07.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145066
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 06.05.2015 – 2 Ws 40/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Hamm
2 Ws 40/15
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Dem Verteidiger Rechtsanwalt S sind über die bereits mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bochum – Rechtspflegerin - vom 24. November 2014 zu erstattenden Gebühren und Auslagen hinaus weitere Auslagen für die Anschaffung von zwei Festplatten in Höhe von 257,00 € (215,97 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer) zu erstatten.
Dem Verteidiger Rechtsanwalt S wird aufgegeben, die beiden Festplatten dem Gericht nach Beendigung des Mandats auszuhändigen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 257,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
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I.
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Der Verteidiger hat im Rahmen seines Kostenfestsetzungsantrages vom 21. Oktober 2014 – Antrag auf Zahlung eines Vorschusses gem. § 47 Abs. 1 RVG auf die Pflichtverteidigergebühren - u. a. „sonstige Auslagen, Kauf zweier Festplatten zur Spiegelung der durch die Staatsanwaltschaft überreichten Festplatten“ in Höhe von 215,97 € netto für geltend gemacht. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bochum - Rechtspflegerin ‑ vom 24. November 2014 wurden die dem Verteidiger zu erstattenden Gebühren und Auslagen im Wesentlichen antragsgemäß auf 1.477,09 € festgesetzt. Abgesetzt wurden lediglich die für die Anschaffung der beiden Festplatten geltend gemachten Kosten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich insoweit um allgemeine Geschäftskosten handele, die mit den Gebühren abgegolten seien. Der Rechtsanwalt sei nicht befugt, die Erstattung der allgemeinen Geschäftskosten neben den Gebühren zu fordern; vielmehr müsse er diese allgemeinen Geschäftskosten selbst tragen. Bei den geltend gemachten Kosten für die Anschaffung der zwei Festplatten handele es sich auch nicht um spezielle Geschäftskosten, deren Ersatz in VV 7000-7008 RVG geregelt sei. Ähnlich Büromaschinen und Software handele es sich um Anschaffungen, die auch im Rahmen weiterer Mandate eingesetzt könnten.
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Die gegen diesen Beschluss von dem Verteidiger eingelegte Erinnerung vom 10. Dezember 2014 hat das Landgericht Bochum mit angefochtenem Beschluss vom 6. Januar 2015 nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht als unbegründet zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist in dem angefochtenen Beschluss im Wesentlichen ausgeführt, dass die für den Erwerb der Festplatten entstandenen Kosten nicht erstattungsfähige allgemeine Geschäftskosten seien, auch wenn die Festplatten erst für die Verteidigung des Angeklagten in dieser Sache angeschafft wurden. Die Festplatten seien der Büroausstattung zuzuordnen. Ihre Anschaffung diente der Erweiterung der Speicherkapazität, weil der für die Kanzlei des Erinnerungsführers vor ca. zwei Jahren angeschaffte Server mit 4 TB Speicherkapazität nicht mehr ausreichte. Der Vortrag des Verteidigers, dass die Festplatten nach dem Abschluss des Strafverfahrens gegen seinen Mandant wertlos und in dem Kanzleibetrieb nicht mehr anderweitig verwendbar seien, sei weder erheblich noch nachvollziehbar.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verteidigers vom 21. Januar 2015, per Telefax am 22. Januar 2015 beim Landgericht Bochum eingegangen.
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Mit Beschluss vom 26. Januar 2015 hat das Landgericht Bochum der Beschwerde nicht abgeholfen.
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Die Verwaltungsabteilung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm hat in ihrer Stellungnahme vom 3. März 2015 angeregt, dem Verteidiger die Auslagen für die Anschaffung von einer, bei Glaubhaftmachung eines notwendigen Speicheraufkommens von über vier TB auch von beiden Speicherplatten im tenorierten Umfang zu erstatten und dem Verteidiger aufzugeben, dem Gericht die Festplatten nach Beendigung des Mandats gemäß § 667 BGB auszuhändigen.
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II.
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Die gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1, 3 RVG statthafte, fristgerecht eingelegte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Über die dem Verteidiger bereits mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. November 2014 festgesetzten Auslagen und Gebühren hinaus sind ihm weitere Auslagen in Höhe von 257,00 € brutto für die Anschaffung der beiden Festplatten nach der Vorbemerkung 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB zu erstatten.
