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  • 21.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113381

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 29.07.2011 – II 6 WF 100/11 und II 6 WF 101/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    II-6 WF 100/11; II-6 WF 101/11
    Tenor:
    Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 1.3./3.3.2011 abgeändert.
    Auf die Erinnerungen der Beteiligten zu 1) und 2) werden die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 7.1.2011 abgeändert.
    Die dem Beteiligten zu 1) aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf insgesamt 1.007,93 € festgesetzt und die der Beteiligten zu 1) aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf insgesamt 1.013,11 €.
    Gründe
    Die Ehe der Beteiligten des Ausgangsverfahrens, das seit Januar 2010 anhängig war, ist durch - seit diesem Tag rechtskräftigen - Beschluss des Amtsgerichts vom 9.11.2010 geschieden worden. Zuvor hatten die früheren Eheleute im amtsgerichtlichen Termin vom 9.11.2010 unter Mitwirkung der ihnen im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Beteiligten zu 1) und 2) eine Vereinbarung getroffen, durch die sie den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben.
    Die Beteiligten zu 1) und 2) meinen nunmehr, aus der Landeskasse auch eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) nach einem für die Folgesache "Versorgungsausgleich" festgesetzten Wert von 4.500 € in Höhe von jeweils (einschließlich Umsatzsteuer) 252,28 € beanspruchen zu können. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Sie hat durch Beschlüsse vom 7.1.2011 den Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 1) gegen die Landeskasse auf 755,65 € festgesetzt und den Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 2) gegen die Landeskasse auf 760,83 €.
    Die gegen diese Beschlüsse gerichteten Erinnerungen der Beteiligten zu 1) und 2) hat die zuständige Richterin des Amtsgerichts durch (einheitlichen) Beschluss vom 1.3./3.3.2011 zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihren Beschwerden.
    Die zulässigen Beschwerden sind begründet. Die angefochtenen Beschlüsse sind abzuändern. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben jeweils auch Anspruch auf eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) in Höhe von -inklusive Umsatzsteuer- 252,28 €, so dass ihnen insgesamt 1.007,93 € bzw. 1.013,11 € zustehen.
    Zwar entsteht nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. die Beschlüsse vom 29.3.2007 - 6 WF 91/07, vom 8.1.2007 - 6 WF 171/06, und vom 25.1.2007 - 6 WF 360/06, OLGR 2007,230 f)) beim Verzicht auf den Versorgungsausgleich in den Fällen, in denen der Ausgleichspflichtige und die Höhe des Ausgleichsanspruchs feststehen, keine Einigungsgebühr. Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass sich nach bisherigem Recht der Ausgleichsanspruch als Ergebnis der Bilanzierung der wechselseitigen Ansprüche darstellte und ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs deshalb einseitig war.
    An dieser Rechtsprechung kann jedoch - im Einklang mit den Ausführungen des Beteiligten zu 4) in dessen vom Senat eingeholter Stellungnahme vom 24.6.2011 und, soweit neues Recht anzuwenden ist, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt (FamRZ 2010, 922) - nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG) am 1.9.2009, in den Fällen, die dem neuen Recht unterfallen und in denen - wie hier- beide Beteiligte des Versorgungsausgleichsverfahrens Versorgungsanwartschaften erworben haben, nicht mehr festgehalten werden. Nach neuem Recht ist ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs dann, wenn beide Beteiligte Versorgungsanwartschaften erworben haben, nicht mehr einseitig sondern wechselseitig. Das folgt daraus, dass nach den §§ 10 ff VersAusglG kein "Einmalausgleich" mehr vorzunehmen ist sondern ein "Hin- und Herausgleich" der jeweiligen Anrechte; dabei ist jedes Recht einzeln zu betrachten und auszugleichen. Die jeweiligen Gründe für den wechselseitigen Verzicht sind dabei ebenso unbeachtlich wie die Tatsache, dass der eine Teil im wirtschaftlichen Ergebnis mehr gibt bzw. erhält als der andere, da hierauf bei der rein formalen Betrachtung, ob rechtlich und tatsächlich lediglich ein einseitiger Verzicht vorliegt, nicht abgestellt werden kann.
    Den Beteiligten zu 1) und 2) steht deshalb angesichts der unter ihrer Mitwirkung abgeschlossenen Vereinbarung vom 9.11.2010, die nicht nur einen einseitigen Verzicht darstellt, jeweils auch eine Einigungsgebühr zzgl. Umsatzsteuer zu.
    Kostenentscheidungen für das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2,3 RVG nicht veranlasst.