15.06.2022 · IWW-Abrufnummer 229734
Landgericht Mannheim: Beschluss vom 11.05.2022 – 4 KLs 300 Js 40140/20
1. Kommt es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung an, so sind Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden, nicht zu berücksichtigen.
2. Ordnet der Vorsitzende unter Nennung des Zeitraums eine Unterbrechung an und wird die Hauptverhandlung aus von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenen Gründen erst nach dem genannten Zeitraum fortgesetzt, ist nur der durch den Vorsitzenden angeordnete Zeitraum zu berücksichtigen und nicht die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung.
Landgericht Mannheim
Tenor:
I.
Rechtsanwalt K begehrt im Wege der Erinnerung vom 11.03.2022 die antragsgemäße Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 2.559,60 Euro.
Mit Schreiben vom 13.12.2021 beantragte der Pflichtverteidiger des Verurteilten, Rechtsanwalt K, die Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 2.559,60 Euro. Diesem Antrag gab das Landgericht Mannheim - Rechtspflegerin - mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.01.2022 teilweise in Höhe von 2.224,02 Euro statt. Auf die Erinnerungen des Rechtsanwalts K vom 20.01.2022 und der Bezirksrevisorin vom 22.02.2022 änderte die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28.02.2022 den Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend ab, dass die Gebühren und Auslagen auf 1.648,06 Euro festgesetzt wurden. Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts K vom 11.03.2022 änderte die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsbeschluss mit Beschluss vom 15.03.2022 erneut und insoweit ab, als die Gebühren und Auslagen auf 2.056,23 Euro festgesetzt wurden, was der von Rechtsanwalt K beantragten Summe abzüglich dreier geltend gemachter Zusatzgebühren für die Hauptverhandlungstermine vom 05.11., 19.11. und 30.11.2021 gemäß Nr. 4116 VV RVG in Höhe von jeweils 141,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer - also 503,37 Euro - entspricht. Im Übrigen half sie der Erinnerung nicht ab und legte die Akten zur weiteren Entscheidung der Kammer vor.
II.
Die zulässige Erinnerung war - soweit ihr nicht bereits durch die Rechtspflegerin abgeholfen wurde - als unbegründet zu verwerfen, weil die von Rechtsanwalt K beantragten Zusatzgebühren im Sinne von Nr. 4116 VV RVG nicht entstanden sind.
1.
Entgegen des Vorbringens des Rechtsanwalts K ist die Mittagspause bei der Berechnung der Gesamtdauer der Hauptverhandlung für die oben genannten drei Termine abzuziehen. Die in der Erinnerungsbegründung zitierte Rechtsprechung erging vor dem Erlass des Art. 7 Abs. 1 Ziffer 42 des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.2020 (BGBl. I S. 3229 (Nr. 66)) und damit vor Einführung des Absatzes 3 der Vorbemerkung 4.1 in Anlage 1 Teil 4 RVG. Letztgenannte Vorschrift findet hier nach der Maßgabe von § 60 Abs.1 RVG Anwendung, da sowohl die Auftragserteilung als auch die Beiordnung des Rechtsanwalts K nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt sind.
Nach Absatz 3 der Vorbemerkung 4.1 in Anlage 1 Teil 4 RVG sind zwar auch Wartezeiten und Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag als Teilnahme zu berücksichtigen, wenn es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung ankommt. Dies gilt jedoch nicht für Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden.
Wird die Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden für unbestimmte Zeit unterbrochen, ist die Dauer der Unterbrechung als Teilnahme an der Hauptverhandlung zu rechnen (vergleiche Toussaint, Kostenrecht, 51. Auflage 2021, RVG VV Vorbemerkung 4.1: Rn. 35; BR-Drs. 565/20, 98). Ordnet der Vorsitzende unter Nennung des Zeitraums eine Unterbrechung an und wird die Hauptverhandlung aus von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenen Gründen erst nach dem genannten Zeitraum fortgesetzt, ist nur der durch den Vorsitzenden angeordnete Zeitraum zu berücksichtigen und nicht die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung (Toussaint, ebenda).
2.
Diesen gesetzlichen Vorgaben entsprechend ist der Längenzuschlag gemäß Nr. 4116 VV RVG, der entsteht, wenn der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung teilnimmt, an keinem der durch den Rechtanwalt K genannten Termine entstanden:
a) Am 05.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr terminierte Sitzung um 09:13 Uhr und endete um 14:54 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung zur Mittagspause von 12:04 Uhr bis 13:30 Uhr unterbrochen und um 13:36 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 14:54 Uhr - 5 Stunden und 54 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 12:04 Uhr bis 13:30 Uhr - 1 Stunde und 36 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 4 Stunden und 28 Minuten ergibt.
b) Am 19.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr anberaumte Sitzung um 09:18 Uhr und endete um 14:15 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung von 11:36 Uhr bis 13:30 Uhr zur Mittagspause unterbrochen und um 13:30 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 14:15 Uhr - 5 Stunden und 15 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 11:36 Uhr bis 13:30 Uhr - 1 Stunde 54 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 3 Stunden und 21 Minuten ergibt.
c) Am 30.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr anberaumte Sitzung um 09:15 Uhr und endete um 15:05 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung zur Mittagspause von 11:57 Uhr bis 14:00 Uhr unterbrochen und um 14:05 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 15:05 Uhr - 6 Stunden und 5 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 11:57 Uhr bis 14:00 Uhr - 2 Stunden und 3 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 4 Stunden und 2 Minuten ergibt.
d) Die Erinnerung war daher als unbegründet zu verwerfen.
