21.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144279
Oberlandesgericht München: Beschluss vom 07.03.2014 – 4c Ws 4/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht München
Beschl. v. 07.03.2014
Az.: 4c Ws 4/14
Tenor:
I.
Das Verfahren wird zur Entscheidung dem Senat übertragen.
II.
Die weitere Beschwerde des Rechtsanwalts XXX gegen den Beschluss des Landgerichts Kaufbeuren vom 21. Januar 2014, mit dem die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren vom 24. Januar 2013 als unbegründet verworfen worden war, wird als unbegründet zurückgewiesen.
III.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Aus den Gründen
I.
Der nach § 68b StPO für die ermittlungsrichterliche Vernehmung der Zeugin XXX beigeordnete Zeugenbeistand wendet sich vorliegend mit seiner weiteren Beschwerde gegen seine Vergütung als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG und begehrt die Vergütung für seine Tätigkeit wie ein Verteidiger mit einer Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr nach Nr. 4100, 4104, 4102, 7002 und 7008 VV RVG.
Die Staatsanwaltschaft Kempten (Allgäu) führte gegen den Beschuldigten XXX ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau XXX. Mit Schriftsatz vom 25.11.2010 zeigte Rechtsanwalt XXX unter Vorlage einer Vollmacht der Zeugin die anwaltliche Vertretung der XXX an und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht, die ihm mit Verfügung des Amtsgerichts Kaufbeuren vom 27.12.2010 gewährt wurde. Das Amtsgericht Kaufbeuren erließ am 3.3.2011 einen Strafbefehl gegen den Angeklagten. Gegen diesen legte der Angeklagte Einspruch ein. Das Amtsgericht lehnte mit Beschluss vom 30.9.2011 die Beiordnung von Rechtsanwalt XXX als Zeugenbeistand für die Dauer der Vernehmung der Geschädigten im amtsgerichtlichen Verfahren ab. Das Amtsgericht ließ mit Beschluss vom 10.11.2011 die Nebenklage der Geschädigten zu. Ferner wies es den Antrag, ihr Rechtsanwalt XXX im Rahmen der Nebenklage beizuordnen und Prozesskostenhilfe zu bewilligen, zurück. Der hiergegen erhobenen Gegenvorstellung half das Amtsgericht mit Beschluss vom 24.2.2012 nicht ab. Mit Urteil vom 28.6.2012 verurteilte das Amtsgericht Kaufbeuren den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Exfrau zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10 €. Auf die Berufung des Angeklagten wurde dieser durch Urteil des Landgerichts Kempten vom 20.11.2012 freigesprochen. Die von der Geschädigten und Nebenklägerin dagegen eingelegte Revision wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.4.2013 als unbegründet verworfen.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beantragte die Staatsanwaltschaft die ermittlungsrichterliche Vernehmung der damaligen Ehefrau des Beschuldigten XXX. Mit Schriftsatz vom 12.1.2011 beantragte Rechtsanwalt XXX seine Beiordnung als Zeugenbeistand. Die Vernehmung der Zeugin durch die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Kaufbeuren wurde am 12.1.2011 in Anwesenheit von Rechtsanwalt XXX durchgeführt. Die Ermittlungsrichterin ordnete am Beginn der ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Zeugin an, dass der Zeugin Rechtsanwalt XXX für die Dauer der ermittlungsrichterlichen Vernehmung als Beistand gemäß § 68b Abs. 2 StPO beigeordnet wird.
Mit Schriftsatz vom 13.1.2011 hat Rechtsanwalt XXX die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand für seine Tätigkeit für die Zeugin XXX beantragt. Er hat die Festsetzung folgender Beträge beantragt:
eine Grundgeb ühr Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 165 €, eine Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG in Höhe von 140 €, eine Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG in Höhe von 140 €, eine Pauschale Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 €, eine Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG in Höhe von 8,50 €, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 7,80 €, Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG in Höhe von 20 € und die Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, insgesamt einen Gesamtbetrag in Höhe von 596,55 €.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.2.2011 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Kaufbeuren die von der Staatskasse an den Zeugenbeistand XXX für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand der Zeugin zu erstattende Vergütung auf 596,55 € festgesetzt. Dieser Betrag wurde sogleich an den Rechtsanwalt zur Auszahlung angewiesen.
