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  • 06.08.2024 · IWW-Abrufnummer 243084

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 15.04.2024 – 12 W 649/23

    Der Ausschluss der Kostenerstattung nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gerät nicht dadurch in Wegfall, dass der Rechtstreit von einem Arbeitsgericht an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen wird. Die für die anwaltliche Vertretung der obsiegenden Partei (nur) vor dem Arbeitsgericht angefallenen Kosten sind deshalb nicht erstattungsfähig. Eine Kostenerstattung erfolgt jedoch dann, wenn die Kosten für die anwaltliche Vertretung der obsiegenden Partei in dem späteren Verfahren nach der Verweisung vor dem zuständigen ordentlichen Gericht (erneut) angefallen sind.


    Oberlandesgericht Dresden 

    Beschluss vom 15.04.2024


    Tenor:

    1.
    Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Dresden vom 14.09.2023, Az.: 11 O 2047/22, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die von dem Kläger an die Beklagte aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Landgerichts Dresden vom 16.12.2022 zu erstattenden Kosten werden auf 1.193,60 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2023 festgesetzt.

    Im Übrigen wird der Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung vom 17.01.2023 zurückgewiesen.

    2.
    Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

    3.
    Eine gerichtliche Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger 30 % und die Beklagte 70 % zu tragen.

    Gründe

    I.

    Die sofortige Beschwerde des Klägers hat überwiegend Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet. Sie führt zur teilweisen Abänderung und Neufassung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 14.09.2023 sowie in diesem Umfang zur Zurückweisung des diesbezüglichen Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.01.2023.

    1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

    Sie ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft und wurde nach § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.

    Auch der Beschwerdewert ist erreicht. Aufgrund der vollumfänglichen Beschwerdeeinlegung ist auf den gesamten Betrag der nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.09.2023 seitens des Klägers an die Beklagte aufgrund des Beschlusses des Landgerichts vom 16.12.2022 zu erstattenden Kosten abzustellen. Dieser Betrag in Höhe von 4.085,72 EUR übersteigt vorliegend den nach § 567 Abs. 2 ZPO erforderlichen Beschwerdewert von 200,00 EUR deutlich.

    2. Die sofortige Beschwerde ist auch überwiegend begründet.

    Dem Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung ist stattzugeben, soweit sie eine Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale geltend macht. Demgegenüber ist der Antrag betreffend die Terminsgebühr nebst des Abwesenheitsgeldes und der Fahrtkosten zurückzuweisen. Dementsprechend ist der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 14.09.2023 teilweise abzuändern.

    Zur Begründung der sofortigen Beschwerde macht der Kläger - unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens - geltend, dass zum Zeitpunkt des Anfalls der geltend gemachten Kosten anlässlich des Gütetermins vor dem Arbeitsgericht Dresden am 26.08.2022 das landgerichtliche Verfahren noch gar nicht anhängig gewesen sei. Weitere als die dort verwirklichten Kosten seien nicht entstanden. Diese der Beklagten vor dem Arbeitsgericht entstandenen Gebühren und Auslagen würden nach Verweisung des Rechtsstreites an das Landgericht nicht nachträglich erstattungsfähig. Dem stehe die arbeitsgerichtliche Kostenprivilegierung des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Diese werde durch eine Verweisung in die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht rückwirkend aufgehoben, was sich aus dem Umkehrschluss aus § 12a Abs. 1 Satz 3 ArbGG ergebe. Darüber hinaus sei seine Erledigungserklärung bereits am 18.11.2022 und damit noch vor der Abgabenachricht des Landgerichts an die hiesigen Parteien mit Schreiben vom 21.11.2022 erfolgt. Von daher habe es einen zu entschädigenden Aufwand in Form von prozessualen oder sonstigen Tätigkeiten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten im landgerichtlichen Verfahren offensichtlich nicht gegeben. Der Kläger ist daher der Auffassung, dass der Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vollständig abzulehnen sei.

    Das Landgericht hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.09.2023 und in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 27.09.2023 hierzu darauf verwiesen, dass für die Prozessbevollmächtigten der Beklagten im arbeitsgerichtlichen Verfahren sowohl die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG als auch die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG spätestens mit der Terminswahrnehmung am 26.08.2022 vor dem Arbeitsgericht Dresden entstanden seien. Da das arbeitsgerichtliche und landgerichtliche Verfahren als einheitliche Angelegenheit zu betrachten sei, komme es nicht darauf an, ob die Prozessbevollmächtigten der Beklagten in beiden Verfahren tätig geworden seien. Damit gehe einher, dass die im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Kostenerstattung nicht auf das landgerichtliche Verfahren durchgreife, sondern vielmehr die Kostengrundentscheidung in Gestalt des Beschlusses vom 16.12.2022 Wirkung entfalte.

