30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242960
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 26.01.2024 – 6 WF 8/24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG Frankfurt 6. Senat für Familiensachen
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Im Wege der Rückfestsetzung wird der von der Antragstellerin an den Antragsgegner aufgrund seiner Zahlung auf den aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 zu erstattende Betrag auf 343,01 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 festgesetzt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Rückfestsetzung eines auf einen später aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlten Betrags.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht Dieburg vom 23.09.2021 in einem einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend die elterliche Sorge, zugestellt am 27.09.2021, hatte der Antragsgegner über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27.10.2021 Beschwerde eingelegt. Nach Hinweis auf die Unzulässigkeit der Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist nahm der Antragsgegner die Beschwerde mit Schriftsatz vom 25.11.2021 zurück. Mit Beschluss vom 25.11.2021 (6 UF 201/21) wurden ihm die Kosten der Beschwerde auferlegt und der Beschwerdewert auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
Die Antragstellerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 09.12.2021 die ihr vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten in Höhe von 339,86 Euro gemäß § 104 ZPO festzusetzen. Diesem Antrag wurde nach Gewährung rechtlichen Gehörs durch Beschluss des Amtsgerichts vom 31.01.2022 entsprochen.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 17.02.2022 nahm das Amtsgericht mit Teilabhilfebeschluss vom 19.05.2022 eine Abänderung vor und setzte die zu erstattenden Kosten im Hinblick auf die Rücknahme der Beschwerde auf nur noch 241,09 Euro fest.
Im Verfahren 6 WF 87/22 änderte der Senat den Beschluss vom 31.01.2022 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 19.05.2022 ab und wies den Antrag der Antragstellerin auf Kostenfestsetzung vom 09.12.2021 zurück, weil mangels notwendiger Tätigkeit der Antragstellervertreterin keine Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG entstanden sei.
Mit Schriftsatz vom 03.04.2023 hat sich für den Antragsgegner ein Rechtsanwalt legitimiert und einen Antrag auf Rückfestsetzung der mit Beschluss vom 31.01.2022 festgesetzten Beträge in Höhe der hierauf gezahlten 343,01 Euro nebst Zinsen ab Antragseingang gestellt. Beigefügt hat er einen Zahlungsbeleg vom 08.03.2022, aus dem sich eine Überweisung in Höhe des genannten Betrags an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ergibt, sowie einen Antrag des Antragstellers persönlich auf Rückfestsetzung vom 01.03.2023, der zuvor nicht zur Akte gelangt war. Danach hat der Antragsgegner die Antragstellerin außergerichtlich erfolglos zur Rückerstattung des zu Unrecht gezahlten Betrags aufgefordert.
Mit Schriftsatz vom 15.04.2023 hat die Antragstellerin eingeräumt, dass der Betrag gezahlt und zurückverlangt worden sei. Sie hat sich auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis berufen und geltend gemacht, es sei die Aufrechnung mit von dem Antragsgegner an sie zu erstattenden Kosten anderer Verfahren erklärt worden. Der Antragsgegner hat diesen Vortrag als unsubstantiiert und unerheblich zurückgewiesen und bestritten, dass eine Aufrechnung erklärt worden sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.06.2023 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragsgegners auf Rückfestsetzung mit der Begründung zurückgewiesen, eine Rückfestsetzung im vereinfachten Verfahren nach § 91 Abs. 4 ZPO sei unzulässig, weil die Antragstellerin die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung erklärt habe. Wenn der Anspruch auf Rückforderung streitig sei, handele es sich um eine Streitentscheidung, für die der Rechtspfleger nicht zuständig sei.
Mit der am 10.07.2023 eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 29.06.2023 zugestellten Beschluss macht der Antragsgegner geltend, dass es an einer Aufrechnungserklärung mit einer bestrittenen Gegenforderung fehle. Aufrechenbare Gegenansprüche würden nicht bestehen.
Im Abhilfeverfahren hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie habe im Verfahren 6 UF 46/23 einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 553,11 Euro gegen den Antragsgegner, dessen Festsetzung sie am 05.07.2023 beantragt habe.
