13.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239655
Oberverwaltungsgericht Münster: Beschluss vom 19.01.2024 – 10 E 780/23
Die Kosten für die Versendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten schuldet - im Verhältnis zum Gericht - der Prozessbevollmächtigte und nicht der von ihm im Verfahren vertretene Beteiligte.
Oberverwaltungsgericht NRW
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
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Gründe:
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die vom Verwaltungsgericht gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG zugelassene Beschwerde, über die auf der Grundlage von § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Einzelrichter entscheidet, ist zulässig.
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Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen die Kostenrechnung vom 16. Mai 2022, mit der ihr als Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Ausgangsverfahren die Kosten einer Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1) zu § 3 Abs. 2 GKG in Höhe von 12 Euro auferlegt worden sind, zu Recht zurückgewiesen.
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Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage, wer die Kosten für die - hier erfolgte - Versendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten schuldet. Dies ist - im Verhältnis zum Gericht - der Prozessbevollmächtigte und nicht der von ihm im Verfahren vertretene Beteiligte.
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Nach § 28 Abs. 2 GKG schuldet die Auslagen nach Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses nur, wer die Versendung der Akte beantragt hat. Dabei handelt es sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - um eine spezielle Kostenhaftungsregelung für die Aktenversendungspauschale, mit der eine ungerechtfertigte Haftung der allgemeinen Kostenschuldner nach den §§ 22 ff. GKG vermieden werden soll.
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Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Art. 1 Nr. 26 (§ 56 GKG a.F.) des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 (BT-Drs. 12/6962, S. 7, 66).
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Daraus ergibt sich, wie die Beschwerdeführerin richtigerweise vorbringt, noch nicht, ob der Prozessbevollmächtigte oder der von ihm Vertretene Schuldner der Aktenversendungspauschale ist.
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Anders als die Beschwerdeführerin meint, lässt sich dem Umstand, dass das Recht auf Akteneinsicht nach § 100 Abs. 1 VwGO den Beteiligten zusteht und auch dessen Wahrnehmung durch Bevollmächtigte letztlich im Interesse der Vertretenen erfolgt, aber nicht entnehmen, dass diese als Antragsteller und damit Kostenschuldner i. S. v. § 28 Abs. 2 GKG anzusehen sind. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kostenschuldner unabhängig davon zu bestimmen ist. Bei der Versendung von Akten handelt es sich um eine von § 100 VwGO nicht umfasste zusätzliche Leistung, für die Nr. 9003 einen eigenen Gebührentatbestand vorsieht.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2013 - 11 E 85/13 -, juris Rn. 7 und vom 29. Januar 2013
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- 2 E 81/13 -, juris Rn. 4 ff.
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Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass Kostenschuldner dieser zusätzlichen Leistung der Prozessbevollmächtigte ist, wenn dieser die Versendung an sich beantragt hat. Die - durch die Pauschale abzugeltende - Aktenversendung erfolgt bei einer Beantragung durch einen Rechtsanwalt regelmäßig nur aus arbeitsorganisatorischen Gründen, die in die Interessensphäre des Prozessbevollmächtigten und nicht in diejenige des von ihm vertretenen Beteiligten fallen. Eine Aktenversendung, wie sie hier beantragt worden war, ist von vornherein nur den nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 6 VwGO bevollmächtigten Personen möglich, da allein ihnen und nicht den von ihnen Vertretenen die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder die Geschäftsräume gestattet werden kann (vgl. § 100 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Rechtsanwalt entscheidet darüber, auf welche Weise und an welchem Ort er die Gerichtsakten einsieht, vorwiegend unter Berücksichtigung seiner eigenen Interessen und Arbeitsorganisation. Dass sich die Anfertigung von Aktenauszügen und Fotokopien für den Rechtsanwalt bei einer Aktenübersendung als einfacher erweisen mag, rechtfertigt nicht die Annahme, die Aktenübersendung liege auch im Interesse des von ihm Vertretenen. Dies gilt ebenso für den Einwand der Beschwerdeführerin, bei einer Aktenübersendung in die Kanzleiräume erfolge gewöhnlich ein gründlicheres Aktenstudium. Ein gründliches Aktenstudium ist dem Rechtsanwalt auch bei einer Akteneinsichtnahme bei Gericht möglich - entweder während der Akteneinsicht im Gerichtsgebäude oder auf Grundlage einer dort gefertigten Kopie der Akte in seinen Kanzleiräumen. Entscheidet sich der Rechtsanwalt für die Beantragung einer Aktenübersendung, rechtfertigt es die für ihn damit in aller Regel verbundene erhebliche Arbeitserleichterung, die dadurch entstandenen Kosten bei ihm zu erheben.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2010 - 1 WDS-KSt 6/09 -, juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 6. April 2011 - IV ZR 232/08 -, juris Rn. 11 ff.; BSG, Beschluss vom 20. März 2015 - B 13 SF 4/15 S -, juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. März 2016 - 5 S 2450/12 -, juris Rn. 5 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 1. Februar 2010 - 13 OA 170/09 -, juris Rn. 7 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 - 19 C 05.3348 -, juris Rn. 17 ff.; a. A. Sächs. OVG, Beschluss vom 25. Juni 2009 - 5 A 398/08 -, juris Rn. 3 ff.; Hamb. OVG, Beschluss vom 18. April 2006 - 1 So 148/05 -, juris Rn. 3.
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Dass dies zu einer Vorfinanzierung der Aktenversendungspauschale durch den Rechtsanwalt für den Fall führt, dass er die Kosten an den Vertretenen weitergeben kann, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
RechtsgebietGKGVorschriftenGKG § 28 Abs. 2