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  • 12.08.2021 · IWW-Abrufnummer 224031

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 15.06.2021 – 18 W 86/21

    1. Eine Anzeigepflicht des Sachverständigen gemäß § 8a Abs. 3 JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO besteht auch in Kindschaftssachen (hier: Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens).

    2. Steht die geltend gemachte Sachverständigenvergütung erheblich außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes und ist dies vom Sachverständigen nicht angezeigt worden, hat das Gericht gemäß § 8a Abs. 3 JVEG eine wertangemessene Vergütung festzusetzen, ohne dass es auf eine hypothetische Kausalität der Anzeigepflichtverletzung und damit eine Fortsetzungsprognose ankommt. Es ist nicht zu prüfen, ob der Gutachtenauftrag auch bei rechtzeitiger Mitteilung über die voraussichtlich anfallenden Sachverständigenkosten durch das Gericht nicht entzogen oder eingeschränkt worden wäre.

    3. Bei der Vergütungsfestsetzung nach billigem Ermessen gemäß § 8a Abs. 3 JVEG kann das Gericht der weiteren Beschwerde wegen der nach § 546 ZPO eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit nur prüfen, ob das Beschwerdegericht sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat. Es darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Vorinstanz setzen.


    OLG Frankfurt 18. Zivilsenat

    15.06.2021


    Tenor

    Auf die weitere Beschwerde der X wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.2021 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

    Gründe

    I.

    Mit Beschluss vom 25.02.2020 beauftragte das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt am Main in einer Kindschaftssache betreffend die elterliche Sorge für die beiden Brüder Vorname1 und Vorname2 Nachname1 die Sachverständige mit der Erstellung eines psychologischen Gutachtens zur elterlichen Sorge und zum Umgang. Eine Belehrung über die Verpflichtung zur Anzeige voraussichtlich entstehender Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes stehen, war im Zuge der Beauftragung nicht erfolgt.

    Nach mehrfacher Korrespondenz mit dem Familiengericht, die jedoch nicht die anfallenden Kosten zum Gegenstand hatte, legte die Sachverständige mit Schreiben vom 07.09.2020 ihr Gutachten vor. Hierfür machte sie mit Rechnung vom 21.09.2020 einen Betrag von insgesamt 15.819,99 € brutto (13.637,92 € netto) geltend.

    Mit Abschluss des Verfahrens am 18.01.2021 setzte das Familiengericht den Verfahrenswert auf 3.000 € fest.

    Die Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Frankfurt am Main hat beantragt, die Vergütung der Sachverständigen wegen Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 8a Abs. 3JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO auf lediglich 10.000 € festzusetzen. Mit der Begründung, dass der Gutachtenauftrag auch bei einem - hier unterbliebenen - Hinweis auf die erhöhten Kosten weder eingeschränkt noch zurückgenommen worden wäre, hat das Familiengericht mit Beschluss vom 16.02.2021 die Vergütung entsprechend der Rechnung in Höhe von 15.819,99 € festgesetzt.

    Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Bezirksrevisorin hat das Landgericht - Beschwerdekammer - Frankfurt am Main mit Beschluss 22.03.2021 zurückgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, dass zwar eine Verletzung der auch in Kindschaftssachen grundsätzlich zu beachtenden Mitteilungspflicht nach § 8a Abs. 3 JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO vorliege, die bei einer Überschreitung des Dreifachen des Regelwertes anzunehmen sei. Allerdings führe das Unterlassen des gebotenen Hinweises nicht automatisch zu einer Kürzung der Vergütung. Diese Frage hänge auch davon ab, ob bei verständiger Würdigung aller Umstände davon ausgegangen werden könne, dass bei rechtzeitigem Hinweis die Tätigkeit des Sachverständigen nicht unterbunden oder unterbrochen worden wäre. Die gegenteilige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zur Kürzung der Vergütung auf den Auslagenvorschuss nach § 8a Abs. 4 JVEG (Senat, Beschl. v. 12.11.2019 - 18 W 155/19) sei auf Kindschaftssachen nicht übertragbar, weil diese die Besonderheit aufwiesen, dass ein Auslagenvorschuss gerade nicht erfolge und die Verfahren zum Teil ohnehin von Amts wegen zu betreiben seien. Auch bliebe hiernach der Zweck der Mitteilungspflicht außer Acht, der den Parteien und dem Gericht die Gelegenheit geben solle, von der Begutachtung abzusehen oder einen anderen Sachverständigen anzufragen, der mit weniger zeitaufwändigen Methoden vertraut sei.

