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  • 22.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141526

    Oberlandesgericht Nürnberg: Beschluss vom 06.11.2013 – 2 Ws 419/13

    Schließen Nebenkläger und Angeklagter auf "Antrag" des Nebenklägervertreters in der Hauptverhandlung einen zivilrechtlichen Vergleich über Ansprüche des Nebenklägers wegen eines durch die Straftat erlittenen Schadens, so steht dem Nebenklägervertreter hierfür eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG sowie eine (lediglich) 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1000 VV RVG zu, auch wenn kein förmliches Adhäsionsverfahren nach § 404 StPO vorausgegangen ist.


    OLG Nürnberg

    06.11.2013

    2 Ws 419/13

    Tenor:

    1.

    Die sofortigen Beschwerden des Verurteilten M... sowie der Nebenklägerin Sch... gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Amberg vom 22.03.2013 werden als unbegründet verworfen.
    2.

    Die Beschwerdeführer tragen jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel.

    Gründe

    I.

    Im Strafverfahren gegen den Angeklagten M... hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Amberg mit Beschluss vom 22.07.2009 unter anderem festgestellt, dass Frau Sch... berechtigt ist, sich dem Verfahren als Nebenklägerin anzuschließen (§ 395 Abs. 1 Nr. 1a [aF], § 396 Abs. 1 und 2 StPO), und hat dieser Rechtsanwalt J... als Beistand bestellt (§ 397a Abs. 1 Satz 1 StPO).

    In der Hauptverhandlung am 30.09.2009 beantragte Rechtsanwalt J... als Vertreter der Nebenklägerin den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vor der Strafkammer. Sodann schlossen der Angeklagte und die Nebenklägerin, diese vertreten durch Rechtsanwalt J...,in der Hauptverhandlung einen Vergleich, wonach der Angeklagte an die Nebenklägerin 5.000 € unter näher bestimmten Modalitäten zahlt (Nr. 1) und mit der Zahlung dieses Betrages sämtliche materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche der Nebenklägerin aus dem der Anklageschrift vom 22.01.2009 zugrundeliegenden Lebenssachverhalt abgegolten und erledigt seien - gleich aus welchem Rechtsgrund, für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - (Nr. 2). Ferner akzeptiert die Nebenklägerin die in der Bezahlung des Geldbetrages zum Ausdruck kommende Entschuldigung des Angeklagten und nimmt den Geldbetrag als friedensstiftenden Ausgleich an (Nr. 3). Nach Nr. 4 des Vergleichs trägt der Angeklagte "die im vorliegenden Adhäsionsverfahren entstehenden besonderen Kosten, die ihm insoweit entstehenden Auslagen und die der Nebenklägerin insoweit entstehenden notwendigen Auslagen".

    Am 20.04.2010 beantragte Rechtsanwalt J... die Festsetzung seiner Vergütung als der Nebenklägerin beigeordneter Nebenklägerinvertreter aus der Staatskasse. Gemäß Verfügung des Rechtspflegers vom 11.05.2010 erfolgte eine Festsetzung der Nebenklägervergütung für Rechtsanwalt J... . Diesbezüglich befinde sich ein Vermerk auf Blatt 399 der Akte (Anmerkung: Blatt 399 fehlt in der Originalakte. Auf der vom Nebenklägerinvertreter dem Senat übersandten Kopie ist kein entsprechender Vermerk vorhanden - möglicherweise, weil er erst nach Fertigung der Kopie auf dem Original angebracht wurde). Nach dem Vorbringen des Angeklagten M... (künftig: Verurteilter) im Schriftsatz vom 04.04.2013 seien die Kosten in Höhe von 1.885,38 € am 18.05.2010 durch seinen Vater an Herrn Rechtsanwalt J... aufgrund einer Rechnung der Landesjustizkasse Bamberg überwiesen worden.

    Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Nebenklägerinvertreter mit Schriftsatz vom 04.09.2012 (eingegangen beim Landgericht Amberg am 05.09.2012), gemäß § 464b StPO die Gebühren für den Vergleichsabschluss gegen den Verurteilten auf 2.024,19 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen ab Antragsanbringung festzusetzen. Er setzte hierbei eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG in Höhe von 972 € sowie eine 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG in Höhe von 729 € (jeweils zzgl. USt.) aus einem Gegenstandswert von 10.000 € an.

    Mit Beschluss vom 26.10.2012 setzte die 1. große Strafkammer des Landgerichts Amberg den Streitwert im Hinblick auf den im Termin vom 30.09.2009 geschlossenen Vergleich auf 10.000 € fest (5.000 € für die in Ziff. 1 des Vergleichs enthaltene Zahlungsverpflichtung und 5.000 € für die in Ziff.2 des Vergleichs enthaltene Abgeltungsklausel).

