14.10.2024 · IWW-Abrufnummer 244240
Oberverwaltungsgericht Bremen: Bremen vom 01.07.2024 – 2 S 166/24
1. Die Rechtskraft eines (ersten) Kostenfestsetzungsbeschlusses erstreckt sich nur auf die Kostenpositionen, über die in dem Beschluss entschieden wurde. Sie steht daher der Nachfestsetzung von Kosten, die schon vor dem Erlass des ersten Beschlusses geltend gemacht, aber in dem Beschluss übergangen wurden, durch einen zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss nicht entgegen.
2. Die Nachfestsetzung der im ersten Festsetzungsbeschluss übergangenen Kosten durch einen zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss ist jedenfalls dann zulässig, wenn ein Antrag auf Ergänzung des ersten Beschlusses um eine Entscheidung über den übergangenen Antrag (§ 120, 122 Abs. 1 VwGO) nicht (mehr) mögllich ist.
Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss vom 01.07.2024
In der Verwaltungsrechtssache
der Freien Hansestadt Bremen, vertreten durch die Polizei Bremen, diese vertreten durch den Polizeipräsidenten,
In der Vahr 76, 28329 Bremen,
- Klägerin, Antragstellerin, Erinnerungsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagte, Antragsgegnerin, Erinnerungsführerin und Beschwerdeführerin -
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts xxx, den Richter am Oberverwaltungsgericht xxx und die Richterin am Verwaltungsgericht xxx am 1. Juli 2024 beschlossen:
Tenor:
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe
Die Beklagte hatte gegen die Klägerin eine datenschutzrechtliche Beanstandung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BremPolG erlassen, gegen die die Klägerin Klage erhoben hat. Mit rechtskräftigem Urteil vom 21.08.2023 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgeben, die Beanstandung aufgehoben und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Den Streitwert hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24.08.2023 auf 5.000 Euro festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 28.08.2023 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, "die unserer Partei zu erstattenden Kosten gemäß nachstehender Berechnung zuzüglich verbrauchten Gerichtskosten" festzusetzen. Die in dem Schriftsatz enthaltene Berechnung bezieht sich auf die Anwaltsvergütung. Geltend gemacht werden eine 1,3 Verfahrensgebühr, eine 1,2 Terminsgebühr sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale. In der Summe belaufen sich diese Positionen auf 855 Euro. Zudem sind in der Berechnung 19 % Umsatzsteuer (162,45 Euro) aufgeführt. Nettobetrag und Umsatzsteuer werden in der Berechnung addiert zu einem "Rechnungsbetrag" von 1.107,45 Euro. Nach der Berechnung folgen in dem Schriftsatz die Sätze "Die von uns vertretene Partei ist vorsteuerabzugsberechtigt, so dass die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht festzusetzen ist. Gerichtskosten, die nicht in der Kostenaufstellung enthalten sind, bitten wir hinzuzusetzen."
Mit Beschluss vom 06.10.2023 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.017,45 Euro festgesetzt. Die Begründung des Beschlusses besteht aus zwei Sätzen. Der erste Satz betrifft die Verzinsung. Der zweite Satz lautet: "Die Ansätze ergeben sich aus der für die Beklagte beigefügten Berechnung". Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte am 09.10.2023 Erinnerung eingelegt, soweit darin die Umsatzsteuer festgesetzt wurde. Auf den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, sein Hinweis im Kostenfestsetzungsantrag auf eine Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin sei unrichtig und ein Versehen gewesen, hat die Beklagte an ihrer Erinnerung festgehalten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer unabhängig von der materiellen Rechtslage jedenfalls deshalb rechtswidrig sei, weil sie über den Kostenfestsetzungsantrag, in dem die Umsatzsteuer ausdrücklich ausgenommen war, hinausgehe (§ 88 VwGO).
