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  • 12.07.2021 · IWW-Abrufnummer 223435

    Landgericht Lübeck: Beschluss vom 31.03.2021 – 7 T 127/21

    Ein nach § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO ergangener Kostenbeschluss ist auch dann im Beschwerdeverfahren aufzuheben, wenn die Klage erst nach dem Kostenbeschluss erhoben worden ist (a.A. OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 1196; OLG Koblenz NJOZ 2015, 896).


    7 T 127/21
    13 H 7/18 AG Reinbek

    Landgericht Lübeck

    Beschluss

    In dem selbständigen Beweisverfahren

    1) …
    - Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
    2) …
    - Antragsteller und Beschwerdeführer -

    Verfahrensbevollmächtigte 1) und 2):


    gegen


    - Antragsgegner und Beschwerdegegner -

    Verfahrensbevollmächtigte:


    hier: Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO im selbständigen Beweisverfahren


    hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx, den Richter am Landgericht xxx und die Richterin am Amtsgericht Dr. xxx am 31.03.2021 beschlossen:

    Auf die sofortige Beschwerde vom 03.02.2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts Reinbek vom 28.01.2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11.02.2021 abgeändert und der Antrag der Antragsgegner vom 22.12.2020, den Antragstellern als Gesamtschuldnern die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen.

    Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe

    I.)
    Die Antragsteller wenden sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 03.02.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 28.01.2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11.02.2021, mit dem ihnen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt worden sind.

    Mit Schriftsatz vom 15.08.2018 haben die Antragsteller ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 06.06.2018 hat das Amtsgericht die Beweiserhebung angeordnet. Am 28.10.2020 hat eine nichtöffentliche Augenscheinseinnahme in der Wohnung der Antragsteller stattgefunden. Im Zuge dieser Sitzung hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller ihr Mandat niedergelegt. Auf Antrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 28.10.2020 den Antragstellern aufgegeben, innerhalb der Frist von einem Monat wegen des Sachverhalts, der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens ist, bei dem erkennenden Gericht Klage zur Hauptsache zu erheben. Zugleich sind sie über die Kostenfolge einer unterbleibenden Klageerhebung belehrt worden. Auf Antrag der neuen Verfahrensbevollmächtigten vom 30.11.2020 ist den Antragstellern die Frist zur Klageerhebung mit Verfügung des Amtsgerichts vom 02.12.2020 bis zum 30.12.2020 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 22.12.2020 hat der Antragsgegner beantragt, den Antragstellern die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach § 494a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen.

    Mit Schriftsatz vom 29.12.2020 haben die Antragsteller vor dem Amtsgericht Reinbek (Az.: 13 C 831/20) eine Instandsetzungsklage gegen den Antragsgegner erhoben. Am 30.12.2020 hat das Amtsgericht (Az.: 13 C 831/20) eine Gerichtsgebührenvorschussrechnung erteilt, die die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 04.01.2021 erhalten haben.

    Mit Beschluss vom 28.01.2021 hat das Amtsgericht den Antragstellern die dem Antragsgegner entstandenen Kosten auferlegt. Hinsichtlich der Verfahrensbevollmächtigten der Parteien hat der Beschluss unrichtige Bezeichnungen enthalten. Auf Antragstellerseite ist die vormalige Verfahrensbevollmächtigte benannt worden. Auf Antragsgegnerseite sind nicht deren Verfahrensbevollmächtigte, sondern die neuen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller bezeichnet worden. Der Beschluss ist der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 28.01.2021 zugestellt und den neuen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller (als „Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners“) formlos übersandt worden.

    Hinsichtlich der Bevollmächtigten des Antragsgegners ist die Unrichtigkeit durch Beschluss vom 11.02.2021 berichtigt worden. Im Rubrum dieses Beschlusses sind beide Parteivertreter zutreffend bezeichnet worden. Dieser Beschluss ist den Antragstellern am 19.02.2021 und dem Antragsgegner am 15.02.2021 zugestellt worden.

