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  • 11.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231715

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 24.05.2022 – 9 W 1/22

    1. Berichtigt der Notar im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens in Notarkostensachen seine Kostenberechnung, existiert die ursprüngliche Kostenberechnung nicht mehr. Sie kann mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr vor Gericht angegriffen werden.

    2. Werden auch gegen die neue Fassung der Kostenberechnung Einwendungen erhoben, ist darüber das anhängige Verfahren fortzuführen, anderenfalls tritt Erledigung ein.

    3. Zum Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen.


    Kammergericht Berlin

    Beschluss vom 24.05.2022


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 21. Dezember 2021 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. November 2021 abgeändert und der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenberechnung des Notars vom 14. Dezember 2000 zurückgewiesen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller die Hälfte zu tragen. Im Übrigen werden gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erhoben und findet eine Kostenerstattung nicht statt.

    Gründe

    I.

    In notarieller Verhandlung des Notars vom 27. November 2020, beurkundet zu dessen URNr. ..., beantragten der Antragsteller und sein zwischenzeitlich verstorbener Ehemann die Volljährigenadoption zweier ihrer Pflegekinder. Unter dem 14. Dezember 2020 erteilte er seine Kostenberechnung über 1.353, 49 €, wobei er einen Geschäftswert von 600.000 € zugrunde legte und aus einem Versehen heraus seinen Sozius als beurkundenden Notar benannte. Auf den bei dem Notar selbst gestellten Überprüfungsantrag und in dem vor dem Landgericht geführten gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen berichtigte der Antragsgegner nach Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts seine Kostenberechnung unter dem 15. Juli 2021 dahingehend, dass er nunmehr sich selbst als den beurkundenden Notar benannte und den Geschäftswert als 2 x 300.000 € (= 600.000 €) erläuterte.

    Durch angegriffenen Beschluss vom 17. November 2021 hat das Landgericht den Überprüfungsantrag des Antragstellers "betreffend die Kostenberechnung des Antragsgegners .../2020 vom 14. Dezember 2020 in der berichtigten Fassung .../2021 vom 15. Juli 2021 über 1.353,49 €" zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 13. Dezember 2021 ficht der Antragsteller den Beschluss in vollem Umfang an und rügt - von grundsätzlichen Erwägungen zur Volljährigenadoption von Pflegekindern abgesehen - allein den Umstand, dass die landgerichtliche Entscheidung sich auf die Kostenberechnung vom 14. Dezember 2020 statt auf die "nachgereichte Kostenberechnung vom 14. Juli 2021" [richtigerweise 15. Juli 2021] beziehe. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

    Mit Verfügung vom 12. April 2022 ist dem Antragsteller aufgegeben worden, den Gegenstand seines Überprüfungsantrages zu überdenken, und darauf hingewiesen worden, dass ein unverändert gegen die ursprüngliche Fassung gerichteter Antrag unzulässig sei. Hierzu hat sich der Antragsteller nicht mehr verhalten.

    II.

    Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. November 2021 ist statthaft nach § 129 GNotKG und sonst gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63, 64 FamFG zulässig. Sie ist jedoch nur teilweise begründet.

    Die Beschwerde des Antragstellers ist insoweit begründet, als das Landgericht Berlin einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenberechnung in der Fassung vom 15. Juli 2021 zurückgewiesen hat. In Ansehung dieser Neufassung der Kostenberechnung lag ein Überprüfungsantrag nicht vor mit der Folge, dass das Landgericht zu einer solchen Überprüfung nicht berechtigt war. Vielmehr hat der Antragsteller mit der Beschwerde ausdrücklich klargestellt, sich lediglich gegen die Kostenberechnung des Notars in der Fassung vom 14. Dezember 2020 zur Wehr setzen zu wollen.

    Im Übrigen jedoch ist die Beschwerde nicht begründet. Mit dieser Klarstellung zum Überprüfungsumfang nämlich ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der sich ausdrücklich nur gegen die Notarkostenberechnung des Notars in der Fassung vom 14. Dezember 2020 richten soll, unzulässig, ihm fehlt das notwendige Rechtsschutzinteresse.

    Der Notar hat seine Kostenberechnung vom 14. Dezember 2020 im Verlaufe des Verfahrens abgeändert und durch die Fassung vom 15. Juli 2021 ersetzt. Allgemein anerkannt ist ein Notar jederzeit bis zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichts als letzter Tatsacheninstanz (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06. Dezember 2012 - 20 W 270/12 -, Rn. 8, juris; Sikora in Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage, 2022, § 130 Rn. 14;; nach altem Recht bis zum Erlass der landgerichtlichen Entscheidung: vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 1995 - 8 Wx 155/95 -, Rn. 7, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 - 15 W 226/79 -, Rn. 35, juris) berechtigt, auch während eines darüber schwebenden gerichtlichen Verfahrens nach § 127 GNotKG, eine von ihm erteilte Kostenberechnung durch eine geänderte Kostenberechnung zu ersetzen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - V ZB 89/08 -, Rn. 11, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 - 15 W 226/79 -, Rn. 35, juris; KG in DNotZ 1971, 116, 117; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 8.3.2018 - 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424; als selbstverständlich vorausgesetzt und im Ergebnis auch: OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - 20 W 44/20 -, Rn. 9, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juni 2018 - I-10 W 39/18 -, juris). Dies gilt jedenfalls, solange er sich - wie hier geschehen - im Rahmen des Verfahrensgegenstandes im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen hält. Dieser wird durch den vom Notar vorgetragenen Sachverhalt, nämlich die konkreten, gebührenauslösenden Einzelakte der Notartätigkeit in Verbindung mit dem vom Notar daraus hergeleiteten Zahlungsanspruch (ggf. - worauf es vorliegend nicht ankommt - in den Grenzen der dagegen erhobenen Beanstandungen) bestimmt (Kammergericht in DNotZ 1971, 116, 117; OLG Hamm, Beschluss vom 29. März 1994 - 15 W 383/93 -, Rn. 30, juris; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 - 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424).

