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  • 10.01.2022 · IWW-Abrufnummer 226798

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 19.10.2021 – 7 W 11/21

    1.

    Soll die im Rahmen eines Urteils ergangene gemischte Kostenentscheidung allein hinsichtlich der Entscheidung nach § 91a ZPO angefochten werden, steht dafür nicht die Berufung, sondern nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 91a Abs. 2 Satz 1 ZPO zur Verfügung.

    2.

    Die sofortige Beschwerde ist im Übrigen unzulässig, weil die Kostenentscheidung insoweit nur im Hauptsacheverfahren überprüft werden kann. Sie wird auch nicht dadurch zulässig, dass in der Hauptsache die notwendige Berufungssumme nicht erreicht ist.

    3.

    Die Prüffrist eines Kfz-Haftpflichtversicherers zur Regulierung von Unfallschäden ist einzelfallbezogen zu bestimmen und beläuft sich auf vier Wochen, wenn – wie hier – ein einfach gelagerter Sachverhalt mit klarer Haftungslage gegeben ist, dem Versicherer bereits ein Sachverständigenbericht vorliegt und der Versicherer letztlich nur ohne triftigen Grund die Einsichtnahme in die polizeiliche Ermittlungsakte abwarten will, obwohl die polizeiliche Unfallmitteilung ihm bereits vorliegt.

    4.

    Eine verzugsbegründende Mahnung gegenüber dem versicherungsvertraglich regulierungsbevollmächtigtem Kfz-Haftpflichtversicherer setzt auch den Versicherten in Verzug.

    Der Beschluss ist rechtskräftig.



    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Klägers wird verworfen, soweit sie sich gegen die im Urteil des Landgerichts Hagen vom 17.05.2021 gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO getroffene Kostenentscheidung richtet.

    Im Übrigen wird die Kostenentscheidung des am 17.05.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Hagen wie folgt abgeändert:

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 8 % und die Beklagten zu 92 %.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 8 % und die Beklagten zu 92 %.
     
    1

    Gründe:
    2

    I.
    3

    Am 08.02.2020 befand sich das Fahrzeug des Klägers ordnungsgemäß geparkt auf der A-Straße in Höhe Hausnummer 63 in B. Gegen 6:04 Uhr fuhr der vom Beklagten zu 1) gehaltene und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Pkw gegen das Fahrzeug des Klägers. Der Kläger beauftragte einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens. Dieser ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 8.841,40 EUR und eine Wertminderung in Höhe von 850,00 EUR. Für die Begutachtung berechnete der Sachverständige dem Kläger 1.125,50 EUR.
    4

    Der Kläger forderte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 13.02.2020 auf, ihm die Reparaturkosten in Höhe von 8.841,40 EUR, Sachverständigenkosten in Höhe von 1.125,50 EUR, eine Wertminderung von 850,00 EUR sowie eine allgemeine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR, insgesamt also 10.841,90 EUR zu erstatten. In dem Schreiben heißt es, dass die Zahlung in Höhe von 1.1250,50 EUR zum 28.08.2020 an das Sachverständigenbüro und im Übrigen an den Kläger erfolgen soll. Die Beklagte zu 2) teilte mit Schreiben vom 26.02.2020 mit, dass ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Es fehle noch die Schadenanzeige des Versicherungsnehmers, weitere Informationen sowie die polizeiliche Ermittlungsakte. Diese sei bereits bei den zuständigen Stellen angefordert, liege aber noch nicht vor. Mit Schreiben vom 04.03.2020 an die Beklagte zu 2) teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass, sofern die Schadensbeträge nicht bis spätestens zum 12.03.2020 nebst Verzugszinsen eingezahlt seien, Klage erhoben werden würde. Unter dem 24.03.2020 ließen die Prozessbevollmächtigten des Klägers der Beklagten zu 2) die Ermittlungsakte zukommen.
    5

    Die Klageschrift vom 13.03.2020 ist am 17.03.2020 beim Landgericht Hagen eingegangen. Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.716,40 EUR (betreffend Reparaturkosten, Wertminderung, Auslagenpauschale) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2020 (Klageantrag zu 1) und an das Sachverständigenbüro 1.125,50 EUR zu zahlen (Klageantrag zu 2) sowie ihn von der außergerichtlichen anrechnungsfreien Geschäftsgebühr seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 958,19 EUR freizustellen (Klageantrag zu 3). Die Klage ist dem Beklagten zu 1) am 25.03.2020 und der Beklagten zu 2) am 27.03.2020 zugestellt worden. Unter dem 02.04.2020 haben die Beklagten Verteidigungsbereitschaft angezeigt.
    6