    Mit Schriftsatz vom 17.02.2021 legen die Antragsteller sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 28.01.2021, der bei den Antragstellervertretern am 03.02.2021 eingegangen sei, ein. Zur Begründung führen sie aus, dass die Klageerhebungsfrist bis zum 30.12.2020 verlängert worden sei. Die Instandsetzungsklage sei vor Fristablauf eingereicht worden.

    Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.02.2021 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Antragsteller hätten die Klage vor dem 30.12.2020 eingereicht. Die Frist des § 494a Abs. 1 ZPO sei aber nur durch die Klageerhebung gewahrt, also durch die Zustellung der Klage. Tatsächlich sei die Klage bisher mangels Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht zugestellt und damit auch nicht erhoben worden.

    Am 24.02.2021 haben die Antragsteller den Gerichtskostenvorschuss zu dem Aktenzeichen 13 C 831/20 eingezahlt. Am 03.03.2021 hat das Amtsgericht die Zustellung der Klage zu dem Aktenzeichen 13 C 831/20 angeordnet. Die Klage (Az.: 13 C 831/20) ist dem Antragsgegner am 05.03.2021 zugestellt worden.

    Der Einzelrichter der Beschwerdekammer hat das Beschwerdeverfahren durch Beschluss vom 10.03.2021 auf das vollbesetzte Kollegium der Kammer übertragen.

    Mit Beschluss vom 10.03.2021 hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass der angefochtene Beschluss im Hinblick auf eine Zustellung der Klage nicht aufrechtzuerhalten sein dürfte. Hierzu hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19.03.2021 Stellung genommen.

    II.)

    1.)
    Die sofortige Beschwerde ist nach § 494a Abs. 2 S. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 569 ZPO). Die Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1, 2 ZPO ab Zustellung ist eingehalten worden. Zwar wäre die Beschwerdeeinlegung am 17.02.2021 verspätet, wenn die Zustellung des Beschlusses am 28.01.2021 an die Antragsteller wirksam wäre. So liegt es hier aber nicht. Denn die Zustellung erfolgte an die vormalige Verfahrensbevollmächtigte, die das Mandat bereits niedergelegt hatte. Soweit der Kostenbeschluss auch an die neuen Verfahrensbevollmächtigten formlos übersandt worden ist, kommt es nicht darauf an, dass ein Zustellungswille des Amtsgerichts in Frage stehen könnte und dass die Übersendung an die neuen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller fälschlicherweise an sie als vermeintliche Antragsgegnervertreter erfolgt ist. Maßgebend ist nämlich, dass die Antragstellervertreter einen Eingang des angefochtenen Beschlusses zum 03.02.2021 bestätigt haben und kein Anlass für Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Angabe bestehen. Auf der Grundlage eines Eingangs des angefochtenen Beschlusses am 03.02.2021 hat die Beschwerdeeinlegung am 17.02.2021 die Beschwerdefrist von zwei Wochen gewahrt. Zudem übersteigt die Beschwerde den Wert des Beschwerdegegenstands von EUR 200,- (vgl. § 567 Abs. 2 ZPO). Der Wert des Beschwerdegegenstandes ergibt sich aus den dem Antragsgegner entstandenen außergerichtlichen Kosten, deren Erstattung der Antragsgegner mit der beantragten Kostengrundentscheidung verfolgt und gegen die sich die beschwerdeführenden Antragsteller wenden. Die außergerichtlichen Kosten setzen sich aus einer 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (nach dem Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens) und Auslagen (Nr. 7002, 7008 VV RVG) zusammen. Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens anhand der geltend gemachten Mängel, unabhängig davon, ob sie sachverständig bestätigt oder nicht bestätigt worden sind, beträgt jedenfalls zumindest EUR 1.500,-. Schon dieser Streitwert würde zu einem Wert des Beschwerdegegenstandes von EUR 201,71 führen (Berechnung anhand der vor dem Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 geltenden Rechtslage).

    2.)
    Die sofortige Beschwerde ist begründet.

