23.07.2019 · IWW-Abrufnummer 210059
Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 15.05.2019 – I-24 U 171/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Düsseldorf
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der auf den 28. Mai 2019 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 7.350,-- festgesetzt.
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Gründe:
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Die Berufung des Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
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Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben. Auch die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung, dem Beklagten sämtliche Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, ist nicht zu beanstanden.
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1.
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Der Klägerin steht gegen den Beklagten gem. §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 VVG ein Anspruch auf Zahlung iHv EUR 7.350,-- zu.
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a.
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Die Mandanten des Beklagten waren Frau M. als Versicherungsnehmerin und Herr F. als mitversicherte Person. Beide waren Gesellschafter der F. und M. oHG (im Folgenden: OHG), welche in Düsseldorf eine Gaststätte betrieb und sich gegen die Räumungsvollstreckung der C. GmbH (vormals H. GmbH) wandte. Der von der Klägerin für das Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (Az. 10 O 31/07) und dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 9 U 79/08) eingezahlte Kostenvorschuss, der aufgrund einer Streitwertreduzierung in Höhe des streitgegenständlichen Betrages zurückgezahlt und dem Konto des Beklagten zugeführt wurde, steht der Klägerin zu.
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b.
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Kostenerstattungsansprüche des Versicherungsnehmers gehen nach § 17 Abs. 8 ARB 94 iVm. § 86 Abs. 1 VVG (inhaltlich gleichlautend mit dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden § 67 Abs. 1 S. 1 VVG) auf den Versicherer über, soweit dieser Leistungen erbracht bzw. Kosten getragen hat. Dies gilt gem. § 15 Abs. 2 ARB 94 auch für die Ansprüche eines mitversicherten Dritten.
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Der Anspruchsübergang erfolgt bereits mit Entstehung dieser Kosten (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. März 2013 - 2 U 250/12, Rz. 19, jetzt und im Folgenden zitiert nach Juris; Senat, Beschluss vom 11. Februar 2008 – I-24 U 104/07, Rz. 8; Urteil vom 24. Mai 2005 – I-24 U 191/04, Rz. 15; OLG Hamm, Urteil vom 14. Juni 1999 - 13 U 259/98, Rz. 12; OLG München, Urteil vom 9. November 1998 - 31 U 4403/98; LG München I, Urteil vom 24. November 2004 - 15 S 10035/04, Rz. 3). Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang im Sinne von §§ 412 BGB. Ein etwaiger Ausgleichsanspruch entsteht deshalb nicht direkt bei dem Versicherungsnehmer, vielmehr geht er kraft der cessio legis sofort auf den Versicherer über. § 86 VVG (§ 67 VVG a. F.) gilt auch für eine Rechtsschutzversicherung, da es sich bei dieser um eine Schadensversicherung handelt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. März 2013, aaO).
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c.
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Auf die Abtretung von Kostenerstattungsansprüchen durch Herrn F. kann sich der Beklagte somit nicht mit Erfolg berufen.
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Im Ergebnis kann insoweit auch dahingestellt bleiben, ob die in der Vollmacht vom 14. Dezember 2006 (Anl. B2, Anlagenband II = A II 6) vereinbarte Abtretung gegenwärtiger oder künftiger Kostenerstattungsansprüche der Versicherungsnehmer an den Beklagten überhaupt wirksam ist oder, wie vom Landgericht angenommen, als überraschende Formularklausel gegen § 305 c BGB verstößt. Ebenso kann offenbleiben, ob der Beklagte, wie er nunmehr behauptet, mit den Versicherungsnehmern bereits vor der schriftlichen Vollmachterteilung eine dahingehende mündliche Individualvereinbarung getroffen hat.
