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  • 30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242954

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 25.03.2024 – 7 WF 81/23

    Ein Anerkenntnis ist nur dann sofortig, wenn es bei der ersten sich bietenden prozessualen Möglichkeit erklärt wird. Ist ein früher erster Termin mit vorangehendem Gütetermin angesetzt, ist das Anerkenntnis - wenn nicht bereits aufgrund einer gerichtlichen Fristsetzung eine frühere Abgabe geboten war - spätestens in der Güteverhandlung zu erklären.


    Oberlandesgericht Hamm


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.3.2023 gegen den am 27.2.2023 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts ‒ Familiengericht ‒ Menden (Sauerland) wird zurückgewiesen.

    Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 2.200,00 € festgesetzt.

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    Gründe:

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    I.

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    Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das Familiengericht ihr die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt hat.

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    Die Beteiligten sind verheiratet. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 13.7.2011 rechtshängig. Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller mit seinem Antrag vom 5.10.2022 die Antragsgegnerin auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft in Anspruch genommen. Der Antrag ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zusammen mit der Anordnung eines Gütetermins und frühen ersten Termins am 21.11.2022 zugestellt worden. Bis zum Termin, der am 27.2.2023 stattgefunden hat, hat die Antragsgegnerin in der Sache zum Antrag vom 5.10.2022 nicht Stellung genommen.

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    Im Termin am 27.2.2023 hat das Familiengericht zunächst die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Im Terminsprotokoll ist festgehalten, dass eine gütliche Einigung nicht zustande gekommen sei. Weiterhin ist protokolliert, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers sodann den Antrag aus der Antragsschrift gestellt und der Verfahrensbevollmächtige der Antragsgegner erklärt hat, der Anspruch werde unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt.

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    Mit dem angefochtenen Anerkenntnisbeschluss hat das Familiengericht die Zugewinngemeinschaft aufgehoben. Des Weiteren hat es der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung der Kostenentscheidung hat es ausgeführt, es liege kein sofortiges Anerkenntnis vor.

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    Mit ihrer sofortigen Beschwerde, welcher das Familiengericht nicht abgeholfen hat, macht die Antragsgegnerin geltend: Sie sei vom Antragsteller zu keiner Zeit aufgefordert worden, eine Gütertrennung zu vereinbaren. Den Antrag habe sie noch im frühen ersten Termin anerkannt.

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    Auf die Beschlüsse des Beschwerdegerichts vom 9.5. und 28.7.2023 hin trägt die Antragsgegnerin ergänzend vor: In der ihrem Verfahrensbevollmächtigten zugegangenen Terminsverfügung vom 21.11.2022 sei keine Fristsetzung zur Stellungnahme enthalten gewesen. Im Termin am 27.2.2023 habe eine Erörterung der Sach- und Rechtslage nicht stattgefunden. Der Vorsitzende habe lediglich angefragt, ob man sich auf eine Zugewinnausgleichszahlung einigen könne. Dies sei vom Vertreter des Antragstellers sofort abgelehnt worden. Der Vorsitzende habe daraufhin mit der Protokollierung der Anträge begonnen. Ihr Verfahrensbevollmächtigter habe den Vorsitzenden sogar unterbrechen müssen, da dieser einen Antrag auf Zurückweisung habe protokollieren wollen, der weder angekündigt noch geäußert worden sei. Noch vor der Protokollierung des Antrages des Antragstellers habe ihr Verfahrensbevollmächtigter angekündigt, den Antrag anzuerkennen.

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    Der Antragsteller verweist demgegenüber im Wesentlichen auf den Inhalt des erstinstanzlichen Terminsprotokolls.

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    Das Beschwerdegericht hat eine Stellungnahme des Richters am Amtsgerichts Y. zum Ablauf des Termins am 27.2.2023 eingeholt, welche dieser unter dem Datum 13.12.2023 abgegeben hat. Wegen des Inhaltes wird auf Bl. 303 f. d.A. Bezug genommen.

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    II.

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    Die nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 99 Abs. 2 S. 1, 567 ‒ 572 ZPO statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die im Anerkenntnisbeschluss vom 27.2.2023 enthaltene Kostenentscheidung ist in der Sache nicht begründet. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht das erst im Termin am 27.2.2023 erklärte Anerkenntnis nicht mehr als sofortig i.S. des § 93 ZPO bewertet.

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    1. Zwar steht der Bewertung ihres im Termins am 27.2.2023 erklärten Anerkenntnisses als sofortig nicht entgegen, dass das Anerkenntnis nicht innerhalb der vom Amtsgericht gesetzten Antragserwiderungsfrist erfolgt ist. Denn diese Fristsetzung ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nicht bekannt gegeben worden. Es fehlt mithin an einer wirksamen Setzung der Antragserwiderungsfrist.