    Der Verteidiger des Verurteilten vertrat gemäß Schriftsatz vom 07.11.2012 die Ansicht, dass nur eine 1,0 Einigungsgebühr angefallen sei.

    Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.03.2013 hat das Landgericht Amberg - Rechtspfleger - "die nach dem rechtskräftigen Vergleich im Termin vom 29.9.2009 der Strafkammer (Adhäsionsverfahren) des Landgerichts Amberg" von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden anwaltschaftlichen Kosten des Nebenklägerinvertreters auf 1.735,02 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit 05.09.2012 festgesetzt. Die Abweichung vom Antrag beruht darauf, dass statt der beantragten 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG nur eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG zuerkannt wurde, da der Vergleich im gerichtlichen Verfahren geschlossen worden sei.

    Dieser Beschluss ist dem Nebenklägerinvertreter am 25.03.2013 per Telefax übermittelt und am 03.04.2013 dem Verurteilten (dessen Verteidiger mit Schriftsatz vom 28.03.2013 mitgeteilt hatte, dass ihm mittlerweile das Mandat entzogen worden sei) zugestellt worden.

    Hiergegen haben der Nebenklägerinvertreter mit Telefax vom 28.03.2013 sofortige Beschwerde und der Verurteilte mit am 04.04.2013 eingegangenem Schreiben vom 03.04.2013 "Erinnerung" eingelegt.

    Der Nebenklägerinvertreter ist der Ansicht, es sei eine 1,5 Einigungsgebühr festzusetzen. Durch die Nebenklägerin sei zu keinem Zeitpunkt ein Adhäsionsverfahren eingeleitet worden; demgemäß sei der Schmerzensgeldanspruch auch nicht rechtshängig geworden. Vielmehr sei in der Hauptverhandlung am 30.09.2009 lediglich im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens ein Schmerzensgeldvergleich zum Zwecke des Täter-Opfer-Ausgleichs geschlossen worden. Dies sei mit einer gerichtlichen Anhängigkeit oder Rechtshängigkeit nicht gleichzusetzen.

    Der Verurteilte bringt zur Begründung seines Rechtsmittels im Schreiben vom 04.04.2013 vor, seines Wissens seien die Kosten des Rechtsanwalts J... in Höhe von 1.885,38 € bereits überwiesen worden. Im Schreiben vom 16.05.2013 erhob er Einwände gegen die Höhe der beantragten Kosten und beanstandete die geltend gemachten Zinsen, da er in den drei Jahren seit der Hauptverhandlung längst hätte mit einer Ratenzahlung beginnen können.

    Hierzu nahm der Nebenklägerinvertreter mit Schriftsatz vom 24.05.2013 Stellung. Er führte ergänzend aus, ein Adhäsionsverfahren sei nie gerichtlich anhängig gemacht worden. Es sei lediglich ein Schmerzensgeld-Vergleich geschlossen worden, der in gebührenrechtlicher Hinsicht die für ein Adhäsionsverfahren anfallenden Gebühren ausgelöst habe.

    Das Landgericht Amberg half den sofortigen Beschwerden der Nebenklägerin und des Verurteilten mit undatiertem Beschluss nicht ab.

    II.

    1. Die sofortigen Beschwerden der Nebenklägerin und des Verurteilten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers sind statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 3 RPflG) und auch im Übrigen zulässig (§ 464 b Satz 3, §§ 304, 311 Abs. 2 StPO, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 ZPO, § 21 Nr. 1, § 11 Abs. 1 RPflG), vor allem formgerecht und innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO erhoben. Der Beschwerdewert von 200 € (§ 304 Abs. 3 Satz 1 StPO) ist jeweils überschritten.

    Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach StPO-Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner StPO, 56. Aufl. § 464b Rdn. 6 f.). Für die Entscheidung ist somit nicht der Einzelrichter, sondern der gesamte Senat zuständig (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.12.2010 - 2 Ws 567/10, zfs 2011, 226 Rdn. 7 nach [...]).

    2. In der Sache erweisen sich die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin ebenso wie die sofortige Beschwerde des Verurteilten als unbegründet. Das Landgericht Amberg hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.03.2013 zutreffend eine 2,0 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4143 VV RVG in Höhe von 972 € sowie eine 1,0 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1000 VV RVG in Höhe von 486 € (jeweils zzgl. USt.) aus einem Gegenstandswert von 10.000 € festgesetzt.

    a. Für die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren erhält der Rechtsanwalt neben den Gebühren für das Strafverfahren an Stelle der in § 13 RVG i.V.m. Nr. 4100 VV RVG bestimmten Gebühren eine einheitliche Gebühr, im ersten Rechtszug gemäß Nr. 4143 VV RVG in Höhe des doppelten der vollen Gebühr aus dem Wert des vermögensrechtlichen Anspruchs (Göttlich/Mümmler/Rehberg, RVG, 5. Aufl., "Adhäsionsverfahren 1.1").