    Dabei verkenne die Beschwerdekammer nicht, dass sich die Kausalität der unterlassenen Mitteilung im Nachgang nur schwer feststellen lasse. Maßgebliche Bedeutung erlange insoweit die entsprechende (nachträgliche) Einschätzung des Amtsgerichts, die indes wohl nur selten zur Bestätigung der Kausalität einer unterlassenen Mitteilung führen dürfte. Angesichts der größeren Sachnähe des Familiengerichts und mangels anderweitiger Kriterien sei die Beschwerdekammer vor allem auf eine Art Ermessenskontrolle der amtsgerichtlichen Ausführungen zur Kausalitätsfrage beschränkt. Dies erscheine zwar angesichts der erheblichen Kosten von Gutachten nicht unproblematisch. Völlig ausufernden Gutachtenkosten zu begegnen, liege allerdings in Kindschaftssachen vor allem in der Hand der Familiengerichte, die sich insofern ihrer besonderen Verantwortung auch hinsichtlich der Kostenfrage bewusst sein sollten.

    Gegen diesen Beschluss wendet sich die Bezirksrevisorin mit der weiteren, vom Landgericht zugelassenen Beschwerde, die sie mit Schreiben vom 20.04.2021 eingelegt hat.

    Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen.

    II.

    1. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 4 Abs. 5 JVEG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

    2. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, weil die angefochtene Entscheidung an einem Rechtsfehler leidet (dazu unter a) und die endgültige Sachentscheidung dem Beschwerdegericht vorbehalten bleibt (dazu unter b).

    a) Zu Unrecht hat das Landgericht eine Herabsetzung der geltend gemachten Vergütung gemäß § 8a Abs. 3 JVEG abgelehnt. Nach dieser Vorschrift bestimmt das Gerichtnach billigem Ermessen eine wertangemessene Vergütung, wenn die geltend gemachte Vergütung erheblich außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands steht und der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

    (1) Dabei ist das Landgericht noch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Anzeigepflicht des Sachverständigen gemäß § 8a Abs. 3 JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO grundsätzlich auch in Kindschaftssachen besteht. Die gegenteilige Ansicht, wonach sich § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO schon dem Grunde nach nicht auf nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten wie Kindschaftssachen und auf die Gutachteneinholung von Amts wegen beziehen könne (so LG Braunschweig, Beschl. v. 28.05.2016 - 12 T 606/14, BeckRS 2016, 19738; BDZ/Binz, 5. Aufl., § 8a JVEG Rn. 20), verstößt gegen den Wortlaut des § 8a Abs. 3 JVEG, der eine Beschränkung insoweit nicht vorsieht. Dies gilt umso mehr, als § 407a ZPO über § 30 Abs. 1 FamFG Anwendung findet. Überdies kann § 8a Abs. 3 JVEG auf Verfahren in Streitigkeiten, die der Dispositionsmaxime der Parteien unterliegen, nicht beschränkt sein, weil hier zumeist schon die Regelung des § 8a Abs. 4 JVEG einschlägig sein wird (erhebliches Übersteigen des Auslagenvorschusses).