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Denn in der Person der Versicherungsnehmer sind Ansprüche auf Rückzahlung des erstatteten Gerichtskostenvorschusses gegen den Beklagten nicht entstanden, weshalb diese bereits nicht von der Abtretung umfasst sein konnten. Vielmehr sind diese – wie oben ausgeführt – bereits mit ihrer Entstehung auf die Klägerin übergegangen, weshalb sie sich zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Herrn F. oder der Frau M. oder der OHG befanden und diese demgemäß darüber nicht, weder durch Abtretung noch anderweitig, verfügen konnten.
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d.
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Ansprüche auf die Zahlung von Umsatzsteuer, wie sie der Beklagte als noch von der Klägerin zu zahlen für sich reklamiert, stehen ihm nicht zu. Abgesehen davon, dass mangels eines zu der Klägerin bestehenden Vertragsverhältnisses kein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen diese besteht, ist ein solcher Anspruch bereits materiell-rechtlich nicht begründet.
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Das Mandat hat er für eine OHG geführt (diese war Partei des Rechtsstreits), welche einen Gaststättenbetrieb unterhielt und zweifellos vorsteuerabzugsberechtigt ist/war. Gehört aber ein Anspruch zum Unternehmensbereich, so entfällt die Vorsteuerabzugsberechtigung nicht dadurch, dass später die unternehmerische Tätigkeit aufgegeben oder (so der Beklagte im Schreiben vom 24. Mai 2007 (AII 33-34) der Betrieb „stillgelegt wird“. Denn steuerrechtlich endet die Unternehmereigenschaft erst, wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem Unternehmen im Zusammenhang standen. Dies gilt sogar dann, wenn – was hier nicht einmal der Fall war – die anwaltliche Tätigkeit erst nach Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit entfaltet wurde (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage, VV 7008 Rn. 55 mwN).
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Im Übrigen hat die Klägerin den Honoraranspruch des Beklagten für die Prozessvertretung in dem Rechtsstreit Landgericht Düsseldorf 10 0 31/07 = OLG Düsseldorf I-9 U 79/08 – ausweislich der Rechnung vom 30. Dezember 2010 – sogar überzahlt und zwar einschließlich Mehrwertsteuer und des Mehrvergütungszuschlags, dessen Anfall bei Vertretung einer OHG zumindest zweifelhaft ist.
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e.
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Soweit der Beklagte mit Ansprüchen gegen Herrn F. auf Anwaltshonorar aufrechnen will, scheitert dies zum einen daran, dass dieser – wie bereits oben ausgeführt – zu keinem Zeitpunkt Inhaber des Rückzahlungsanspruchs war und somit auch – wie dies für eine Aufrechnungslage nach §§ 387ff. BGB unabdingbar ist – zu keinem Zeitpunkt Inhaber der Hauptforderung war.
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f.
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Auch die vom Beklagten herangezogene Abtretung von Kostenerstattungsansprüchen des Herrn F. ist nicht begründet. Ginge man nämlich davon aus, dass die abgetretenen Kostenerstattungsansprüche auch Ansprüche auf die Übernahme von Rechtsschutzleistungen gegenüber der Klägerin enthalten sollten, so stünde einer solchen Abtretung zum einen § 17 Abs. 7 ARB94 entgegen. Denn unstreitig hat die Klägerin einer solchen Abtretung zu keinem Zeitpunkt zugestimmt. Zum anderen hätte Herr F. dem Beklagten allenfalls gegen die Klägerin gerichtete Freistellungsansprüche abtreten können. Solche sind aber nicht gleichartig zu den Zahlungsansprüchen, welche die Klägerin verfolgt und gegen welche sich der Beklagte mit der Aufrechnung verteidigen will.
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Die vom Beklagten beabsichtigte Aufrechnung scheitert im Übrigen an der fehlenden Anwendbarkeit der §§ 406, 407 BGB. Denn diese Vorschriften, welche die Rechtsstellung des Schuldners (hier des Beklagten) schützen sollen, damit diese sich durch die Abtretung nicht verschlechtert (vgl. § 404 BGB), sind auf den Beklagten nicht anwendbar. Voraussetzung wäre nämlich eine fehlende Kenntnis des Beklagten von der Abtretung. Eine solche kann jedoch nicht angenommen werden, denn der Beklagte als Rechtsanwalt, der auch rechtsschutzversicherte Mandanten vertritt, hat Kenntnis vom gesetzlichen Forderungsübergang auf den Rechtsschutzversicherer und ist demgemäß nicht schutzbedürftig. Die Vorschriften der §§ 404, 406 und 407 BGB sind nach § 412 BGB auch auf den gesetzlichen Forderungsübergang, somit auch auf einen solchen gemäß § 86 VVG, anwendbar (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Auflage 2019, § 412 Rn. 1).
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f.
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Der Aufrechnung stünde im Übrigen auch entgegen, dass sich der Beklagte bei der Abrechnung der Gerichtskostenerstattung und der Schaffung der Aufrechnungslage vertragswidrig verhalten hat.
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Ob der Beklagte Herrn F. die von ihm zur Aufrechnung gestellten Honorarrechnungen überhaupt übersandt hat, diese demgemäß nach § 10 RVG einforderbar und somit aufrechenbar waren (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Jul 1984 - III ZR 136/83 zu § 18 BRAGO = § 10 RVG; Senat, Urteil vom 14. Oktober 2007 -I-24 U 146/07, Rz. 12), lässt sich mangels entsprechender Darlegungen des Beklagten bereits nicht feststellen. Er hat im Schreiben vom 7. September 2011 an Herrn F. (Anl. K1, AI 1), lediglich Rechnungsnummern, Verfahren und Beträge aufgelistet. Die Rechnungen sind nicht einmal mit einem Datum bezeichnet worden. Ob sie Herrn F. überhaupt vor Erklärung der Aufrechnung zur Kenntnis gelangt sind, bleibt offen.
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Weiterhin war das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Mitteilung des Fremdgeldeingangs und der dann erfolgten Abrechnung von Vertragsverstößen begleitet. Im Rahmen seiner berufsrechtlichen Pflicht ist ein Rechtsanwalt gehalten, über Fremdgelder unverzüglich gegenüber dem Mandanten abzurechnen und diese an ihn auszuzahlen (§§ 667, 271 Abs. 1 BGB, 43 a Abs. 5 S. 2 BRAO; vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - IX ZR 139/04, Rz. 24ff.; Senat, Urteil vom 14. Oktober 2008 - I-24 U 146/07, Rz. 11). Für diesen Vorgang darf ein Zeitraum von ca. 2-3 Wochen regelmäßig nicht überschritten werden. Nach der Rechtsprechung zu § 121 BGB, der eine „Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich)“ regelt, werden als Obergrenze 2 Wochen angesehen (OLG Hamm, Urteil vom 9. Januar 1990 - 26 U 21/89; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2013 - I-32 W 1/13, Rz. 13; OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 2013, Az. 17 W 7/13, Rn. 26f.). Im Schrifttum zur anwaltlichen Berufsordnung werden Zeiträume von einer (vgl. Hartung, BORA/FAO, § 4 BORA Rn. 36 mwN; Hartung/Römermann-Nerlich, BRAO, 4. Auflage, § 43 a Rn. 117) von bis zu drei Wochen akzeptiert (Henssler/Prütting, BRAO, 4. Auflage, § 43 a Rn. 226 a.E. mwN; Feuerich/Weyland/Böhnlein, BRAO, 8. Auflage, § 43a Rn. 90; Koch/Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht 2007, B Rn. 741). Demgemäß war der Beklagte zur Unterrichtung der Klägerin bzw. des Versicherungsnehmers und der zeitnahen Auszahlung gemäß § 43 a Abs. 5 BRAO i.V.m. § 4 BerufsO berufsrechtlich verpflichtet (vgl. insoweit auch Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 5. Auflage, § 4 BORA Rn. 27ff.; Hartung/Römermann/Nerlich, a.a.O., § 43 a BRAO Rn. 131; K.J. Hartung, Das anwaltliche Anderkonto – Schnittstelle zwischen Berufs- und Bankrecht, Anwaltschaft und Berufsrecht, S. 41, 45; siehe auch Henssler/Prütting, a.a.O., § 4 BORA Rn. 3 f.).
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Hier ist unstreitig, dass der Beklagte die Gutschrift der Rückzahlung der Gerichtskasse am 16. Dezember 2010 erhielt. Er hätte also spätestens bis Anfang Januar 2011 der Klägerin bzw. Herr F. Mitteilung über den Eingang des Geldes machen und dieses abrechnen müssen. Dies hat er jedoch unterlassen und erst am 7. September 2011 dem mitversicherten Herrn F. die Zahlung mitgeteilt. Zuvor hat er mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 der Klägerin eine „Abschlusskostennote“ übermittelt, in welcher der Zahlungseingang nicht aufgeführt wird. Dies war falsch (aufgrund des Zahlungseingangs zwei Wochen vorher hätte dieser genannt werden müssen) und irreführend (bei der Klägerin wurde der Eindruck hervorgerufen, dass mit dem Schreiben eine endgültige Abrechnung erfolgt, also mit dem Tag der Abrechnung alle Forderungen bekannt und berücksichtigt sind). Soweit der Beklagte meint, dieser Zahlungseingang sei von seiner Buchhaltung zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfasst worden, überzeugt dies nicht. Denn vor Erteilung einer „Abschlusskostennote“ hätten die Zahlungseingänge überprüft werden müssen oder er hätte, wenn dies aufgrund der Weihnachtsfeiertage nicht möglich gewesen wäre, die Abrechnung nach dieser Überprüfung erst erteilen dürfen. Warum erst 8 Monate später Mitteilung von diesem Zahlungseingang gemacht wurde, bleibt jedenfalls völlig offen.
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Ob die vom Landgericht mit guten Gründen bejahte Zweckgebundenheit des von der Beklagten geleisteten Gerichtskostenvorschusses einer Anfechtung entgegensteht, kann daher (einstweilen) offenbleiben.
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2.
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Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt. Mit dem am 20. Oktober 2014 zugestellten Mahnbescheid war die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden. Zu diesem Zeitpunkt war keine Verjährung eingetreten, denn die dreijährige Frist des § 195 BGB hatte frühestens am 1. Januar 2012 zu laufen begonnen und endete demgemäß am 31. Dezember 2014.
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Das Oberlandesgericht Frankfurt geht in seinem Urteil vom 13. März 2013 - 2 U 250/12, Rz. 21 sogar davon aus, dass die Verjährung erst dann beginnen kann, wenn der Zahlungseingang gegenüber der Rechtsschutzversicherung abgerechnet wird. Eine Abrechnung gegenüber dem Versicherungsnehmer wird nicht als ausreichend erachtet. Es spricht viel dafür, dass diese Auffassung zutrifft, denn aufgrund der cessio legis des § 86 VVG ist der Versicherungsnehmer nicht Inhaber des Anspruchs geworden, sondern allein der Rechtsschutzversicherer. Es ist deshalb nur folgerichtig, wenn allein eine Abrechnung diesem gegenüber die Verjährung in Lauf setzen kann. Dies bedarf hier indes keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn man die Abrechnung gegenüber dem Versicherungsnehmer als ausreichend erachten würde, wäre die Verjährung gehemmt worden. Ob der Beklagte gegenüber der Klägerin überhaupt vor dem Jahr 2013 abgerechnet hat, lässt sich nicht sicher feststellen. In ihrem Schreiben vom 19. Juli 2013 bezieht sich die Klägerin auf ein Schreiben des Beklagten vom 1. Juli 2013, in welchem dieser offenbar die vereinnahmte Gerichtskostenerstattung mitgeteilt hat (Anl. K2, AI 2). Legte man diese zugrunde, hätte die Verjährung erst am 1. Januar 2014 zu laufen begonnen.
