Begründung erforderlich ist.

    30
    (2) Auch das Argument, bei einem Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast werde nicht das gesamte Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet, greift nicht durch. Ein Anerkenntnisurteil beendet das gesamte Verfahren unabhängig davon, ob es inhaltlich auch über einen streitigen Kostenantrag befindet (vgl. KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 10, juris).

    31
    (3) Ferner spricht gegen den Ausschluss einer Gebührenermäßigung im Falle eines Anerkenntnisses mit streitigen Kostenanträgen, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des GKG zum 01.07.2004 durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in der neu eingefügten dritten Variante das kostenrechtliche Problem von Urteilen mit und ohne Tatbestand und Entscheidungsgründen erkannt und allein für Urteile nach § 313a ZPO differenziert geregelt hat, ohne diese Differenzierung auch für Anerkenntnisurteile (dann § 313b ZPO) zu regeln. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber 2004 den vorherigen Ermäßigungstatbestand "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" unverändert übernommen hat, obwohl bereits damals eine verbreitete Auffassung die Ermäßigung auch dann eingreifen ließ, wenn das Anerkenntnis mit streitigen Kostenanträgen verbunden war (vgl. KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 11, juris).

    32
    (4) Der Zweck der Gebührenvorschrift der Ziffer 1211 KV GKG, mit einer Gebührenermäßigung einem verminderten gerichtlichen Aufwand in der Entscheidungsfindung Rechnung zu tragen, gebietet im Falle eines Anerkenntnisses bei streitigen Kostenanträgen keine Ausnahme. Es ist Sache des Gesetzgebers und unterliegt seinem Beurteilungsspielraum, ob er typisierend den gerichtlichen Arbeitsaufwand bei einem Anerkenntnisurteil mit widerstreitenden Kostenanträgen für so gering hält, dass er dafür eine Gebührenermäßigung vorsieht oder ob er davon absieht (vgl. KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 13, juris).

    33
    (5) Auch die zuletzt vom OLG München gegen die Gebührenermäßigung ins Feld geführten Argumente (OLG München, Beschluss vom 29. November 2022 - 11 W 642/22 -, Rn. 24f., juris) überzeugen nicht. Selbst wenn es sich mit dem OLG München um eine systemwidrige Ausnahme handelte, so ist es nicht Sache der Gerichte eine solche als systemwidrig empfundene Regelung zu ändern oder zu ignorieren, dies ist allein Sache des Gesetzgebers (vgl. auch Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 307 ZPO, Rn. 14).

    34
    Dass die Änderung der Ziffer 1211 Nr. 4 KV GKG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004 kein Umstand sei, der für die Gebührenermäßigung spreche (OLG München, Beschluss vom 29. November 2022 - 11 W 642/22 -, Rn. 25, juris), überzeugt nicht. Der Gesetzgeber hat mit dieser Änderung des GKG in Ziffer 1211 Nr. 1 (Klagerücknahme) und in Ziffer 1211 Nr. 4 (Erledigungserklärungen) Ergänzungen eingefügt, wonach eine Gebührenermäßigung voraussetzt, dass keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Eine solche Ergänzung hat der Gesetzgeber für den Fall des Anerkenntnisurteils jedoch unterlassen, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er gleichwohl auch dort eine Einschränkung gewollt habe (vgl. hierzu auch KG, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 5 W 1092/20 -, Rn. 21, juris)

    35
    3. Über den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit entscheidet der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 RVG.

    36
    Das Verfahren war nicht gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zu übertragen. Die Sache weist nämlich weder besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf noch hat die Sache grundsätzliche Bedeutung.

    37
    In tatsächlicher Hinsicht ist der zu Grunde zu legende Sachverhalt geklärt und ergibt sich aus der Akte. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen hier nicht vor. Soweit die Ermäßigung der Gerichtsgebühren umstritten ist für den Fall, dass bei einem Anerkenntnis noch über die Kosten entschieden werden muss, sind die jeweiligen Argumente in Rechtsprechung und Schrifttum eingehend erörtert worden.

    38
    Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Juni 2020 - VIII ZR 315/19 -, Rn. 9, juris; BGH, Beschlüsse vom 27. März 2003 - V ZR 291/92, BGHZ 154, 288, 291; vom 2. Juli 2019 - VIII ZR 74/18, NJW-RR 2019, 1202 Rn. 10; jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, Rn. 19 m.w.N., juris).

    39
    Hier kommt es zwar für die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit auf die umstrittene und höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage der Gebührenreduzierung bei einem Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast an, weil die gesamte Kostenlast ohne Gebührenermäßigung 19.851,85 € beträgt statt 15.217,85 € im Falle der Gebührenermäßigung, was einen Sprung über zwei Gebührenstufen nach Anlage 2 (zu § 34 Absatz 1 Satz 3) zum GKG ausmacht.

    40
    Die Frage ist aber nicht klärungsfähig. Klärungsfähigkeit bedeutet nämlich auch, dass die Klärung zu erwarten sein muss (vgl. BFH, Beschluss vom 29. Mai 1995 - X B 281-284/93 -, Rn. 5, juris; Prütting/Winter in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 543 ZPO, Rn. 13) und dass die aufgeworfene Frage im konkreten Fall klärungsfähig sein muss (vgl. Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 543 ZPO, Rn. 7). Daran fehlt es aber, wenn ein Rechtsmittel überhaupt nicht statthaft ist (vgl. für die Revision Prütting/Winter in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 543 ZPO, Rn. 14). Das leuchtet auch ein. Fehlt es schon an einem statthaften Rechtsmittel, kann es auch nicht zu einer Klärung der konkreten Streitfrage im konkreten Fall kommen. So liegt es hier. In Betracht käme hier nur eine Beschwerde (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG), Beschwerdegericht wäre grundsätzlich das nächsthöhere Gericht (§ 33 Abs. 4 Satz 2 RVG), hier also der Bundesgerichtshof. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet jedoch nach der ausdrücklichen Regelung in § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht statt. Sie kann daher auch nicht zugelassen werden. Selbst bei rechtsirriger Zulassung bleibt die Entscheidung unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - III ZB 17/16 -, Rn. 2, juris), so dass auch dann eine Klärung nicht herbeigeführt werden könnte.

    41
    4. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 33 Abs. 9 Satz 1 RVG); Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 Halbsatz 1 RVG).

    RechtsgebieteAnerkenntnisurteil, KostenrechtVorschriftenNr. 1211 Nr. 2 Alt. 1 KV-GKG; § 313a Abs. 2 ZPO; § 313b ZPO