    (2) Auch hat das Landgericht nicht verkannt, dass die von der Sachverständigen geltend gemachte Vergütung erheblich außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes steht. Ausgehend von dem durch das Familiengericht festgesetzten Regelwert in Kindschaftssachen in Höhe von 3.000 € gemäß § 45 Abs. 1 FamGKG a.F. (nunmehr 4.000 € nach § 45 Abs. 1 FamGKG n.F.) liegt der Rechnungsbetrag hier um ein Vielfaches über dem Verfahrenswert. Insoweit bedarf es keiner Klärung, ob ein nach § 8a Abs. 3 JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO beachtliches Missverhältnis bereits bei mehr als der Hälfte oder gar bei Erreichen des Verfahrenswertes (vgl. BeckOK KostR/Bleutge, 33. Ed., § 8a JVEG Rn. 23; MüKo-ZPO/Zimmermann, 6. Aufl., § 407a Rn. 13), dessen Überschreitung um 50 % (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.09.2019 - 9 WF 189/19, BeckRS 2019, 20963 Rn. 20; vgl. auch Pannen/Simon, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, § 8a JVEG Rn. 21) oder erst - wie es angesichts der regelmäßig hohen Sachverständigenkosten in Kindschaftssachen vertreten wird - bei dem Dreifachen des Verfahrenswertes gegeben ist (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.08.2018 - 11 WF 900/18, BeckRS 2018, 21448 Rn. 18; wie hier offenlassend OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.09.2019 - 9 WF 189/19, BeckRS 2019, 20963 Rn. 22 f.), unbeschadet der Frage, nach welchen greifbaren Kriterien ein solcher Faktor zu begründen wäre oder ob eine höhere, vom Regelwert abweichende Wertfestsetzung nach § 45 Abs. 3 FamGKG vorzugswürdig erschiene. Damit kann auch dahinstehen, ob die vom Landgericht angenommene Grundrechtsrelevanz derartiger Verfahren eine mehrfache Überschreitung des Verfahrenswertes rechtfertigen kann, zumal diese den Gesetzgeber nicht zu einer weitergehenden Anhebung des Regelwertes nach § 45 Abs. 1 FamGKG veranlasst hat.

    (3) Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht auch von einer schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht aus, wobei das Verschulden nach § 8a Abs. 5 JVEG vermutet wird und es dem Berechtigten obliegt, entlastende Umstände darzulegen (BT-Drs. 17/11471 (neu), 260; Senat in st. Rspr., etwa Beschl. v. 12.11.2019 - 18 W 155/19, BeckRS 2019, 32864; Beschl. v. 31.08.2017 - 18 W 130/17; OLG Hamm, Beschl. v. 08.05.2015 - 12 U 62/14, BeckRS 2015, 9348; BDZ/Binz, 5. Aufl., § 8a JVEG Rn. 25). Dass die Sachverständige keine Kenntnis über den hier maßgeblichen Verfahrenswert und die ihn begründenden Umstände hatte, entlastet sie nicht. Ein Sachverständiger ist gehalten, die Akte auch nach dem Gegenstandswert durchzusehen und in Zweifelsfällen mit der beauftragenden Stelle Rücksprache zu nehmen oder eine Wertfestsetzung anzuregen (vgl. Schneider, JVEG, 3. Aufl., § 8a Rn. 29, 32). Einer vorhergehenden Belehrung über die Hinweispflicht aus § 407a ZPO i.V.m. § 30 Abs. 1 FamFG durch das Gericht bedarf es nicht, weil der Sachverständige die Vorschriften insoweit kennen muss (Toussaint/Weber, KostenR, 51. Aufl., § 8a JVEG Rn. 72).

    (4) Unzutreffend ist jedoch der Ansatz des Landgerichts, es sei im Rahmen des § 8a Abs. 3 JVEG eine Fortsetzungsprognose anzustellen und danach zu fragen, ob der Gutachtenauftrag auch bei rechtzeitiger Mitteilung über die voraussichtlich anfallenden Sachverständigenkosten durch das Gericht nicht entzogen oder eingeschränkt worden wäre (ebenso OLG Jena, Beschl. v. 01.08.2014 - 7 U 405/12, BeckRS 2015, 02130; BDZ/Binz, 5. Aufl., § 8a JVEG Rn. 20; BeckOK KostR/Bleutge, 33. Ed., § 8a JVEG Rn. 26; MüKoZPO/Zimmermann, 6. Aufl., § 407a Rn. 14; Schneider, JVEG, 3. Aufl., § 8a Rn. 34). Eine solche Prüfung der hypothetischen Kausalität ist gesetzeswidrig, wie der Senat bereits mehrfach zur spiegelbildlichen Frage der Kürzung der Vergütung auf den Auslagenvorschuss nach § 8a Abs. 4 JVEG entschieden hat (zuletzt Senat, Beschl. v. 11.02.2021 - 18 W 15/21; ferner Senat, Beschl. v. 12.11.2019 - 18 W 155/19, BeckRS 2019, 32864; Beschl. v. 09.07.2019 - 18 W 75/19; Beschl. v. 22.09.2017 - 18 W 1612/17; Beschl. v. 31.08.2017 - 18 W 130/17; so auch OLG Hamm, Beschl. v. 08.05.2015 - I-12 U 62/14, BeckRS 2015, 9348; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.08.2020 - 8 WF 103/20, BeckRS 2020, 37329; LG Neuruppin, Beschl. v. 28.02.2017 - 1 O 34/16; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 413 Rn. 8).