    Die Beklagte zu 2) hat am 07.04.2020 an den Kläger die Reparaturkosten netto in Höhe von 8.841,40 EUR, die Sachverständigenkosten in Höhe von 1.125,50 EUR, die Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 887,03 EUR gezahlt. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in dieser Höhe übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt. Die vom Kläger geltend gemachte Wertminderung in Höhe von 850,00 EUR ist zwischen den Parteien streitig gewesen.
    7

    Das Landgericht hat, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, eine Wertminderung in Höhe von 500,00 EUR zugesprochen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es insgesamt dem Kläger auferlegt. Zur Begründung der nach § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung hat das Landgericht darauf abgestellt, dass der Kläger verfrüht Klage erhoben und daher die Kosten zu tragen habe. Der Haftpflichtversicherung sei bei durchschnittlichen Verkehrsunfällen ein Prüfungszeitraum von vier bis sechs Wochen zuzugestehen. Durch die Fristsetzung bis zum 28.08.2020 habe der Kläger der Beklagten zunächst eine überdurchschnittlich lange Zeit zur Regulierung eingeräumt. Erst nachdem der Kläger mit Schreiben vom 04.03.2020 eine kürzere Frist bis zum 12.03.2020 gesetzt habe, habe sich die Beklagte zu 2) auf einen kürzeren Regulierungszeitraum einstellen müssen. Die Zeit bis zur Klageerhebung zwei Wochen später sei vor diesem Hintergrund zu kurz bemessen. Im Übrigen folge die Kostenentscheidung aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
    8

    Gegen diese im Urteil erlassene Kostenentscheidung, die dem Klägervertreter am 31.05.2021 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger mit der am 07.06.2021 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er ist der Auffassung, dass die Kosten, die auf den teilweise für erledigt erklärten Teil entfallen, den Beklagten, zumindest aber der Beklagten zu 2), aufzuerlegen seien. Er verweist auf sein Vorbringen, dass sein Prozessbevollmächtigter den im Schreiben vom 13.02.2020 gesetzten Zahlungstermin handschriftlich in „28.02.2020“ berichtigt habe. Zudem ist er der Auffassung, dass die Beklagte zu 2) bis zum 12.03.2020 hinreichend Zeit gehabt habe, zur Haftungsfrage bzw. zur Höhe des Schadensersatzes Stellung zu nehmen. Darüber hinaus ist er der Ansicht, dass die Beklagten auch im Übrigen einen Teil der Kosten zu tragen hätten, da die Beklagten im Hinblick auf die begehrte Wertminderung in Höhe von 850,00 EUR teilweise unterlegen seien.
    9

    Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die sofortige Beschwerde unzulässig sei, da der Kläger die Kostengrundentscheidung insgesamt angreife. Anfechtbar sei nur der Teil, der auf § 91a ZPO beruhe. Im Übrigen gelte das Verbot der isolierten Kostenanfechtung des § 99 Abs. 1 ZPO.
    10

    II.
    11

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die vom Landgericht nach § 91a ZPO getroffene Kostenentscheidung richtet, und begründet. Im Übrigen ist sie unzulässig.
    12

    1.
    13

    Die sofortige Beschwerde ist nach § 91a Abs. 2 Satz 1 ZPO nur statthaft, soweit das Landgericht eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO getroffen hat.
    14

    a.
    15

    Die sofortige Beschwerde ist im Hinblick auf die nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO getroffene Kostenentscheidung unzulässig, da sie nicht das statthafte Rechtsmittel darstellt. Nach § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Die Kostenentscheidung könnte daher nur im Rahmen einer Berufung überprüft und ggf. abgeändert werden.
    16

    Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, wenn im Hinblick auf eine Berufung die Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht werden kann. Aus § 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO folgt, dass, wenn die Hauptsache wegen Nichterreichung der Berufungssumme unanfechtbar ist, dies auch für die Kostenentscheidung gilt (vgl. BGH Beschl. v. 29.7.2003 ‒ VIII ZB 55/03; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 99 ZPO, Rn. 2; Musielak/Voit/Flockenhaus, 18. Aufl. 2021 Rn. 5, ZPO § 99 Rn. 5).
    17

    b.
    18

    Soll die im Rahmen eines Urteils ergangene gemischte Kostenentscheidung allein hinsichtlich der Entscheidung nach § 91a ZPO angefochten werden, steht dafür nicht die Berufung, sondern nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung (vgl. BGH Urt. v. 18.11.1963 ‒ VII ZR 182/62 [unter II 1]; BGH Urt. v. 21.2.1991 ‒ i ZR 92/90 [unter II 3]). Diese ist vorliegend gemäß §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 ZPO zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 569 Abs. 1 ZPO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils eingelegt worden. Auch § 91a Abs. 2 Satz 2 ZPO steht nicht entgegen, da der Streitwert in der Hauptsache bezogen auf den für erledigt erklärten Teil über 600,00 EUR liegt. Da das Landgericht seine Kostenentscheidung nicht an dem voraussichtlichen Obsiegen oder Unterliegen der Parteien ausgerichtet hat, ist für die Bemessung des Beschwerdewerts der gesamte Teil des für erledigten erklärten Betrages maßgeblich (vgl. dazu BGH Beschl. v. 29.7.2003 ‒ VIII ZB 55/03). Dies sind hier 9.991,90 EUR.
    19

    c.
    20

    Zu keiner anderen Beurteilung führt, dass das eine Kostenmischentscheidung enthaltende Urteil auch insgesamt, das heißt einschließlich der Kostenentscheidung betreffend den erledigten Teil, mit dem gegen die Hauptsacheentscheidung gegebenen Rechtsmittel der Berufung angegriffen werden kann (vgl. MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 91a Rn. 105); und eine solche Berufung vorliegend eingelegt worden ist. Die Berufung ist im zu entscheidenden Fall unzulässig, da die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Berufungssumme von 600,00 EUR nicht erreicht wird. Der Kläger ist lediglich im Hinblick auf den aberkannten Teil der Wertminderung in Höhe von 350,00 EUR beschwert.
    21

    2.
    22

    Die sofortige Beschwerde ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung sind die diesbezüglichen Kosten den Beklagten aufzuerlegen.
    23

    a.
    24

    Nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Gericht, sofern die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen. Vorliegend entspricht es der Rechtslage, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, da diese im Hinblick auf den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wären. Billigkeitsgesichtspunkte rechtfertigen keine hiervon abweichende Entscheidung
    25

    aa.
    26

    Die Klage wäre im Hinblick auf den für erledigt erklärten Teil erfolgreich gewesen. Dem Kläger stand gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der Reparaturkosten netto in Höhe von 8.841,40 EUR, der Sachverständigenkosten in Höhe von 1.125,50 EUR, der Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR sowie der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 887,03 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 VVG, 1 PflVG zu. Die Voraussetzungen dieser Normen liegen vor, da der Pkw des Klägers bei Betrieb des vom Beklagten zu 1) gehaltenen und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Fahrzeugs beschädigt worden ist. Die alleinige Unfallverursachung durch den Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs und die Schadenshöhe stehen zwischen den Parteien außer Streit.
    27

    bb.
    28

    Eine im Rahmen des billigen Ermessens zu berücksichtigende reziproke Anwendung von § 93 ZPO, wonach bei einem Anerkenntnis dem Kläger die Prozesskosten zur Last fallen, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat, führt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Die Beklagten befanden sich bei Erhebung der Klage am 17.03.2020 gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB in Verzug. Ein in Verzug gesetzter Schuldner hat stets zur Klage Veranlassung gegeben (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 93 ZPO, Rn. 6_54).
    29

    Nach § 286 Abs. 1 BGB kommt der Schuldner in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt.
    30

    (1)
    31

    Vorliegend ist die Forderung des Klägers durch das Anspruchsschreiben des Prozessbevollmächtigten vom 13.02.2020 an die Beklagte zu 2), in dem die beteiligten Fahrzeuge, der Unfallhergang sowie die geltend gemachte Schäden aufgeführt werden, fällig geworden. Da gemäß § 271 BGB eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, kann der Unfallgeschädigte die Leistung sofort verlangen. Dies gilt zumindest dann, wenn er seinen Schaden ordnungsgemäß spezifiziert und in nachprüfbarer Form belegt hat (vgl. OLG Frankfurt Beschl. v. 6.2.2018 ‒ 22 W 2/18, Rn. 11, beck-online).
    32