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Auf eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Die Klägerin konnte mangels Abrechnung nicht wissen, dass die Gerichtskostenerstattung dem Beklagten Mitte Dezember 2010 gutgeschrieben worden war. Sie war über diesen Umstand auch nicht grob fahrlässig in Unkenntnis, denn sie durfte erwarten, dass sich der Beklagte ordnungsgemäß verhält und die Abrechnung erteilt. Ergänzend wird insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
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3.
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Die vom Landgericht unter Heranziehung der § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO iVm. § 269 Abs. 3 ZPO getroffene Kostenentscheidung ist nicht zu beanstanden. Maßgebend ist nicht der bei Einleitung des Mahnverfahrens maßgebende Streitwert von EUR 12.788,30, der sich bei Überleitung in das streitige Verfahren aufgrund der von der Klägerin erklärten Rücknahme auf EUR 7.350,-- reduziert hat. Bei der Beurteilung, ob die Zuvielforderung der Klägerin nur geringfügig höhere Kosten verursacht hat, ist vielmehr zu berücksichtigen, dass lediglich auf die Differenz zwischen den Kosten abzustellen ist, die angefallen wären, wenn die Klägerin von vorneherein nur einen beschränkten Antrag (Zahlung von EUR 7.350,--) gestellt hätte. Dieser ist mit den tatsächlich entstandenen Kosten zu vergleichen (vgl. hierzu BeckOK/ZPO/Jaspersen, Stand: 01.03.19, § 92 Rn. 24 mwN). Unter Berücksichtigung einer 1,0 Mahngebühr (RVG-VV 3305) aus einem Wert von EUR 12.788,30 abzüglich der Anrechnung der Verfahrensgebühr aus dem Wert von EUR 7.350,-- hinsichtlich der Klägerin, der 0,5 Widerspruchsgebühr nach dem Wert von EUR 12.788,30 unter Anrechnung der Verfahrensgebühr aus dem Wert von EUR 7.350,-- hinsichtlich des Beklagten und der durch die Zuvielforderung etwas höheren Gerichtskosten errechnen sich geringfügige Mehrkosten, die unter 6% des Gesamtkostenaufkommens liegen. Hinsichtlich der Berechnungen wird für die Gerichtskosten auf Zöller/Seibel, ZPO, Vor § 688 Rn. 19 und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten auf Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage, VV 3304-3308, Rz. 66 verwiesen.
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Bei Beurteilung der Geringfügigkeit hat sich herausgebildet, dass eine Belastung des Gegners der „zuvielfordernden“ Partei mit den gesamten Kosten erfolgen darf, wenn diese 10% nicht überschreiten (vgl. Zöller/Althammer/Herget, aaO, § 92 Rn. 10f.; MünchKomm/Schulz, ZPO, 5. Auflage 2016, § 92 Rn. 21). Dies ist hier mit weniger als 6% der Fall.
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Sollte der Beklagte dies anders sehen, dann mag er in Erwägung ziehen, dass im Hinblick auf die Zurückweisung der Berufung in der Hauptsache eine mündliche Verhandlung vor dem Senat mit weiteren Kosten iHv EUR 1.094,40 (2 x Terminsgebühr nach VV 3104 à EUR 547,20 bei einem Streitwert von EUR 7.350,--) verbunden wäre, welche die hier streitigen Kosten nicht nur um ein Vielfaches übersteigen würden, sondern die ihm aufgrund seines Unterliegens in der Hauptsache aufzuerlegen wären.
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II.
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Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – 6 W 88/09; Senat, Beschluss vom 6. März 2013 – I-24 U 204/12, juris Rz. 19 mwN; KG, Beschluss vom 21. April 2016 - 6 U 141/15, juris Rz. 18; siehe auch Zöller/Heßler, ZPO, 32. Auflage, § 522 Rn. 45 mwN).
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Düsseldorf, den 15. Mai 2019
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Oberlandesgericht, 24. Zivilsenat
RechtsgebietRechtsschutzversicherungVorschriften§ 86 VVG