03.09.2024 · IWW-Abrufnummer 243551
Verwaltungsgericht Leipzig: Beschluss vom 09.07.2024 – 3 K 4/23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 3 K 4/23
VERWALTUNGSGERICHT LEIPZIG
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwälte
gegen
den Freistaat Sachsen
vertreten durch die
- Beklagter -
wegen erkennungsdienstlicher Behandlung
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Leipzig durch die Richterin am Verwaltungsgericht xxx als Einzelrichterin am 9. Juli 2024 beschlossen:
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. April 2024 unterbliebene doppelte Gewährung der Pauschale für Post- und Telekommunikation.
Mit seiner am 2. Januar 2023 erhobenen Klage wandte sich der Erinnerungsgegner gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung durch den Erinnerungsführer. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2023 abgewiesen, dem Erinnerungsgegner wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und der Streitwert auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Am 7. Februar 2024 beantragte der Erinnerungsführer die Kostenfestsetzung und begehrte die Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VVRVG sowohl für das Vorfahren als auch nach Nr. 7002 VVRVG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Leipzig (jeweils 20,00 EUR, insgesamt mithin 40,00 EUR).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. April 2024 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die außergerichtlichen Aufwendungen des Erinnerungsführers auf 20,00 EUR fest und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die vom Erinnerungsführer doppelt beantragte Pauschale wurde für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO abgesetzt.
Der Erinnerungsführer hat am 24. April 2024 gegen den am 23. April 2024 zugestellten Beschluss Erinnerung erhoben. Nach seinem Dafürhalten könne die Pauschale sowohl für das Vorverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO geltend gemacht werden. Dem Wortlaut der Norm könne nicht entnommen werden, dass der Höchstbetrag der Pauschale sämtliche Post- und Telekommunikationsleistungen, mithin sowohl die des Vorverfahrens wie die des gerichtlichen Verfahrens abdecken solle. Der Erinnerungsgegner hat sich nicht geäußert.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2024 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. April 2024 in der Besetzung, in der die zu Grunde liegende Kostengrundentscheidung getroffen wurde, mithin durch die Einzelrichterin (vgl. BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2024, § 165 Rn. 8, 8a m. w. N.).
2. Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss erhobene Erinnerung ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, jedoch nicht begründet.
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage wurde die doppelt geltend gemachte Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen zu Recht nur einmalig gewährt und der Höchstbetrag von 20,00 EUR insoweit zutreffend festgesetzt.
Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden anstelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nr. 7002 VV RVG bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Dieser beträgt derzeit 20,00 EUR. § 162 Abs. 1 VwGO definiert insoweit als Kosten die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
§ 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO ist im Normgefüge dahingehend zu verstehen, dass die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, die der Behörde im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren entstanden sind, mit dem Ansatz einer einmaligen Höchstpauschale abgegolten werden.
Dem Erinnerungsführer hätte es im Falle erhöhter Auslagen freigestanden, den tatsächlichen Aufwand für Post- und Telekommunikation im gerichtlichen Verfahren und im Vorverfahren zu ermitteln und geltend zu machen, anstelle von der Pauschalierungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO Gebrauch zu machen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Erinnerungsverfahren fallen keine Gerichtsgebühren an (vgl. § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG, das hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht).
VERWALTUNGSGERICHT LEIPZIG
B E S C H L U S S
In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwälte
gegen
den Freistaat Sachsen
vertreten durch die
- Beklagter -
wegen erkennungsdienstlicher Behandlung
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Leipzig durch die Richterin am Verwaltungsgericht xxx als Einzelrichterin am 9. Juli 2024 beschlossen:
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Erinnerungsführer trägt die Kosten des gebührenfreien Erinnerungsverfahrens.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. April 2024 unterbliebene doppelte Gewährung der Pauschale für Post- und Telekommunikation.
Mit seiner am 2. Januar 2023 erhobenen Klage wandte sich der Erinnerungsgegner gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung durch den Erinnerungsführer. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2023 abgewiesen, dem Erinnerungsgegner wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und der Streitwert auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Am 7. Februar 2024 beantragte der Erinnerungsführer die Kostenfestsetzung und begehrte die Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VVRVG sowohl für das Vorfahren als auch nach Nr. 7002 VVRVG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Leipzig (jeweils 20,00 EUR, insgesamt mithin 40,00 EUR).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. April 2024 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die außergerichtlichen Aufwendungen des Erinnerungsführers auf 20,00 EUR fest und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die vom Erinnerungsführer doppelt beantragte Pauschale wurde für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO abgesetzt.