    Hierfür kommt es nicht darauf an, ob ein Adhäsionsverfahren nach § 404 Abs. 1 StPO förmlich eingeleitet war. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung. Nach der Vorbemerkung 4 im Vergütungsverzeichnis entsteht die Verfahrensgebühr "für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information". Somit entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143, wenn der Rechtsanwalt beauftragt ist, im Strafverfahren vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten geltend zu machen, mit der ersten darauf gerichteten Tätigkeit (Göttlich/Mümmler/Rehberg, RVG, 5. Aufl., "Strafsachen 6.1"). Dass der Anspruch im Strafverfahren bereits anhängig geworden ist, ist nicht erforderlich (vgl. OLG Jena NJW 2010, 455 Rdn. 16 [OLG Jena 14.09.2009 - 1 Ws 343/09] ff. nach [...]; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG 20. Aufl., Nr. 4143 VV RVG Rdn. 6 mwN.; Burhoff, in: Burhoff RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil B. Nr. 3143 VV Rdn. 2; Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. VV Teil 4 Abschn. 1, Rdn. 133; Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG Nrn. 4141-4147 VV Rdn. 23; anders wohl Göttlich/Mümmler/Rehberg, RVG, 5. Aufl., "Strafsachen 6.1"). Die Gebühr entsteht also auch, wenn vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfahren lediglich miterledigt werden, wie zum Beispiel im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG 20. Aufl., Nr. 4143 VV RVG Rdn. 6; ).

    Hier ergibt sich schon aus dem gestellten Antrag des Vertreters der Nebenklägerin, einen gerichtlichen Vergleich vor der Strafkammer abschließen zu wollen, dass Rechtsanwalt J... mit der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche beauftragt und insoweit für die Nebenklägerin gegenüber dem Verurteilten tätig war (so in einem vergleichbaren Fall auch OLG Jena NJW 2010, 455 Rdn. 20 [OLG Jena 14.09.2009 - 1 Ws 343/09] nach [...]).

    b. Durch den Abschluss des Vergleichs zwischen dem Verurteilten und der Nebenklägerin am 30.09.2009 ist eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 i.V.m. Nr. 1003 VV RVG entstanden.

    aa. Gemäß Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den (Nr. 1) die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder (Nr. 2) die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung (...) geregelt wird (Zahlungsvereinbarung). Der am 30.09.2009 abgeschlossene Vergleich stellt einen solchen Vertrag dar, was von keiner der Beteiligten in Abrede gestellt wird.

    bb. Gemäß Nr. 1003 Abs. 1 VV RVG beträgt der Gebührensatz der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG statt 1,5 lediglich 1,0, wenn über den Gegenstand (des Vergleichs) ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbständiges Beweisverfahren anhängig ist.

    So liegt es hier.

    Nach der Vorbemerkung 1 zu Teil 1 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstehen die Gebühren dieses Teils (hierzu gehört die Einigungsgebühr) neben den in anderen Teilen dieses Gesetzes bestimmten Gebühren. Dies bedeutet, dass die Einigungsgebühr eine Zusatzgebühr ist, die zusätzlich zu einer Tätigkeitsgebühr anfallen kann (BGH NJW 2009, 922 Rdn. 12 [BGH 20.11.2008 - IX ZR 186/07] nach [...]), somit nicht allein oder ausschließlich entsteht (Volpert, in: Burhoff RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Teil A. Rdn. 462 mwN.). Die Einigungsgebühr kann auch neben den in den Teilen 4 bis 6 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geregelten Gebühren anfallen. Daher kann auch in Strafsachen eine Einigungsgebühr anfallen, sofern dort vermögensrechtliche Ansprüche betroffen sind und sich aus der Natur der Sache nichts anderes ergibt (Volpert, in: Burhoff RVG, aaO. Teil A. Rdn. 458 mwN.), und zwar neben etwa der Grundgebühr oder der Verfahrensgebühr. Im Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten bzw. im Adhäsionsverfahren ist das zum Beispiel (wie im vorliegenden Fall) die zusätzliche Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten nach Nr. 4143 VV RVG (vgl. Volpert, in: Burhoff RVG, aaO., Teil A. Rdn. 462 mwN.).

