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  • 14.07.2015 · IWW-Abrufnummer 144907

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 16.04.2015 – 15 W 13/15

    Für das Verfahren über die Genehmigung eines Hofübergabevertrages (§ 17 Abs. 3 HöfeO) ist lediglich eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 0,5 nach GNotKG KV Nr. 15112 zu erheben.



    Tenor:

    Das Verfahren wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vom Einzelrichter auf den Senat übertragen.

    Der Beschluss vom 10.11.2014 wird aufgehoben. Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1) wird der Kostenansatz des Landwirtschaftsgerichts dahingehend abgeändert, dass die Gebühr für die Genehmigung des Hofübergabevertrags nach KV Nr. 15112 GNotKG (Geschäftswert 301.248 €) 1.231,00 € beträgt.

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    Gründe:
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    I.
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    Mit Hofübergabevertrag vom 11.06.2014 (UR-Nr.169/2014 des Notars Dr. L in B) übertrug der Landwirt T im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Hof auf den Beteiligten zu 1), seinen Sohn.
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    Mit am 16.06.2014 beim Landwirtschaftsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 13.06.2014 beantragten die Vertragsbeteiligten die Genehmigung des Hofübergabevertrages. Mit Beschluss vom 18.08.2014 genehmigte das Landwirtschaftsgericht die Hofübergabe und verpflichtete den Beteiligten zu 1) zur Tragung der Gerichtskosten.
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    Mit Beschluss vom 12.09.2014 setzte das Landwirtschaftsgericht den Gegenstandswert unter Berücksichtigung des Bewertungsprivilegs nach § 48 GNotKG auf 301.248 € fest.
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    Das Amtsgericht stellte dem Beteiligten zu 1) mit Kostenansatz vom 1.10.2014 Gebühren gemäß KV Nr. 15110 Ziffer 4 GNotKG in Höhe von 4.926 € in Rechnung.
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    Gegen diese Kostenrechnung legte der Beteiligte zu 1) Erinnerung ein und führte aus, dass die Genehmigung von Hofübergabeverträgen nicht zu den in KV Nr. 15110 Ziffer 4 GNotKG aufgeführten Verfahren nach § 18 HöfeO gehöre. Die Gerichtsgebühr sei nach KV Nr. 15112 GNotKG zu bestimmen.
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    Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem zuständigen Landwirtschaftsrichter zur Entscheidung vor. Nach Einholung einer Stellungnahme der Beteiligten zu 2) hat der Landwirtschaftsrichter die Erinnerung mit Beschluss vom 10.11.2014 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 17.12.2014 eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1), der das Amtsgericht mit Beschluss vom 18.12.2014 nicht abgeholfen hat und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
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    II.
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    Die Beschwerde ist nach § 81 Abs.2 GNotKG zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert erreicht. Bei der von dem Beteiligten zu 1) angestrebten Bestimmung der Gerichtsgebühr nach KV Nr. 15112 GNotKG würde sich diese in Höhe von 1.231,00 € ergeben und damit 3.695,00 € niedriger als die bisher in Ansatz gebrachte Gebühr liegen.
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    In der Sache ist die Beschwerde begründet.
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    Da das gerichtliche Verfahren auf Genehmigung des Hofübergabevertrags nach dem Inkrafttreten des GNotKG am 1.08.2013 anhängig gemacht worden ist, sind die Gebühren den Bestimmungen des GNotKG zu entnehmen (§§ 134, 136 GNotKG).