Mit Beschluss vom 31.01.2024 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 aufgehoben (erster Absatz des Tenors) und die von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.338 Euro festgesetzt (zweiter Absatz des Tenors). Die Begründung führt in einem ersten Teil unter der Überschrift "Gerichtskosten" aus, dass über den Antrag der Klägerin auf Ausgleichung und Festsetzung der Gerichtskosten noch nicht entschieden worden sei. Die Klägerin habe einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 483 Euro gezahlt, der in voller Höhe auf die Kostenschuld der Beklagten verrechnet worden und daher von dieser an die Klägerin zu erstatten sei. Unter der Überschrift "außergerichtliche Kosten" wird ausgeführt, dass im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 die zu erstattenden Kosten einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt worden seien. Hiergegen habe sich die Beklagte mit einer Erinnerung gewandt. Diese sei zulässig und begründet. Die Umsatzsteuer sei im Kostenfestsetzungsantrag ausdrücklich ausgenommen gewesen. Daher sei lediglich der Nettobetrag von 855 Euro zu erstatten.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2024 hat die Beklagte am 14.02.2024 Erinnerung eingelegt, soweit zu erstattende Gerichtskosten in Höhe von 483 Euro festgesetzt worden sind. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass die Rechtskraft des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 06.10.2023 und das Verbot der reformatio in peius einer Festsetzung der zu erstattenden Gerichtskosten in einem zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss entgegenstünden. Nur sie, die Beklagte, habe den ersten Kostenfestsetzungsbeschluss angefochten, und zwar nur, soweit darin die Umsatzsteuer auf die außergerichtlichen Kosten festgesetzt wurde. Die Klägerin habe keine Anschlusserinnerung erhoben, so dass der erste Kostenfestsetzungsbeschluss ihr gegenüber rechtkräftig geworden sei.
Nach Nichtabhilfe durch die Urkundsbeamtin hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung mit Beschluss vom 23.04.2024 abgelehnt. Die Urkundsbeamtin habe im zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss zutreffend Gerichtskosten in Höhe von 483 Euro als zu erstatten festgesetzt. Die Rechtskraft des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses erstrecke sich auf diese Kostenposition nicht, denn dieser Beschluss treffe über die zu erstattenden Gerichtskosten (versehentlich) keine Entscheidung. Nur über die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sei dort entschieden worden. Daher liege auch keine verbotene reformatio in peius vor. Kosten, über die in einem ersten, rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht entschieden worden ist, könnten in einem weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss nachfestgesetzt werden.
Hiergegen hat die Beklagte Beschwerde erhoben.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2024 zurecht zurückgewiesen.
1. Soweit sich die Beklagte gegen die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 06.10.2023 (erster Absatz des Tenors des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 31.01.2024) wendet, sind Erinnerung und Beschwerde unzulässig. Erinnerungs- bzw. beschwerdebefugt ist ein Beteiligter nur, wenn und soweit er durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss beschwert ist. Der Kostenschuldner ist beschwert, soweit Kosten (seiner Ansicht nach) zu hoch gegen ihn festgesetzt wurden (vgl. Wysk, in: ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, § 165 Rn. 2). Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 war für die Beklagte insoweit belastend, als von ihr an die Klägerin zu erstattende Kosten in Höhe von 1.017,45 Euro festgesetzt wurden. Die vollständige Aufhebung dieses belastenden Beschlusses durch den hier angefochtenen Beschluss beschwert die Beklagte nicht, da durch die Aufhebung lediglich ihre Kostenerstattungspflicht aus dem ersten Beschluss entfällt. Nicht die Aufhebung des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses, sondern die Neufestsetzung der zu erstattenden Kosten ist der für die Beklagte belastende Teil des hier angefochtenen zweiten Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 31.01.2024.
2. Erinnerung und Beschwerde sind zulässig, soweit sich die Beklagte gegen die Festsetzung von ihr zu erstattender Kosten (zweiter Absatz des Tenors des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 31.01.2024) wendet. Insoweit ist die Beklagte beschwert. Erinnerung und Beschwerde wenden sich gegen diese Kostenfestsetzung allerdings nur insoweit, als die festgesetzten Kosten (1.338 Euro) einen Betrag von 855 Euro übersteigen. Dies ergibt sich aus den Anträgen im Erinnerungsschreiben vom 14.02.2024 und in der Beschwerdeschrift. In beiden Schriftsätzen wird eine Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 31.01.2024 nur beantragt, "soweit darin erstmals an die Klägerin zu erstattende Gerichtskosten in Höhe von EURO 483, festgesetzt worden sind." In Höhe von 855 Euro zu erstattender außergerichtlicher Kosten ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2024 somit rechtskräftig.