    Diese Ausführungen des Landgerichts halten einer Nachprüfung zumindest teilweise nicht stand.

    a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die im Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.01.2023 geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG) nicht festzusetzen. Dies ergibt sich aus der arbeitsgerichtlichen Kostenprivilegierung des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG und deren Fortgeltung trotz der zwischenzeitlichen Verweisung des Rechtstreits vom Arbeitsgericht an das Landgericht. Da die Verfahrensgebühr, vgl. Nr. 3100 VV RVG, im Verfahren vor dem Landgericht nach der Verweisung erneut entstanden ist, ist diese trotz der vorgenannten Kostenprivilegierung erstattungsfähig, allerdings nur mit einem Gebührensatz von 0,8 nach Nr. 3101 VV RVG.

    aa) Im Ausgangspunkt handelt es sich gemäß § 20 Satz 1 RVG bei dem arbeitsgerichtlichen Verfahren und dem sich nach Verweisung angeschlossenen landgerichtlichen Verfahren um einen Rechtszug, sodass dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG vorliegt und der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal beanspruchen kann (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 26. Aufl., § 20 Rn. 5).

    Im Kostenfestsetzungsverfahren haben sowohl der Rechtspfleger, dem dieses Verfahren erstinstanzlich übertragen ist, als auch nachfolgend das Beschwerdegericht die Kostengrundentscheidung im Hauptsacheverfahren zwingend als zutreffend zugrunde zu legen. Sie ist im Kostenfestsetzungsverfahren unkorrigierbar bindend. Daher ist nicht überprüfbar, ob dem Gericht Verfahrensfehler unterlaufen sind. Auch kann der Kostenschuldner im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr mit Einwendungen gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der Kostengrundentscheidung gehört werden (BGH, Beschluss vom 09.02.2006 - VII ZB 59/05, Rn. 14; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27.05.2020 - 13 WF 59/20, juris Rn. 8, 10; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 104 Rn. 21.25).

    Die Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schränkt den Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei gegen die unterliegende Partei insoweit ein, als eine Kostenerstattung wegen Zeitversäumnis und für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes für die erste Instanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens nicht stattfindet. Dieser Ausschluss der Erstattungsfähigkeit gerät nicht dadurch in Wegfall, dass der Rechtsstreit - wie vorliegend - von einem Arbeitsgericht an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen wird. Die für die anwaltliche Vertretung der obsiegenden Partei (nur) vor dem Arbeitsgericht angefallenen Kosten sind deshalb nicht erstattungsfähig. Eine Kostenerstattung erfolgt jedoch dann, wenn die Kosten für die anwaltliche Vertretung der obsiegenden Partei in dem späteren Verfahren nach der Verweisung vor dem zuständigen ordentlichen Gericht (erneut) angefallen sind, also der Gebührentatbestand dort (erneut) verwirklicht worden ist (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.03.2000 - 8 W 246/99, juris Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.12.1989 - 13 W 209/89, juris Orientierungssatz; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rn. 13.109; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Pakirnus, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 12a ArbGG Rn. 10; NK-ArbR/Müller, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 12a ArbGG Rn. 18; Germelmann/Matthes/Prütting/Künzl, ArbGG, 10. Aufl., § 12a Rn. 20).

    Dabei hindert § 20 Satz 1 RVG nur den Rechtsanwalt, im Innenverhältnis zu seinem Mandanten eine sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem ordentlichen Gericht entstandene Gebühr doppelt abzurechnen. Die Vorschrift steht aber einer Erstattung der beim ordentlichen Gericht erneut angefallen Gebühren im Verhältnis der Parteien untereinander nicht entgegen (Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 20 Rn. 13; Mayer/Kroiß/Kroiß, RVG, 8. Aufl., § 20 Rn. 37 Hartung/Schons/Enders/Enders, RVG, 3. Aufl., § 20 Rn. 16; Hansens, RVGreport, 2016, 190, 192).