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    Im Ausgangspunkt umfasst allerdings die Wortbedeutung der KV Nr. 15110 Ziffer 4 („sonstiger Antrag oder Streitigkeit nach § 18 Abs. 1 HöfeO) auch das hier vorliegende Verfahren auf Genehmigung eines Hofübergabevertrages nach § 17 Abs. 3 HöfeO.
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    Nach § 18 Abs. 1 HöfeO sind die Landwirtschaftsgerichte zuständig für die Entscheidung über alle Anträge und Streitigkeiten, die sich bei Anwendung der Höfeordnung ergeben, sowie aus Abmachungen der Beteiligten hierüber. Zu den „Abmachungen“ im Sinne des § 18 Abs. 1 HöfeO gehören auch Vereinbarungen über die Hoferbfolge selbst, insbesondere auch Hofübergangsverträge (vgl. Wöhrmann, Landwirtschaftsrecht, 10. Auflage, § 18 HöfeO Rn.13). Unter § 18 Abs. 1 HöfeO fallen nach dem eindeutigen Wortlaut auch die in den vorangegangenen Bestimmungen der Höfeordnung bereits explizit aufgezählten Verfahren, wie zum Beispiel das Verfahren nach § 17 Abs. 3 HöfeO. Für die von dem Beteiligten zu 1) vertretene Auffassung, von § 18 Abs. 1 HöfeO seien nur solche Verfahren erfasst, die nicht bereits in den vorangegangenen Bestimmungen der Höfeordnung erwähnt seien (so auch Giers in Schneider/Volpert/Fröhlich Nomos Kommentar zum gesamten Kostenrecht, 2014, KV 15110 Rn.4), lässt die gesetzliche Vorschrift keinen Raum. Die §§ 9 Abs. 2, 12, 13, 14 Abs. 1 und Abs. 3, 15 und 17 HöfeO weisen die dort angeführten Entscheidungen ohne nähere Bestimmung „dem Gericht“ zu. Die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts auch für diese Verfahren ergibt sich erst aus § 18 HöfeO. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) begründet § 17 Abs. 3 HöfeO nicht lediglich eine Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit von der Landwirtschaftsbehörde auf das Landwirtschaftsgericht. Denn der sachliche Prüfungsumfang des Gerichts erstreckt sich umfassend auf die Wirksamkeit der Hofübergabevertrages sowohl unter höferechtlichen Aspekten als auch in Bezug auf etwaige Versagungsgründe nach dem GrdstVG (Wöhrmann, a. a. O., § 17 Rn.80). Dementsprechend bezieht sich die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer im Hauptsachverfahren vom 7.08.2014 auch ausdrücklich auf die dort bejahte Wirtschaftsfähigkeit des Übernehmers.
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    Auch aus der Systematik der Nr. 15110 lässt sich eine Einschränkung der Wortbedeutung nicht ableiten. Zwar ist in Ziffer 3 mit der Regelung und Entscheidung der mit dem Hofübergang zusammenhängenden Fragen im Fall des § 14 Abs. 3 HöfeO ein vom Landwirtschaftsgericht nach der Höfeordnung zu entscheidendes Verfahren explizit aufgeführt. An diese ausdrückliche Bestimmung anknüpfend hat der Gesetzgeber nämlich dann unter Ziffer 4 auch sonstige Anträge und Streitigkeiten nach § 18 HöfeO dem Gebührentatbestand der Nr. 15110 zugeordnet. Das Verfahren nach § 14 Abs. 3 HöfeO ist damit nur besonders herausgestellt. Durch die Anknüpfung mit dem Begriff „sonstige“ wird aber deutlich, dass der Gesetzgeber auch das Verfahren nach § 14 Abs. 3 HöfeO dem Bereich der Anträge und Streitigkeiten nach § 18 HöfeO zuordnet.
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    Trotz des für sich genommen eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die daraus abzuleitenden kostenrechtlichen Konsequenzen dem wirklichen Willen des Gesetzgebers nicht entsprechen. Grundlage für diese Überzeugung ist die – wenn auch sehr knapp gefasste – Begründung des Regierungsentwurfs zu den Nr. 15110 und 15112 (BT-Drucksache 17/11471 (neu) S. 213). Zu Nr. 15110 wird dort ausgeführt, diese Vorschrift fasse im Wesentlichen diejenigen Gebührentatbestände zusammen, für die das bisherige Recht das Vierfache oder das Doppelte der vollen Gebühr vorsehe. Es handele sich dabei um § 36a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 