    Sie führt zur Aufhebung der Kostenentscheidung und zur Zurückweisung des Kostenantrags des Antragsgegners. Auch eine Klageerhebung nach Erlass des Kostenbeschlusses im Verlaufe des Beschwerdeverfahren führt dazu, dass der auf § 494a Abs. 2 ZPO beruhende Kostenbeschluss aufzuheben ist.

    a)
    In der Regelung des § 494a ZPO (Frist zur Klageerhebung) heißt es in dessen Abs. 1: „Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.“ und in dessen Abs. 2: „Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.“

    Wenn ein Antragsteller nicht innerhalb der nach Abs. 1 gesetzten Frist Klage erhebt, legt ihm das Gericht also durch Beschluss die Kosten des Antragsgegners auf. Maßgeblich ist die Zustellung der Klage (§ 253 Abs. 1 ZPO), also die Rechtshängigkeit der Klage (§ 261 Abs. 1 ZPO). Eine Rückwirkung der Zustellung gemäß § 167 ZPO ist möglich. Erhebt dagegen der Antragsteller innerhalb der Klagefrist des § 494a Abs. 1 ZPO Klage, ist eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO nicht mehr zulässig. Auch eine Teilidentität wahrt die Klagefrist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 810; Huber in: Musielak/Voit, 17. Aufl. (2020), § 494a ZPO, Rn. 5b).

    Die Regelung in § 494a ZPO geht zurück auf einen Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für ein Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz. Zur Begründung heißt es (BT-Drucksache 11/8283, S. 47 f.):
    „Die Bestimmung soll eine im Gesetz bestehende Lücke schließen. Die Vorschriften über das Beweissicherungsverfahren sehen bisher eine Kostenentscheidung nicht vor. Die Kosten des isolierten Beweisverfahrens werden als Kosten des Hauptverfahrens angesehen. Das kann zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptprozesses absieht. Hat der Gegner im selbständigen Beweisverfahren Kosten aufgewendet und ein günstiges Ergebnis erreicht, kann er diese Kosten dennoch nicht vom Antragsteller erstattet verlangen. Er soll daher so gestellt werden, als habe er obsiegt. Die Formulierung erfaßt auch die Fälle, in denen die Klage zurückgenommen oder als unzulässig abgewiesen worden ist. Eine Ergänzung der Vorschriften über das selbständige Beweisverfahren mit Rücksicht auf die wünschenswerte Möglichkeit der Beteiligung Dritter (etwa im Wege der Streitverkündung oder Nebenintervention) hat der Ausschuß nicht für erforderlich gehalten, weil zu erwarten ist, daß die Rechtsprechung in diesen Fällen die §§ 66 ff. ZPO entsprechend anwendet.“

    b)
    Nicht ausdrücklich geregelt ist in § 494a Abs. 2 ZPO, ob die Möglichkeit einer Kostenentscheidung auch dann noch eröffnet bleibt, wenn die Klage nach Ablauf der Klagefrist des § 494a Abs. 1 ZPO oder sogar erst im Verlaufe eines Beschwerdeverfahrens gegen eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO erhoben wird.

