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  • 20.10.2014 · IWW-Abrufnummer 143043

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 07.02.2014 – 23 WF 1209/13

    Wird die Verfahrenskostenhilfebewilligung auf einen Vergleichsabschluss über nicht anhängige Gegenstände erstreckt (Mehrvergleich), kann der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Staatskasse die Erstattung weder einer Verfahrensgebühr noch einer Terminsgebühr aus dem Mehrwert des Vergleiches verlangen.


    Oberlandesgericht Dresden

    Beschl. v. 07.02.2014

    Az.: 23 WF 1209/13

    In der Familiensache
    xxx
    - Antragstellerin -
    Verfahrensbevollmächtigte und Beschwerdeführerin:
    xxx
    gegen
    xxx
    - Antragsgegner -
    Verfahrensbevollmächtigte:
    xxx
    wegen Beschwerde Kosten
    hat der 23. Familiensenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Richterin am Oberlandesgericht Jokisch,
    Richterin am Oberlandesgericht Albrecht und
    Richter am Oberlandesgericht Köhler
    ohne mündliche Verhandlung am 07.02.2014

    beschlossen:
    Tenor:

    Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bautzen vom 04.11.2013, 12 F 91/12, wird zurückgewiesen.
    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin hat in dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Zugewinnausgleich i.H.v. 24.659,09 EUR geltend gemacht. Hierfür hat ihr das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2013 einen Vergleich geschlossen, in dem auch weitere Streitpunkte zwischen den Beteiligten beigelegt worden sind, insbesondere ist das Miteigentum am gemeinsamen Grundbesitz auseinandergesetzt worden. Das Familiengericht hat bereits in der vorangehenden Sitzung, in der die wesentlichen Punkte des Vergleichs bereits festgelegt worden sind, beschlossen, "dass der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe auch für den abzuschließenden Vergleich gewährt wird". Den Mehrwert des Vergleiches hat es mit Beschluss vom selben Tage auf 16.500,00 EUR festgesetzt.

    Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat die Festsetzung ihrer Verfahrenskostenhilfevergütung wie folgt beantragt:
    Bezeichnung Vergütungsverzeichnis-Nr. Gegenstandswert Vergütung §§ 45, 49 RVG
    Verfahrensgebühr 3100 24.659,09 EUR 413,40 EUR
    3101 Nr. 1 16.500,00 EUR 94,50 EUR
    Terminsgebühr 3104 41.159,09 EUR 469,20 EUR
    Einigungsgebühr 1003 24.659,09 EUR 318,00 EUR
    Einigungsgebühr 1000 16.500,00 EUR 268,50 EUR
    Postpauschale 7002 20,00 EUR
    Umsatzsteuer 7008 300,96 EUR
    Summe 1.884,96 EUR

    Das Familiengericht hat die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 ebenso wie die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 nicht festgesetzt. Die zu erstattende Terminsgebühr hat es gemäß einem Gegenstandswert von 24.659,09 EUR auf 381,60 EUR festgesetzt und die Umsatzsteuer entsprechend auf 266,29 EUR reduziert, so dass sich der festgesetzte Betrag insgesamt auf 1.667,79 EUR beläuft.

    Hiergegen wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit der Beschwerde. Der Gesetzgeber habe mit dem zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz der Unrechtmäßigkeit im Hinblick auf die Erstattung der Gebühren im Verbundverfahren, wo eine Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände erfolgt ist, mit der Neufassung des § 48 Abs. 3 RVG entgegengewirkt. Demzufolge erstrecke sich nunmehr die Verfahrenskostenhilfe und Erstattung der Gebühren auf alle Gebühren.

    II.

    Über die Beschwerde entscheidet der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter in voller Besetzung. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

    Zu Recht hat das Familiengericht die Terminsgebühr als nicht erstattungsfähig angesehen. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Erstreckung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss eines Vergleichs für Gegenstände, die nicht verfahrensgegenständlich sind, eine Terminsgebühr nicht erstattet werden kann. Der Senat hat hierzu ausgeführt (Beschluss vom 04.08.2011, 23 WF 475/11, [...] Rn. 13 ff.):

    Jedenfalls die Terminsgebühr wird von einer Prozesskostenhilfebewilligung in der Regel nicht erfasst. Denn insoweit kann Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht bewilligt werden (OLG Bamberg, Beschluss vom 07.11.2007, 2 WF 54/07, [...]; OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2011, 10 WF 6/11, [...]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2008, 10 WF 23/08, [...]; OLG München, Beschluss vom 18.03.2009, 11 WF 812/09, [...] Rn. 8; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt u.a., RVG, 19. Aufl., § 48 Rn. 119a ff).