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    2. Gleichwohl liegt auch unter Berücksichtigung der durchgeführten Ermittlungen kein sofortiges Anerkenntnis vor. Ein Anerkenntnis ist nur dann sofortig, wenn es bei der ersten sich bietenden prozessualen Möglichkeit erklärt wird (MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl., § 93 Rn. 12 m.w.N.). Ist ‒ wie im vorliegenden Fall ‒ ein früher erster Termin mit vorangehendem Gütetermin angesetzt, ist das Anerkenntnis - wenn nicht bereits aufgrund einer gerichtlichen Fristsetzung eine frühere Abgabe geboten gewesen ist - spätestens in der Güteverhandlung zu erklären (vgl. OLG Köln, MDR 2006, 226; Thür. OLG, Beschl. v. 30.5.2007 - 2 W 173/07, zitiert nach juris; Zöller/Feskorn, 34. Aufl., § 307 ZPO Rn. 3; Zöller/Greger, a.a.O., § 278 Rn. 14; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 20. Aufl., § 278 ZPO Rn. 12; Rensen in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 307 ZPO Rn. 14; Wieser, MDR 2002, 10/11).

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    Dies ist vorliegend nicht geschehen. Ausgehend von dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin sowie der dienstlichen Stellungnahme des Richters am Amtsgericht Y. kann nicht festgestellt werden, dass entgegen dem Inhalt des Protokolls dem frühen ersten Termin und der Protokollierung des Antrags des Antragstellers eine Güteverhandlung nicht vorangegangen wäre. Auch nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin hat der Vorsitzende zunächst an die Beteiligten die Frage gerichtet, ob eine gütliche Einigung in Betracht komme. Auch wenn dies umgehend vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zurückgewiesen worden sein mag, ändert dies nichts daran, dass für den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin Gelegenheit bestanden hätte, noch in diesem Rahmen und vor Protokollierung des Antrags des Antragstellers die Erklärung abzugeben, dass der Anspruch anerkannt werden solle. Zwar trägt die Antragsgegnerin vor, ihr Verfahrensbevollmächtigter sei sich sogar recht sicher, dass er noch vor der Protokollierung des Antrags des Antragstellers angekündigt habe, anzuerkennen. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben im Protokoll und wird auch durch die dienstliche Äußerung vom 13.12.2023 nicht bestätigt. Vielmehr gibt der Richter am Amtsgericht Y. in seiner dienstlichen Stellungnahme an, nach seiner Erinnerung sei, als er das Scheitern der gütlichen Verhandlung diktiert habe, seitens des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nicht remonstriert worden, dass noch im Rahmen der Güteverhandlung weitere Erklärungen ‒ insbesondere ein Anerkenntnis ‒ abgegeben werden sollten. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum eine solche Erklärung, wenn sie abgegeben worden wäre, nicht ins Protokoll hätte aufgenommen werden sollen. Es ist unstreitig, dass der Richter am Amtsgericht Y. auf Intervention des Vertreters der Antragsgegnerin das Diktat ohne weiteres hinsichtlich der Stellung eines Zurückweisungsantrags abgeändert hat. Es ist daher davon auszugehen, dass Gleiches erfolgt wäre, wenn der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin darauf hingewiesen hätte, dass er noch vor Antragstellung und im Rahmen der Güteverhandlung ein Anerkenntnis erklären wolle.

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    Mithin ist zugrunde zu legen, dass die Antragsgegnerin das Anerkenntnis erst nach Übergang in die mündliche Verhandlung und nach Protokollierung des Antrags des Antragstellers erklärt hat und somit nicht mehr bei der ersten sich bietenden prozessualen Möglichkeit.

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    3. Die Frage, ob das Anerkenntnis auch deswegen nicht mehr als sofortig anzusehen ist, weil die Antragsgegnerin sich unverhältnismäßig lange Zeit gelassen hat, bevor sie es erklärt hat (vgl. dazu OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, 1643) - die erste Terminsverfügung ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin bereits am 21.11.2022 zugegangen, die Erklärung des Anerkenntnisses aber erst am 27.2.2023, mithin gut drei Monate später erfolgt ‒ bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung.

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    III.

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    Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Wertes bestimmt sich nach dem Interesse der Antragsgegnerin, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht tragen zu müssen. Diese bemessen sich nach einem Gegenstandswert von 5.000,00 €,

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    Rechtsbehelfsbelehrung:

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    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

    RechtsgebieteKostenrecht, Anerkenntnis, GüteverhandlungVorschriften§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG; § 93 ZPO; § 278 Abs. 2 ZPO