    (a) Es ist schon grundsätzlich zweifelhaft, wie ein rechtswidriger Verstoß, der ein entsprechendes Verschulden indiziert, über die Prüfung einer hypothetischen Kausalität wieder beseitigt werden soll (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.09.2019 - 9 WF 189/19, BeckRS 2019, 20963 Rn. 24). Soweit die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des im Zuge des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.07.2013 geschaffenen § 8a JVEG am 01.08.2013 gleichwohl auf dieses Kriterium abgestellt hat (vgl. etwa OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.11.2007 - 8 W 452/07; OLG Naumburg, Beschl. v. 19.06.2012 - 1 W 30/12), ist sie jedenfalls überholt (Senat, Beschl. v. 12.11.2019 - 18 W 155/19, BeckRS 2019, 32864). Dies gilt nicht nur für die Kürzung der Vergütung auf den Auslagenvorschuss nach § 8a Abs. 4 JVEG, sondern gleichermaßen für die Vergütungsfestsetzung nach billigem Ermessen gemäß § 8a Abs. 3 JVEG. In beiden Fällen hat der Gesetzgeber für die Nichtbefolgung der Anzeigepflicht aus § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Sanktion vorgesehen; insoweit sollten die Fälle nach § 8a Abs. 3 und Abs. 4 gleichbehandelt werden (vgl. BT-Drs. 17/11471 (neu), 260), die sich damit nicht in ihrem tatbestandlichen Kern, sondern nur in der jeweiligen Rechtsfolge (Vergütung nach billigem Ermessen oder Kappung) unterscheiden. Die Vorschriften lassen aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts, an dem der Gesetzgeber auch bei Änderung des § 8a JVEG durch Gesetze vom 11.10.2016 und 21.12.2020 festgehalten hat, keine einschränkende Auslegung zu. Diese gesetzgeberische Wertung der Verletzung der Anzeigepflicht ist hinzunehmen (Senat, Beschl. v. 12.11.2019 - 18 W 155/19, BeckRS 2019, 32864).

    (b) Anders als das Landgericht meint, unterscheiden sich rein parteigeführte und von Amts wegen durchgeführte Verfahren auch nicht in einem Maße, dass die vorgenannte Senatsrechtsprechung auf Kindschaftssachen nicht übertragbar sei. Zwar trifft es zu, dass die Anzeigepflicht des Sachverständigen im Zivilrechtsstreit den insoweit dispositionsbefugten Parteien die Möglichkeit eröffnet, von der weiteren Erhebung des Sachverständigenbeweises abzusehen und eine anderweitige Verfahrenserledigung herbeizuführen. Diese Möglichkeit besteht in Verfahren, die durch den Amtsermittlungsgrundsatz geprägt sind, nicht oder nicht in gleichem Umfang. Dennoch ist auch hier die sanktionsbewehrte Anzeigepflicht des Sachverständigen sinnvoll und geboten, weil dessen rechtzeitige Mitteilung dem Gericht durchaus abweichende Handlungsmöglichkeiten eröffnen kann. Diese reichen, je nach Gestaltung des Einzelfalles, von einer Präzisierung des ursprünglichen Gutachtenauftrags oder einer etwaigen Abschichtung zunächst vorgreiflicher Beweisfragen über eine engmaschigere Anleitung des Sachverständigen (§ 404a ZPO i.V.m. § 30 Abs. 1 FamFG) bis hin zur Auswahl eines anderen Sachverständigen, dessen Methodik und Vorgehensweise zu einem erfahrungsgemäß günstigeren Kostenansatz führt. Nähme man indes an, dass dem Gericht in amtswegigen Verfahren keine Alternative zur Fortführung des Gutachtens bliebe, wäre im Übrigen schon nicht ersichtlich, welchen Zweck dann eine - zwangsläufig zu bejahende - Fortsetzungsprognose haben sollte, außer die gesetzliche Regelung des § 8a Abs. 3 JVEG ins Leere laufen zu lassen.