    Für die Konstellation, dass der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens die Klage zwar nicht mehr innerhalb der Klagefrist des § 494a Abs. 1 ZPO, aber noch vor der Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO erhebt, hat der BGH entschieden, dass dann eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO nicht mehr zulässig ist (vgl. BGH NJW 2007, 3357; siehe zum Charakter des § 494a Abs. 2 ZPO als Ausnahmeregelung auch BGH NJW-RR 2008, 330). Für eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO ist also kein Raum mehr, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Kostenantrag im selbstständigen Beweisverfahren zwischen den Parteien die Hauptsacheklage rechtshängig ist (BGH NJW 2007, 3357). Im einzelnen hat der BGH NJW 2007, 3357 ausgeführt:
    „§ 494a ZPO sieht einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch vor, um eine Lücke zu schließen, die sich ergeben kann, weil eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren im Regelfall nicht vorgesehen ist (vgl. für das frühere Beweissicherungsverfahren BT-Dr 11/8283, S. 47 f.). Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die grundsätzlich in diesem entschieden wird (BGH, NJW 2004, 3121 = NZBau 2004, 507 = BauR 2004, 1485 = ZfBR 2004, 785; NZBau 2005, 44 = BauR 2004, 1487 = ZfBR 2004, 788; NJW-RR 2004, 1651 = NZBau 2004, 674 = BauR 2004, 1809 = ZfBR 2005, 53). Kommt es nicht zu einer Hauptsacheentscheidung, weil der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptprozesses absieht, soll der Antragsgegner kostenrechtlich durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt. Maßgebend für die isolierte Entscheidung über die Kosten ist daher nicht in erster Linie die für die Erhebung der Klage gesetzte Frist, sondern das Unterlassen der Klageerhebung. Eine an die bloße Fristversäumung geknüpfte Erstattungspflicht ohne Berücksichtigung der materiellen Rechtslage ist nicht mehr gerechtfertigt, wenn das Hauptsacheverfahren rechtshängig ist und dort über die Kosten unter Berücksichtigung des materiellen Rechts entschieden wird. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zustellung einer nicht fristgerecht erhobenen Klage noch „demnächst” im Sinne des § 167 ZPO erfolgt. Vorrangig ist in jedem Fall die in Anwendung materiellen Rechts ergehende Kostenentscheidung. Ein anderes Verständnis von § 494a Abs. 2 ZPO führte dazu, dass der Richter, der über die Hauptsache zu entscheiden hat, auch entgegen der materiellen Rechtslage an eine im selbstständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung gebunden wäre, die an die bloße Fristüberschreitung anknüpft.“
    Die Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren, die sich nach der materiellen Rechtslage richtet, ist also vorrangig (Schreiber in: MüKo, 6. Aufl. (2020), § 494a ZPO, Rn. 8). Die Ausnahmeregelung des § 494a Abs. 2 ZPO hat dann zurückzutreten.

    c)
    Liegt indes eine erstinstanzliche Kostengrundentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO vor, soll dieser bereits erlassene Beschluss nach ganz überwiegender Auffassung nicht mehr aufgehoben werden können, wenn die Klage erst nach Erlass des Kostenbeschlusses von einem Antragsteller erhoben wird, und zwar auch nicht im Beschwerdeverfahren. In dieser Weise wird es in der Literatur (vgl. Herget in: Zöller, 33. Aufl. (2020), § 494a ZPO, Rn. 4a; Kratz in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 39. Edition (Stand: 01.12.2020), § 494a ZPO, Rn. 10; Schreiber in: MüKo, 6. Aufl. (2020), § 494a ZPO, Rn. 8) vertreten, die zur Begründung auf die Entscheidungen des OLG Koblenz NJOZ 2015, 896 und des OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 1196 verweisen. Das OLG Koblenz NJOZ 2015, 896 begründet seine Auffassung nicht und verweist lediglich auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 1196 bzw. die Kommentarliteratur. Das OLG Karlsruhe führt zu der Frage aus:
    „Eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO ist dann berechtigt, wenn zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung über den Antrag im selbstständigen Beweisverfahren zwischen den Parteien die Hauptsacheklage noch nicht rechtshängig ist (BGH, NJW 2007, 3357 = NZBau 2007, 642; NJW-RR 2008, 330 = NZBau 2007, 780; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002, 427). Eine Klageerhebung nach Erlass der Kostengrundentscheidung ändert daran nichts mehr. Entsprechendes gilt für andere, einer Klageerhebung gleichstehende Schritte zur Rechtsverfolgung. § 494a Abs. 2 ZPO knüpft die Entscheidung über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens entscheidend daran an, ob der Astragsteller der Anordnung zur Klageerhebung bis zur erstmaligen Entscheidung über die Kosten nachgekommen ist. § 494a Abs. 2 ZPO spricht unter diesen Voraussetzungen eine für das Gericht bindende Rechtsfolge aus, die keinem Ermessen unterliegt. Mit der Beschwerde kann lediglich überprüft werden, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts vorgelegen haben.“
    Auf dieser Grundlage wäre die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen gewesen. Denn die Klage ist erst nach Erlass und Zustellung der Kostenentscheidung vom 28.01.2021, nämlich am 05.03.2021, an den Antragsgegner zugestellt worden. Zudem kommt eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 30.12.2020 (und damit auf den Zeitpunkt vor Erlass der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO) nicht in Betracht, weil die Zustellung nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist, da nämlich die Antragsteller die Einzahlung des Gerichtsgebührenvorschusses auf die zutreffend (vgl. § 26 Abs. 6 der KostVfg) den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zugeleitete Gerichtsgebührenvorschussrechnung vom 30.12.2020 nicht mehr hinnehmbar verzögert und den Vorschuss erst am 24.02.2021 eingezahlt haben.