Die Akten sind am 27.6.2011 dem Bezirksrevisor des Amtsgerichts Kaufbeuren zur Stellungnahme zum Vergütungsantrag der Pflichtverteidigerin des Angeklagten übermittelt worden. Dieser hat erstmals vom Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.2.2011 Kenntnis genommen. Mit Schriftsatz vom 6.7.2011, der am 8.7.2011 beim Amtsgericht eingegangen ist, hat er gegen diesen Beschluss Erinnerung eingelegt. Er hat beantragt, die aus der Staatskasse an den Zeugenbeistand zu erstattende Vergütung auf 223,72 € (Verfahrensgebühr Nr. VV RVG 4301: 168 €, Auslagenpauschale Nr. 7002: 20 € und Mehrwertsteuer: 35,72 €) festzusetzen. Die Erinnerung ist dem Zeugenbeistand mit Verfügung vom 13.7.2011 zugeleitet worden. Mit Schriftsatz vom 2.8.2011 hat Rechtsanwalt XXX hierauf Stellung genommen.
Das Amtsgericht Kaufbeuren (Urkundsbeamtin) hat auf die Erinnerung des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 24.1.2013 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.2.2011 aufgehoben und die an den Zeugenbeistand aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 256,80 € festgesetzt (VV RVG Nr. 4301: 168 €, VV RVG Nr. 7002: 20 €, VV RVG Nr. 7003: 7,80 €, VV RVG Nr. 7005: 20 € und Mehrwertsteuer: 41 €) und im Übrigen die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Zeugenbeistand am 29.1.2013 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 5.2.2013, der an diesem Tag auch beim Amtsgericht eingegangen ist, hat Rechtsanwalt XXX "Rechtsmittel" gegen diesen Beschluss eingelegt. Der Erinnerung hat das Amtsgericht Kaufbeuren (Urkundsbeamtin) mit Beschluss vom 9.7.2013 nicht abgeholfen und hat die Vorlage der Akten an das Landgericht Kempten (Allgäu) zur Entscheidung über die Beschwerde des Zeugenbeistandes verfügt.
Die Bezirksrevisorin hat mit Schriftsätzen vom 25.6.2013, 26.7.2013, 10.9.2013, 7.11.2013 Stellung genommen. Der Beschwerdeführer hat hierauf mit seinen Schriftsätzen vom 2.9.2013, 10.09.2013, und 8.11.2013 erwidert.
Mit Beschluss vom 21.1.2014 hat das Landgericht Kempten (Allgäu) durch den Einzelrichter die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren vom 24.1.2013 als unbegründet zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Dieser Beschluss ist dem Zeugenbeistand am 23.1.2014 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 6.2.2014, der an diesem Tag auch beim Landgericht eingegangen ist, hat Rechtsanwalt XXX gegen diesen Beschluss weitere Beschwerde eingelegt.
Das Landgericht Kempten (Allgäu) hat mit Verfügung vom 7.2.2014 der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die weitere Beschwerde veranlasst.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die weitere Beschwerde des Zeugenbeistands Rechtsanwalt XXX ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 und 33 Abs. 3 Satz 3 RVG zulässig. Die Beschwerdefrist von 2 Wochen wurde eingehalten (§ 33 Abs. 6 Satz 4 und 3 Satz 3 RVG).
Das Verfahren war gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Mit Verwunderung hat der Senat zur Kenntnis genommen, dass das Landgericht die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat, aber dennoch von der Übertragung der Entscheidung auf die Kammer abgesehen hat.
In der Sache erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weil die angegriffene Entscheidung des Landgerichts und die Bemessung der Vergütung des Zeugenbeistandes nach Teil 4 Abschnitt 3 als nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zu vergütende Einzeltätigkeit der Rechtslage entspricht.
Der Senat gibt seine mit Beschluss vom 25.3.2008 (Az.: 4 Ws 27/08) im Einzelnen begründete Rechtsauffassung auf, wonach die Vergütung des Zeugenbeistandes nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG wie bei einem Pflichtverteidiger zu bemessen ist. Die Frage der Vergütung des gemäß § 68b StPO bestellten Zeugenbeistandes ist in der Rechtsprechung umstritten. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung an, wonach dem für die Dauer der Zeugenvernehmung beigeordneten Rechtsbeistand nur eine Verfahrensgebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zusteht.
