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  • 07.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238173

    Oberlandesgericht Hamburg: Beschluss vom 08.08.2023 – 7 WF 31/23

    Mehrere aufeinander folgende Anträge auf sukzessive Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Anordnung sind gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten.


    Oberlandesgericht Hamburg

    Beschluss vom 08.08.2023


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek - Familiengericht - vom 3. April 2023, Az. 884 F 28/21, mit dem die von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf € 147,56 nebst Zinsen festgesetzt worden sind, wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf unter € 500,00 festgesetzt.

    Gründe

    I. Die Antragstellerin hat mit Anträgen vom 2. März 2021 (Bl. 3 d.A.) und vom 13. April 2022 (Bl. 76 d.A. des Amtsgerichts) jeweils beantragt, eine am 2. Oktober 2020 gegen den Antragsgegner ergangene Gewaltschutzanordnung zu verlängern. Diesen Anträgen hat das Amtsgericht mit Beschlüssen vom 23. März 2021 (Bl. 15 d.A.) und vom 20. April 2022 (Bl. 91 d.A.) jeweils entsprochen und die Kosten des Verfahrens jeweils dem Antragsgegner auferlegt. Mit Antrag vom 22. August 2022 (Bl. 107 d.A.) hat die Antragstellerin beantragt, die für den Antrag vom 13. April 2022 von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf € 147,56 nebst Zinsen festzusetzen. Der Antragsgegner hat dem mit Schriftsatz vom 8. September 2022 (Bl. 111 d.A.) widersprochen und darauf hingewiesen, dass mit Beschluss vom 15. Dezember 2021 (Bl. 63 d.A.) auf Antrag der Antragstellerin vom 25. März 2021 (Bl. 56 d.A.) bereits ein Betrag der zu erstattenden Kosten gegen ihn festgesetzt worden sei. Mit Beschluss vom 3. April 2023 (Bl. 129 d.A.) hat - nach einem zwischengeschalteten Erinnerungsverfahren - das Amtsgericht dem Antrag der Antragstellerin vom 22. August 2022 entsprochen. Gegen diesen, ihm am 24. April 2023 zugestellten Beschluss richtet sich das Rechtsmittel des Antragsgegners vom selben Tag, mit dem er seine Bedenken wiederholt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15. Juni 2023 (Bl. 161 d.A.) dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es als Beschwerde dem Oberlandesgericht vorgelegt.

    II. Das vom Amtsgericht in dem Nichtabhilfebeschluss vom 15. Juni 2023 als sofortige Beschwerde behandelte Rechtsmittel des Antragsgegners könnte trotz § 567 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 61 Abs. 1 FamFG ( Beschl. v. 27. 11. 2013, Az. XII ZB 597/13, NJW-RR 2014, S. 129) statt als Erinnerung als sofortige Beschwerde nach § 85 FamFG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO zu behandeln sein (a.A. die h.M., siehe z.B.  OLG Zweibrücken, Beschl. v. 31. 5. 2012, Az. 6 WF 83/12, NJW-RR 2012, S. 1094 f. zu §§ 56, 33 RVG); in der Sache aber ist es jedenfalls im Ergebnis unbegründet und daher zurückzuweisen.

    1. Soweit der Antragsgegner beanstandet, dass Kosten für den erfolgreichen Antrag auf die zweite Verlängerung der Gewaltschutzanordnung nicht gegen ihn festgesetzt werden dürften, weil bereits einmal - mit Beschluss vom 23. März 2021 - Kosten für einen erfolgreichen Verlängerungsantrag gegen ihn festgesetzt worden seien, vermag er damit letztlich nicht durchzudringen.

    Indessen dürften hier nicht - wie die Antragstellerin in dem Erinnerungsverfahren allerdings erfolgreich (s. den, versehentlich unvollständigen, weiteren Beschluss des Amtsgerichts vom 3. April 2023, Bl. 125 d.A.) geltend gemacht hat - die Tatbestände des § 17 Nr. 4 Bstb. b) und d) RVG zum Tragen kommen, nach denen das Verfahren in der Hauptsache und das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. das Verfahren über die Abänderung einer solchen verschiedene Angelegenheiten im Sinne des Gebührenrechts sind; denn diese Bestimmungen betreffen das Verhältnis des Verfahrens auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. auf deren Abänderung zu dem zugehörigen Hauptsacheverfahren, während es hier um Maßnahmen geht, die sich - jedenfalls vordergründig - innerhalb desselben Verfahrens auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung bzw. deren Abänderung abspielen. Die von dem Antragsgegner erhobenen Bedenken erscheinen daher im Hinblick auf § 16 Nr. 5 RVG, wonach das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung "und jedes Verfahren über deren Abänderung" dieselbe Angelegenheit sind, nicht grundlos. Dass der Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin indessen dennoch begründet ist, beruht auf einer anderen Sichtweise:

    Unabhängig von den Regelungen in § 16 und § 17 RVG stellen nämlich Anträge auf den Erlass unterschiedlicher einstweiliger Anordnungen im Verhältnis zueinander gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar. Der Antrag auf Verlängerung einer bereits erlassenen Gewaltschutzanordnung steht aus gebührenrechtlicher Sichtweise seinem Wesen nach nun dem Antrag auf Erlass einer neuen Gewaltschutzanordnung nach Ablauf der in einer vorangegangenen Gewaltschutzanordnung bestimmten Geltungsdauer gleich; denn es kann gebührenrechtlich keinen Unterschied machen, ob die Antragstellerseite, die eine zeitlich begrenzte einstweilige Anordnung erwirkt hat, den Ablauf der zeitlichen Geltungsdauer abwartet und dann einen neuen Anordnungsantrag stellt oder ob sie die Verlängerung der Geltungsdauer der bereits erwirkten einstweiligen Anordnung beantragt. Aus diesem Grunde sind der Antrag auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung und der Antrag auf Verlängerung ihrer Geltungsdauer als zwei verschiedene Angelegenheiten zu behandeln ( OLG Zweibrücken, Beschl. v. 31. 5. 2012, Az. 6 WF 83/12, NJW-RR 2012, S. 1094 f.; so nach Aufgabe seiner früher vertretenen Ansicht jetzt auch Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., § 16 RVG Rdnr. 102 m.w.N.; so auch schon der 8. Zivilsenat des Hans. OLG, Beschl. v. 10. 5. 1991, Az. 8 W 121/91, JurBüro 1991, Sp. 1084, auf Grundlage von § 40 Abs. 1 und 2 BRAGO a.F. zum Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer einer zeitlich begrenzten einstweiligen Verfügung). Nichts anderes darf dann aber auch für das Verhältnis mehrerer aufeinander folgender Anträge auf sukzessive Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Anordnung zueinander gelten; denn zumindest aus gebührenrechtlicher Sicht steht auch der Antrag auf weitere Verlängerung der Geltungsdauer seinem Wesen nach dem Antrag auf Erlass einer neuen Gewaltschutzanordnung gleich (so wohl auch Toussaint in Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., § 16 RVG Rdnr. 28).

    2. In der Höhe ist der vom Amtsgericht festgesetzte Betrag jedenfalls nicht zu beanstanden (§§ 31 RVG, Ziff. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Insoweit hat der Antragsgegner Einwendungen auch nicht erhoben.

    III. Die Kostenentscheidung für diesen Beschluss folgt aus §§ 85 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO.

    RechtsgebietKostenfestsetzungVorschriften§ 19 RVG; § 17 RVG