    Die vorliegende Fallkonstellation ist vergleichbar mit dem Vergleichsabschluss im Erörterungstermin des Prozesskostenhilfeverfahrens. Für diesen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Prozesskostenhilfe lediglich für die Einigungsgebühr, nämlich den unmittelbaren Abschluss des Vergleichs selbst, nicht aber für das ganze Verfahren, d. h. für die Verfahrens- oder Terminsgebühr, bewilligt werden kann (BGH, Beschluss vom 08.06.2004, VI ZB 49/03, [...] Rn. 8 ff). Entgegen der Gegenauffassung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.07.2009, 2 WF 33/09, [...] Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2009, 10 WF 30/08, [...]; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.11.2009, 9 W 340/09, [...], ohne Erörterung der hier aufgeworfenen Frage; LG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2009, 6 T 135/09, [...]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.01.2008, 8 WF 12/08, [...] Rn. 25 ff.) ist die vom BGH entschiedene Fallkonstellation mit der vorliegenden vergleichbar. Ausgangspunkt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann. Genauso kann grundsätzlich für im Verfahren nicht anhängige Streitgegenstände Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Insbesondere kann auch für die bloße Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung von Gegenständen, die nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind, Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Wie im Prozesskostenhilfeverfahren selbst kommt auch hier die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf nicht anhängige Gegenstände nur in Betracht, wenn über sie ein Vergleich geschlossen wird.

    Die von der Gegenauffassung vorgetragenen prozessökonomischen Argumente, namentlich, dass die Partei die angefallene Terminsgebühr und Verfahrensgebühr ggf. selbst tragen muss, hat der Bundesgerichtshof gesehen und für nicht durchschlagend erachtet (a.a.O. Rn. 10 f). Dem schließt sich der Senat an.

    Auf die Frage, ob die Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist (dagegen OLG Bamberg a.a.O.; dafür Müller-Rabe a.a.O.), kommt es nicht an, weil diese Gebühr in der beantragten Höhe festgesetzt und erstattet ist.

    Der Senat schließt sich nunmehr der Auffassung an, dass auch die Verfahrensgebühr nicht erstattungsfähig ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 07.11.2007, 2 WF 54/07, [...]; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.03.2013, 3 So 126/12, [...]; Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 10.08.2012, 8 Ta 367/12, [...]; OLG Köln, Beschluss vom 01.03.2012, 12 WF 29/12, [...]; a.A. OLG Köln, Beschluss vom 29.04.2013, 25 WF 235/12; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 48 Rn. 150 ff., 174).

    Für eine Differenzierung zwischen der Terminsgebühr und der Verfahrensgebühr besteht kein Anlass. Wie bereits im Beschluss vom 04.08.2011 dargelegt, ist die Fallkonstellation der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Mehrvergleich vergleichbar mit dem Vergleichsabschluss im Erörterungstermin des Prozesskostenhilfeverfahrens. Die im Beschluss zitierte differenzierende Auffassung in der Literatur (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 48 Rn. 119a ff.) ist inzwischen aufgegeben worden (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 21. Aufl., aaO.). Entgegen der dort nunmehr vertretenen Auffassung, wonach auch die Terminsgebühr erstattungsfähig sei, hält der Senat aber nach wie vor beide Gebühren nicht für erstattungsfähig. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, das zu einer Klarstellung des § 48 Abs. 3 RVG geführt hat, ändert daran nichts. In dieser Vorschrift ist nunmehr eindeutig geregelt, dass sich die Beiordnung einer Ehesache im Fall des Abschlusses eines Vergleichs auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten bezieht, soweit der Vertrag die enumerativ aufgeführten Gegenstände betrifft. Die Vorschrift gilt für andere Gegenstände, insbesondere für Vergleiche, die sich auf Gegenstände erstrecken, die - wie hier - zu den sonstigen Familiensachen (§ 266 FamFG) zählen, nicht. Aus der Vorschrift kann nicht geschlossen werden, dass die gleiche Rechtsfolge auch bei der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe in anderen als Ehesachen gelten soll. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die Neuregelung gerade die (streitige) Frage, ob Termins- und Verfahrensgebühr bei der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe gemäß § 48 Abs. 3 RVG zu ersetzen sind, klären sollte. Hätte der Gesetzgeber diese Frage, die bei der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf einen Mehrvergleich außerhalb von Ehesachen ebenso uneinheitlich von der Rechtsprechung beantwortet worden ist, allgemein regeln wollen, hätte es nahe gelegen, dies zu tun. Hiervon hat der Gesetzgeber indes abgesehen. Er hat es vielmehr hinsichtlich aller anderer Gegenstände dabei belassen, dass Verfahrenskostenhilfe im Grundsatz nur für die Geltendmachung oder Abwehr verfahrensgegenständlicher Ansprüche bewilligt werden kann (§ 114 ZPO). Der Senat sieht daher keine Veranlassung, von der bisherigen Argumentation, die auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur nur ausnahmsweise möglichen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Verfahrenskostenhilfeverfahren beruht, abzuweichen.

    Die Berechnung des festgesetzten Betrages ist auch im Übrigen zutreffend, so dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG).

    RechtsgebietRVGVorschriften§ 48 Abs. 3 RVG