3. Erinnerung und Beschwerde sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts hat in ihrem (zweiten) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2024 zurecht Gerichtskosten in Höhe von 483 Euro als von der Beklagten an die Klägerin zu erstatten festgesetzt.
a) Das Verbot der reformatio in peius (BVerwG, Beschl. v. 29.12.2004 - 9 KSt 6/04, juris Rn. 5) steht dem (zweiten) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.01.2024 nicht entgegen. Der erste Kostenfestsetzungsbeschluss (vom 06.10.2023) wurde in diesem Beschluss nicht zulasten der Beklagten abgeändert, sondern er wurde vollständig aufgehoben, womit die Erstattungspflicht aus dem ersten Beschluss entfallen ist. Dies ist eine Abänderung nicht zulasten, sondern zugunsten der erstattungspflichtigen Beklagten. Zugleich hat eine erneute Kostenfestsetzung (i.H.v. 1.338 Euro) stattgefunden, die die Beklagte zwar in Gänze belastet, die Erinnerung und Beschwerde aber in Höhe von 855 Euro nicht angreifen (s.o. Ziff. II. 2.). Die für den Erfolg von Erinnerung und Beschwerde entscheidende Frage ist daher, ob die neue Kostenfestsetzung insoweit rechtmäßig war, als sie 855 Euro übersteigt, also in Höhe der zu erstattenden Gerichtskosten von 483 Euro.
b) Die Rechtskraft des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses (vom 06.10.2023) steht dieser Nachfestsetzung nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn man mit der Beklagten unterstellt, dass die vollständige Aufhebung dieses ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses durch den hier angefochtenen zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit unbeachtlich ist, als im ersten Beschluss außergerichtliche Kosten in Höhe von 855 Euro festgesetzt wurden, weil der erste Beschluss insoweit rechtskräftig war (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines [zweiten] Kostenfestsetzungsbeschlusses, soweit er einen bereits rechtskräftig gewordenen Kostenfestsetzungsbeschluss aufhebt, Bay. VGH, Beschl. v. 16.01.1995 - 8 C 94.3672, juris Rn. 15). Denn die Rechtskraft des ersten Kostenfestsetzungsbeschusses erstreckt bzw. erstreckte sich nicht auf die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Gerichtskosten.
Die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses erstreckt sich nur auf diejenigen Posten des Erstattungsanspruchs, über die in dem Kostenfestsetzungsbeschluss entschieden worden ist (OLG München, Beschl. v. 07.03.2006 - 11 W 974/06, juris Rn. 7; Kunze, in: BeckOK VwGO, 69. Ed. Stand 01.04.2024, § 164 Rn. 23). Im (ersten) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 wurde nur über die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten entschieden, nicht über zu erstattende Gerichtskosten. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des Beschlusses vom 06.10.2023 (zur Auslegbarkeit von Kostenfestsetzungsbeschlüssen vgl. Bünnigmann, in: Anders/ Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 104 Rn. 35). Für einen verständigen, objektiven Empfänger war eindeutig erkennbar, dass nur über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten entschieden wurde. Der festgesetzte Betrag entsprach exakt dem Bruttobetrag der außergerichtlichen Kosten aus der dem Beschluss beigefügten Berechnung der Klägerin. Richtig ist, dass die Klägerin in ihrem Kostenfestsetzungsantrag darüber hinaus auch die Festsetzung verauslagter Gerichtskosten in unbezifferter Höhe beantragt hatte. Hätte die Urkundsbeamtin in dem Beschluss auch über diesen Teil des Antrags entschieden, hätte der Beschluss außer der Festsetzung von Kosten in Höhe von 1.017,45 Euro auch eine Teilablehnung des darüberhinausgehenden Antrags enthalten müssen (vgl. Wysk, in: ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, § 164 Rn. 23). Eine solche ist indes weder aus dem Tenor noch aus den Gründen ersichtlich. Die Beklagte hatte den Beschluss damals auch selbst so verstanden, dass er nur die außergerichtlichen Kosten betrifft. Im Erinnerungsverfahren gegen den ersten Kostenfestsetzungsbeschluss hatte sie vorgetragen, mit der Festsetzung von Kosten in Höhe von 1.017,45 Euro sei die Urkundsbeamtin um 162,45 Euro (die Umsatzsteuer) über den Festsetzungsantrag der Klägerin hinausgegangen (vgl. Schriftsatz vom 14.11.2023, Bl. 146 VG-Akte). Dieses Argument ist nur schlüssig, wenn man den ersten Kostenfestsetzungsbeschluss so versteht, dass er ausschließlich über die außergerichtlichen Kosten entscheidet. Würde man den Beschluss so verstehen, dass er auch über die zu erstattenden Gerichtskosten entscheidet, wäre er nicht um 162,45 Euro über den Kostenfestsetzungsantrag hinausgegangen, sondern um 320,55 Euro hinter dem Antrag zurückgeblieben (Antrag: 855 Euro Anwaltskosten netto zzgl. unbezifferter, sich auf 483 Euro belaufender Gerichtskosten; festgesetzte Kosten: 1.017,45 Euro).