Die Vorbemerkung Teil 4 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses zum VV RVG bestimmt, dass die Vorschriften des 4. Teils des VV RVG für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand entsprechend anzuwenden sind. Damit gilt grundsätzlich auch Abschnitt 3 des 4. Teils der VV RVG entsprechend. Denn wäre Abschnitt 3 nicht anwendbar, hätte hinsichtlich der Vergütung des beigeordneten Zeugenbeistandes statt auf den gesamten Teil 4 lediglich auf den 1. Abschnitt des 4. Teils verwiesen werden dürfen (OLG Bamberg 1. Strafsenat Beschluss vom 14.4.2008 AZ.: 1 Ws 157/08 zitiert nach [...] Rdn. 19). Welcher Vergütungsanspruch letztlich erfüllt ist, richtet sich nach Art und Umfang der im Rahmen der Bestellung erbrachten Tätigkeit (§ 48 Abs.1 RVG). Die Beiordnung des Rechtsanwalts erfolgt hier lediglich für eine Einzeltätigkeit, nämlich die Beistandsleistung w ährend der ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Zeugin XXX am 12.1.2011. Aus Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG ergibt sich, dass auch ein Rechtsanwalt, dessen Beistandsleistung für den Beschuldigten sich auf eine entsprechende Tätigkeit beschränkt, keine h öhere Vergütung verlangen kann.
1. Der Umstand, dass vorliegend das Landgericht Kempten (Allgäu) anstelle des zuständigen Amtsrichters des Amtsgerichts Kaufbeuren (§ 56 Abs. 1 Satz 1 RVG) über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.1.2013 durch die Urkundsbeamtin des Amtsgerichts Kaufbeuren entschieden hat, führt vorliegend nicht zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und Zurückverweisung an das Amtsgericht Kaufbeuren.
Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten vom 7.2.2011 war gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG zunächst die Urkundsbeamtin berufen. Denn sie hat, soweit sie die Erinnerung für zulässig und begründet hält, der Erinnerung abzuhelfen (Hartung/Römermann RVG § 56 Rdn. 20; Hartmann Kostengesetz 43. Aufl. § 56 RVG Rdn. 8). Zulässiger Rechtsbehelf gegen die den Zeugenbeistand erstmals belastende Erinnerungsentscheidung vom 24.1.2013 ist die Erinnerung. Da die Urkundsbeamtin dieser Erinnerung nicht abgeholfen hat, war zur Entscheidung über diese das Gericht des ersten Rechtszuges, somit das Amtsgericht Kaufbeuren berufen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 RVG). Erst gegen diese Entscheidung wäre das Landgericht Kempten (Allgäu) als Beschwerdegericht zur Entscheidung berufen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 bis 8 RVG).
Das zur Entscheidung über den Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) berufene Oberlandesgericht kann vorliegend entsprechend dem Rechtsgedanken des § 309 Abs. 2 StPO anstelle des Erstgerichts über die Rechtsfrage im vollen Umfang entscheiden. Somit liegt ein Ausnahmefall, der zu einer Aufhebung und Zurückverweisung führt, nicht vor. Denn nach der Rechtsprechung liegt ein derartiger Fall dann vor, wenn sich die Entscheidung nicht als Erkenntnis des dafür vorgesehen Spruchkörpers darstellt und der Mangel im Beschwerdeverfahren nicht in dem Sinne auszugleichen ist, dass das Beschwerdegericht voll an die Stelle des an sich zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers treten kann (BGHSt 38, 312 ff.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
2. Die Beiordnung eines Beistandes für einen schutzbedürftigen Zeugen auf das Kostenrisiko des Staates wird nur in Ausnahmefällen erlaubt. Sie ist nach § 68b Abs. 2 StPO in zweifacher Hinsicht subsidiär. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Zeuge bereits einen anwaltlichen Beistand hat oder (wie vorliegend) selbstständig beigezogen hat. Sie setzt zudem voraus, dass der Zeuge seine Befugnisse nicht selbst wahrnehmen kann (Meyer-Goßner 56. Aufl. StPO § 68b Rdn. 12). Die Beiordnung beschränkt sich auf die Dauer der Vernehmung, d.h. auf alle Vorgänge, die mit ihr in engerer Verbindung stehen oder sich aus ihr entwickeln. Sie umfasst ein vorheriges Beratungsgespräch mit dem Zeugen und endet grundsätzlich mit der Entlassung des Zeugen (Meyer-Goßner aaO § 68b Rdn. 12). Bei einer wiederholten, nicht nur unterbrochen Vernehmung des Zeugen bedarf es einer erneuten Entscheidung über die Beiordnung (Meyer-Goßner aao § 68b Rdn. 12). Die Rechtsstellung des Zeugenbeistands leitet sich aus der des Zeugen ab. Er hat keine Rechte als Verfahrensbeteiligter und nicht mehr Befugnisse als der Zeuge selbst. Er ist somit über § 475 StPO hinaus nicht zur Akteneinsicht befugt (Meyer-Goßner aaO § 68b Rdn. 5). Er hat ein durch seinen Aufgabenkreis beschränktes Mitwirkungsrecht. Er kann unzulässige Fragen beanstanden. Er soll ferner die Wahrnehmung der Weigerungsrechte des Zeugen nach § 52 ff. StPO ermöglichen und bei Zeugen, die in ihrer Aussagefähigkeit oder -bereitschaft gehemmt sind, Aussagefehler und Missverständnisse verhindern (Meyer-Goßner aaO § 68 b Rdn. 5). Er hat kein selbstständiges Antragsrecht und darf den Zeugen nur beraten. Er kann für den Zeugen jedoch Anträge und Erklärungen anbringen, auf die Protokollierung der Aussage und die Vermeidung von Aussagefehlern und Missverständnissen Einfluss nehmen, ihn aber nicht bei der Aussage vertreten (Meyer-Goßner aaO § 68 b Rdn. 5).
3. Demgegenüber erstreckt sich die Bestellung eines Verteidigers auf das gesamte Verfahren einschließlich des Verfahrens vor dem beauftragten oder ersuchten Richters bis zur Urteilsrechtskraft (Meyer-Goßner aaO § 140 Rdn. 5, 7 und 8). Sie umfasst daher auch die Einlegung von Rechtsmitteln, so die Einlegung und Begründung der Revision und das gesamte Revisionsverfahren (Meyer-Goßner aaO § 140 Rdn. 8). Etwas andere gilt nur, wenn sie im Rahmen der Bestellung nach § 140 Abs. 2 StPO beschränkt wird z.B. auf die erst Instanz (Meyer-Goßner aaO § 140 Rdn. 6). Innerhalb dieser Instanz umfasst sie aber die Vertretung des Beschuldigten im vollen Umfang. Ein Verteidiger hat die Rechte des Beschuldigten allseitig zu wahren, zur Beachtung aller ihm günstigen rechtlichen und tatsächlichen Umstände beizutragen und auf die strenge Justizförmigkeit des Verfahrens hinzuwirken (Meyer-Goßner aaO vor § 137 Rdn. 1). Er ist hierbei auch berechtigt, eigene Ermittlungen zu tätigen, insbesondere Zeugen, Mitbeschuldigte und Sachverständige vor und außerhalb der Hauptverhandlung zu befragen (Meyer-Goßner aaO vor § 137 Rdn. 2).
4. Die Tätigkeit eines nach § 68b StPO beigeordneten Rechtsanwalts ist somit im Gegensatz zu der umfassenden Vertretungsbefugnis eines Verteidigers vergleichbar mit dem im 3. Abschnitt (Einzeltätigkeit) unter Ziffer 4301 Ziffer 4 VV RVG erfassten Sachverhalt, nämlich der Beistandsleistung eines Rechtsanwaltes, dem nicht die Verteidigung oder die Vertretung für das Verfahren übertragen worden ist. Auch wenn eine sachdienliche Tätigkeit bei dieser Beistandsleistung eine Information über den Verfahrensstand und/oder ein Vorgespräch mit dem Beschuldigten/Zeugen erfordert, hat der Gesetzgeber für diesen Bereich der Einzeltätigkeit keine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG für die Einarbeitung in die Sache vorgesehen (OLG Stuttgart 6. Strafsenat Beschluss vom 15.8.2011 AZ.: 6-2 StE 2/10 zitiert nach [...] Rdn. 10). Die Subsidiarität von Nr. 4301 VV RVG läge nur dann vor, wenn dem Rechtsanwalt auch sonst die Vertretung des Zeugen übertragen worden wäre. Mit einer umfassenden Vertretung des Zeugen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht vom Gericht beauftragt worden.
5. Der Bewertung der Tätigkeit des für die Vernehmung beigeordneten Zeugenbeistandes als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG stehen auch die Gesetzesmaterialien nicht entgegen. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfes sollen erstmals auch im Strafverfahren die Gebühren eines Rechtsanwaltes für seine Tätigkeit als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen gesetzlich geregelt werden. Der Rechtsanwalt soll zwar bei diesen Tätigkeiten die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten (BT-Drucksache 15/1971 S. 220). Dagegen sollen nach dem Gesetzeswortlaut in der Vorbemerkung die Regelungen nur entsprechend anwendbar sein (Teil 4 Ziffer 1 VV RVG). Der Versuch der Bundesregierung im Jahre 2012, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, den Meinungsstreit über die Vergütung des Zeugenbeistandes zu beenden, indem die Vorbemerkung zu Teil 4 Ziffer 1 VV RVG die Regelung erhalten sollte, dass "der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger im Strafverfahren" für entsprechende Beistandsleistungen erhalten sollte und damit eine entsprechende Formulierung wie bei der Vorbemerkung zu Teil 5 Absatz 1 VV RVG zu wählen (BT-Drucksache 17/11471 S. 123, 281), ist gescheitert. Der Bundesrat hat diese Änderung mit der Begründung abgelehnt, dass sich die Vergütung an Art und Umfang der erbrachten Leistung orientieren soll. Die Verantwortung des Zeugenbeistandes könne jedoch nicht mit der eines Verteidigers, der seinen tatsächlich mit dem konkreten Strafvorwurf konfrontierten Mandanten umfassend vertritt, gleichgesetzt werden. Der Zeugenbeistand könne lediglich unzulässige Fragen beanstanden und solle die sachgerechte Ausübung von Zeugnisverweigerungsrechten ermöglichen. Er habe ein Recht zur Anwesenheit nur während der Vernehmung des von ihm vertretenen Zeugen, nicht während der gesamten Verhandlung. Seine Tätigkeit ende mit dem Abschluss der Vernehmung des von ihm vertretenen Zeugen. Er habe kein Antrags- und Fragerecht im Termin. Er habe ein Akteneinsichtsrecht nur im Rahmen des § 475 StPO. Es sei daher nicht sachgerecht, für diese begrenzte Tätigkeit die gleichen Gebühren anzusetzen wie für das Wirken eines Verteidigers (BR-Drucksache 517/1/12 Seiten 94 und 95).
6. Auch der Umstand, dass die Vorbemerkung Teil 5 Ziffer I für Bußgeldsachen folgende Regelung enthält: "Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligen, eines Zeugen oder eines Sachverständigen in einem Verfahren, für das sich die Gebühren nach diesem Teil bestimmen, entstehen die gleichen Gebühren wie für einen Verteidiger in diesem Verfahren" führt zu keiner anderen Betrachtung. Es handelt sich um einen gesetzgeberischen Widerspruch, der hier nicht aufgeklärt werden kann. Trotz des Hinweises im Gesetzgebungsverfahren durch die Bundesregierung (BT-Drucksache 17/11471 S. 281 zu Nr. 60), wurde der Wortlaut der Vorbemerkung zu Teil 4 Ziffer 1 nicht abgeändert bzw. der Vorbemerkung zu Teil 5 Ziffer I angepasst.
7. Da der bestellte Zeugenbeistand kein Vollvertreter des Zeugen ist, sondern ihm nur für die ermittlungsrichterliche Vernehmung beigeordnet worden ist, steht dem Beschwerdeführer eine Vergütung als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG, wie bereits mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.1.2013 festgesetzt, zu. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach bisherigen Recht zu vergüten, da der Zeugenbeistand vor Inkrafttreten der Erhöhung der Einzeltätigkeitsgebühr beigeordnet worden ist. Die weitere Beschwerde des Zeugenbeistandes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
8. Eine Verwirkung des Erinnerungsrechts der Staatskasse ist nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer konnte sich nicht darauf einstellen, dass die Kostenfrage längst abgeschlossen ist. Gegen den Festsetzungsbeschluss vom 7.2.2011 hat der Bezirksrevisor mit Schriftsatz vom 6.7.2011 Erinnerung eingelegt. Dieser Schriftsatz war dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 13.7.2011, die am 28.7.2011 ausgeführt worden war, mitgeteilt worden. Er wusste somit seit diesem Zeitpunkt, dass das Festsetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Zwischen der Festsetzung und der Einlegung der Erinnerung lag kein erheblicher Zeitpunkt, der trotz der am 7.2.2011 verfügten Anweisung des festgesetzten Auszahlungsbetrages geeignet wäre, einen Vertrauensschutz zu rechtfertigen.
9. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.