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  • 11.08.2016 · IWW-Abrufnummer 187907

    Amtsgericht Hamm: Urteil vom 07.07.2016 – 17 C 131/16

    Ein Logistikunternehmen mit zahlreichen Fahrzeugen kann bei einem Verkehrsunfall für das 1. Aufforderungsschreiben an die gegnerische Versicherung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht ersetzt verlangen.


    Amtsgericht Hamm

    17 C 131/16

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Streitwert: 347,60 €

    1

    Tatbestand:

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    Die Klägerin ist ein deutschlandweit tätiges Logistikunternehmen. Am 26.05.2015 erlitt einer ihrer Lkw bei einem Verkehrsunfall einen Schaden. Der stehende Lkw der Klägerin wurde von einem bei der beklagten Versicherung versicherten Lkw angefahren. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin meldeten den Schaden mit Schreiben vom 28.05.2015 an und bezifferten diesen mit Schreiben vom 01.06.2015. Die Beklagte zahlte den Schaden aufgrund des Abrechnungsschreibens vom 02.07.2015. Die Klägerin begehrt Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

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    Die Klägerin behauptet, sie habe keine eigene Rechtsabteilung. Sie ist der Auffassung, deshalb dürfe sie bei einer Unfallschadensabwicklung sogleich ihre Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung von Ansprüchen beauftragen. Die Kostenrechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.07.2015 habe sie vor Klageerhebung ausgeglichen.

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    Die Klägerin beantragt,

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    die Beklagte zu verurteilen, an sie 347,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.09.2015 zu zahlen.

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    Die Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

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    Die Beklagte ist der Auffassung, bei dem einfach gelagerten Sachverhalt könne die Klägerin die Kosten für die erstmalige Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht ersetzt verlangen.

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    Entscheidungsgründe:

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    Die Klage ist unbegründet.

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    Die Klägerin kann von der Beklagten die aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 26.05.2015 entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht ersetzt verlangen.

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    Der Klägerin stand ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 StVG, 115 VVG zu. Die Beklagte war daher verpflichtet, der Klägerin ihre Schäden gemäß § 249 BGB zu ersetzen. Dabei sind allerdings nicht alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2015, IX ZR 280/14). Maßgeblich ist die Ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person.

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    Danach bestand hier aus Sicht der Klägerin kein Zweifel, dass die Beklagte Versicherung ihr den entstandenen Schaden in voller Höhe würde ersetzen müssen. Ihr stehendes Fahrzeug war durch das Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten beschädigt worden. Für die erstmalige Geltendmachung des entstandenen Schadens reichte ein eigenes Aufforderungsschreiben aus. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist nur dann erforderlich, wenn der Geschädigte selbst zur Geltendmachung seiner Ansprüche aus besonderen Gründen wie etwa einem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1994, VI ZR 3/94). Es kommt danach nicht darauf an, ob die Klägerin eine eigene Rechtsabteilung unterhält. Aufgrund der Vielzahl der von der Klägerin gehaltenen Fahrzeuge kommt es häufiger zu Unfällen. Das Personal der Klägerin war daher in der Lage, ein 1. Aufforderungsschreiben selbst zu verfassen. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 01.07.2016 darauf verweist, es lasse sich oft im Vorhinein nicht feststellen, ob es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handele, häufiger träten Probleme auch erst im Laufe der Regulierung auf, steht dies der eigenen Abfassung eines 1. Aufforderungsschreibens nicht entgegen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist gerechtfertigt und dessen Kosten sind zu erstatten, wenn die insofern rechtskundige Haftpflichtversicherung irgendwelche Einwendungen zum Grunde oder zur Höhe des Anspruchs macht. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte hingegen ohne erneute Nachfrage den geltend gemachten Schaden in voller Höhe reguliert.

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    Die von der Klägerin dennoch veranlassten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten sind von der Beklagten nicht zu erstatten.

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    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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    Rechtsbehelfsbelehrung:

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    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

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    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

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    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

    20

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    21

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.

    22

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    23

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    RechtsgebieteVerkehrsunfall, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, UnternehmenVorschriftenBGB § 249