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  • 28.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226608

    Verwaltungsgerichtshof München: Beschluss vom 04.10.2021 – 4 C 21.1934

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.




    Ausreichen der bloßen Erhebung einer nichtgebührenrechtlichen Einwendung oder Einrede für den Ausschluss der Titulierung der anwaltlichen Vergütung im Festsetzungsverfahren

    In der Verwaltungsstreitsache
    ****. **. ****** & ********,
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    gegen
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    - Antragsgegner -
    wegen
    Erinnerung der Antragsteller gegen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts München vom 21. Januar, 3. Februar und 14. Februar 2020;
    hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 29. Juni 2021,
    erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,
    durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner,
    den Richter am Verwaltungsgerichtshof Stadlöder,
    den Richter am Verwaltungsgerichtshof Nebel
    ohne mündliche Verhandlung am 4. Oktober 2021
    folgenden
    Beschluss:
    Tenor:

        1.

        Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 29. Juni 2021 und die Beschlüsse des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts München vom 21. Januar, 3. Februar und 14. Februar 2020 werden dahingehend geändert, dass die den Antragstellern noch zu zahlende Vergütung auf 934,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 18. Dezember 2019 festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
        2.

        Die Antragsteller und der Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Eine Kostenerstattung findet im Verfahren über die Vergütungsfestsetzung nicht statt.

    Gründe
    1

    1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den nach § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i. V. m. §§ 165, 151 VwGO ergangenen Erinnerungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ist teilweise begründet. Die von den Antragstellern am 18. Dezember 2019 nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG beantragte Vergütungsfestsetzung in Höhe von insgesamt 1.926,97 Euro war - entgegen der mit der Erinnerung angegriffenen Entscheidung des Urkundsbeamten vom 14. Februar 2021, mit der der vorherige Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 21. Januar 2020 in der Fassung des Beschlusses vom 3. Februar 2020 aufgehoben wurde - nicht in vollem Umfang gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG wegen einer außergebührenrechtlichen Einwendung des Antragsgegners abzulehnen.
    2

    a) Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG genügt grundsätzlich schon die bloße Erhebung einer nichtgebührenrechtlichen Einwendung oder Einrede, um die Titulierung der anwaltlichen Vergütung im Festsetzungsverfahren auszuschließen; eine schlüssige Darlegung ist dabei nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 - 22 C 12.1418 - BayVBl 2013, 639 Rn. 20 m.w.N.). Anderes gilt aber, wenn der nichtgebührenrechtliche Einwand offensichtlich haltlos, gleichsam "aus der Luft gegriffen" ist oder wenn er erkennbar rechtsmissbräuchlich eingesetzt wird (BayVGH, a.a.O.; OVG NW, B.v. 22.6.2020 - 4 E 180/19 - juris Rn. 2; BVerfG, B.v. 25.4.2016 - 1 BvR 1255/14 - Rn. 3 m.w.N.). Die Einwendung darf sich nicht in einer abstrakten Rechtsbehauptung oder in einer bloßen Unmutsäußerung über die anwaltliche Tätigkeit des Anspruchstellers erschöpfen, sondern muss an bestimmte Gegebenheiten des dem Festsetzungsverfahren vorangegangenen Gerichtsverfahrens bzw. an näher bezeichnete Aspekte der dieses Verfahren betreffenden anwaltlichen Tätigkeit anknüpfen, so dass erkennbar wird, aus welchem konkreten Lebenssachverhalt der Anspruchsgegner eine Einwendung oder Einrede gegen die Honorarforderung herleitet (BayVGH, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.).
    3

    b) Hieran gemessen hat der Antragsgegner hinsichtlich eines Teilbetrags des behaupteten Gebührenanspruchs eine im Festsetzungsverfahren beachtliche Einwendung erhoben. Zwar reichte dazu die in seinem Schreiben vom 1. Februar 2020 enthaltene allgemeine Aussage, der auf Seiten der Antragsteller tätig gewordene Rechtsanwalt habe "seine Forderungen zur Zahlung stets erhalten", für sich betrachtet mangels Bezugnahme auf ein bestimmtes Verfahren noch nicht aus. Mit der weiteren Aussage "Wir haben Ihnen hier auch die Belege mit beigefügt" und der Vorlage von (kopierten) Banküberweisungen aus den Jahren 2013 und 2014 mit Einzelbeträgen von 281,89 Euro, 500,00 Euro und 214,20 Euro hat der Antragsgegner aber hinreichend substantiiert dargetan, worauf sich seine allgemeine Einwendung bezieht. Ob diese (unstreitig erfolgten) Zahlungen, wie aus der späteren Kostenrechnung vom 12. Mai 2016 hervorgeht, auf Forderungen der Antragsteller aus einer außergerichtlichen Tätigkeit angerechnet werden durften, so dass der Honoraranspruch aus der gerichtlichen Tätigkeit davon unberührt blieb, ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen und muss der Klärung in einem etwaigen zivilgerichtlichen Verfahren vorbehalten bleiben.
    4

    Als hinreichend substantiiert kann der vom Antragsgegner erhobene Erfüllungseinwand allerdings nur angesehen werden, soweit er die genannten Einzelzahlungen mit dem Gesamtbetrag von 996,09 Euro betrifft. Die weitergehende pauschale Behauptung, der beauftragte Rechtsanwalt habe "seine Forderungen... stets erhalten" (Schreiben vom 1.2.2020) bzw. es seien "mehrere Forderungen" an den Antragsgegner gerichtet worden, die "die Arbeit bezahlt" hätten (E-Mail vom 29.4.2020), weist hingegen nicht den nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG erforderlichen konkreten Fallbezug auf und genügt daher nicht für eine auf diese Vorschrift gestützte Ablehnung des Festsetzungsantrags. Der Antragsgegner hat auch bei seiner erneuten Anhörung durch den Urkundsbeamten nicht vorgetragen, auf die erst am 12. Mai 2016 ergangene abschließende Kostenrechnung der Antragsteller noch irgendwelche weiteren Zahlungen geleistet zu haben. Nötig wären unter diesen Umständen aber zumindest Darlegungen zum Zeitpunkt und zur Art der Zahlung (vgl. Toussaint in ders., Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 11 Rn. 83 m.w.N.). Hinsichtlich des Differenzbetrags von (1.926,97 - 996,09 =) 930,88 Euro fehlt es somit an einer im Festsetzungsverfahren beachtlichen Einwendung, so dass den Antragstellern - bei Hinzurechnung ihrer Zustellauslagen in Höhe von 4,11 Euro - eine noch zu zahlende Vergütung von insgesamt 934,99 Euro zuzusprechen ist.
    5

    Der Zinsanspruch folgt aus § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 247 BGB
    6

    2. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 11 Abs. 2 Satz 4 und 6 RVG.
    7

    Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

    Rechtsgebiet§ 11 RVG