09.03.2023 · IWW-Abrufnummer 234166
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 01.02.2023 – XII ZB 472/22
Die Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021 - XII ZB 376/20 -FamRZ 2021, 770).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2023 durch die Richter Guhling, Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Oktober 2022 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Beschwerdewert: bis 500 €
Gründe
I.
1
Der Antragsgegner wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung nebst Belegvorlage in einem Zugewinnausgleichsverfahren.
2
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Teilbeschluss zur Auskunftserteilung und Belegvorlage verpflichtet. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht verworfen, weil der Wert der Beschwer den Betrag von 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
3
Die gemäß §§ 112 Nr. 2 , 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG , 522 Abs. 1 Satz 4 , 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
4
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, bei einer Verpflichtung zur Auskunftserteilung bemesse sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Insoweit sei regelmäßig auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Zur Bewertung des Zeitaufwands werde entsprechend § 20 JVEG ein Stundensatz von 4 € zugrunde gelegt, so dass sich selbst bei einem großzügig bemessenen Zeitaufwand von 20 Stunden lediglich ein Betrag von 80 € ergebe. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die titulierte Verpflichtung zur Vorlage von Belegen keinen vollstreckbaren Inhalt habe, übersteige der Wert der Beschwer nicht den Betrag von 600 €. Zwar erhöhe sich die Beschwer in diesem Fall um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Diese beliefen sich indessen auf der Grundlage des Auffangwerts des § 42 Abs. 3 FamGKG von 5.000 € lediglich auf 262,27 €.
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2. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
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a) Der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung richtet sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines - hier nicht geltend gemachten - besonderen Geheimhaltungsinteresses ist dafür auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Zur Bewertung dieses Aufwands ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021 - XII ZB 376/20 -FamRZ 2021, 770Rn. 11 mwN).
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Hat indessen die Auskunftsverpflichtung oder die Belegvorlagepflicht, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer nach ständiger Rechtsprechung des Senats um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung muss der Verpflichtete gewärtigen, dass er in vollem Umfang aus dem erstinstanzlichen Titel in Anspruch genommen wird und sich hiergegen zur Wehr setzen muss (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 2021 - XII ZB 376/20 -FamRZ 2021, 770Rn. 12 mwN und vom 12. Januar 2022 - XII ZB 418/21 -FamRZ 2022, 649Rn. 13 ff. mwN).
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Auf dieser rechtlichen Grundlage ist der Wert der Beschwer nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021 - XII ZB 376/20 -FamRZ 2021, 770Rn. 13 mwN).
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b) Derartige Ermessensfehler liegen hier nicht vor.
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aa) Die Rechtsbeschwerdebegründung stellt nicht in Frage, dass der Zeitaufwand des Antragsgegners für die Auskunftserteilung mit 80 € zu bemessen ist. Weiterer Aufwand, etwa hinsichtlich der Belegvorlage, ist nicht dargelegt und wird mit der Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht.
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bb) Zu Unrecht wendet sich die Rechtsbeschwerde indessen dagegen, dass das Beschwerdegericht für die Berechnung der von ihm berücksichtigten Zwangsvollstreckungskosten auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG von 5.000 € zurückgegriffen hat.
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Abzustellen ist insoweit darauf, welche Kosten dem Antragsgegner entstünden, um sich gegen die Vollstreckung der Belegvorlagepflicht zur Wehr zu setzen. Im Verfahren der Zwangsvollstreckung können bis zu 0,6 Anwaltsgebühren ( § 18 Nr. 13 RVG iVm VV RVG 3309 , 3310) zuzüglich Auslagen ( VV RVG 7000 ff .) und Mehrwertsteuer anfallen. Maßgeblich ist dabei gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG der Wert, den die Vorlage der Belege für die Antragstellerin hat. Insoweit ist zwar nach § 42 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich ein Bruchteil des Mehrbetrags zugrunde zu legen, den die Antragstellerin sich auf der Leistungsstufe ihres Antrags erhofft. Sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich, anhand derer sich der von der Antragstellerin erhoffte Zahlbetrag bestimmen lässt, ist zudem denkbar, für die Bewertung der Pflicht zur Belegvorlage auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG von 5.000 € zurückzugreifen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2022 - XII ZB 418/21 -FamRZ 2022, 649Rn. 19 mwN).
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat die Antragstellerin vorliegend im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, anhand derer der von ihr erhoffte Zahlbetrag bestimmt werden könnte. Soweit die Rechtsbeschwerde dazu auf die vom Amtsgericht errechnete ungeklärte Differenz von 5.780.449 € abstellen möchte, handelt es sich dabei nicht um den von der Antragstellerin erhofften Mehrbetrag, sondern lediglich um den Betrag, über dessen Verbleib der Antragsgegner sich erklären soll. Inwieweit die Antragstellerin sich daraus einen Zahlbetrag erhofft, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Vielmehr haben die Antragstellerin und der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren übereinstimmend vorgetragen, es sei auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG von 5.000 € abzustellen.
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cc) Dass sich auf der Grundlage des Auffangwerts von 5.000 € für die Abwehr etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich der Verpflichtung zur Belegvorlage ein Betrag von 262,27 € errechnet, stellt die Rechtsbeschwerde nicht in Frage. Danach übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht.
Guhling
Klinkhammer
Nedden-Boeger
Botur
Krüger