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Wie der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm in seiner Stellungnahme vom 3. März 2015 zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich der Erstattungsanspruch des Pflichtverteidigers zwar nicht aus Nr. 7000 VV RVG, und zwar weder aus einer unmittelbaren noch aus einer entsprechenden Anwendung dieses Auslagentatbestandes. Insoweit wird auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts sowie auf die Ausführungen in der Entscheidung des Kammergerichts vom 24. Mai 2011 (1 Ws 35/11, zitiert nach juris) Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt.
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Der Erstattungsanspruch folgt allerdings aus der Vorbemerkung 7 Abs. 1 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB.
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Die dem Pflichtverteidiger für die Anschaffung der beiden Festplatten entstandenen Auslagen sind keine Gemeinkosten, die für den allgemeinen Bürobetrieb angefallen sind. Wie der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm in seiner Stellungnahme vom 3. März 2015 zutreffend ausgeführt hat, zählen Aufwendungen für Computer und EDV-Anlagen nur insoweit zu den allgemeinen Geschäftskosten, als sie für die Unterhaltung des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwalts im Allgemeinen entstehen.
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Ob hierunter grundsätzlich auch Speicherplatz für in Strafverfahren ausschließlich elektronisch verfügbare Beweismittel zählt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Das Datenvolumen der Beweismittel ist in dem hier zu entscheidenden Fall mit vier Terabyte nämlich so ungewöhnlich groß, dass es die für die Unterhaltung des Kanzleibetriebs im Allgemeinen entstehenden Aufwendungen für Speicherbedarf bei weitem übersteigt.
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Dies zeigt sich schon daran, dass die Speicherung eines derartigen Datenvolumens auf gewöhnlichen DVDs mit einer üblichen Speicherkapazität von 4,7 GB mehr als 850 DVDs erfordern würde, wobei eine solche Speicherung nicht nur aus technischen Gründen wegen der erforderlichen Aufteilung der zu speichernden Dateien zumindest erhebliche Probleme aufwerfen würde, sondern darüber hinaus auch wegen des für die Übertragung der Datenmenge auf eine derart hohe Anzahl von DVDs erforderlichen Zeitaufwandes völlig unwirtschaftlich wäre. Dass das hier zur Verfügung gestellte Datenmaterial mit rund vier Terabyte den im allgemeinen anfallenden Bedarf an EDV-Ausstattung auch tatsächlich in der Kanzlei des Beschwerdeführers übersteigt, zeigt sich weiter daran, dass der Kanzleiserver eine Kapazität von nicht mehr als vier Terabyte aufweist, was nach dem unwiderlegten – und in jeder Hinsicht plausiblen – Vortrag des Beschwerdeführers derzeit auch völlig ausreichend ist.
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Vor diesem Hintergrund steht für den Senat außer Frage, dass die Aufwendungen für die Anschaffung der beiden Festplatten durch die Bearbeitung des konkreten Mandates veranlasst worden sind. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Festplatte mit einer Speicherkapazität von vier Terabyte, sondern auch f ür die zweite angeschaffte Festplatte. Da dem Beschwerdeführer zwei Festplatten mit Daten zur Verfügung gestellt wurden, die wegen ihres Umfangs nur durch Spiegelung der Dateiträger übertragen werden konnten, konnte es dem Beschwerdeführer auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes der kostenschonenden Prozessführung nicht zugemutet werden, IT-technisch jedenfalls aufwendige, wenn nicht sogar zwecklose, Versuche anzustellen, die auf zwei Festplatten enthaltenen Daten auf nur einer Festplatte zusammenzufassen.
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Die Aufwendungen für die Anschaffung beider Festplatten waren auch erforderlich im Sinne des §§ 670 BGB. Die kopierten Datenträger sind Bestandteil der Akten und enthalten Beweismittel, deren Kenntnis für die Wahrnehmung des Pflichtverteidigermandats erforderlich ist. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Präsidenten des Oberlandesgerichts in seiner Stellungnahme vom 3. März 2015 verwiesen werden.
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Im Hinblick auf die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass die beiden Datenträgern nach Abschluss des Strafverfahrens in seiner Kanzlei nicht weiter benutzt werden können und daher für ihn wertlos sind, sind die Festplatten von ihm nach Abschluss des Verfahrens dem Gericht gemäß § 667 BGB auszuhändigen.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.