III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
Beschluss vom 11.05.2022
Tenor:
- Die Erinnerung des Rechtsanwalts K vom 11.03.2022 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 11.01.2022 in Form des Beschlusses vom 28.02.2022 wird - soweit ihr in Form des Beschlusses vom 15.03.2022 nicht abgeholfen wurde - als unbegründet verworfen.
- Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Rechtsanwalt K begehrt im Wege der Erinnerung vom 11.03.2022 die antragsgemäße Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 2.559,60 Euro.
Mit Schreiben vom 13.12.2021 beantragte der Pflichtverteidiger des Verurteilten, Rechtsanwalt K, die Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 2.559,60 Euro. Diesem Antrag gab das Landgericht Mannheim - Rechtspflegerin - mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.01.2022 teilweise in Höhe von 2.224,02 Euro statt. Auf die Erinnerungen des Rechtsanwalts K vom 20.01.2022 und der Bezirksrevisorin vom 22.02.2022 änderte die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28.02.2022 den Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend ab, dass die Gebühren und Auslagen auf 1.648,06 Euro festgesetzt wurden. Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts K vom 11.03.2022 änderte die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsbeschluss mit Beschluss vom 15.03.2022 erneut und insoweit ab, als die Gebühren und Auslagen auf 2.056,23 Euro festgesetzt wurden, was der von Rechtsanwalt K beantragten Summe abzüglich dreier geltend gemachter Zusatzgebühren für die Hauptverhandlungstermine vom 05.11., 19.11. und 30.11.2021 gemäß Nr. 4116 VV RVG in Höhe von jeweils 141,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer - also 503,37 Euro - entspricht. Im Übrigen half sie der Erinnerung nicht ab und legte die Akten zur weiteren Entscheidung der Kammer vor.
II.
Die zulässige Erinnerung war - soweit ihr nicht bereits durch die Rechtspflegerin abgeholfen wurde - als unbegründet zu verwerfen, weil die von Rechtsanwalt K beantragten Zusatzgebühren im Sinne von Nr. 4116 VV RVG nicht entstanden sind.
1.
Entgegen des Vorbringens des Rechtsanwalts K ist die Mittagspause bei der Berechnung der Gesamtdauer der Hauptverhandlung für die oben genannten drei Termine abzuziehen. Die in der Erinnerungsbegründung zitierte Rechtsprechung erging vor dem Erlass des Art. 7 Abs. 1 Ziffer 42 des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.2020 (BGBl. I S. 3229 (Nr. 66)) und damit vor Einführung des Absatzes 3 der Vorbemerkung 4.1 in Anlage 1 Teil 4 RVG. Letztgenannte Vorschrift findet hier nach der Maßgabe von § 60 Abs.1 RVG Anwendung, da sowohl die Auftragserteilung als auch die Beiordnung des Rechtsanwalts K nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt sind.
Nach Absatz 3 der Vorbemerkung 4.1 in Anlage 1 Teil 4 RVG sind zwar auch Wartezeiten und Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag als Teilnahme zu berücksichtigen, wenn es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung ankommt. Dies gilt jedoch nicht für Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden.
Wird die Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden für unbestimmte Zeit unterbrochen, ist die Dauer der Unterbrechung als Teilnahme an der Hauptverhandlung zu rechnen (vergleiche Toussaint, Kostenrecht, 51. Auflage 2021, RVG VV Vorbemerkung 4.1: Rn. 35; BR-Drs. 565/20, 98). Ordnet der Vorsitzende unter Nennung des Zeitraums eine Unterbrechung an und wird die Hauptverhandlung aus von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenen Gründen erst nach dem genannten Zeitraum fortgesetzt, ist nur der durch den Vorsitzenden angeordnete Zeitraum zu berücksichtigen und nicht die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung (Toussaint, ebenda).
2.
Diesen gesetzlichen Vorgaben entsprechend ist der Längenzuschlag gemäß Nr. 4116 VV RVG, der entsteht, wenn der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung teilnimmt, an keinem der durch den Rechtanwalt K genannten Termine entstanden:
a) Am 05.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr terminierte Sitzung um 09:13 Uhr und endete um 14:54 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung zur Mittagspause von 12:04 Uhr bis 13:30 Uhr unterbrochen und um 13:36 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 14:54 Uhr - 5 Stunden und 54 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 12:04 Uhr bis 13:30 Uhr - 1 Stunde und 36 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 4 Stunden und 28 Minuten ergibt.
b) Am 19.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr anberaumte Sitzung um 09:18 Uhr und endete um 14:15 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung von 11:36 Uhr bis 13:30 Uhr zur Mittagspause unterbrochen und um 13:30 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 14:15 Uhr - 5 Stunden und 15 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 11:36 Uhr bis 13:30 Uhr - 1 Stunde 54 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 3 Stunden und 21 Minuten ergibt.
c) Am 30.11.2021 begann die auf 09:00 Uhr anberaumte Sitzung um 09:15 Uhr und endete um 15:05 Uhr. Mit Verfügung der Vorsitzenden wurde die Sitzung zur Mittagspause von 11:57 Uhr bis 14:00 Uhr unterbrochen und um 14:05 Uhr fortgesetzt. Mithin ist von dem Zeitraum von 09:00 Uhr bis 15:05 Uhr - 6 Stunden und 5 Minuten - die anberaumte Mittagspause von 11:57 Uhr bis 14:00 Uhr - 2 Stunden und 3 Minuten - abzuziehen, was eine zu berücksichtigende Verhandlungsdauer von 4 Stunden und 2 Minuten ergibt.
d) Die Erinnerung war daher als unbegründet zu verwerfen.
III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
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