Das Amtsgericht hat daraufhin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Antragstellervertreterin habe zwar keine konkrete Aufrechnung erklärt, jedoch könne diese auch konkludent erklärt werden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 85 FamFG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur Rückfestsetzung des von dem Antragsgegner an die Antragstellerin aufgrund des später aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschlusses gezahlten Betrags.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragsgegners auf Rückfestsetzung vom 03.04.2023 zu Unrecht zurückgewiesen.
Der Kostenfestsetzungsantrag ist zulässig. Der Gesetzgeber hat die Rückfestsetzung mit der Einführung des § 91 Abs. 4 ZPO eröffnet. Eine Rückfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 103, 104 i. V. m. § 91 Abs. 4 ZPO (BeckOK ZPO/Jaspersen, 51. Edition, Stand: 01.12.2023, § 104 ZPO Rn. 82). Nach § 91 Abs. 4 ZPO gehören zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Abs. 1 auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat. Die Vorschrift wurde eingeführt, damit die Partei, die auf der Grundlage einer nur vorläufigen Kostengrundentscheidung in einem vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung ihrer Kosten erreicht hat, ebenso einfach zur Rückzahlung verpflichtet werden kann, wenn die vorläufige Kostengrundentscheidung keinen Bestand mehr hat (BeckOK ZPO/Jaspersen, 51 Edition, Stand: 01.12.2023, § 91 ZPO Rn. 195), so dass sich ein Erkenntnisverfahren erübrigt und in einem vereinfachten Verfahren ein Vollstreckungstitel geschaffen werden kann. § 91 Abs. 4 ZPO gilt seinem Wortlaut nach zwar nur für die obsiegende Partei, die im Verlaufe des Rechtsstreits Kosten an die unterlegene Partei erbracht hat. Die Vorschrift ist aber nach ihrem Sinn und Zweck, eine Rückfestsetzung allgemein gesetzlich zu regeln, auch auf Überzahlungen durch die unterlegene Partei sinngemäß anzuwenden (BeckOK ZPO/Jaspersen, a. a. O., § 91 ZPO Rn. 196). § 91 Abs. 4 ZPO ist schließlich auch dann anzuwenden, wenn die Kostengrundentscheidung - wie hier - bestehen bleibt, aber der Kostenfestsetzungsbeschluss aus anderen Gründen aufgehoben wird, wie etwa aufgrund des Umstands, dass die festgesetzten Kosten überhaupt nicht entstanden sind (vgl. MüKo ZPO/Schulz, 6. Auflage 2020, § 91 ZPO Rn. 46, 82; SG Berlin BeckRS 2017, 120361). So liegt der Fall hier. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 zugunsten der Antragstellerin wurde auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners aufgehoben, weil die von der Antragstellerin geltend gemachte und festgesetzte Verfahrensgebühr nicht entstanden ist.
Die Voraussetzungen für eine Rückfestsetzung sind erfüllt.
Der Antragsgegner hat auf den am 14.06.2022 aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 unstreitig am 08.03.2022 einen Betrag von 343,01 Euro gezahlt.
Der Festsetzung dieses Betrags steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin eine erfolgte Aufrechnung mit Kostenerstattungsansprüchen aus anderen Verfahren behauptet. Ihr Vortrag hierzu ist zum einen völlig unsubstantiiert. Denn es ergibt sich hieraus nicht, wann sie die Aufrechnung mit welchem konkreten Kostenerstattungsanspruch außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens erklärt haben will.