    bb) Der vorgenannten Auffassung zur Wirkung des § 12a Abs. 1 Satz 1 RVG im Falle der Verweisung von einem Arbeitsgericht an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die - soweit ersichtlich - weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur in Zweifel gezogen wird, schließt sich der Senat an. Die vorgenommene Differenzierung ist sachgerecht. Dadurch bleibt die arbeitsgerichtliche Kostenprivilegierung gleichfalls nach einer Verweisung in die ordentliche Gerichtsbarkeit erhalten. Sie steht ebenso mit der Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 3 ArbGG, die den umgekehrten Fall regelt, im Einklang. Auch die von der Beklagten dargestellte Gefahr, dass Klagen rechtsmissbräuchlich von einem Kläger mit dem Ziel der Verfahrenskostenersparnis vor dem Arbeitsgericht erhoben werden, um die Kostenfolge des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG zu erreichen und damit der Kostentragungspflicht des § 91 Abs. 1 ZPO zu entgehen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Wenn - anders als im zu beurteilenden Fall - sogleich nach Klageeinreichung eine Verweisung von einem Arbeitsgericht an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit erfolgt, dürften dort im Regelfall sämtliche Kosten (erneut) entstehen und im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden.

    cc) Gemessen an den vorgenannten Maßstäben kann die Beklagte vom Kläger die Erstattung einer Verfahrensgebühr verlangen, allerdings nur mit einem Gebührensatz von 0,8. Demgegenüber ist die geltend gemachte Terminsgebühr nicht erstattungsfähig.

    (1) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für den Anfall der geltend gemachten Verfahrensgebühr erfüllt. Diese Verfahrensgebühr ist aber nicht mit einem Gebührensatz von 1,3 nach Nr. 3100 VV RVG, sondern nur mit einem Gebührensatz von 0,8 nach Nr. 3101 VV RVG erstattungsfähig.

    (a) Der Tatbestand der Verfahrensgebühr hat sich nach der erfolgten Verweisung an das Landgericht während des dortigen Verfahrens (erneut) verwirklicht.

    Im zu beurteilenden Fall wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 10.11.2022 die Verfahrensakte vom Arbeitsgericht Dresden an das Landgericht Dresden abgegeben. Mit dortigen Verfügungen vom 21.11.2022 wurde das Verfahren übernommen und dies den Parteien mitgeteilt. Der Kläger hatte bereits zuvor mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.11.2022, eingegangen beim Landgericht am gleichen Tage, den an das Landgericht verwiesenen Teil des Rechtsstreits für erledigt erklärt. Sodann hat das Landgericht mit weiterer gerichtlicher Verfügung vom 21.11.2022 die Beklagte auf die Erledigungserklärung und die damit verbundenen Folgen hingewiesen, vgl. § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO. Hierauf hat die Beklagte nicht erwidert, abgesehen vom Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.12.2022, mit dem diese mitgeteilt haben, den Schriftsatz vom 18.11.2022 am 29.11.2022 erhalten zu haben. Das Landgericht hat sodann mit Beschluss vom 16.12.2022 über die Kosten des Rechtsstreits und den Streitwert entschieden.

    (aa) Gemäß Vorb. 3 Abs. 2 VV RVG entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Sie entsteht, wenn auch zunächst gemäß Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG nur in Höhe einer 0,8 Gebühr, sobald der Rechtsanwalt von einer Partei zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt wird und eine unter den Gebührentatbestand der Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, also mit der ersten Handlung des Rechtsanwalts, die dem Betreiben des Geschäfts und damit der Ausführung des Auftrags dient. In aller Regel ist dies die Entgegennahme der ersten Informationen. Der Entstehung der Gebühr steht nicht entgegen, wenn die Tätigkeit geringfügig ist. Allerdings ist die bloße Annahme eines Auftrags nicht ausreichend. Zum Betreiben des Geschäfts gehören insbesondere der Schriftwechsel und die Besprechungen mit dem Mandanten, dem Prozessgegner und dem Gericht (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Vorb. 3 Rn. 68, Nr. 3100 Rn. 15, 24; Mayer/Kroiß/Mayer, Vorb. 3 Rn. 23, 25 f.).

    (bb) Diese Voraussetzungen für den Anfall der Verfahrensgebühr liegen im zu beurteilenden Fall vor.

    Von einem an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichteten Auftrag kann ausgegangen werden, da hierfür die Fortdauer des ursprünglichen Auftrags vor der Verweisung genügt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Fortführung der Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten für die Beklagte nicht erforderlich war.

    Zwar haben die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Kostenfestsetzungsverfahren keine Tätigkeit zur Ausführung des Auftrags dargelegt. Aus dem vorgenannten Inhalt der Verfahrensakte ergibt sich aber, dass die Prozessbevollmächtigten im landgerichtlichen Verfahren zumindest die gerichtliche Verfügung vom 21.11.2022, die wiederum die Erledigungserklärung des Klägers vom 18.11.2022 enthielt, entgegengenommen haben. Dies ist ausreichend.