    Die Notarkostenberechnung vom 14. Dezember 2020 existiert also nicht mehr mit der Folge, dass sie auch vor Gericht nicht mehr angegriffen werden und auch nicht mehr Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 - 15 W 226/79 -, Rn. 35). Vielmehr wird mit der Berichtigung die neue Fassung der Kostenberechnung Grundlage des Verfahrens (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 1995 - 8 Wx 155/95 -, Rn. 7, juris; Sikora in: Korintenberg, 22. Auflage, § 127 Rn. 22). Es tritt auch nicht etwa per se Erledigung des Verfahrens ein (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06. Dezember 2012 - 20 W 270/12 -, Rn. 8, juris). Vielmehr ist das anhängige Verfahren fortzuführen, soweit auch gegen die Kostenberechnung in ihrer berichtigten Fassung Einwendungen erhoben werden (OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 - 15 W 226/79 -, Rn. 41, juris; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 - 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424).

    Genau solche Einwendungen gegen die Kostenberechnung in ihrer berichtigten Fassung vom 15. Juli 2021 erhebt der Antragsteller vorliegend jedoch nicht. Vielmehr beharrt er in seiner Beschwerde ausdrücklich auf einer Überprüfung der - nicht mehr existenten - Fassung der Kostenberechnung vom 14. Dezember 2020. Hierfür aber fehlt ihm - worauf er mit Verfügung vom 12. April 2022 hingewiesen worden ist, ohne hierauf seinen Antrag anzupassen - das notwendige Rechtsschutzinteresse (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 8.3.2018 - 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424).

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG in Verbindung mit § 81 Abs. 1 FamFG. Nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.

    Vorliegend entsprach es billigem Ermessen, dem Antragsteller die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil er in diesem Umfang unterlegen ist. Denn seine allein gegen eine nicht mehr existente Fassung der Kostenberechnung erhobenen Einwendungen waren nicht mehr zulässig. Auch in gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu orientieren, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände eine abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 2015 - 9 W 42 - 46/14 -, Rn. 26 ff., juris). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Billigkeitsgründe, die gegen eine das Maß seines Unterliegens abbildende Kostenlast des Antragstellers sprechen, sind nicht ersichtlich.

    Im Übrigen waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 21 GNotKG niederzuschlagen, da sie auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Landgericht beruhen. Das Landgericht hat einen tatsächlich nicht gestellten Überprüfungsantrag in Ansehung der Notarkostenberechnung in der Fassung vom 15. Juli 2021 beschieden. Da ein solcher nicht Verfahrensgegenstand war, hätte aber über diesen nicht entschieden werden dürfen. Es mag einer interessengerechten Auslegung des bisher gestellten Antrages entsprochen haben, diesen nunmehr auf den durch die Abhilfe geänderten Verfahrensgegenstand zu beziehen. Darauf allein hätte sich das Landgericht jedoch nicht beschränken dürfen. Vielmehr hätte es den Antragsteller vor Erlass des angefochtenen Beschlusses darauf hinweisen müssen, dass dem Verfahren nur noch die berichtigte Kostenberechnung zugrunde zu legen ist (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 - 20 W 54/18 in: NJOZ 2019, 424). Spätestens aber mit der sofortigen Beschwerde des Antragstellers hatte dieser klargestellt, dass er ausschließlich die erledigte Kostenberechnung einer (nicht zulässigen) Überprüfung unterzogen wissen wollte, so dass dies in der Abhilfeentscheidung des Landgerichts seine Berücksichtigung hätte finden können. Das Verfahren vor dem Beschwerdegericht wäre dann entbehrlich gewesen. Angesichts dieser Besonderheiten des Verfahrens entspricht es in Abweichung vom gesetzlichen Regelfall der § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 84 FamFG, ebenfalls billigem Ermessen, von der Anordnung der Erstattung notwendiger Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren ungeachtet der Frage abzusehen, ob und inwieweit dem Antragsgegner, der lediglich seine Kostenberechnung verteidigt, solche überhaupt entstanden sind (vgl. ebenso: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 - 20 W 54/18 in: NJOZ 2019, 424).

    RechtsgebietNotarkostenVorschriften§ 127 GNotKG