LwVfG, § 65 Abs. 3 LwAnpG sowie § 22 HöfeVfO. Zu Nr. 15112 wird hervorgehoben, die Vorschrift sei als Auffangtatbestand ausgestaltet, der sämtliche Verfahren betreffe, die nicht in Nr. 15110 erfasst seien. Aus Vereinfachungsgründen werde für diese sämtlichen weiteren Verfahren ein einheitlicher Gebührensatz (0,5) vorgesehen. Die Formulierung „im Wesentlichen“ lässt zwar die Möglichkeit offen, dass der Anwendungsbereich der Nr. 15110 auch andere Verfahren betreffen soll, die im bisherigen Recht nicht mit einem doppelten oder vierfachen Gebührensatz belegt waren. Der Senat hält es jedoch unter Berücksichtigung der Zusammenhänge mit dem bisherigen Kostenrecht für ausgeschlossen, dass sich hinter der Formulierung „im Wesentlichen“ ein Art Öffnungsklausel verbergen sollte, die die Möglichkeit der Erfassung auch anderer Verfahren eröffnen sollte, die nach dem bisherigen Recht mit einem geringeren Gebührensatz belegt waren.
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    Der Kern des in der Gesetzesfassung der Nrn. 15110 und 15112 nicht gelösten Problems liegt darin, dass der Begriff des Verfahrens über sonstige Anträge und Streitigkeiten nach § 18 Abs. 1 HöfeO aufgrund des generalklauselartigen Charakters dieser Vorschrift auf eine Vielzahl von Verfahren zutrifft, für die in der HöfeVfO anstelle der doppelten Gebühr geringere Gebührensätze vorgesehen waren. Es handelt sich dabei um die in § 21 HöfeVfO genannten Verfahren, insbesondere nach § 11 Abs. 1 lit a) bis f) und h) HöfeVfO, die mit einem Gebührensatz von einer vollen Gebühr belastet waren, sowie die in § 23 HöfeVfO genannten Verfahren, die mit einem Gebührensatz von lediglich einem Viertel belegt waren; dazu gehört insbesondere auch das hier vorliegende Verfahren auf Genehmigung eines Hofübergabevertrages. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber diese Sondervorschriften mit Gebührenermäßigungen übersehen hat. Das Gegenteil belegt die Begründung in dem vorhergehenden Abschnitt, in dem ausgeführt ist, dass die bisherige Gebührenvorschrift des § 21 lit. g) HöfeVfO für die Erteilung eines Erbscheins (Hoffolgezeugnisses) im neuen Recht durch die Verweisung in Vorbemerkung 1.5.1 Abs. 1 auf die Vorschriften über das Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins der Sache nach unverändert geblieben sei; für die Entgegennahme der Erklärung eines Hoferben nach § 9 Abs. 2 Satz 1 HöfeO, die bislang in § 23 lit. c) HöfeVfO mit einer Viertel Gebühr belegt war, wird nunmehr auf KV Nr. 12410 (Festgebühr von 15 €) verwiesen. Zudem wird die Unterschiedlichkeit der Gebührensätze des bisherigen Rechts für einzelne Verfahren mit dem Ziel einer Vereinheitlichung in der Begründung zum Auffangtatbestand der KV Nr. 15112 ausdrücklich hervorgehoben. Bei
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    einer lediglich am Wortlaut orientierten Auslegung der KV Nr. 15110 müsste nicht nur für die Genehmigung eines Hofübergabevertrages, sondern für sämtliche weiteren bislang in §§ 21 und 23 HöfeVfO genannten Verfahren ein Gebührensatz 2,0 erhoben werden. Die Gesetzesbegründung lässt jedoch auch nicht andeutungsweise erkennen, dass neben der beabsichtigen Vereinfachung der Kostenerhebung für eine Vielzahl von Verfahren eine Verdoppelung (im Verhältnis zu § 21 HöfeVfO) bzw. eine Verachtfachung (im Verhältnis zu § 23 HöfeVfO) des Gebührensatzes beabsichtigt sei. Dabei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die nunmehr im Unterabschnitt 1 vorgesehene Anwendung der Tabelle A anstelle der Tabelle B im Bereich des hier festgesetzten Geschäftswertes ohnehin bereits zu einer Erhöhung des Gebührenbetrages um das gerundet Vierfache führt, die sich sodann mit einer Erhöhung des Gebührensatzes entsprechend multiplizieren würde. Wäre eine derart drastische Gebührenerhöhung beabsichtigt gewesen, hätte sie in der Begründung der Gesetzesvorlage schon deshalb angesprochen werden müssen, um dem Gesetzgeber die Abschätzung der agrarpolitischen Konsequenzen zu ermöglichen insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass durch die exorbitante Gebührenerhöhung ein Anreiz zum Ausscheiden aus dem fakultativen Höferecht geschaffen würde.