c) Der nachträglichen Festsetzung der zu erstattenden Gerichtskosten steht nicht entgegen, dass die Klägerin diese Kosten schon vor Erlass des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses angemeldet hatte. Nicht der Zeitpunkt der Anmeldung der betroffenen Kostenposition, sondern der Umfang der Rechtskraft des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses ist entscheidend dafür, ob in einem zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss weitere Kosten (nach-)festgesetzt werden dürfen.
Bindungswirkungen aus dem ersten Kostenfestsetzungsbeschluss unterliegt die Urkundsbeamtin nur, soweit dieser Kostenfestsetzungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. Kunze, in: BeckOK VwGO, 69. Ed. Stand 01.04.2024, § 164 Rn. 25a; OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.04.2010 - 8 OA 69/10, juris Rn. 3). Die Rechtskraft bezieht sich nicht zwingend auf alle Kostenpositionen, die bis zum Erlass des Beschlusses angemeldet worden sind, sondern nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 06.06.2016 - I-17 W 79/16, juris Rn. 8; Hervorhebung nicht im Original). Vorliegend wurden - wie vorstehend unter Ziff. II. 3. b) ausgeführt -, die verauslagten Gerichtskosten von der Klägerin zwar im Kostenfestsetzungsantrag vom 28.08.2023 angemeldet, aber im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 nicht beschieden.
Die Rechtswidrigkeit der Nachfestsetzung ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten angeführten Rechtsprechungszitaten, die eine Nachfestsetzung bei Kosten zulassen, die nach dem Erlass eines ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses erstmals angemeldet werden. Sämtliche dieser Entscheidungen stellen als Obersatz auf, dass eine Nachfestsetzung (nur) möglich ist, soweit in dem ersten Beschluss über die betroffenen Positionen noch nicht rechtskräftig entschieden wurde (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.04.2010 - 8 OA 69/10, juris Rn.3; OLG München, Beschl. v. 07.03.2006 - 11 W 974/06, juris Rn. 7; OLG Köln, Beschl. v. 06.06.2016 - I-17 W 79/16, juris Rn. 8; VG München, Beschl. v. 15.11.2016 - M 5 M 16.3576, juris Rn. 15). Aus diesem Obersatz leiten sie ab, dass Kosten, die nach dem Erlass des rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses erstmals angemeldet werden, noch in einem zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss (nach-)festgesetzt werden können (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.04.2010 - 8 OA 69/10, juris Rn. 8; OLG München, Beschl. v. 07.03.2006 - 11 W 974/06, juris Rn. 7; OLG Köln, Beschl. v. 06.06.2016 - I-17 W 79/16, juris Rn. 8; VG München, Beschl. v. 15.11.2016 - M 5 M 16.3576, juris Rn. 15). Die Fallgruppe der nachträglichen erstmaligen Anmeldung umschreibt in diesen Entscheidungen die Konstellationen, in denen eine Nachfestsetzung möglich ist, mithin nicht abschließend, sondern stellt nur ein Beispiel dafür dar, wann der erste Kostenfestsetzungsbeschluss über eine Kostenposition nicht entschieden hat, so dass sich seine Rechtskraft nicht auf diese erstreckt. Es gibt daneben aber - wie im vorliegenden Fall - auch die Fallgruppe, dass die Position zwar schon vorher angemeldet, im ersten Kostenfestsetzungsbeschluss aber übergangen worden ist. Diese letztgenannte Fallgruppe übersieht der von der Beklagten zitierte Aufsatz von Schneider, NJW Spezial 2023, 603 [OLG München 14.08.2023 - 33 W 321/23 e].