    d)
    Jedoch teilt die Beschwerdekammer die Auffassung des OLG Koblenz und des OLG Karlsruhe nicht. Die Antragsteller können noch im Beschwerdeverfahren geltend machen, dass die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO nicht mehr vorliegen, weil sie zwischenzeitlich Klage gegen den Antragsgegner hinsichtlich eines teilidentischen Gegenstandes erhoben haben. Ihr Vorbringen ist nicht auf den im erstinstanzlichen Kostenverfahren gegebenen Tatsachen- und Rechtsvortrag beschränkt.

    Nach § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO kann die sofortige Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Die Vorschrift besagt nicht, dass nur zu überprüfen ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts vorgelegen haben. Zwar kann das Beschwerdegericht eine Frist für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln setzen und deren Zulassung gegebenenfalls ablehnen (§ 571 Abs. 3 ZPO). Das ist im Streitfall aber nicht geschehen. Im übrigen liegt der entscheidungsrelevante und unstreitige Tatsachenvortrag über die Klageerhebung bereits vor.

    Der Wortlaut des § 494a ZPO schließt nicht aus, dass auch eine Klageerhebung nach Erlass des Kostenbeschlusses im Beschwerdeverfahren dazu führen kann, dass dieser Kostenbeschluss aufzuheben ist. Der Wortlaut beschränkt die Überprüfung insbesondere nicht darauf, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts vorgelegen haben.

    Auch der Wille des Gesetzgebers steht nicht der von der Beschwerdekammer vertretenen Auffassung entgegen, sondern spricht vielmehr für diese. Mit der Regelung in § 494a Abs. 2 ZPO sollte die Lücke des Fehlens einer Kostengrundentscheidung geschlossen werden. Denn ohne die Regelung des § 494a Abs. 2 ZPO hätte ein Antragsgegner keinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch für seine im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten, wenn der Antragsteller nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens von der Einleitung eines Klageverfahrens absieht. Dem Gesetzgeber erschien dieses Ergebnis unbillig. Diesem gesetzgeberischen Willen entspricht es, einen Antragsgegner auch dann auf eine Kostenentscheidung im Klageverfahren zu verweisen, wenn der Antragsteller die Klage zwar nicht innerhalb der Klagefrist oder vor der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO, jedoch vor der Entscheidung über die Kosten nach § 494a Abs. 2 ZPO durch die letzte Tatsacheninstanz, also durch das Beschwerdegericht, erhebt. Die Unbilligkeit, dass der Antragsgegner ohne Kostengrundentscheidung bleibt, ist nicht mehr gegeben, wenn die Rechtshängigkeit des Klageverfahrens während des Beschwerdeverfahrens über die Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO eintritt.

    Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit der Regelung in § 494a Abs. 2 ZPO soll dem Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch verschafft werden, wenn der Antragsteller dieses Verfahrens kein Klageverfahren einleitet. Sie beseitigt eine ansonsten für den Antragsgegner bestehende Unbilligkeit, seine außergerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht erstattet verlangen zu können. Erhebt aber der Antragsteller eine Klage, so kann der Antragsgegner eine die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfassende Kostengrundentscheidung erlangen. Ist aber nun für die Kostenregelung nach § 494a Abs. 2 ZPO das Unterlassen einer Klageerhebung maßgebend, ist kein Raum mehr für das Aufrechterhalten einer auf § 494a Abs. 2 ZPO beruhenden Kostenentscheidung, wenn im Beschwerdeverfahren die nach der erstinstanzlichen Kostenentscheidung erfolgte Klageerhebung vorgetragen bzw. festgestellt wird. Eine allein an das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts geknüpfte Erstattungspflicht ohne Berücksichtigung der materiellen Rechtslage ist nicht mehr gerechtfertigt, wenn - während des Beschwerdeverfahrens über die Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO - das Hauptsacheverfahren rechtshängig ist und dort über die Kosten unter Berücksichtigung des materiellen Rechts entschieden wird. Vorrangig ist in jedem Fall die in Anwendung materiellen Rechts ergehende Kostenentscheidung. Dieses Verständnis verhindert auch, dass das Gericht, das über die Hauptsache zu entscheiden hat, entgegen der materiellen Rechtslage an eine im selbständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung gebunden sein könnte, die vorrangig an eine Präklusion von Tatsachen angeknüpft hätte.

    Die von dem Antragsgegner in Bezug genommene Entscheidung des OLG Celle BeckRS 1996, 2064 steht nicht entgegen. Zum einen lag dieser Entscheidung nicht die hier zur Entscheidung stehende Fallkonstellation zugrunde, sondern diejenige, dass der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens die Klage zwar nicht innerhalb der Klagefrist des § 494a Abs. 1 ZPO erhoben hat, aber noch bevor eine erstinstanzliche Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO getroffen worden ist. Insofern hat sich das OLG Celle gerade nicht mit dem Bestand einer Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO befasst, wenn die Klage innerhalb der Beschwerdefrist bzw. während des Beschwerdeverfahrens erhoben wird. Im übrigen betont das OLG Celle, dass die Kostenregelung nach § 494a Abs. 2 ZPO an das Unterlassen einer Klageerhebung anknüpft. Ein solches Unterlassen liegt ja auch im hiesigen Beschwerdeverfahren letztlich nicht vor.

    Auch die von dem Antragsgegner in Bezug genommene Entscheidung des OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 359 steht nicht entgegen. Diese Entscheidung befasste sich mit der Frage einer Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO, wenn zwischen den Gegenständen des selbständigen Beweisverfahrens und des nachfolgenden Klageverfahrens lediglich eine Teilidentität besteht.

    Auch die von dem Antragsgegner in Bezug genommenen Entscheidungen des BGH NJW-RR 2004, 1005 und LG Bonn BeckRS 2012, 22570 stehen nicht in Widerspruch zur Auffassung der Beschwerdekammer. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Gerichte erklärt hätten, dass § 494a Abs. 2 ZPO einem Antragsgegner die Möglichkeit eines Kostentitels verschaffe, ohne „- endlos-“ auf einen etwaigen Hauptprozess mit seiner Kostenentscheidung warten zu müssen. Die Entscheidung des BGH betraf die Frage, ob die einseitige Erledigungserklärung eines Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten, unter anderem in entsprechender Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO ermöglicht; zu einer Hauptsacheklage ist es überhaupt nicht gekommen. Auch in dem vom LG Bonn entschiedenen Fall ist eine Hauptsacheklage nicht erhoben worden; hier ging es darum, ob eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO zugunsten eines Antragsgegners möglich ist, wenn ein weiterer Antragsgegner die im Gutachten festgestellten Mängel beseitigt.
    Schließlich besteht auch kein Widerspruch zu den von dem Antragsgegner in Bezug genommenen Entscheidungen des BGH NJW 2017, 1399, LG Duisburg NJW 2014, 1748 und OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 500. Bei der Entscheidung des BGH NJW 2017, 1399 war ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig; vielmehr ging es um die entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO im selbständigen Beweisverfahren nach Nichtzahlung eines Sachverständigenauslagenvorschusses. Entsprechendes gilt für die Entscheidungen des LG Duisburg NJW 2014, 1748 und OLG Saarbücken NJW-RR 2011, 500.