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    Ein weiterer Abschnitt aus der Begründung zu Nr. 15112 weist in dieselbe Richtung. Dort heiß es, bei dem genannten Auffangtatbestand werde die Privilegierung für Übergabeverträge in gerichtlichen Verfahren aufgrund der Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Veräußerung (§ 1 Nr. 2 LwVfG) nicht übernommen, weil diese sachlich nicht geboten sei. In diesen Verfahren, die die gerichtliche Überprüfung der Versagung einer Genehmigung nach dem GrdstVG betreffen, wurde bisher nach § 36 Abs. 1 S. 2 LwVfG die Hälfte der vollen Gebühr, bei einem Übergabevertrag ein Viertel der vollen Gebühr erhoben. Im Ergebnis verbleibt es also nach neuem Recht bei dem Gebührensatz aus Nr. 15112 mit einheitlich 0,5 für alle Verfahren nach § 1 Nr. 2 LwVfG. Dann kann es aber nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, für die Genehmigung eines Hofübergabevertrages einen Gebührensatz von 2,0 zur Anwendung zu bringen. Denn wie bereits ausgeführt hat sich der Umfang der sachlichen Prüfung der Genehmigung eines Hofübergabevertrages auch auf etwaige Versagungsgründe nach dem GrdstVG zu erstrecken. Es würde jedoch zu einem widersprüchlichen und untragbaren Ergebnis führen, wenn für eine inhaltsgleiche Entscheidung in Bundesländern ohne Höferecht ein Gebührensatz von 0,5, für die Entscheidung über die Genehmigung eines Hofübergabevertrages in einem Bundesland, in dem die HöfeO gilt, jedoch das Vierfache mit einem Gebührensatz von 2,0 erhoben würde.
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    Der Gesetzgeber hat sich nicht der Mühe unterzogen, bezogen auf die Gesamtmenge von Verfahren, die von der Generalklausel des § 18 Abs. 1 HöfeO erfasst werden, eine begriffliche Unterscheidung zwischen denjenigen Verfahren auszuformulieren, für die nach KV Nr. 15110 der Gebührensatz von 2,0 gelten soll, und denjenigen, die lediglich mit dem Gebührensatz von 0,5 aus KV Nr. 15112 belegt werden sollen. Mit den bisherige Sondervorschriften in §§ 21 und 23 HöfeVfO hatte der Gesetzgeber einen gesetzestechnisch möglichen Weg für eine solche Unterscheidung gewählt. Denkbar wäre auch eine nähere Eingrenzung derjenigen Verfahren nach § 18 Abs. 1 HöfeO gewesen, für die nunmehr der Gebührensatz von 2,0 gelten soll. Ungeachtet des so entstandenen begrifflichen Minenfeldes muss bei der Gesetzesauslegung der nach Auffassung des Senats nachweisbare Wille des Gesetzgebers den Ausschlag geben, dass der erhöhte Gebührensatz des KV Nr. 15110 für die bisher in den §§ 21 und 23 HöfeVfO mit einem ermäßigten Gebührensatz belegten Verfahren nicht gelten, sondern dass insoweit der nunmehr einheitliche Gebührensatz von 0,5 nach KV Nr. 15112 Anwendung finden soll.
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    Die einfache Gebühr nach der Tabelle A für einen Geschäftswert bis 320.000 € beträgt 2.462,00 €. Die hier anzusetzende halbe Gebühr beträgt somit 1.231,00 €.
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    Der Kostenansatz war entsprechend abzuändern.
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    Das Verfahren der Beschwerde gegen den Kostenansatz ist gebührenfrei.
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    Kosten werden nicht erstattet (§ 81 Abs. 8 GNotKG).

    RechtsgebieteGerichtskosten, Gebührenerhebung für die Genehmigung eines HofübergabevertragesVorschriftenGNotKG KV Nr. 15110 und 15112