    (b) Allerdings liegen die Voraussetzungen für das Eingreifen des Ermäßigungstatbestands nach Nr. 3101 VV RVG vor, sodass die Verfahrensgebühr nur mit einem 0,8 Gebührensatz erstattungsfähig ist.

    Zur Entstehung der vollen 1,3 Verfahrensgebühr ist erforderlich, dass der Verfahrensbevollmächtigte vor Endigung seines Auftrags entweder die Klage bzw. den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag oder die Zurücknahme der Klage enthält, eingereicht oder für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat. Dabei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung, so dass andere als die in Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG aufgeführten Tätigkeiten die 1,3 Verfahrensgebühr nicht auslösen können (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 3101 Rn. 17).

    An einer derartigen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor dem Landgericht fehlt es vorliegend. Insbesondere hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.12.2022 lediglich ein Empfangsbekenntnis i.S.d. § 175 ZPO abgegeben, aber weder Sachanträge gestellt noch Sachvortrag gehalten.

    Damit braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtete Auftrag bereits mit dem Eintritt des erledigenden Ereignisses oder mit der Erledigungserklärung des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.11.2022 oder erst mit der Zustimmung der Beklagten zur Erledigungserklärung durch Ablauf der Frist von zwei Wochen endete.

    (2) Demgegenüber sind im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für den Anfall der geltend gemachten 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG nicht gegeben.

    Diese Gebühr ist lediglich durch die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins vor dem Arbeitsgericht entstanden, weshalb diese Kosten nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Terminsgebühr ist vor dem Landgericht nicht (erneut) angefallen.

    b) Da die Beklagte keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG von dem Kläger erstattet verlangen kann, kann sie gleichfalls im Rahmen ihres Kostenfestsetzungsantrags vom 17.01.2023 keine Fahrtkosten nach Nr. 7004 VV RVG sowie kein Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG die Wahrnehmung des Termins vor dem Arbeitsgericht beanspruchen. Daher stellt sich die von den Parteien diskutierte Frage nach der Erstattungsfähigkeit der geltenden gemachten Fahrtkosten nicht.

    c) Allerdings kann die Beklagte von dem Kläger die Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG erstattet verlangen.

    d) Die der Beklagten von dem Kläger zu erstattenden Kosten berechnen sich danach anhand des Kostenfestsetzungsantrags in dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.01.2023 nach dem Vergütungsverzeichnis zu § 2 Abs. 2 RVG - unter Anwendung der ab dem 01.01.2021 geltenden Gebührentabelle zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG - wie folgt:

    Gegenstandswert:    76.796,04 EUR
    0,8 Verfahrensgebühr, Nr. 3100, 3101 VV RVG    1.173,60 EUR
    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG    20,00 EUR
    Ergebnis:    1.193,60 EUR
    Der Kläger hat also der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von insgesamt 1.193,60 EUR zu erstatten.

    e) Aus dem vorgenannten Betrag von 1.193,60 EUR kann die Beklagte von dem Kläger gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO Zinsen von dem Eingang des Kostenfestsetzungsantrags an beanspruchen. Dabei beträgt der Zinssatz gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 247 BGB fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz.

    Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Verzinsung ist der Tag des Antragseingangs beim zuständigen Gericht (Zöller/Herget, a.a.O., § 104 Rn. 6; MüKoZPO/Schulz, ZPO, Band 1, 6. Aufl., § 104 Rn. 68). Der Kostenfestsetzungsantrag in dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 17.01.2023 ist am gleichen Tage beim Landgericht Dresden eingegangen.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Vorschrift des § 97 Abs. 2 ZPO gelangt vorliegend nicht zur Anwendung, da der Kläger nicht aufgrund neuen tatsächlichen Vorbringens (teilweise) obsiegt, sondern aufgrund einer abweichenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch das Beschwerdegericht. Hinsichtlich der Gerichtskosten hat der Senat mit Blick auf das vergleichsweise geringfügige Unterliegen des Klägers von der in Nr. 1812 KV GKG vorgesehenen Befugnis, von einer Erhebung der gerichtlichen Gebühr für das Beschwerdeverfahren abzusehen, Gebrauch gemacht.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht nach § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO zuzulassen, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und sowohl die Fortbildung des Rechts als auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

    RechtsgebieteVerweisung, Gebührenrecht, AnlagenVorschriften§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO; § 12a Abs. 1 S. 1 S. 3 ArbGG