d) Der Nachfestsetzung der zu erstattenden Gerichtskosten in einem zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Möglichkeit bestünde, insoweit eine Ergänzung des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses nach § 122 Abs. 1, § 120 VwGO zu beantragen (vgl. zur Möglichkeit eines Ergänzungsantrags, wenn Positionen aus dem ursprünglichen Antrag im Kostenfestsetzungsbeschluss übergangen worden sind, Olbertz, in: Schoch/ Schneider, VerwR, 45. EL. Januar 2024, § 164 VwGO Rn. 23; Schneider, NJW Spezial 2023, 603 [OLG München 14.08.2023 - 33 W 321/23 e]). Denn diese Möglichkeit bestand für die Klägerin in dem Zeitpunkt, als der zweite Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen wurde, aus zwei selbständig tragenden Gründen nicht bzw. nicht mehr.
Zum einen fällt der vorliegende Fall nicht in den Anwendungsbereich von § 120 Abs. 1 (i.V.m. § 122 Abs. 1) VwGO. Eine Berichtigung einer Entscheidung nach § 120 Abs. 1 VwGO setzt nämlich voraus, dass der übergangene Antrag sich aus dem Tatbestand der Entscheidung ergibt. Wird der übergangene Antrag hingegen auch im Tatbestand der Entscheidung nicht erwähnt, muss vor dem Antrag auf Entscheidungsergänzung zunächst ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 119 VwGO) gestellt werden (Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 120 Rn. 2). Soweit Beschlüsse, bei denen ein Tatbestand gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, einen solchen nicht enthalten, vermittelt § 122 Abs. 1 i.V.m. § 119 VwGO keinen Anspruch auf erstmalige Aufnahme tatbestandlicher Feststellungen (Clausing/ Kimmel, in: Schoch/ Schneider, VerwR, 45. EL. Januar 2024, § 122 VwGO Rn. 3). Vorliegend enthält der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023, dessen Begründung nur aus zwei Sätzen besteht, keine tatbestandlichen Feststellungen. Daher würden sowohl ein Antrag nach § 120 Abs. 1, § 122 Abs. 1 VwGO auf Ergänzung des Beschlusses um eine Entscheidung über den übergangenen Antrag auf Erstattung von Gerichtskosten als auch ein zuvor erforderlicher Antrag nach § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1 VwGO auf Ergänzung des Beschlusses um tatbestandliche Feststellung zum gestellten Kostenfestsetzungsantrag ins Leere laufen.
Zudem ist die Nachfestsetzung angemeldeter, aber bei Erlass des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses übersehener Kosten in einem zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss selbst in Fällen, in denen zunächst die Ergänzung des ersten Beschlusses nach § 120 Abs. 1, § 122 Abs. 1 VwGO vorrangig ist, zulässig, wenn die Frist für den Ergänzungsantrag nach § 120 Abs. 2 VwGO abgelaufen ist (vgl. entsprechend für den Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO Schulz,in: MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 104 Rn. 58, 139; Bünnigmann, in: Anders/ Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 104 Rn. 35; Flockenhaus, in: Musielak/ Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 104 Rn. 17, 41). Ein Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zum Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2023 befindet sich nicht in der Gerichtsakte. Der Beschluss muss dem Prozessbevollmächtigten aber spätestens am 25.10.2023 zugegangen gewesen sein, weil er unter diesem Datum Stellung zu ihm und den dagegen erhobenen Einwendungen der Beklagten genommen hat (vgl. Bl. 140 VG-Akte). Die zweiwöchige Frist des § 120 Abs. 2 VwGO ist mithin spätestens am Mittwoch, 08.11.2023, um 24 Uhr abgelaufen. Damit stand die Möglichkeit eines Ergänzungsantrags bzgl. des ersten Kostenfestsetzungsbeschlusses einer Nachfestsetzung durch einen zweiten Kostenfestsetzungsbeschluss nicht entgegen, als der zweite Beschluss am 31.01.2024 erlassen wurde.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist nicht von Amts wegen nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG zu treffen, denn nach Ziff. 5502 der Anlage 1 zum GKG fallen für die Zurückweisung bzw. Verwerfung der Beschwerde Gerichtskosten nur in Form einer streitwertunabhängigen Festgebühr an.