    Ob ein (gerichtliches) Adhäsionsverfahren durchgeführt wurde, ist allerdings zweifelhaft. Ein solches wird eingeleitet durch einen Antrag nach § 404 Abs. 1 StPO. Dieser Antrag ist eine besondere, dem Adhäsionsverfahren eigentümliche Verfahrensvoraussetzung; ohne einen solchen darf ein Entschädigungsverfahren nicht durchgeführt und dem Verletzten kein Schadensersatz zuerkannt werden (BGH NStZ 1988, 470 Rdn. 5 f. nach [...]). Der Antrag kann zwar auch mündlich in der Hauptverhandlung bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden (§ 404 Abs. 1 Satz 1 StPO; BGH StV 1988, 515 Rdn. 4 nach [...]). Er muss aber den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen (§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO; Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO 26. Aufl., § 404 Rdn. 1; KMR/Stöckel, § 404 StPO Rdn. 2). Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass ein solcher Antrag gestellt wurde. Der Vertreter der Nebenklägerin selbst verneint dies. Ungeachtet dessen gehen die Vergleichsparteien davon aus, dass ein Adhäsionsverfahren durchgeführt wurde, wie die Formulierung der Kostenregelung in Nr. 4 des Vergleichs zeigt. Dies kann aber letztlich dahinstehen. Unabhängig davon, ob Mängel der formgerechten Einleitung eines Adhäsionsverfahrens durch den Abschluss eines Vergleichs geheilt werden könnten, war vorliegend beim Vergleichsschluss über dessen Gegenstand ein gerichtliches Verfahren im Sinne der Nr. 1003 VV RVG anhängig. Denn mit dem in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Amberg gestellten Antrag des Vertreters der Nebenklägerin, einen gerichtlichen Vergleich vor der Strafkammer abzuschließen, setzte der Nebenklägerinvertreter das gerichtliche Verfahren, ihm beim Abschuss des Vergleichs behilflich zu sein, in Gang (vgl. auch OLG Jena NJW 2010, 455 Rdn. 24 [OLG Jena 14.09.2009 - 1 Ws 343/09] nach [...]; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.05.2009 - 5 Ta 97/90, Rdn. 12 nach [...]). Dieser Antrag löste (wie ausgeführt) den Anfall der zusätzlichen Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten nach Nr. 4143 VV RVG aus.

    Eine (solche) Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG macht der Nebenklägerinvertreter auch geltend. Soweit er der Ansicht ist, die Einigungsgebühr sei gleichwohl nicht zu kürzen, setzt er sich in Widerspruch zum Ansatz dieser zusätzlichen (gerichtlichen!) Verfahrensgebühr. Diesen Widerspruch kann er auch nicht dadurch auflösen, indem er ausführt, es sei lediglich ein Schmerzensgeld-Vergleich geschlossen worden, der in gebührenrechtlicher Hinsicht die für ein Adhäsionsverfahren anfallenden Gebühren ausgelöst habe. Mit der Auslösung der erstinstanzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG wird dem Ansatz einer (erhöhten= 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG die Grundlage entzogen.

    Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der unterschiedlichen Gebührenhöhen. Durch die höhere außergerichtliche 1,5 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG soll das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen, gefördert und belohnt werden (BT-Drucks. 15/1971, Seite 204; OLG Jena NJW 2010, 455 Rdn. 24 [OLG Jena 14.09.2009 - 1 Ws 343/09] nach [...]). Eine Anrufung des Gerichts fand hier aber mit dem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Abschluss eines Vergleichs statt. Ob man bei Nr. 1003 VV RVG darauf abstellen kann, dass bereits mit dem Strafverfahren selbst ein gerichtliches Verfahren über den Einigungsgegenstand anhängig ist (so OLG Brandenburg AGS 2009, 325 Rdn. 16 nach [...]; kritisch Volpert, in Burhoff RVG aaO., Teil A. Rdn. 482), kann somit dahinstehen.

    c. Die vom Verurteilten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.03.2013 erhobenen Einwendungen bleiben ohne Erfolg. Soweit er sich darauf beruft, er habe bereits Rechtsanwaltskosten der Nebenklägerin übernommen, betrifft dies die Vergütung als Nebenklägerinvertreter, jedoch nicht die hinsichtlich der zivilrechtlichen Ansprüche und den Vergleichsabschluss angefallenen außergerichtlichen Kosten. Die ab Eingang des Festsetzungsantrags bei Gericht zugesprochenen Zinsen entsprechen dem Gesetz (§ 464b Satz 2 StPO i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Voraussetzungen einer Verwirkung des Erstattungsanspruchs liegen nicht vor (vgl. hierzu Volpert, in Burhoff RVG aaO., Teil A. Rdn. 856).

    3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

    RechtsgebieteStopp, StGBVorschriften§ 395 Abs. 1 Nr. 1a StPO; § 396 StGB; § 397a Abs. 1 S. 1 StGB; § 464b StPO