21.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144277
Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 15.01.2015 – 2 Ws 651/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln
2 Ws 651/14
Tenor:
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).
Gründe:
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I.
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Der Beschwerdeführer ist dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet und hat mit Schriftsatz vom 25.08.2014 die Festsetzung seiner Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 732,45 €, wovon ein Betrag i.H.v. 259,90 € (netto) auf die Dokumentenpauschale (1.616 Kopien) entfällt, beantragt. Der zuständige Rechtspfleger des Landgerichts Aachen hat vor dem Hintergrund, dass die vorliegende Verfahrensakte zum damaligen Zeitpunkt lediglich 156 Seiten umfasst hat, mit Verf ügung vom 28.08.2014 um Erläuterung der zur Erstattung geltend gemachten Anzahl von 1.616 Kopien gebeten. Mit Schriftsatz vom 01.09.2014 hat der Beschwerdeführer die Prüfungskompetenz eines Rechtspflegers betreffend der seitens der Verteidigung für notwendig erachteten Aktenbestandteile in Zweifel gezogen und ergänzend ausgeführt, dass sich die beanspruchten Kopierkosten zum einen auf die Verfahrensakte sowie auf die zum vorliegenden Verfahren vom Gericht beigezogenen Beiakten beziehen. Er vertritt die Ansicht, dass die Auslagenerstattungspflicht sämtliche von Amts wegen beigezogenen Verfahrensakten umfasse. Mit Schreiben vom 10.09.2014 hat der Beschwerdeführer als Beleg für die tatsächliche Fertigung der Kopien eine mit Aktenzeichen versehene Scan-Übersicht, in welcher verschiedene PDF-Dateien aufgeführt sind, eingereicht. Eine Aufstellung konkreter, einer bestimmten Verfahrensakte zuzuordnender Blattzahlen war der Übersicht nicht zu entnehmen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.09.2014 hat der Rechtspfleger zu erstattende Gebühren und Auslagen i.H.v. 497,54 € festgesetzt, wobei er abweichend von der Antragstellung und unter Bezugnahme auf eine eingeholte Stellungnahme des Kammervorsitzenden vom 03.09.2014 lediglich 300 Kopien für erstattungsfähig erachtet hat. Insoweit hat er die Hauptakte sowie die mit Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft übersandte Beiakte 22 Js 1495/91 im Rahmen der Erstattung von Kopierkosten als maßgebend angesehen und die Erstattung von insgesamt 300 Kopien für angemessen und ausreichend erachtet. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.10.2014 Erinnerung eingelegt, dem der Rechtspfleger durch Beschluss vom 16.09.2014 nicht abgeholfen und die Sache der Strafkammer zur Entscheidung vorgelegt hat. Diese hat die Erinnerung mit Beschluss vom 02.10.2014 zurückgewiesen und hierbei insbesondere ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, wie sich die geltend gemachten 1.616 Kopien letztlich zusammen setzen würden. Gegen die am 07.10.2014 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 10.10.2014 bei dem Landgericht eingegangene Beschwerde vom gleichen Tag, der das Landgericht mit weiterem Beschluss vom 20.10.2014 nicht abgeholfen hat.
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II.
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1.
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Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 RVG die Beschwerde der statthafte Rechtsbehelf. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß innerhalb der Frist von zwei Wochen gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG eingelegt worden. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter des Senats zuständig.
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2.