    (c) Ergänzend bemerkt der Senat, dass der Ansatz des Landgerichts auch auf einem verfahrensrechtlich unzutreffenden Verständnis beruht, wenn es sich auf eine Ermessenskontrolle der amtsgerichtlichen Ausführungen zur Fortsetzungsprognose beschränken möchte und dies mit dem Appell verknüpft, das Familiengericht solle sich dabei seiner besonderen Verantwortung auch hinsichtlich der Kostenfrage bewusst sein. Weder steht die Anwendbarkeit des § 8a Abs. 3 JVEG unter dem Vorbehalt einer Einschätzungsprärogative oder eines nur eingeschränkt nachprüfbaren Ermessensspielraums des Familiengerichts, noch kann sich das Beschwerdegericht auf eine bloße Evidenzkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung zurückziehen. Vielmehr hat es nach § 4 Abs. 3 und Abs. 4 JVEG die Sache in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang zu prüfen und dabei eine eigene Sachentscheidung anstelle des Erstgerichts einschließlich der damit verbundenen wertungsbezogenen Fragen zu treffen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 03.03.2006 - 26 W 80/05, BeckRS 2006, 8313; OLG Oldenburg, Beschl. v. 17.03.1980 - 2 Ws 472/79, JurBüro 1981, 86, 88; Schneider, JVEG, 3. Aufl., § 4 Rn. 69). Hierin unterscheidet es sich von dem Gericht der weiteren Beschwerde nach § 4 Abs. 5 JVEG oder einem Rechtsbeschwerdegericht (dazu sogleich unter b).

    b) Der Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil der Senat als Gericht der weiteren Beschwerde an einer eigenen Sachentscheidung nach § 8a Abs. 3 JVEG gehindert ist. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht ist die Festsetzung einer wertangemessenen Vergütung nach billigem Ermessen, die in tatsächlicher Hinsicht zudem eine Anhörung der Beteiligten erfordert, um zu ermitteln, welche Aspekte von Relevanz sind (BT-Drs. 17/11471 (neu), 260; Schneider, JVEG, 3. Aufl., § 8a Rn. 33; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 413 Rn. 8). Aus der Anwendbarkeit des § 546 ZPO i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 2 Hs. 2 JVEG folgt jedoch, dass im Rahmen der weiteren Beschwerde nur eine Überprüfung in rechtlicher und nicht in tatsächlicher Hinsicht stattfindet (Schneider, JVEG, 3. Aufl., § 4 Rn. 74). Handelt es sich - wie hier - um eine Ermessensentscheidung, kann das Gericht der weiteren Beschwerde wegen der nach § 546 ZPO eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit nur prüfen, ob das Beschwerdegericht sein Ermessen unter Beachtung aller wesentlichen Umstände überhaupt ausgeübt hat, ob die Voraussetzungen dafür vorlagen und ob die Grenzen eingehalten sind. Demgegenüber ist es dem Gericht der weiteren Beschwerde verwehrt, sein eigenes Ermessen an die Stelle der Vorinstanz zu setzen (zum Ganzen OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.09.2005 - 2 Ws 85/05, NStZ-RR 2005, 392, BeckOK KostR/Bleutge, 33. Ed., § 4 JVEG Rn. 33). Eine Vergütungsfestsetzung nach billigem Ermessen wird nach alledem das Landgericht vorzunehmen haben.

    3. Aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 8 JVEG erübrigt sich ein vom endgültigen Ausgang der Sachentscheidung abhängiger Vorbehalt der Kostenentscheidung.

    RechtsgebietKindschaftssachenVorschriften§ 8a Abs. 3 JVEG i.V.m. § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO