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  • 23.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144749

    Landgericht Duisburg: Beschluss vom 12.08.2013 – 7 T 131/13



    Für eine im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach Maßgabe des § 802b ZPO n. F. abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung entsteht in der Regel keine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG


    Landgericht Duisburg

    7 T 131/13

    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 24.06.2013 wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Gläubigerin zur Last.

    Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

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    Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Gläubigerin vom 30.05.2013 im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, da der Gerichtsvollzieher die von der Gläubigerin begehrte Beitreibung der in die Forderungsaufstellung vom 21.05.2013 eingestellten Einigungsgebühr gemäß § 788 Abs. 1 ZPO zu Recht abgelehnt hat. Eine Einigungsgebühr ist nach Maßgabe der Nr. 1000 VV RVG nicht entstanden.

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    Es kann dahinstehen, ob die vom Amtsgericht referierten Grundsätze der – zu § 806b ZPO a. F. ergangenen – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.06.2006 (Az. VII ZB 157/05) unter der Geltung des § 802b ZPO n. F. uneingeschränkt Fortgeltung beanspruchen können. Selbst wenn man die in § 802b Abs. 2 ZPO n. F. vorgesehene „Zahlungsvereinbarung“ als vollstreckungsbeschränkenden Vertrag ansieht (vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 802b Rn. 6), sind jedenfalls die gebührenrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG nicht erfüllt. Hiernach entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Abs. 1). Entsprechendes gilt für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrags nicht ursächlich war (Abs. 2).

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    Vorliegend fehlt es schon an dem Tatbestandsmerkmal der „Mitwirkung“. Denn die Ratenzahlungsvereinbarung ist nicht wesentlich durch eine Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin, sondern des Gerichtsvollziehers zustande gekommen (vgl. Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 806b Rn. 25). Die von den Verfahrensbevollmächtigten abgegebene Zustimmungserklärung vom 21.05.2013 war für das Zustandekommen der Zahlungsvereinbarung unerheblich. Gemäß § 802b Abs. 2 ZPO kommt die Zahlungsvereinbarung unter der Voraussetzung, dass Gläubiger eine solche nicht ausgeschlossen hat, bereits dadurch zustande, dass der Gerichtsvollzieher eine Tilgung durch Teilleistungen gestattet und einen entsprechenden Zahlungsplan festsetzt. Dem Gläubiger steht gemäß § 802b Abs. 3 ZPO lediglich ein Widerspruchsrecht zu, durch dessen Ausübung der Zahlungsplan ggf. rückwirkend hinfällig wird. Das bloße Unterlassen eines Ausschlusses bzw. Widerspruchs stellt noch keine Mitwirkung beim Abschluss der Zahlungsvereinbarung dar. Die Auffassung der Gläubigerin, dieses Unterlassen stehe einem Handeln – und damit einer Mitwirkung – gleich, erscheint abwegig, da der Begriff der „Mitwirkung“ bereits semantisch ein Element des aktiven Tuns enthält und es auch nicht Sinn und Zweck der Vergütungsvorschriften des RVG sein kann, Rechtsanwälten eine Vergütung für bloße Untätigkeit zu verschaffen. Dementsprechend sieht § 1 Abs. 1 S. 1 RVG eine Vergütung auch nur für anwaltliche „Tätigkeiten“ vor. Auch Verhandlungen, an denen die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin in irgendeiner Weise beteiligt waren, sind der abgeschlossenen Zahlungsvereinbarung nicht vorausgegangen.

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    Darüber hinaus stellt die Zahlungsvereinbarung gemäß § 802b Abs. 2 ZPO keinen Vertrag dar, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Hierunter können zwar grundsätzlich auch Vereinbarungen in der Zwangsvollstreckung fallen, wenn lediglich die Verwirklichung des titulierten Anspruchs unsicher ist (KG Berlin, Beschluss vom 02.05.2006 – 1 W 357/05, zitiert nach juris). Eine Zahlungsvereinbarung der hier vorliegenden Art ist jedoch nicht dazu geeignet, die Ungewissheit des Gläubigers über die Durchsetzbarkeit seines Anspruchs in irgendeiner Form zu beseitigen. Ob ein titulierter Anspruch verwirklicht werden kann, hängt neben der Leistungsfähigkeit des Schuldners von dessen Leistungswilligkeit ab. Bei fehlender Leistungswilligkeit des Schuldners muss der Gläubiger seinen Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Ungewiss bleibt auch dann, ob die Zwangsvollstreckung zum Erfolg führen wird. Die insoweit fortbestehende Ungewissheit kann durch eine Ratenzahlungsvereinbarung allein nicht beseitigt werden, sondern nur dann, wenn der der Gläubiger eine erweiterte Zugriffsmöglichkeit oder eine zusätzliche Sicherheit erhält, die ihm die Durchsetzung seines Anspruchs erleichtert. Fehlt es – wie hier – an einem solchen Element, führt eine bloße Ratenzahlungsvereinbarung – ebenso wenig wie das Anerkenntnis eines unstreitigen Anspruchs – zu einer Beseitigung der Ungewissheit über die Verwirklichung des Anspruchs (KG Berlin, a. a. O.; LG Münster, Beschluss vom 03.09.2007 – 5 T 697/07, zitiert nach juris).

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    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    RechtsgebieteZPO, VV RVGVorschriften§ 788 Abs. 1 ZPO; § 802b ZPO; Nr. 1000 VV RVG