    (2)
    33

    Eine Mahnung des Klägers ist jedenfalls mit Schreiben vom 04.03.2020 an die Beklagte zu 2) erfolgt. Daher kann dahinstehen, ob es sich bereits bei dem Schreiben vom 13.02.2020 um eine mit der zur Fälligkeit führenden Erklärung verbundene Mahnung handelt.
    34

    (3)
    35

    Obwohl die Beklagte zu 2) trotz der Mahnung gemäß § 242 BGB nicht vor Ablauf einer ihr zuzubilligenden Prüffrist in Verzug geraten kann, befand sie sich bei Klageeingang am 17.03.2020 in Verzug mit ihrer Zahlungspflicht. Die Prüffrist lief lediglich bis zum 16.03.2020
    36

    (a)
    37

    Dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer ist bei der Regulierung von Unfallschäden grundsätzlich eine Prüffrist zuzubilligen, vor deren Ablauf Verzug nicht eintritt und auch eine Klage nicht veranlasst ist (vgl. Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 249 BGB (Stand: 08.09.2021), Rn. 276). Der Haftpflichtversicherer ist nicht verpflichtet, unbesehen und vorschnell Zahlungen zu leisten. Die Prüffrist beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens. Ihre Dauer ist vom Einzelfall abhängig, wobei bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall ein Zeitraum von vier bis sechs Wochen angemessen ist (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 28. Oktober 2020 ‒ I-7 U 58/20, Rn. 50, juris; OLG Hamm Beschl. v. 12. Juni 2015 ‒ I-11 W 47/15, Rn. 2, juris). Bei komplizierten Sachverhalten kann sie durchaus auch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen (vgl. OLG Düsseldorf Beschl. v. 27.6.2007 ‒ 1 W 23/07, NZV 2008, 151). Insbesondere kann der Geschädigte aber erwarten, dass der Schädiger kurzfristig mitteilt, ob und inwieweit eine Prüfung stattfindet und welche Verzögerungen durch Ermittlungen etc. zu erwarten sind (vgl. OLG Frankfurt a.M. Beschl. v. 6.2.2018 ‒ 22 W 2/18, Rn. 22, beck-online). Die gegebenenfalls vom Versicherer als erforderlich angesehene Einsicht in die Ermittlungsakte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Dauer der Prüffrist (und den Eintritt des Verzugs), weil sonst berechtigte Interessen des Geschädigten an einer zügigen Regulierung des Schadens ohne triftigen Grund unberücksichtigt blieben (vgl. OLG Frankfurt a.M. Beschl. v. 6.2.2018 ‒ 22 W 2/18, Rn. 23, beck-online).
    38

    (b)
    39

    Vorliegend erscheint eine Prüffrist zur Schadensregulierung von vier Wochen ab Zugang des Schreibens vom 13.02.2020 ausreichend bemessen. Es handelte sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt mit klarer Haftungslage. Der seitens der Beklagten zu 2) in Auftrag gegebene Prüfbericht der DEKRA zur Schadenshöhe lag ihr am 26.02.2020 vor (Anl. B5). Sofern die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 26.02.2020 mitgeteilt hat, dass sie noch die Schadenanzeige ihres Versicherungsnehmers, weitere Informationen sowie die polizeiliche Ermittlungsakte benötigen würde, rechtfertigt dies keinen weiteren Prüfzeitraum von mehr als zwei Wochen; zumal die Einsicht in die Ermittlungsakte ‒ wie ausgeführt ‒ auf die Dauer der Prüffrist keinen Einfluss hat. Im Übrigen hatte der Kläger der Beklagten zu 2) die Unfallmitteilung der Polizei mit seinem Schreiben vom 12.03.2020 bereits übersandt. Welche „weiteren Informationen“ der Beklagten neben der Schadenanzeige ihres Versicherungsnehmers gefehlt haben sollen, die bei der gegebenen klaren Haftungslage nicht binnen zwei Wochen zu beschaffen gewesen wären, ist nicht erkennbar.
    40