Zum anderen sind materiell-rechtliche Einwände im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Zöller/Herget, 35. Auflage 2024, § 104 ZPO Rn. 21.78; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 539/11 -, NJW 2014, 2287). Dies gilt auch für die im Wege der Rückfestsetzung geltend gemachten Kosten (OLG Bamberg, Beschluss vom 12.12.2011 - 6 W 30/11 -, NJOZ 2012, 1350; OLG München, NJW-RR 2006,72). Die Aufrechnung gehört zu den materiell-rechtlichen Einwendungen, die grundsätzlich im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind, außer über die Gegenforderung besteht kein Streit oder sie ist tituliert (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - V ZB 102/13 -, Rn. 14, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11. April 2019 - 13 WF 79/19 -, Rn. 11, juris; zur Rückfestsetzung OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.04.2007 - 6 W 227/06 -, BeckRS 2007,6480). Die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall liegen nicht vor. Es besteht - wie die Rechtspflegerin zutreffend festgestellt hat - Streit über die nur pauschal geltend gemachten Gegenforderungen (Kostenerstattungsansprüche aus den Verfahren 6 UF 46 /23 und 6 UF 185/21). Auch kann deren Titulierung nach dem derzeitigen Vortragsstand nicht festgestellt werden. Die Antragstellerin hat im Abhilfehilfeverfahren lediglich ohne weitere Erläuterungen ihren Antrag auf Kostenfestsetzung nach § 104 ZPO aus dem Verfahren 51 F 541/22 SO (6 UF 46/23) vom 05.07.2023 in Höhe von 553,11 Euro vorgelegt. Ob und wie dieser zwischenzeitlich beschieden wurde, ist nicht ersichtlich. Die etwaig erklärte Aufrechnung kann deshalb nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden (MüKo ZPO/Schulz, 6. Auflage 2020, § 104 ZPO Rn. 39).
Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin führt die Geltendmachung der Aufrechnung mit der bestrittenen Gegenforderung nach den vorstehenden Ausführungen nicht zur Unzulässigkeit des Festsetzungsverfahrens. Die von ihr zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (NJW-RR 2016, 766) betrifft den Fall einer Doppelzahlung durch den Schuldner und die Rechtsschutzversicherung bei fortbestehender Kostengrundentscheidung und fortbestehendem Kostenfestsetzungsbeschluss. In dieser Konstellation ist bereits zweifelhaft, ob § 91 Abs. 4 ZPO überhaupt anwendbar ist. Im vorliegenden Fall hingegen wurde der zu Gunsten der Antragstellerin ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben.
Auch hinsichtlich des Rückfestsetzungsanspruchs kann der Antragsteller gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO Zinsen ab Einreichung des Antrags verlangen (OLG Zweibrücken, BeckRS 2004, 9277). Der Antrag des Antragsgegners ist am 03.04.2023 bei dem Amtsgericht eingegangen. Der von dem Antragsgegner gestellte Antrag vom 01.03.2023 ist auch erst zu diesem Zeitpunkt zu den Akten gelangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, weil für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr nach Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG anfällt.
26.01.2024
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Im Wege der Rückfestsetzung wird der von der Antragstellerin an den Antragsgegner aufgrund seiner Zahlung auf den aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 zu erstattende Betrag auf 343,01 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 festgesetzt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Rückfestsetzung eines auf einen später aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlten Betrags.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht Dieburg vom 23.09.2021 in einem einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend die elterliche Sorge, zugestellt am 27.09.2021, hatte der Antragsgegner über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27.10.2021 Beschwerde eingelegt. Nach Hinweis auf die Unzulässigkeit der Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist nahm der Antragsgegner die Beschwerde mit Schriftsatz vom 25.11.2021 zurück. Mit Beschluss vom 25.11.2021 (6 UF 201/21) wurden ihm die Kosten der Beschwerde auferlegt und der Beschwerdewert auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
Die Antragstellerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 09.12.2021 die ihr vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten in Höhe von 339,86 Euro gemäß § 104 ZPO festzusetzen. Diesem Antrag wurde nach Gewährung rechtlichen Gehörs durch Beschluss des Amtsgerichts vom 31.01.2022 entsprochen.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 17.02.2022 nahm das Amtsgericht mit Teilabhilfebeschluss vom 19.05.2022 eine Abänderung vor und setzte die zu erstattenden Kosten im Hinblick auf die Rücknahme der Beschwerde auf nur noch 241,09 Euro fest.
Im Verfahren 6 WF 87/22 änderte der Senat den Beschluss vom 31.01.2022 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 19.05.2022 ab und wies den Antrag der Antragstellerin auf Kostenfestsetzung vom 09.12.2021 zurück, weil mangels notwendiger Tätigkeit der Antragstellervertreterin keine Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG entstanden sei.
Mit Schriftsatz vom 03.04.2023 hat sich für den Antragsgegner ein Rechtsanwalt legitimiert und einen Antrag auf Rückfestsetzung der mit Beschluss vom 31.01.2022 festgesetzten Beträge in Höhe der hierauf gezahlten 343,01 Euro nebst Zinsen ab Antragseingang gestellt. Beigefügt hat er einen Zahlungsbeleg vom 08.03.2022, aus dem sich eine Überweisung in Höhe des genannten Betrags an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ergibt, sowie einen Antrag des Antragstellers persönlich auf Rückfestsetzung vom 01.03.2023, der zuvor nicht zur Akte gelangt war. Danach hat der Antragsgegner die Antragstellerin außergerichtlich erfolglos zur Rückerstattung des zu Unrecht gezahlten Betrags aufgefordert.
Mit Schriftsatz vom 15.04.2023 hat die Antragstellerin eingeräumt, dass der Betrag gezahlt und zurückverlangt worden sei. Sie hat sich auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis berufen und geltend gemacht, es sei die Aufrechnung mit von dem Antragsgegner an sie zu erstattenden Kosten anderer Verfahren erklärt worden. Der Antragsgegner hat diesen Vortrag als unsubstantiiert und unerheblich zurückgewiesen und bestritten, dass eine Aufrechnung erklärt worden sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.06.2023 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragsgegners auf Rückfestsetzung mit der Begründung zurückgewiesen, eine Rückfestsetzung im vereinfachten Verfahren nach § 91 Abs. 4 ZPO sei unzulässig, weil die Antragstellerin die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung erklärt habe. Wenn der Anspruch auf Rückforderung streitig sei, handele es sich um eine Streitentscheidung, für die der Rechtspfleger nicht zuständig sei.
Mit der am 10.07.2023 eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 29.06.2023 zugestellten Beschluss macht der Antragsgegner geltend, dass es an einer Aufrechnungserklärung mit einer bestrittenen Gegenforderung fehle. Aufrechenbare Gegenansprüche würden nicht bestehen.
Im Abhilfeverfahren hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie habe im Verfahren 6 UF 46/23 einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 553,11 Euro gegen den Antragsgegner, dessen Festsetzung sie am 05.07.2023 beantragt habe.
Das Amtsgericht hat daraufhin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Antragstellervertreterin habe zwar keine konkrete Aufrechnung erklärt, jedoch könne diese auch konkludent erklärt werden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 85 FamFG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur Rückfestsetzung des von dem Antragsgegner an die Antragstellerin aufgrund des später aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschlusses gezahlten Betrags.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragsgegners auf Rückfestsetzung vom 03.04.2023 zu Unrecht zurückgewiesen.
Der Kostenfestsetzungsantrag ist zulässig. Der Gesetzgeber hat die Rückfestsetzung mit der Einführung des § 91 Abs. 4 ZPO eröffnet. Eine Rückfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 103, 104 i. V. m. § 91 Abs. 4 ZPO (BeckOK ZPO/Jaspersen, 51. Edition, Stand: 01.12.2023, § 104 ZPO Rn. 82). Nach § 91 Abs. 4 ZPO gehören zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Abs. 1 auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat. Die Vorschrift wurde eingeführt, damit die Partei, die auf der Grundlage einer nur vorläufigen Kostengrundentscheidung in einem vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung ihrer Kosten erreicht hat, ebenso einfach zur Rückzahlung verpflichtet werden kann, wenn die vorläufige Kostengrundentscheidung keinen Bestand mehr hat (BeckOK ZPO/Jaspersen, 51 Edition, Stand: 01.12.2023, § 91 ZPO Rn. 195), so dass sich ein Erkenntnisverfahren erübrigt und in einem vereinfachten Verfahren ein Vollstreckungstitel geschaffen werden kann. § 91 Abs. 4 ZPO gilt seinem Wortlaut nach zwar nur für die obsiegende Partei, die im Verlaufe des Rechtsstreits Kosten an die unterlegene Partei erbracht hat. Die Vorschrift ist aber nach ihrem Sinn und Zweck, eine Rückfestsetzung allgemein gesetzlich zu regeln, auch auf Überzahlungen durch die unterlegene Partei sinngemäß anzuwenden (BeckOK ZPO/Jaspersen, a. a. O., § 91 ZPO Rn. 196). § 91 Abs. 4 ZPO ist schließlich auch dann anzuwenden, wenn die Kostengrundentscheidung - wie hier - bestehen bleibt, aber der Kostenfestsetzungsbeschluss aus anderen Gründen aufgehoben wird, wie etwa aufgrund des Umstands, dass die festgesetzten Kosten überhaupt nicht entstanden sind (vgl. MüKo ZPO/Schulz, 6. Auflage 2020, § 91 ZPO Rn. 46, 82; SG Berlin BeckRS 2017, 120361). So liegt der Fall hier. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 zugunsten der Antragstellerin wurde auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners aufgehoben, weil die von der Antragstellerin geltend gemachte und festgesetzte Verfahrensgebühr nicht entstanden ist.