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In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
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Die angefochtene Entscheidung, welche die Erstattung der geltend gemachten 1.616 dahingehend beschränkt hat, dass lediglich 300 Kopien für erstattungsfähig angesehen worden sind, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Grundsätzlich obliegt zwar der Staatskasse der Nachweis, dass die von dem Verteidiger geltend gemachten Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Verteidigerinteressen nicht erforderlich waren. Die Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten setzt jedoch voraus, dass die angefertigten Vervielfältigungen geboten waren. Dies ist dann der Fall, wenn sie aus der objektiven Sicht eines vernünftigen, sachkundigen Dritten zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache erforderlich waren (vgl.: Senat, Beschluss vom 16. Juli 2012, 2 Ws 499/12; Hartmann, Kostengesetze, 44 der Auflage 2014, VV 7000, Rn 6 m.w.N.). Die (subjektive) Sicht des Rechtsanwaltes ist daher nicht allein maßgebend. Dem Rechtsanwalt ist zwar ein eher großzügiger Ermessensspielraum zuzubilligen, da sich häufig erst im Laufe des Verfahrens herausstellen kann, welche Teile der Akte zur Verteidigung tatsächlich benötigt werden. Das ungeprüfte, vorsorgliche Ablichten der gesamten Verfahrensakte, welche regelmäßig für die Verteidigung in jedem Fall irrelevante Dokumente wie Verfügungen, Empfangsbekenntnisse etc. enthält, stellt allerdings insoweit keine ordnungsgemäße Ermessensausübung des Verteidigers mehr dar (vgl.: Senat a.a.O.), zumal der Pflichtverteidiger gegenüber der Staatskasse stets zur kostensparenden Prozessführung verpflichtet ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 16.11.2009, Az.: 2 Ws 526/09, zitiert nach juris). Das Kopieren der gesamten Verfahrensakten und erst recht, wie vorliegend, sämtlicher Beiakten mag aus Vereinfachungsgründen durchaus zweckmäßig sein, kann aber im Rahmen der Prüfung von Kostenerstattungsansprüchen nicht in gleicher Weise als geboten angesehen werden (vgl. auch: Hartmann a.a.O., Rn 15, 23).
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Die vom Beschwerdeführer für die Fertigung der Kopien dargelegten Gründe lassen die jeweils vollständige Ablichtung aller beigezogenen Verfahrensakten nicht als notwendig und geboten erscheinen. Die vom Antragsteller vertretene Ansicht, dass sich die Auslagenerstattungspflicht grundsätzlich auch auf sämtliche von der Kammer angeforderten Beiakten erstrecke, wird den vorstehend dargelegten Kriterien nicht gerecht und kann auch mit dem eher großzügigen Ermessen des Verteidigers nicht begründet werden. Wenn, wie dargelegt, bereits ein umfassendes Kopieren der Verfahrensakte den aufgezeigten Beschränkungen unterliegt, gilt dies erst recht für eine vollständige Ablichtung sämtlicher Beiakten, welche für das konkrete Strafverfahren ggf. keine bzw. nur in Teilbereichen von Bedeutung ist. Der Senat verkennt nicht, dass ein ohne vorherige Sichtung und Auswahl veranlasstes Kopieren aller Verfahrens- und Beiakten aus Gründen der Praktikabilität eine nicht unerhebliche Arbeitserleichterung für den Verteidiger darstellt. Eine solche Erleichterung bzw. Bequemlichkeit reicht jedoch für die Annahme der Gebotenheit bei der Anfertigung von Ablichtungen nicht aus (Hartmann a.a.O. Rn 5).
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Besondere Umstände, welche die Anfertigung der 1.616 Kopien rechtfertigen können, sind vom Antragsteller weder bei der Antragstellung noch im Rahmen des Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahrens dargetan worden, obwohl der angefochtenen Entscheidung die Relevanz dieses Gesichtspunktes zu entnehmen war. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den vom Senat beigezogenen Verfahrensakten, soweit aufgrund der angegebenen Aktenzeichen bzw. der Verfügbarkeit der Akten eine Einsichtnahme möglich war.
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Die Absetzung der Kosten für die Fertigung von mehr als 300 Kopien, mit welcher nach den Ausführungen im angefochtenen Beschluss die vollständige Ablichtung der Hauptakte bis zum Zeitpunkt der letzten Akteneinsicht durch den Antragsteller (128 Seiten) sowie eines beachtlichen Teils der Beiakte 22 Js 1495/91 StA Aachen (172 Seiten) erfasst wird, vermag der Senat daher nicht zu beanstanden.