Der Erinnerungsführer hat am 24. April 2024 gegen den am 23. April 2024 zugestellten Beschluss Erinnerung erhoben. Nach seinem Dafürhalten könne die Pauschale sowohl für das Vorverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO geltend gemacht werden. Dem Wortlaut der Norm könne nicht entnommen werden, dass der Höchstbetrag der Pauschale sämtliche Post- und Telekommunikationsleistungen, mithin sowohl die des Vorverfahrens wie die des gerichtlichen Verfahrens abdecken solle. Der Erinnerungsgegner hat sich nicht geäußert.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2024 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. April 2024 in der Besetzung, in der die zu Grunde liegende Kostengrundentscheidung getroffen wurde, mithin durch die Einzelrichterin (vgl. BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2024, § 165 Rn. 8, 8a m. w. N.).
2. Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss erhobene Erinnerung ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, jedoch nicht begründet.
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage wurde die doppelt geltend gemachte Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen zu Recht nur einmalig gewährt und der Höchstbetrag von 20,00 EUR insoweit zutreffend festgesetzt.
Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden anstelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nr. 7002 VV RVG bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Dieser beträgt derzeit 20,00 EUR. § 162 Abs. 1 VwGO definiert insoweit als Kosten die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
Durch § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO wird die Behörde im Ergebnis bessergestellt als ein Rechtsanwalt. Während der Rechtsanwalt weiterhin berechnen muss, ob der 20-prozentige Anteil seiner Gebühren den Höchstbetrag von 20,00 EUR unterschreitet, kann die Behörde, wenn überhaupt Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen angefallen sind, stets den Höchstsatz verlangen, unabhängig vom Gegenstandswert und der sich daraus ergebenden Höhe einer Anwaltsgebühr.
Wenn von der Pauschalierungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, sind damit alle im Gerichtsverfahren und im Vorverfahren angefallenen Aufwendungen abgedeckt. Eine doppelte Pauschale für das Vorverfahren und das gerichtliche Verfahren kann nicht beansprucht werden (vgl. VG Berlin Beschl. v. 4. Januar 2012 - 35 KE 41/11 -, beck-online). Dies ergibt sich aus Wortlaut und Systematik der ‒ aus Vereinfachungsgründen eingeführten ‒ Vorschrift.
Schon der Wortlaut der Vorschrift behandelt „den … Höchstsatz” und spricht nicht von mehreren, in unterschiedlichen Verfahrensabschnitten anfallenden Höchstsätzen. Systematisch ist die Vorschrift im Zusammenhang mit § 162 Abs. 1 VwGO zu lesen. Danach sind Kosten die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwen-dungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Der Pauschalsatz des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO deckt somit alle Aufwendungen der Behörde für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im Gerichtsverfahren einschließlich des Vorverfahrens ab. Ein doppelter Ansatz der Pauschale ist auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung von Behörden mit Rechtsanwälten geboten, weil hinsichtlich dieser Frage keine Vergleichbarkeit vorliegt. Zwar können Rechtsanwälte ‒ von ihren Mandanten ‒ sowohl für das Vorverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren jeweils eine Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG verlangen, weil § 19 Abs. 1 RVG ein behördliches Vorverfahren als gesondertes Verfahren ansieht. Eine solche Trennung kann ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung indes nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden übertragen werden. Zudem sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren nicht ohne Weiteres von der beklagten Behörde zu erstatten; dies hängt davon ab, ob das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 27. November 2008 - 2 K 332/07, beck-online).
Dem Erinnerungsführer hätte es im Falle erhöhter Auslagen freigestanden, den tatsächlichen Aufwand für Post- und Telekommunikation im gerichtlichen Verfahren und im Vorverfahren zu ermitteln und geltend zu machen, anstelle von der Pauschalierungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO Gebrauch zu machen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Erinnerungsverfahren fallen keine Gerichtsgebühren an (vgl. § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG, das hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht).
Rechtsbehelfsbelehrung
xxx
Rechtsgebiet§ 162 Abs. 2 S. 3 VwGOVorschriftenVerwaltungsprozess, Auslagen