    (c)
    41

    Unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten ist spätestens mit einem Zugang des Schreibens vom 13.02.2020 am Montag, den 17.02.2020, zu rechnen gewesen, so dass die vierwöchige Prüfungsfrist am Montag, den 16.03.2020, abgelaufen ist.
    42

    Die im Schreiben vom 13.02.2020 gesetzte Frist für die Regulierung zum 28.08.2020 führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung. Diese Frist hätte, sofern der Kläger die Beklagte zu 2) nicht nochmals mit Schreiben vom 04.03.2020 zur Zahlung aufgefordert hätte, im vorliegenden Fall allenfalls Bedeutung für den Verzugsbeginn. Ist nämlich die Mahnung mit der Erklärung verbunden, die erst die Fälligkeit herbeiführt, so muss dem Schuldner eine angemessene Frist zugebilligt werden, die Leistung zu erbringen, bzw. insbesondere bei Geldforderungen, die Berechtigung des Anspruchs zu überprüfen (vgl. Hager in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 286 BGB, Rn. 69). Im Hinblick auf die der Beklagten zu 2) zuzubilligenden Prüffrist ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte zu 2) sich auf einen etwaig vom Kläger geschaffenen Vertrauenstatbestand, ihr für die Regulierung mehr als sechs Monate Zeit zu lassen, verlassen hätte. Wie der in Auftrag gegebene Prüfbericht vom 26.02.2020 zeigt, ist die Beklagte zu 2) sogleich in die Regulierungsprüfung eingestiegen.
    43

    (4)
    44

    Die Beklagte zu 2) hat die verzögerte Leistung zu vertreten. Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Die Darlegungs- und Beweislast trifft den Schuldner (vgl. BGH Urt. v. 10.2.2011 ‒ VII ZR 53/11, Rn. 15, beck-online), hier also die Beklagte zu 2). Wie ausgeführt ist nicht ersichtlich, dass insbesondere die Fristsetzung bis zum 28.08.2020 die über vier Wochen hinaus andauernde Regulierungsprüfung der Beklagten zu 2) verursacht hätte.
    45

    (5)
    46

    Der Verzug der Beklagten zu 2) wirkt auch gegen den Beklagten zu 1) als Halter des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Fahrzeugs. Zwar wirkt der Verzug gemäß § 425 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person er eintritt. Da der Halter der Kfz-Haftpflichtversicherung jedoch gemäß A.1.1.4 AKB Regulierungsvollmacht erteilt, ergibt sich aus dem Schuldverhältnis „ein anderes“ i. S. d. § 425 Abs. 1 BGB. Dies hat zur Folge, dass sich der Beklagte zu 1) gemäß § 164 Abs. 1, Abs. 3 BGB die den Verzug begründende Wirkung der gegenüber der Beklagten zu 2) ausgesprochenen Zahlungsaufforderung zurechnen lassen muss (so OLG München Endurt. v. 3.6.2016 ‒ 10 U 124/16, Rn. 32, beck-online).
    47

    b.
    48

    Sofern ‒ wie hier ‒ lediglich der Kostenausspruch hinsichtlich des erledigten Teils einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht zugeführt wird, darf die Entscheidung sachlich nur abgeändert werden, soweit sie auf § 91a beruht. Wegen des auch für die Rechtsmittelinstanz geltenden Grundsatzes der einheitlichen Kostenentscheidung muss das Rechtsmittelgericht jedoch einen Ausspruch über die Gesamtkosten treffen und dabei die von dem Erstgericht bezüglich des streitig gebliebenen Teils getroffene Kostenregelung ohne eigene Sachprüfung übernehmen (vgl. MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 91a Rn. 104).
    49

    Da das Landgericht die Kosten des verbliebenen streitigen Teils gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dem Kläger auferlegt hat, sind die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 91a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4 ZPO zu 8 % dem Kläger und zu 92 % den Beklagten aufzuerlegen.
    50

    3.
    51

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1, Abs. 4 ZPO.
    52

    Der Beschwerdewert wird auf bis zu 4.000,00 EUR festgesetzt.

    RechtsgebietKostenrechtVorschriften§§ 91a Abs. 2 S. 1; 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; 569 ZPO