Die Voraussetzungen für eine Rückfestsetzung sind erfüllt.
Der Antragsgegner hat auf den am 14.06.2022 aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2022 unstreitig am 08.03.2022 einen Betrag von 343,01 Euro gezahlt.
Der Festsetzung dieses Betrags steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin eine erfolgte Aufrechnung mit Kostenerstattungsansprüchen aus anderen Verfahren behauptet. Ihr Vortrag hierzu ist zum einen völlig unsubstantiiert. Denn es ergibt sich hieraus nicht, wann sie die Aufrechnung mit welchem konkreten Kostenerstattungsanspruch außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens erklärt haben will.
Zum anderen sind materiell-rechtliche Einwände im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Zöller/Herget, 35. Auflage 2024, § 104 ZPO Rn. 21.78; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 539/11 -, NJW 2014, 2287). Dies gilt auch für die im Wege der Rückfestsetzung geltend gemachten Kosten (OLG Bamberg, Beschluss vom 12.12.2011 - 6 W 30/11 -, NJOZ 2012, 1350; OLG München, NJW-RR 2006,72). Die Aufrechnung gehört zu den materiell-rechtlichen Einwendungen, die grundsätzlich im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind, außer über die Gegenforderung besteht kein Streit oder sie ist tituliert (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - V ZB 102/13 -, Rn. 14, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11. April 2019 - 13 WF 79/19 -, Rn. 11, juris; zur Rückfestsetzung OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.04.2007 - 6 W 227/06 -, BeckRS 2007,6480). Die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall liegen nicht vor. Es besteht - wie die Rechtspflegerin zutreffend festgestellt hat - Streit über die nur pauschal geltend gemachten Gegenforderungen (Kostenerstattungsansprüche aus den Verfahren 6 UF 46 /23 und 6 UF 185/21). Auch kann deren Titulierung nach dem derzeitigen Vortragsstand nicht festgestellt werden. Die Antragstellerin hat im Abhilfehilfeverfahren lediglich ohne weitere Erläuterungen ihren Antrag auf Kostenfestsetzung nach § 104 ZPO aus dem Verfahren 51 F 541/22 SO (6 UF 46/23) vom 05.07.2023 in Höhe von 553,11 Euro vorgelegt. Ob und wie dieser zwischenzeitlich beschieden wurde, ist nicht ersichtlich. Die etwaig erklärte Aufrechnung kann deshalb nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden (MüKo ZPO/Schulz, 6. Auflage 2020, § 104 ZPO Rn. 39).
Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin führt die Geltendmachung der Aufrechnung mit der bestrittenen Gegenforderung nach den vorstehenden Ausführungen nicht zur Unzulässigkeit des Festsetzungsverfahrens. Die von ihr zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (NJW-RR 2016, 766) betrifft den Fall einer Doppelzahlung durch den Schuldner und die Rechtsschutzversicherung bei fortbestehender Kostengrundentscheidung und fortbestehendem Kostenfestsetzungsbeschluss. In dieser Konstellation ist bereits zweifelhaft, ob § 91 Abs. 4 ZPO überhaupt anwendbar ist. Im vorliegenden Fall hingegen wurde der zu Gunsten der Antragstellerin ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben.
Auch hinsichtlich des Rückfestsetzungsanspruchs kann der Antragsteller gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO Zinsen ab Einreichung des Antrags verlangen (OLG Zweibrücken, BeckRS 2004, 9277). Der Antrag des Antragsgegners ist am 03.04.2023 bei dem Amtsgericht eingegangen. Der von dem Antragsgegner gestellte Antrag vom 01.03.2023 ist auch erst zu diesem Zeitpunkt zu den Akten gelangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, weil für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr nach Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG anfällt.