    Daran gemessen ist der Kostenantrag des Antragsgegners zurückzuweisen, weil die Antragsteller Klage wegen desselben Gegenstands erhoben haben. Eine eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO hindernde Identität der Parteien und des Streitgegenstandes von selbständigem Beweisverfahren und Hauptprozess liegt vor. Die Antragsteller haben denjenigen Anspruch eingeklagt, zu dessen Vorbereitung selbständig Beweis erhoben worden ist. Ausreichend ist, dass nur Teile des Streitgegenstands des selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand der anschließenden Klage gemacht worden sind. Die Antragsteller haben denjenigen Anspruch eingeklagt, zu dessen Vorbereitung selbständig Beweis erhoben worden ist. Die Antragsteller verfolgen mit ihrer Klage die Beseitigung von behaupteten Mängeln in der Mietwohnung, und zwar von Schimmelbefall im Schlafzimmer und Durchfeuchtung an den Kelleraußenwandflächen und begehren wegen dieser geltend gemachten Mängel die Feststellung der Berechtigung einer Mietminderung seit 07.11.2018. Unter anderem hinsichtlich dieser geltend gemachten Mängel ist im selbständigen Beweisverfahren Beweis erhoben worden (vgl. Nr. 1 c) und j) des Antrags im selbständigen Beweisverfahrens vom 15.04.2018, Beweisbeschluss vom 06.06.2018, Seite 16 und 20 des Sachverständigengutachtens vom 30.10.2018).

    3.)
    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 100 Abs. 4 ZPO. Die Vorschrift des § 97 Abs. 2 ZPO bringt einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist der entsprechenden Anwendung fähig. § 97 Abs. 2 ZPO gilt entsprechend, wenn eine Partei erst im höheren Rechtszug infolge eines erst dann eingetretenen Umstandes obsiegt, der nicht dem Bereich der gegnerischen Partei, sondern ihrem Bereich zuzurechnen ist und den die Partei bereits während des früheren Rechtszugs hätte schaffen bzw. erwirken können (OLG München MDR 2012, 117). So liegt es auch hier. Es lag im wesentlichen im Verantwortungsbereich der Antragsteller, für eine rechtzeitige Zustellung der Klage als Hindernis für eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO in dem hiesigen selbständigen Beweisverfahren zu sorgen. Es wäre ihnen ohne weiteren möglich gewesen, durch eine frühzeitige Einreichung der Klage und Einzahlung des Gerichtsgebührenvorschusses (vgl. § 12 Abs. 1 GKG) für eine Zustellung der Klage bis zum 30.12.2020, so wie von ihnen beantragt, Sorge zu tragen. Stattdessen haben die Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt nur die Klage bei dem Amtsgericht eingereicht. Den für eine Zustellung erforderlichen Vorschuss (vgl. § 12 Abs. 1 GKG), haben sie nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO, sondern erst am 24.02.2021 eingezahlt, so dass die Zustellung der Klage nicht mehr zurückwirken konnte.

    Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 2 ZPO zuzulassen. Denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und erfordert insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

    Rechtsbehelfsbelehrung:
    Gegen diese Entscheidung kann Rechtsbeschwerde eingelegt werden, soweit sie mit dieser Entscheidung zugelassen worden ist.
    Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

    Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Bundesgerichtshof
    Herrenstr. 45 A
    76133 Karlsruhe

    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

    Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen einer Rechtsbeschwerdeschrift eingelegt.
    Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde eingelegt werde.

    Die Beteiligten müssen sich durch eine bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

    Die Rechtsbeschwerde ist zudem binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt ebenfalls mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

    Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

    Das elektronische Dokument muss
    -    mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
    -    von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

    Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
    -    auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
    -    an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

    Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.

    RechtsgebieteZivilprozessrecht, KostenrechtVorschriften§ 494a Abs. 1, Abs. 2 , § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO